• No results found

Application for permission to reproduce should be made in writing, giving details of the proposed reproduction.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Application for permission to reproduce should be made in writing, giving details of the proposed reproduction. "

Copied!
64
0
0

Bezig met laden.... (Bekijk nu de volledige tekst)

Hele tekst

(1)

Deze tllm is beschikbaar gesteld door het KITLV, uitsluitend op voorwaarde dat noch het geheel noch delen worden gereproduceerd zonder toestemming van het KITLV. Dit behoudt zich het recht voor een vergoeding te berekenen voor reproductie.

Indien op het originele materiaal auteursrecht rust, dient men voor reproductiedoeleinden eveneens toestemming te vragen aan de houders van dit auteursrecht.

Toestemming voor reproductie dient men schriftelijk aan te vragen.

This film is supplied hy the KITL V only on condition that neither it nor part of it is further reproduced without first obtaining the permission of the KITL V which reserves the right to make a charge for such reproduction. If the material filmed is itself in copyright, the permission of the owners of that copyright will also be requiredfor such reproduction.

Application for permission to reproduce should be made in writing, giving details of the proposed reproduction.

u

C OVO

SHELF NUMBER MICROFORM:

MMETA 0501

M:

(2)
(3)

111 " I~III ,~,l

00241644

tl~~mm~~lijl~IIIIIJIIIIIII

(4)

DURIAN

(5)

-

Cc

DURIAN

KINDER HEISSER ZONEN

VON

ERNA LACHMANN

/

WENN nu MÄRCHENAllGEN HAST, IST DIE WELT VOLL WUNDER

/CTOR BLÜTIIGI!N

/

UMSCHLAG UNO ZEICHNUNGEN VON L. SC HUL L E R VERLAG KÖHLER & Co., MEDAN, SUMATRA

- /l

(6)

-

RIMAU

EINE LEGENDE VOM KONIGSTIGER

"RIMA U" verkörperte das Ideal seiner Artge- nossen. Nichts übertraf ihn an stolzer Kraft und furchtbarer Schönheit. Er war "der Tiger"

- von seiner Sippe als König anerkannt. Und weil es königliche Art ist, einsam zu sein, überliessen sie ihm die Alleinherrschaft über ein unendlich weites Gebiet von Steppe, Surnpf und Wald. Denn keiner unter seinesgleichen hätte es gewagt, des Urwaldkönigs Blick zu begegnen, noch weniger sich im offenen Zwei- karnpf mit ihm zu messen.

So durch treifte er ein am sein weites Reich - schlug seine Beute bei Tag und bei Nacht, sich am heiss prudelnden Blut berauschend.

Wenn ab er der Gewaltige seine Stimme erhob, erzitterte nicht nur jede Pflanze und jedes Tier. sondern auch in die Herzen der braunen Malayen in den Dörfern ringsumher - die ihn in einfältigem Aberglauben nicht einmal bei seinem Namen zu nennen wagten - liel eiskalte Furcht.

Oft liess er monatelang nichts von sich hören, urn dann in regenfeuchten N ächten den Menschen - die er verachtete - sein gefürchtetes Zeichen vor ihre Türschwellen in den Sand zu schreiben.

5

(7)

Und schaudernd konnten die Eingeborenen am Morgen zählen, wie oft ihre blossen Füsse im Dunkeln die mächtige Spur gekreuzt hatten.

Nie sah ihn eines Menschen Auge. Aber gerade darum begabte ihn menschliche Phan- tasie mit schier übernatürlichen Kräften. Und weil die Eingeborenen gewohnt sind, alle an sich elbst zu messen, ahen sie in seinem herrlichen Tierleib die Seele eines ihrer Gewal- tigen fortleben.

Musste es nicht so sein 7 Wie hätte allein die Klugheit des Tieres menschliche Ränke überwinden können 7 Denn an der Grenze von Rimaus Jagdgebiet lebte ein weisser Mann - ein grosser Jäger - der ungezählte Tiger chon erbeutet und in wildem Jagdeifer noch tets vergeblich Rimau, . 'dern Tiger" nachstellte.

Dieser aber mied die kun tgerechten Fallen seines Feindes. höchstens, dass seine Spuren dichte Kreise urn sie zogen - als wollte er den Jäger verhöhnen.

Wenn der Weis e geahnt hätte. wie oft der königliche Räuber. von dichtem Gestrüpp ver- borgen, in dunkien Nächten seine scharfen Raubtierblicke in die erleu htete Veranda des Bungalow hinüber andte, wo die Jagdtrophäen - ge treifte Tiger

=

und getleckte Pantherfelle - die rohen Bretterwände bedeekten 1 Liess Rimau sich von diesen stumrnen Zeugen wamen: Sei auf der Hut I Und als ob er auch sie verlachte. ties er einen kurzen dumpfen Laut au - dass der einsame Mann auffahrend 6

nach der Büchse griff, urn sie - wie schon so oft - in zorniger Ohnmacht wieder auf ihren Platz zu stellen.

Eines Tages ging eine selt ame Veränderung in des jungen Königstigers Seele o r . . . Mutter Natur zeigte ihm sein Spiegelbild. Als er nach meilenweiter Wanderung durch sein Reich sich durstig über einen klaren Quell beugte, ah er sein eigenes Bild so urpl" tzlich.

dass er fast er chrak. E dauerte lange. ehe er begriff. dass er selbst es war, und nicht etwa ein Nebenbuhler - gekommen, ihn aus seinem

Urwaldkönigturn zu vertreiben.

Lange - lange - stand er überwältigt vor diesem Spiegel in aufmerksame Betrachtung eine "Ichs" ver unken. Wie ein goldbrauner

K" nigsmantel umspannte das gestreifte Fell

den schlanken, biegsamen und dabei muskel- strotzenden Katzenleib. Elfenbeinfarben chim- merten die zottigen Brusthaare. Die lange Rute mit der dunkien Quaste glich einem Zepter.

In dem m~ichtigen Kupf funkeIten die Augen ,ie zwei riesige OpaIe. Und als jetzt der Gewaltige wie prüfend den lei en fauchenden Kehllaut hören liess. blähten sich die bu chig behaarten Backenwülste - das mächtige Haupt mit den dunkien Zeichnungen zwi chen den funkeinden Lichtern \ ltchs zu einer grau 'igen Gorgonenmaske, deren furchterregender An- blick auch das stärk te seiner Opfer verstein n mu ste. Wie spielend hob er eine seiner gefährlichen Pranken - eine rasche Muskel-

7

(8)

bewegung und fünf Krallen - scharfgeschliffene DoJche - fuhren heraus. Wehe der Beute, in deren Fleisch sie sich gruben im Verein mit den reissenden Eckzähnen sein es starken Raubtiergebisses.

Mit stolzer Bewunderung betrachte te er sich immer und immer wieder von allen Seiten, bis die Dämmerung das Bild in der Quel1e ver- blassen liess, und der knurrende Magen ihn mahnte. ein Nachtmahl zu suchen.

Aber der heutige Tag hatte ihm eine neue Erkenntnis gebracht. Seine überlegene Kraft.

gepaart mit katzenartiger Gewandtheit und schier menschlicher Klugheit brauchte nichts zu fürchten - nicht einmal den weissen Jäger.

Doch was würde von ihm übrig bleiben, wenn einst seine Stunde gekomrnen. und er wie wenige seiner Art, steinalt und zahnlos im Dschungel verendete? Die Aaskäfer würden vor dem toten König nicht Halt machen - sich in seinen Leib teilen, wie seine Sippe in das weite Reich seiner Alleinherrschaft. War's nicht heilige Pflicht, dass solches Blut -- solche Kraft- solche Klugheit - fortlebten I

In den folgenden Nächten liess der König seine Stimme mit nie gehörter Macht erschaIlen, dass die Eingeborenen in fröstelnder Furcht scheu in ihren Hütten zusammenrückten, die scharfen Augen des Jägers aber sich ins DunkeI bohrten, bis sie schmerzten - und heisser den je der Wunsch in ihm schrie: lch rnuss ihn haben 11

8

Doch weder er noch die Malayen hörten in Rimaus Stimme das brünstige Liebe werben.

Der Fürst des Urwaldes rief nach dem Weibe I - Eine Einzige - die königlich wie er - wagte ihm zu antworten. Es war ein heisses Locken und Werben. biS die beiden sich fanden.

Von nun an durchstreifte ein herrliches Paar den dunklen Wald. die weite Steppe - über Sümpfe wie federnde Pfeile schnellend. - Und dann kam die Zeit. wo Rimau für drei sorgen musste. Ein junger König war geboren, der da getreue Ebenbild seines stolzen Vaters zu werden versprach. Schon nach elmgen Monaten weihten die Alten das Junge in die Anfangsgründe der Jagd ein. Wenn der kleine Prinz des königlichen Vaters Weisungen zu dessen Zufriedenheit folgend. gute Fortschritte machte, gab es als Belohnung ein lustig es Spiet. Hei I - war das ein Leben auf der versteckten Waldlichtung. Wie Bälle flogen die geschmei- digen Körper durch die Luft ... Zwei riesige Katzen spielten mit ihrem Jungen !

Rimau war ein stolzer glücklicher Vater. Aber er hätte nicht "der König" sein müssen, wenn er über Familienfreuden seinen ureigenstcn Beruf vergässe. So trennte er sich dann und wann von Weib und Kind, urn in meilenweiter Wanderung der Fährte eines schnellfüs igen Hirsches nachzuschleichen. während das Junge die Mutter auf ihren weniger anstrengenden BeLltezügen begleitete.

9

(9)

Eines Tages zogen die Malayen mit zähen Rotangnetzen und scharfen Speeren zur Jagd au. Auch der weisse Mann mit der Feuerwaffe fehlte nicht. Vor ichtig hatten die eingeborenen Jäger das Lager eines chlafenden Hirsches au gekundschaftet, und urn tellten es laudos im weiten Halbkreis mit ihren mehr als hundert Meter langen Netzen, hinter denen die Schützen der Beute auflauerten. An der offenen Seite hloss die dichte Kette der Treiber den Kreis.

Als der stille Wald vom ungewohnten Lärm de Treibens widerhallte, fuhr die Tigerin erschreckt aus ihrer Mittagsruhe auf. Rimau war fort - was soHte sie tun? Das Junge wurde unruhig und konnte nur beide verraten. Gehör und Witterung zeigten ihr, von welcher Seite Gefahr drohte. - Vorsichtig chlich sie mit dem Jungen durch den hohen Lalang. Schon wurde der Lärm sehwächer - sie wähnte ich in Sicherheit.

Da - - was war da ? Sie witterte Men- schen . . . . auch in dieser Richtung 1 Das machte sie scheu. Al sie seitwärts abbiegen wollte - stiess ihr Kopfan das etz. Mit einem erschreckten Satz sprang sie hoch - gerade vor dem weissen Jäger, de sen Kugel - die den Hirsch erwartete - - sie traf ... Neben ihrem Jungen, das sich in den M schen ve:r- strickte, schlug der tote Körper zu Boden. - -

Reiche Beute 11 - Die braunen Jäger jubelten.

Zwar kein Hirsch - aber zwei Tiger 1 Von 10

allen Seiten bestaunten sie das Kleine, da mit zusammengebundenen Beinen kläglich nach der toten Mutter schrie. Der Anordnung des wei sen Mannes folgend, legten ie die lebende Beute auf ein Stück Rotangnetz, wie auf eine Trag- bahre und chleppten sie da on, während vier Männer mit dem toten Weibchen folgten.

Zuletzt schritt sinnend der weisse Jäger.

Wieder zwei Tiger, und doch nicht der "Eine", dessen mächtige Spuren ihn nun eit Jahren narrten. Gewannen die Warnungen der Ein- geborenen schon Macht über ihn ? Märchen ... I Es gab nur Tiger 1 Aber keinen Rimau, in dem die Seele eines ihrer Gewaltigen fortlebte - der deshalb König der Wälder war - den kein

Net~ fangen und keine Kugel tOOten konnte. Unter dessen Pranke aber der zuletzt endete, der in vermessenem Jagdeifer nicht \'on ihm abliess.

Der Mann schreckte au seinem Brüten auf.

Er war allein. Schon ganz in der Ferne verklang der Lärm der Eingeborenen. Rasch schritt er aus, sie einzuholen. Da - er hielt den Atem an .. 0 Ein leis es Knurren ... ? U n inn O .. ! Ein Rest von Jagdfieber täuschte ihn. Und doch - ihm, der sonst tagelang allein der Spur de Wildes nach chlich - wurde die Einsamk it heute unheimlich.

Allein - allein --- mit seinem Schick al. das seine dichten Kr isc urn ihn z g. KalterSchw is stand auf sein r Stirn. ---N eh einmal versuchte er vergeblich den düsteren Bann von

11

(10)

sich abzuschütteIn. Zu gellendern Pfiff setzte er an: Die Träger soHeen auf ihn warten I

Da - - - ein Stoss von ungeheurer Wucht - der ihn zu Boden türzen liess. Zehn scharfe Kranen bohrten sieh wie Dolche in seinen Rücken, während das furchtbare Gebiss sich in den Hals grub.

Rimau I I - - - Die Gefahr witternd - wie in P~eil dureh Wald, Steppe und Surnpf heranfhegend, war er doeh zu pät gekomrnen

- urn Weib und Sohn zu retten - aber noch zur rechten Zeit - urn Rache an ihrem Ver- derber zu nehrnen.

12

SHOPPING

AUF

SUMATRA

"SHOPPING·', ein troekenes englisehes Wort.

an dessen Klang sieh trotzdem jede echte Evastochter zu be rauschen vermag, das wie eine Wünschelrute all die sehönen Nützlichkeiten und die ko tbaren Niehtigkeiten hervorzaubert, die für ein Frauenherz ebenso unentbehrlich sind wie fur die Blumen Tau und Sonnenschein.

Shopping, das ist die Poesie grauer November- nachmittage, über deren neblige Düster die warme Lichtflut rnärchenhafter Reklame und loekend er AusJagen der eleganten Ge chäfte strahlend triumpfiert. Wie die Palter vom Licht werden von ihnen pelzverhüllte Gestalten ange- zogen, begehrlieh liebkosen die Blieke blauer

und dunkier Augen all die Herrlichkeiten hinten den grellerleuchteten Glaswänden, und über rote Lippen entfliehen sehnsuchtsvolle Seufzer, die sich als warme zarte Hauchschleier gegen die kalten spiegeinden Scheiben legen.

Shopping, das ist jene für die Frau so angenehme Besehäftigung, welcher kein Mann

13

(11)

aussreichendes Verständnis entgegenbringt. Oh - man soHte erst gar nicht mit die en Barbaren davon reden, urn sich nicht die Poe ie zerstören zu las en, welche das Wort umgibt, wenn- ja, wenn --- man nicht zu solcher genussreichen Tätigkeit die materielle UnterIage in Gestalt harter Silbermünzen oderknisternder Banknoten brauchte, on denen sich der Herr und Gebieter nur so unsagbar schwer trennen kann.

Jedoch ich wiH heute nicht von shopping der Grossstadteuropäerin erzählen, sondern on dem einer Frau, welche das Schicksal an den Rand der au gedehnten Urwälder Sumatras verschlug, und zu der e wie ein Gruss der Kultur in die Wildnis kommt. "Kommt", denn das ist der Unter chied-in Europageht man shopping-da

"drüben" kommt diese angenehme Beschäfti- gung ins Haus.

Ein glühender Tropenmittag, rötlich flirrende Luft, alles regIo' vor Ermattung. Im verdunkel- ten Schlafzimmer dämmert man nach ruhelosem Umherwälzen in einen unerquicklichen Halbschlaf hinüber. Diese lautlose Stille wird plötzlich leise, dann stärker von einem eintönigen Geräu ch unterbrochen, wie es die im Sande mahlenden hohen Räder jener Ochsenkarren verursachen, die sich in Indien aus grauer Vorzeit bis auf den heutigen Tag neben Eisen- bahn und Auto sieÇJreich behaupten.

Dieses Gefährt, das in der Totenstille iener TropenmittaÇJstunde direkt auf unseren Bun- galow zulenkt, ist ein Ereignis, gross genug, uns H

aus dem HaIbschlaf zu reis en und in jene angenehme Erregung zu versetzen, die nur in solcher Einsamkeit jede, auch die kleinste Abwech lung herv rzurufen vermag.

Trotzdem teUt man sich chlafend, urn desto schärfer lauschen zu können, und weiss ganz genau, dass der treue Lebensgefährte dasselbe tut . . . Da hu cht auch schon mit leichten, nackten Sohlen der Javanenboy über die Treppe, und Noto, der nur in Fällen, die er elbst als wichtig ermi t, seinc Herrschaft im Schlaf zu stören wagt, kIopft an die Tür und meldet:

"Herrin, unten t ht Hondamall, der Bombayer."

"Sag ihm, er oll ich zum Teufel schereni"

brül1t mein schlatend Ehegemahl, cine Botschaft, die der philosophi che Boy bestimmt nicht ausrichtet. Warum so11's sein Tuan auch besser haben, als Noto, der arme Diener, wird ihm doch selbst nichts übrig bleiben, als seiner braunen Bini heute einen Sarong 3U kaufen, w nn r nicht 'ein Ge icht durch ihre scharfen Katzenkrallen tätowieren la sen will.

Inzwi chen bin ich, unbekümmert urn das Brummen meine Gatten, dem anscheinend d r Aerger über mein be orstehendes Schopping den Mittagsschlaf verschlägt, in einen Kimono und Pantoffeln geschlüpft, als mich, schon die Treppe hinabeilend, noch die Stimme aus dem Hintergrunde erreicht: "Aber mehr al fünfzig Gulden darf's nicht kosten." So, nun wei ss ich mein Fixum, na, auf eine kleine Abrundung nach oben soll's mir nicht ankommen.

15

(12)

In der sicheren Vermutung, dass unser Geschäft lange dauern wird, hat der Knecht des fahrenden Kaufmann di beiden Ochsen ausgespannt, die einige Meter om Haus entfernt im Schatten eines Rambutbaumes, fliegen- urn ummt, mit st ischem Wiederkäuer-gleichmut die e Ra t genie sen. AI ich die offene Halle unsere Bungalow betrctc. kommt mir der Bombayer ntgegen. Zuerst eine zeremonielle Begrüs ung einerseit, wobei er den Segen Allahs auf mich und mein Halls herabwünscht, und dann die Frage. ob cr mir eine Waren vorlegen dürfe.

"Crepe de hine f, r fro ks - kleuren ooh '"

Wenn er den Europaer gründlich überzeugen will. pflegt er on der malayischen Umgangs- sprache kühn ins Engli che und HoLländische hinüber zu kauderwelschen .

.. Schon gut, Hondamall, la ss sehen", entgegne ich auf maJayisch. ..Aber wenn du mich überteuerst, kaufe ich dir niemals mehr für einen Cent ab".

,,0 Mem, Allah soli mich strafen, wenn ich das tue", erwidert er mit vorwurfsvoller Würde, dann, sich gegen mich erneigend, die rechte Hand aufs Herz gepresst, chreitet er rückwärts zu seiner Karre. aus deren Innern ihm sein Gehilfe Ballen auf Ballen reicht. Alle sind sorgfältig in Wach tuch erpackt und mit Lederriemen umschnürt. Den Beschluss bilden etliche kleine Truhen.

Ich habe inzwischen in der schattigen Halle in einem bequemen Korbsessel Platz genommen.

16

I

(13)

Nun breitet der Bombayer eine kleine Matte aus.

auf welche er sich würdevoll mit gekreuzten Beinen. von seinen Ballen umgeben. niederlässt.

Der Schweiss der Anstrengung perlt auf einer Stim unter dem roten Fez hervor. Aber er achter dessen nicht, ein Sinnen ist jetzt einzig und allein auE' s Ge chäft gerichtet •

.. Was darf ich der Mem zuerst vorlegen 7"

Ich beginne mit dem Prosai chen : Mein Mann braucht Strürnpfe und Schlafanzüge. Mit siche- rem Griff findet er sofort das Gewünschte herau und legt mir die Strümpfe in Dutzend- packLmgen vor. Bald habe ich die richtige Strapazierqualität, wie sle ein Pflanzer braucht, gefunden. Für mich woUte ich eigentlich keine kaufen, jedoch seiner überredungskunst unterliege ich heute zum ersten - aber nicht zum lerzten Male und erstehe einige Paar zart-

eidener Gebilde. Mein Bedarf an Pyjamastoff i t bald au einem anderen Ballen gedeckt. in welchem ich noch hüb chen Purpur Bnde. zu .. djelana monjet". jener Spielho en- Universal- kleidung aller Buben und Mädels hierzulande von ein haib bis zu zwölf Jahren.

Nun ind Mann und Kind versorgt, jetzt will ich an mich denken. Mit Wäsche bin ich n ch reichlich versehen. urn so dringender fehlen mir einige Kleider.

.. Crèpe de chine 7" fragt Hondamall.

"Nein. nein, Voile genügt,"

Mit beleidigtem Staunen sieht er mich an . .. Voile. o-oh," ich soli mir erst einmal den Crèpe

17

(14)

de chine ansehen. "First klass", versichert er mit unnachahmlicher Handbewegung und schon packt er aus.

"Bemüh dich nicht, ich kaufe Voile".

"Es ist keine Mühe, sondern eine Freude, wenn deine Augen, 0 Mem, auf meiner Ware ruhen." Und schon pauscht sich urn ihn wundervoller indischer Crèpe de chine in allen Farben. Hondamall ist Menschenkenner genug, urn zu merken. dass mein Herz beim Anblick dieser Pracht höher schlägt. Äusserlich bleibt er ruhig und gemessen, aber seine Augen hypnotisieren mich, langsam fühle ich rneinen Widerstand schwinden. Halb schon bin ich der Versuchung erlegen, als ich nach einem fliederfarbenen Stück greife. Da springt er triumpfierend auf und lässtdie schmiegsamematt- glänzende Seide. alle ihre Vorzüge betonend, in weichem Fall über seinen gebogenen Arm rieseln.

"That's your coleur" - - "mooie kleur."

.. Was kostet das Yard?" frage ich ungerührt.

"Für die Herrin von Mata Hari Estate, aber für keine andere sonst - acht Gulden."

"Hondama1l1 !" Meinen Ausruf des Entsetzens unterstütze ich durch eine nicht misszuverstehen- de Bewegung des Zeigefingers nach der Stirn. Da wird er lebendig, seine Augen rollen wie schwarze Jettknöpfe in dem kaffeebraunen Gesicht, flet- schend zeigt seingesundesstarkesGebisszwei Rei- hen schneeig schimmernder Zähne, und die Trot- tel auf seinem Fez zittert vor Erregung. Sterben win er hundert Tode, wenn er mich überteuert. Ich

18

- . ' . ' -,,'-.~ =.-- ~~.~ _ . . . ~~ . . - - - - - - - ' -._-

biete ihm fün( Gulden. Bittend hält er mir das Stück unter die Nase. "Sieben Gulden --- sieben Gulden, dabei bin ich ein ruinierter Mann".

jammert er.

Al ich festbleibe, schwirrt er noch einmal alle Brocken herunter. lauernd, auf welchen ich, als einen meiner Muttersprache reagieren werde.

Zuletzt stammelt er in gebrochenem Deutsch:

.. Das sein libbes Farbe deine. Madam I"~

Der Sieg i t sein. Oder wer könnte wider- stehen, wenn ihn plötzJich hier draussen ein lnder mit deutschen Mutterlauten überzeugt \ Er misst und schneidet. wobei ich ihm trotz seine gekränkten Aussehens scharf auf die Finger gucke. Ungeachtet. meines Einwurfs.

dass ich nach der teuren Seide auf alles andere verzichten muss, beginnt er Voilestoffe auszu- packen. Beim Barte des Propheten, dieser Bom- bayer ist ein au gezeichneter Kenner der Psyche weisser Frauen, denn zu)etzt hat er mir noch zwei Voilekleider aufgeredet. Auf meinen W unsch zeigt er mir nun herrliche chinesische und vorderindische Stickereien, ja anische Batiks, sowie schön getriebene Kupferwaren.

lnzwischen hat mein Mann, beunruhigt von meiner ihm genugsam bekannten Kauflust, seinen - Mittagsschlaf verfrüht abgebrochen und steht plötzlich inmitten all dieser Herrlichkeiten.

Hondamalls ehrfürchtige Begrüssung unterbricht er in ihren Anfängen.

"Nun, Mann aus Bombay, hast du meine frau wieder einmal tüchtig übers Ohr gehauen ?

19

(15)

Jetzt ist endlich Schluss, pack nur ein." Aber der Inder scheint chwerhörig, Er hält mir eine handgetriebene Me singplatte entgegen, deren wundervolle Arbeit mich so entzückt, dass ich für Augenblicke vergesse, gleichgültig zu sein.

"Was kostet das Ding 7" fragt mein Mann, die Platte mit einem verächtlichen Bliek streifend.

"Dreissig Gulden. Tuan."

"Fort damit I" ruft mein Gatte, so entrüstet, mit herri cher Bewegung Hondamalls Redestrom abschneidend, dass dieser zum ersten Male eingeschüchtert gehorcht.

Nun kauft mein Mann ein. Er hat eine Art, die selb t diesen gela senen Bombayer urn seine Ruhe bringt. Alles findet er chlecht. aIJe' zu teuer. Mit Bewunderung lerne ich, wie man in diesem Lande eigendich feilschen muss.

Naeh dieser offen ichtlichen Niederlage welche der Händler durch den Nichtverkauf der Messingplatte erlitt, nimmt em Ge icht, einen bekümmerten, beinahe leidenden Aus- druck an. Mit der Miene eines Märtyrers nennt er die Preise der wirklich kostbaren Stücke, die er jetzt \;·orlegt. Da zum Beispiel jene Prunkdecke aus China; auf elfenbeinfarbener, atlasglänzen- der Seide. die starr und fest wie Leder ist, sind in kunstvoller. erhabener Stickerei zwei Drachen ausgeführt, 50 wundervoll getreu, dass man ausru- fen möchte: fort mit dem eklen Gewürm von die- sem kostbaren Grunde. Den Drachenkampfplatz 20

r

,.

chliesst eine Hecke feinverästelter Blütenranken ein, zwischen olivgrünem Blattwerk wiegen ich fanta tische Blumensterne von unwahrscheinlich zartem Rosa und Heliotrop. Hondamall selbst fasst diese Decke. die er, urn Brüche zu ver- meiden, über einen dicken Stab gerollt. in einer LederhüIIe bewahrt, wie ein rohes Ei an. und den Preis von hundert Gulden. der für dieses Kunstwerk durchau nicht zu hoch bemessen i t. nennt er mit Ehrfurcht. Wir loben einmütig die eidene Decke, das beste Zeichen für ihn, da s wir sie nicht kaufen werden.

Da betritt unser Erstgeborener an der Hand seiner Babu die Halle. Die Anwesenheit Hon- damalls i t für den Buben eine ebensolche frcudige überra chung wie für seine Mutter.

Doch auch der Inder strahlt beim Anblick des Kindes über' ganze Gesicht und vergisst Handel

und Wandel.

..Bombaymann. was hast du mir mitgebracht 7"

fragt ihn der Oreijährige in f1iessendem Ma- layisch. Der Kaufmann reicht ihm einen Kasten mit allerlei Spielzeug, den er in der weisen Vor- aussetzung mitführt: die Gunst des Kindes ist die breiteste Brücke zum Geldbeutel der Eltern.

Aber hier scheint doch ein edleres Motiv mitzusprechen als allein nur Kundenfang. Denn während unser Junge in dem Kästchen wühlt.

streicheln Hondamalls Hände sacht über die Ärmchen und Beine. legen sich feierlich auf das blonde Haupt, und seine Lippen murmeln mohammedanische Segenswünsche. Und wieder 21

(16)

einmal. wie noch ooft in Indien, begreifen wir, welchen unermesslichen Wert die V ölker des Orients einem männlichen Leibeserben beilegen.

Denn Hondamall, sonst verschlossen und zurückhaltend gegenüber dem Europäer, dem es nur möglich ist, in jahrelangem Zusammen- leben mit die en Menschen einen Einblick in ihr tiefinnerstes Denken und Fühlen zu nehmen, beginnt plötzlich: ,,0 grosser Herr, 0 weisse Frau, wie reich und glücklich müsst ihr sein als Eltern dieses Sohnes I Welche Fülle des Segen' hat euer Gott über euch ausgebreitet, arm wie ein Bettler ist euer Knecht Hondamall dagegen !

Drei Frauen nahm ich, sie chenkten mir echs Töchter. Den einzigen Sohn hat Allah mir genommen. Die dritte Frau, welche ich er t vor einem Jahre in mein Haus führte, soli im näch ten Monat gebären. Allah, illali. gross i t Allahs und seines Propheten Wille' Sein Haupt sinkt nach vorn, als ob er sich dem Rat- schluss eines Gottes beugte. Aber wir fühlen, das sein Herz, weit entfernt von fatalistischer Ergebung, die grösste Hoffnung seines Lebens nicht begraben kann. Wie sehr dauert mich dieser Mensch, und nur, urn ihn zu trösten, sage ich: "So wird es diesmal ein Sohn sein."

Die Wirkung meiner Worre konnte ich nicht ahnen. Entgeistert sieht er mich an. Dann schlägt er an seine Brust: "Auch durch den Mund der Ungläubigen vermag Allah zum Moslim zu re- den. Aber, Mem, so geschieht, wie du gesagt, beim Barte des Propheten, diese Oecke ist dein. 22

Und er zeigt auf das Wunderwerk aus China.

Mein Mann lacht: "Lockt es dich nicht, hier in diesem Lande als Pythia zu wirken, ich glaube du würdest Schätze damit sammeln können."

Der Inder hat nichts von dem verstanden, was wir soeben zusammen sprachen, aber meines Mannes amüsiertes Gesicht kühlt seine Erregung schnell ab. Staunend denke ich: Hondamall du wärst ein grosser Mime bei der Elastizität deines Gemüts I

Nun ist er wieder ganz Geschäftsmann, der uns in vollster Hingabe an seinen Beruf bedient.

Unter seinen Waren wähle ich noch einen chi- nesischen Gong und einen Batikwandbehang von Bali. So, nun Schluss I Mein Mann zieht das Scheckbuch.

"Kira 1"

Diesem katigorischem Befehl unterwirft sich der Bombayer. Sein Gehilfe reicht ihm eine kleine Rechenmachine, das unentbehrliche Gerät jedes orientalischen Kaufmanns, deren schwarze Kugeln er mit der Fingerfertigkeit einerStenoty- pistin kJappern lässt. Die Rechung stimmt. Mit einigen Seufzern lässt er sichs gefallen, dass wir sie nach unten abrunden. Nun beginnt er ein- zupacken, wobei er noch einmal die runde Mes- singplatte Jos zu werden versucht, die inzwischen urn fünf Gulden biUiger geworden ist. Aber mein Mann bleibt unerbittlich fe st. Noch urn drei Gulden senkt sich der Preis "Merk dir' s, achtzehn Gulden und nicht mehr," erhält er zur Antwort. Hondarnall schüttelt betrübt das Haupt.

23

(17)

Al wir un nun nach wortreicher Verab- schiedung seinerseits nach oben begeben, kann ich es d ch nicht unterJas en, mich noch einmal auf d r Treppe nach ihm umzuwenden.

Da teht er, al ob es so sein müsste, die Au- gen halb birrend, halb beschwörend auf mich gerichtet, die blinkende Platte in den erhobenen Händen.

"Komm," agt mein Herr und Gebieter,

"heute abend ist sie unser. kh müs te die e Bombayer Ol ht kennen." Obwohl ich ihm die mal nicht glauben kann, wünsche ich sehnsüchtig, dass er recht behielte.

Als wir eine halbe Stunde später uns den Tee in der Halle servieren la en, rollt H n- damalls Ochsenkarre den Kutihäusern zu. Er't spät am Abend sind dort seine Ge chäfte beendet, und ein rotes Laternenlicht. begteitet von Rädergeklapper verlässt die Pflanzung, ein am schwankend durch die talie Tropennacht.

Vertieft in den Inhalt der vielen Briefe, mit welchen die Europapost nach einer Pause von fast vier Wochen uns heute beglückt hat, lässt uns eine Stimme an der Treppe aufhorchen.

"Tabeh Tuan, Tabeh Mem!"

Es ist der Knecht Hondamalls, der uns mit seinem Gruss bei unserer Lektüre stört. Er überbringt mit der Botschaft. da s sein Herr mit dem Gebot von achtzehn Gulden einver-

tanden sei, die Me singplatte. Also hat mein Mann doch recht behalten. Hondamall muss an diesem Stück verlieren, aber - was tut's,

2"1

I

I

' /

hierzulande kalkuliert der Kaufmann anders. Allah sei Dank I Nicht alle Ungläubigen ver- stehen so zu feilschen wie der Tuan von Mata Hari.

Fast ist ein hal bes Jahr seit jenem shopping verHo sen, da meldet mir eines Tage der Boy, ein Bote Hondamalls warte unten und bitte urn die Gunst, mit mir zu reden. Als ich vor ihm stehe, verbeugt er sich tief, dass seine Stirn fa t den Boden berührt. Dann übergibt er mir einen Brief seines Herrn so wie ein lange Lederfutteral, welches mir so seltsam vertraut vorkommt. kh öffne diese Hülle, und ziehe die weiss-seidene Oecke hervor, die wie ein Fahnentuch urn einen Stab gerollt ist. Der Brief, in malayischer Sprache verfasst, bittet mich, dieses Ge henk nicht zurückzuweisen, auf dass seinem Sohne, mit dem Allahs Gnade ihn segnete, und den er zum erstenmal ihm durch meinen Mund verkündete, kein Unheil widerfahre ....

Wenn jetzt nach Jahren mein Blick allf die kämpfenden Orachen der chinesi chen Di an- decke fällt, überkommt mich die schmerzlich süs e Erinnerung eines längst verklungenen indischen Märchens ... Hondamall- und wenn im traumversunkenen Spiel einer Dämmerstunde meine Finger auf der Rauchtischplatte trommeln, dann summt sie leise und heli - - - shopping.

25

(18)

EINE

SULTANS~

HOCHZEIT

AUF

SUMATRA

M

ONDSILBERNE Tropennacht, erfüllt von aufreizender Zikadenmusik, dem kläglichen Kinderweinen der Musangs, dem Liebesglühen der Leuchtkäfer und dem betau- benden Duf te der Betelblüten. Es ist. als ob unser Auto lautloser führe, seine Lampen matter strahlten, urn die liebesselige Stirnmung dies er Nacht nicht zu stören, die uns in ihren Bann schlägt, solange wir den einsarnen Pri- vatweg quer durch den Urwaldstreifen zurück- legen, der si eh wie ein Keil zwischen unsere Pflanzung und die breite Gouvernementsstrasse schiebt. Als wir nach einer knappen Stunde diese erreichen, ist der Zauber gebrochen.

Jetzt zwir.gt uns der sarke Verkehr, das Fahrt- 26

,.

tempo zu vermindern. Immer wieder begegncn wir kleinen Trupps Eingeborener. Männern mit Fackeln, deren rotes, zuckendes Licht male- risch ihren eigenen Feststaat und den der fol- genden Frauen und Kinder beleuchtet. Denn wer würde kein Feierkleid anlegen, wenn der Für t und Landesvater ihn zu Gaste lädt I Alle, die wir heute abend die gros eStrasse ziehen, ob Braun, ob Weiss, ob zu Fuss, mit inländischem Gefährt oder im eleganten Auto, sind Hochzeitsgäste des Sultans. Je mehr wir uns seinem Palast nähern, urn so breiter wird der Strom der Fussgänger, den die vorüber- Bitzenden Autos und die noch grössere Zahl der Rickschahs und Sados vergeblich einzuen- gen versuchen.

Bald biegen wir von der Chaussee ab in eine Seitenalle uralter Sennahbäume, und nun steht plötzlich und daher doppelt schön wie aus dem Boden gezaubert ein Bild vor un , das wir sonst schon lange von fern hätten sehen müssen. Der Sultanspalast im Schmucke seiner zahlreichen massigen Kuppeln und chJan- ken Minarets, vom Jeuchtenden weiss des Mond- lichts übergossen, bewacht von den h hen Schattenrissen der schlanken Königspalmen, erstrahit heute im Geflimmer ungezählter klei- ner Lampen, die ihn in ein Märchenschloss aus

"Tausendundeine Nacht" verwandeln. Zwischen den Stämmen der Palmen, welche die halb- kreisförmige Auffahrt flankieren, schlingen sich Girlanden, in denen die Lämpchen wie Leucht-

27

(19)

käfer glühen. Hohe iIluminierte Ehrenpforten, mit dem weithin leuchrenden Emblem der Sultanskrone geschmückt. ergänzen das Bild von Licht und Pracht.

Der gros e freie Platz vor dem Hochzeits- hau eist in einen Jahrmarkt verwandelt. Zwi- schen Spielbuden. Erfrischungszelten. den lok- kenden Auslagen der Verkaufsstände, malay- ischen und chine ischen Theatern. Gauglern, Schlangenbeschwörern und Tänzern bewegt ich die fröhliche Schar der eingeborenen Hoch- zeit gäsre, für deren Vergnügen der Landes- vater allf diese Art ge orgt hat. Das alles gleitet kaleidoskopartig an uns vorüber; denn viel zu schnell hält in diesem Augenblick da Auto vor dem hohen Porral.

Der Schlag wird geöffnet, und ein Diener geleitet uns in da Ve tibül, das heute in eine grosse Garderobe erwandelt ist. Von hier aus führt er uns in das Festzelt. da eigens zu diesem Zweck im Vorhofe des Palastes erbaut wurde, und an dessen Eingang der Sultan seine Gäste empfängt. Der rituelle Trauakt und die damit verbundenen Feierlichkeiten haben. ganz wie bei uns, im Elternhause der Braut stattge- funden, die einem alten Fürstengeschlecht aus dem Norden des Landes entstammt. Aber der alte Sultan wollte es sich nicht nehmen lassen.

die Hochzeit seines Thronfolgers auch in seiner eigenen Residenz festlich zu begehen. Im Gegen- satz zu seinem hochgewachsenen schlanken Sohne ist er ein mageres Männchen, grauhaarig 28

mit einem braunen verknitterten Gesicht. Ein wenig einfältig im Privatverkehr. fühlt er sich heute ganz als indischer Für t. Das Apfelsi- nenband des Oranien-Nassauordens, den die Königin Wilhelmina ihrem treuen Vasallen verlieh, trägt er mit W ürde im Knopfloch seines weissen europäischen Anzuges. Eine hohe wein- rote Samtmütze bedekt der Sitte gemäss den Kopf. Er reicht jedem von uns die Hand. und wir sprechen ihm in der Landessprache un ere Glückwünsche aus. Von den über hundert gela- denen Gästen sind mehr als die Hälfte männ- liche Angehörige der Fürstenhöfe Sumatras, deren Frauen die Religion ihre Teilnahme an offiziellen Festen nicht erlaubt. Und da von den Europäem nur wenige verheiratet sind, ist auch auf die er Seite das sch ' ne Geschlecht nur schwach vertreten.

In dem geräumigen, reich mit Blumen ge- chmückten Zelt sind die Tische zwanglo im weiten Halbkreis geordnet. sodass in der Mitte Raum genug zum Tanzen bleibt. Denn in einer Ecke quietscht, paukt und skandaliert eine )azzkapelle, die. wie mir Tengku Murad erzàhlt, sein fürstlicher Vetter aus einer Residenz rnit- gebracht hat. Hier höre ich zum erstenmal diesen sonderbaren Lärrn. der sich auch Mu ik nennt, und obwohl ich ihn keinesw gs schön

!inde. macht mir d ch der drollige Eifer der beweglichen braunen Musikanten rie igen Spass.

Deswegen fällt es mir nicht schwer, dem Be- sitzer dieser Kapelle, der mir bald darauf vor- 29

(20)

gestellt wird auf seine Frage, wie mir seine Leibrnusik gefiele, einige anerkennende Worte zu sagen, worauf er mich geschmeichelt schon jetzt urn den ersten Foxtrott bittet. Trotzdem er noch die hohe SamcmiJtze trägc und auch sonst in seinem Äusseren ein echter Vertreter seiner Rasse ist, füh1t er sich zu allem was aus Europa kommt, sehr hingezogen lInd macht seit einem kurzen fröhlichen Aufenthalt mit Tengku Murad in Holland alle Modetorheiten mit. Er, sowie sein eleganter Vetter sprechen gern und begeistert von jener Europareise und bedauern noch heute, dass die Zeit zu kurz und das Geld zu knapp wurde.

Noch eine Weile steht man herum. Eindet und begrüsst alte Bekannte. Dann sucht man sich mit guten Freunden ein gemütliches Plätz- chen. Gleich eilen flinke braune Diener herbei.

die nach unseren Wünschen fragen, und bald perlt kühler Rheinwein in den GJäsern, steigen feine blaue Rauchwolken der echten Havannas und Aegypter auf.

Vielen der anwesenden Fürstlichkeiten ist es anzumerken, dass der heutige Abend eine Anstrengung für sie bedeutet, nachdem sie bereits acht Tage lang Hochzeit gefeiert hab~n.

Denn im Gegensatz zu der wachsenden Stim- mung bei den Europäern bleiben sie ziemlich schweig 'am. Wir Damen in unseren zartfar- bigen grossen Toiletten haben in dem Weis der vielen Tropenanzüge einen blendenden Hintergrund, und an Tänzern mangelt es nicht.

30

Von dem Brautpaar sieht man vorIäufig nichts, und von Tenku Murad höre ich, dass wir es erst bei der grossen Gratulationscour zu sehen bekommen werden. Dieser Augenblick, der den Höhepunkt des heutigen Festes bedeutet, liegt aber noch fern.

Vorher weiht man sich den Genüssen eines opulenten Festmahles, bei dem der Sekt in Strömen fliesst und dessen zahlreichen Gänge den gänzlich verschiedenen Geschmacksrich- tungen der indischen und europäischen Gäste Rechnung tragen. Zwischendurch wird eifrig das Tranzbein geschwungen.

Rings urn das Zelt stehen Eingeborene, meist tiefverschleierte Frauen. die unserem Treiben in scheinbar stoischer Ruhe zusehen. Jedochem Eingeweihter verrät mir flüsternd, dass unter der schützenden Hülle des mohammedanischen Schleiers sich manche kleine Prinzessin verberge, und eifersüchtige dunkIe Augen uns Euro- päerinnen verfolgen ; obgleich durch den Ritus vom heutigen Feste verbannt, hindere nichts solch eine braune Schönheit, dem prinzlichen Gemahl unter vier Augen die bittersten Vor- würfe zu machen, faIls sie auf ihrem 8eobach- tungsposten irgend welche Wahrneh- mungen macht, die ihrer Eifersucht Nahrung bieten.

Nach Aufhebung der Tafel begeben wir uns in zwanglosen Gruppen auf den Festplatz. Arm in Arm mit dem Residenten, dem höchsten heute anwesenden Regierungsbe~mten, zeigt sich der

31

(21)

Sultan seinen Untertanen; und beiden sind solche Gelegenheiten hochwillkommen. bei denen sich das gure Einvernehmen zwi chen Holland und Indien. zwischen Braun und Weiss 0 diskret unterstreichen lässt.

Bald sieht man die Gäste über den ganzen Rummelplatz verteilt. Etliche bleiben bei den Spielti chen der Eingeborenen stehen und versuchen im Scherz die Bank zu sprengen.

Aber die Geister der schon reichlich genossenen Weine sind schlechte Berater beim Spiel. Andere verweilen bei den Schlangenbeschwörern. Fakiren und malayischen Tänzerinnen. Damen und Herren lauschen mit gleicher Andacht der Handliniendeutung eines Wahrsagers. Noch andere mi eh en sich unter die Zuschauer der javanischen Wajang- oder SchattenspieIe. Wir selbst landen mit unseren Tischgenossen auf den schmalen. harten Holzbänken des chine- sischen Theaters. Wenn man auch wenig von der pant mimi chen Handlung. dem Dureh- einander v n Helden. Geistern und Priestern versteht. so erfreut sich das Auge an der Schönheit der wirklich wertvollen anti ken Kosrüme. Geradezu komisch wirkt es. das die Schauspieler sich bei offener Szene umklei- den. wobei ein Chinese in weisser Hose und Sporthemd. die Cigarette im Mundwinkel. ihnen die neuen Requisiten reicht.

Nach einer knappen Stunde. die wir auf der Festwiese inmitten der Eingeborenen ver- bracht haben. erkannt und begrüsst von 32

manchem Kuli unserer Pflanzung. der sich heute abend gleich uns hier vergnügt. kehren wir ins Festzelt zurück. wo bald darauf ein Mitglied des Sultanshauses uns auffordert. ihm zur Gratulationscour in den Thronsaal zu folgen.

Erwartungsvoll schreite ich an der Seite meines Mannes die breite Treppe hinauf. In dem nur matt erleuchteten Vorsaal empfängt uns geheimnisvolle Gamelanmusik. begleitet von eintönig rhythmischem Kindergesang. Als der Gratulationszug sich vollzählig ver ammelt hat. brechen Musik und Gesang plötzlich ab.

Im selben Augenblick öffnen sich die Flügel- türen des Thronsaales.

Und wieder. wie noch oft in Indien. stehe ich verzaubert vor einem Bilde morgcnländi- schen Prunkes. wie ihn kaum ein andere Land zu entfalten vermag. Für Augenblicke verg esse ich Zeit und Raum. Mir ist. als sei ich wieder ein Kind und dürfte nun die lebendigen Illustra- tionen zu all den wundersamen Märchen chauen, die im Vergleich zu der Pracht des heutigen Festes meine blühende Kinde phantasie nur arm elig ausmalen konnte. Süss und verwirrend legt sich der Geruch aufsteigender Weihrauch- wolken und der des schmelzenden Wachses unzähliger flimmernder Kerzen. gem i cht mit dem betäubenden Duft welken der tropischer Blumen, auf meine Sinne. Und nur wie im Traume vernehme ich in weichen malayischen Lauten flüsternde In truktionen für die Gratu- lationszeremonien. die mir der Haushofmeister

33

(22)

wie jedem andern einzeJn erteiJt. Endlich ist die Reihe an mir und ich trete ein.

lm Hintergrunde des länglichen Saales erhebt sieh der Thron. dessen Baldachin aus Gold- brokat und grüner Seide auf vier reichge- schnitzten Elfenbeinsäulen ruht. Vom Eingang bis zu seinen Stuf en flankieren ihn zwei Reihen Ehrenwachen; die vordere, sitzende Frauen mit Kerzen, hinter denen Männer mit gezückten Krisen stehen. Zu beiden Seiten des Thrones halten Pagen in antiken Galauniformen grosse seidene Sonnenschirme, die Abzeichen für Fürsten und hohe indische Würdenträger. Viel zu kurz sind die Minuten der Zeremonie. in denen ich noch alles in mir aufnehmen möchte, was sich mir in überreicher Fülle darbietet.

Das Brautpaar, in starre Brokatgewänder gehüllt, mit ko tbarem Schmuck reich behangen, schwere edelsteinblitzende Kronen auf den Häuptern, sitzt mit untergeschlagenen Beinen auf flachen Polstern, umgeben von den beiden Müttern und den ältesten Prinzessinnen des Hofes. Die junge Kronprinzessin, die mieh vor allem interessiert. hat ein liebliches, weissge- pudertes Gesicht, in dem die dun kl en Augen- brauen und die langen. schweren Wimpern wie unbarmherzige Mauern die der Sitte gemäss geschlossenen Augen einkerkern. Wie schön müsste es sein, wenn sie plötzlich, und sei es auch nur für einen kurzen Augenbliek, die Lider von den samtenen Sternen, der grössten Schönheit ihrer Rasse, heben würde 1 Die

31

kleinen lichbraunen Hände mit den gelbgefärb- ten Fingernägeln liegen wie ermüdet unter der Bürde der zahlreichen kostbaren Ringe und Armreifen im Schoss. Der zierliche Kopf ermag die Last der Krone kaum noch zu tragen, und wenn er wie eine ermattete Blume vornüber zu sin ken droht, stützen ihn linde Mutterhände, indem sie ein seidenes Kissen unter das Kinn der bräutlichen Tochter halten.

"Würde bringt Bürde." - Schon acht Tage lang sitzt das Kronprinzenpaar vom frühen Morgen bis in die späte Nacht. nur mit kurzen Ruhepausen auf dem Thron, urn die Glückwünsche des Volkes entgegen zu nehmen.

Denn jedermann. und sei er auch der ärmste Untertan, hat das geheiligte Recht. seinen Fürsten zu segnen. Von weit und breit, oft tagelang wandernd strömen sie herbei und be- weisen lhre Treue zum angestammten Herrscher- hause durch Darbringung von Segenswünschen und Geschenken.

Als ich jetz.t auf der obersten Thronstufe niederkniee, hält man mir eine goldene Schale mit Reissaat entgegen. Wie es der Brauch for- dert, streue ich zuerst dem Bräutigam und dann der Braut einige Körner. Dann reicht man mir einen Wasserwedel, und ich besprenge die Saat mit duftendem Nass. Zum Schlusse meiner Huldigung entnehme ieh bereitgehaltenen Körben zwei Blumen und reiche sie dem fürst- lichen Paare, das mir mit leisem Kopfneigen

rur

meine Gratulation dankt. Als ich mich 35

(23)

erhebe. erblicke ich das prächtige Bild des ganzen Saales noch einmal in beinahe unwirk- licher Schönheit in der Rückwand des Thrones, den ein riesiger Spiegel einnimmt.

Welch ein heiliger tiefer Sinn diesem symbo- Iischen Glückwunsch zu Grunde liegt. und wie nahe er unserer eigenen Auffassung verwandt ist, begriff ich erst ein Jahr später, als ich in demselben SaaIe huldig end vor der goldenen Hängematte stand. die den kleinen Erstgebo- renen des jungen Paares barg. Reissaat, das Symbol der Fruchtbarkeit in diesem Lande.

war den Neuvermählten gestreut worden.

Kühlenden Himmelstau soHte Allah segnend spenden. bis neues Leben sich daraus zur Blüte entfalte. Alles einzig und allein ein Sinnbild des keimenden Lebens. der Hoffnungen. die man in die junge Fürstin setzte und die sie zum Segen ihres Hauses erfüllte, indem sie dem alten Stamme \'iele blühende Reiser schenkte.

Erinnert das nicht an die messianische Ver- heissung, die uns von Kindheit an vertraut ist durch das herzinnige Weihnachtslied: .. Es ist ein Ros' entsprungen aus einer Wurzel zart"?

Wie verschieden die Länder und ihre Völker, so gleich sind die Seelen aller Menschen in ihrem Ringen und Bnden dasselbe Gebet, zu welcher Gottheit sie auch immer rufen.

Nach Ablauf der Gratulationscour entbietet uns der Sultan auf die breite Terasse seines Palastes. Kaum haben wir sie betreten, so zischen schon die ers ten Raketen eines Prachtfeuer- 36

werkes auf, welches bei indischen Festen nie fehlen darf. Von hier aus geniesst man einen herrlichen Rundblick über die Zeltstadt in ihrer festlichen Beleuchtung und die fröhliche braune Volksmenge. die in kindlicher Freude den zischenden Raketen zujubelt.

Gezählt sind schon die Stunden, die uns bei Wein und Tanz im Festzelt froh vereinen.

Wenn die ]azzkapelle schweigt. erfreuen uns die Lieblingstänzerinnen des Sultans durch ihre Kunst, begleitet vom Gamelan-Orchester. Und viel zu früh verkündet ein purpurner Schein im Osten den Einzug des jungen Morgens, der uns zum Aufbruch mahnt.

37

(24)

WAN

HAl HONG,

DER

KOCH.

J

A, mit meinen europäischen Kochkenntnissen sass ich nun gründlich fest als junge Pflan- zerfrau. - Denn was nützten die in der Heimat erprobten Küchenzettel, wenn weit ab von aller Zivilisation oft die nötigen Zutaten fehlten.

8ekam ich beispielsweise beim Anblick eines Tins Sauerkraut in meiner reichhaItigen Konser- venkammer Appetit auf einen zartdurchwachse- nen Schweinebraten mit dieser beliebten deut- schen Brgänzung, 50 sank mein Mut bei dem Gedanken, mich ach, wer weiss wie lange ge- dulden zu müssen, bis im nächsten. für euro- päische Begriffe weit entferntem Dorfe die Chinesen ein Borstentier schJachten würden.

Doch - - was noch viel schlimmer war, welche Europäerin kann auf die Dauer den Rauch eines offenen, vorsintflutlichen Herdfeuers bei

38

Treibhaustemperatur vertragen! Nein, das waren unerquickliche Zustände in diesem Tropen- paradies. Aber nur ein wenig Geduld, dem übel konnte abgeholfen werden.

Wer versteht es auf Sumatra, am Rande des UrwaIdes, dem europäischen Magen in gleicher Weise mit guter heimatlicher Küche wie mit ihm angepassten indischen Reisgerichten zu dienen? Wo 6ndet man jenen Hexenmeister von Koch, welcher täglich aus der nieversie- gen den Fleischquelle des eigenen Geflügeistalles ein Huhn auf den Tisch bringt ohne dass die, welche es essen müssen, seufzen : - ach, schon wieder "Delifasan"! - Wer vermag direkt unter dem Aequator in einem deutschen Herzen durch bayrische Schweinshaxen mit Kraut und Knödel Münchner Hofbräuhauserinnerungen zu erwecken?

Wenn man in jenem Lande auf solche urdeutsche Genüsse Wert legt, darf man sein leibliches WohI nicht einem Javanen anver- trauen. Denn 50 gut er sich sonst im euro- päischen Haushalt als Mädchen für alles bewährt, wird schon allein sein durch den Moham- medanismus eingeimpfter Eke.l vor dem unreinen Schwein in ihm beim besten Willen nie die Liebe aufkommen lassen, welche zur Bereitung eines solchen Bratens die rechte Würze ist.

Bringt der Javanenkoch guten indischen Reis auf den Tisch, so kann man eins gegen hundert wetten, dass sein Brathuhn zähe wie Gummi ist, weil es ihm selbst Vergnügen macht, stun-

39

(25)

denlang Geflügelknochen durch die Zähne zu ziehen. Kurzum, im besten Falle ist er ein guter .. Küchenhandwerker", nie und nimmer aber ein mit schöpferi cher Phantasie begabter .. Kochkünstler". Bei ihm ist ein Huhn - ein Ajam - und als solches muss es vertilgt werden.

Ja, gibt es überhaupt jene Peden von Köchen, wie man sie unter den geschilderten Verhält- nissen braucht? Das Rezept ist einfach:

Man nehme einen Chinesen, und der euro- päische Magen befindet sich in den besten Händen. Trotzdem schien es für uns nicht leicht, jenes Rezept zu befolgen. Denn diese gel ben Himmelssöhne leben gern unter ihresgleichen.

Auf unserer Pflanzung aber gab es weder chinesische Kulis noch Handwerker, nicht ein- mal einen schlitzäugigen Krämer.

Und der Posten wäre sic her trotz unserer eifrigen Bemühungen noch lange unbesetzt geblieben, wenn sich eines Tages nicht ein Wunder ereignet hätte, ein Wunder, wie es nur in Indien geschehen kann, wo es weder ein Heer von Stellenvermittlern noch die se- gensreiche Einrichtung eines Arbeitsnachweises gibt. - Durch die Feder eines malayischen Dorfschreibers, der für wenige Cente seine Schreibkunst in den Dienst aller derer stellt, die ihrer bedürfen, fragte Wan Hai Hong, der alte treue Chinesenkoch aus meines Mannes Jung- gesellentagen ganz bescheiden an, ob sich der Tuan noch seiner erinnere 7 Die Antwort ging umgehend an ihn ab, und Rettung winkte . .fO

(26)

Wan Hai Hong war wie fast alle seine Zunftgenossen vor Jahren als Kuli für eine Tabakpflanzung nach Sumatra gekommen. Später wurde er Hausbedienter, zuerst gewöhnlicher Wasserträger, dann Boy, schliesslich Koch. In dieser letzten Eigenschaft hatte er meinem Mann ein Jahrzehnt lang treu gedient. Und als sein Tuan den wohlverdienten Europaurlaub antrat, übernahm ihn Kollege Wurzelhuber, ein derber Bayer.

Der alte Chinese musste sich gleich bei Bmpfang unserer Antwort auf den Weg ge- macht haben. Denn schon nach wenigen Tagen hielt in ehrerbietiger Distanz ein klappernder Sado vor unserem Bungalow. Den dünnen Seinen, die sich zuerst aus dem Gefährt heraus- schwangen, folgten ein hagerer Leib und ein glattrasierter Kopf. Dann schulterte der An- kömmling seinen Blechkoffer und eilte mit trip- pelnden Chinesenschritten auf unser Haus zu.

Das war Wan Hai Hong. - - Und wie ich ihn ansah, wusste ich, dass wir gut zusammen auskommen würden. Treu und gutmütig blickten die geschlitzten Augen aus dem gel ben verknitterten Mongolengesicht. Hier bin ich- und hier will ich blei ben, solange ich atme, bezeugte jede stumme Gebärde dieses hageren, ein wenig nach vorn geneigten Männchens.

"Nun, Wan Hai Hong, wie ist es dir während meiner Abwesenheit ergangen 7"

erölfnete mein Mann das Gespräch.

IlO-ah I - Drei Monate hielt ich's nur aus -41

(27)

beim Tuan . . . • . . ", er machte die Bewegung des Zitherspielens, denn den Namen Wurzel- huber konnte seine Zunge nicht meistern. Auch war jener Bayer durch sein Nationalinstrument unter den Eingeborenen bekannter als durch seinen Namen. - " Abend für Abend Gästë,"

klagte der Chinese, .. bis in den frühen Morgen keinen Schlaf. Als sie alle einmal noch bei Sonnenaufgang zusammen sassen, und das Bier nicht mehr kalt genug war, weil das Eis zu Ende ging, wurde er sehr zornig und wollte mich in den grossen Eiskasten stecken. Da ging ich lieber".

Wan Hai Hong bezog seine Kammer und schlug sein Bett mit dem Moskitonetz auf.

Später leistete er sich einen LiegestuhI. und da ich sah, wie nett und sauber er sein Privat- gemach hielt, spendierte ich ihm einen über- zähligen Tisch.

Sein ruhiges Walten in der Küche war für mich eine beglückende Wohltat. Wie er es wohl fertig brachte, trotz des offenen Herd- feuers immer 50 adrett und blütenweiss auszu- sehen? Eine weite Leinenhose, von typisch chinesischem Schnitt schlotterte urn seine Beine, und eine Art Oberhemd Bel bis an die Knie darüber. In der Küche trug er einen blauen Schurz, aber nie wagte er damit angetan, vor meine Augen zu treten. Morgen's besprach er mit mir das Menu für der. ganzen Tag. Die nötigen Zutaten übergab ich ihm aus meiner Vorratskammer. Und was sonst noch fehlte, 42

kaufte er in der .. Kedeh", dem Kramladen der Pflanzung ein. Dass er allen Anforderungen, die wir an seine Kochkunst steUten, vollauf ge- nügte, bedarf kaum einer besonderen Erwäh- nung. Seine Hühner glichen Knallbonbons - jedes war eine neue überraschung. Einmal gab's zarte KalbsschnitzeI, deren Genu s man sich ebenso hingab wie den ei nes kräftigen Irish stew oder eines falschen Hasen. Und das waren nur einige Gerichte von den ungezählten Varietäten, welche unser Koch aus dem Urstoff

"Huhn" zauberte.

Wan Hai Hong war der Mensch, auf den das Sprichwort: - Was ich denk' und tu', trau ich andern zu, - - nicht passte. Denn obgleich er auf der einen Seite misstrauisch gegen jedermann war, erlebte ich an ihm immer wieder die rührendsten Proben seiner Redlich- keit. Selbst wenn er die Küche auch nur auf Augenblicke verJiess, chloss er sie hinter sich ab. Auch duldete er nicht, dass einer der anderen Bedienten sich länger als irgend nötig darin aufhielt. Dabei hatte er nie Streit mit einem von ihnen, aber die stumme 8eharrlich- keit, mit welcher er seinen geraden Weg ging, blieb nicht ohne Einfluss auch auf die weniger festen Charaktere unter unseren Leuten. Durch solche Lauterkeit seiner Gesinnung war der Koch ein weisser Rabe unter seinen Zunftge-

nossen. Und seine Redlichkeit wirkte im Hinblick auf die bei seiner Rasse berüchtigte Skrupel-

Iosigkeit beinahe übernatürlich.

(28)

Selten verliess der Chinese die Pflanzung.

Aber er war bei seinen Landsleuten hochge- achtet. und wenn einer in der Umgegend ein gro ses Familienfest feierte. wurde Wan Hai Hong eingeladen. So oft er sich bei solchen Gelegenheiten auf den Weg machte, versäumten wir nie. ihm heimlich nachzuschauen. Es war eigentlich nicht viel an ihm zu sehen, wie er in seinem tadellos weissen Tropenanzug und dem ungewohnten Schuhwerk eilig forttrippelte.

Jedesmal aber. wenn er sich ausser Sehweite glaubte, wandte er sich noch einmal vorsichtig nach unserem Bungalow urn, und setzte dann einen grünen Jägerhut mit riesigem Gams- bart auf den er bis dahin unter dem Arm zu tragen pflegte. Mein Mann, der Wan Hai Hong noch im Schmucke seines Zopfes kannte, erklärte mir, das er diese Kopfbedeckung als Zeichen einer neuen Zeit erstand, als bei der Re- volution die einstige Zierde seines Hauptes fiel.

Unser Koch war auch nicht ohne Bildungs- eifer. Denn abgesehen davon, dass er im Laufe der Zeit die Wände seiner Kammer mit, aus- geschnittenen Konterfeien alter, bei uns ausge- lesener illu 'trierter Zeitschriften tapezierte, und von oft wiederkehrenden Bildern berühmter europäischer Persönlichkeiten ganze Serien zusammenstellte, be fan den sich in seinem Koffer auch einige dickleibige chinesische Bücher, und ich beobachtete ihn eines Abends durch die halbgeöffnete Tür, wie er beim Schein eines Lämpchens. mit einer grossen Hornbrille ange-

44

tan, in den gurgelnden Lauten seiner Mutter- sprache daraus las.

Eines Tages fragte er urn Erlaubnis, ein Weib zu nehmen. "Hong," warnte mein Mann, "du hast noch nie Glück in der Liebe gehabt, lass doch die Torheit"

"Ou sprichst wahr, Tuan, - - aber noch einmal wiU ich' s versuchen."

Wirklich, einige Tage später, kein Mensch wusste woher, geselIte sich zu dem Einsamen.

AJternden eine junge, hübsche Javanin. Und Rubinem, die arm zu Wan Hai Hong kam, ging bald in seidenen Sarongs einher. goldene Reifen klirrten urn ihre zierlichen FesseIn und Handgelenke. Knöpfe aus schweren englischen Pfundstücken schlossen die spitzenbesetzte Kabaja und goldener Schmuck tach grell aus ihrem nachtschwarzen Haar. - - Aber das Glück dauerte nicht lange. Eines Tages. nach- dem diese javanische Eva alles beieinander hatte. wa ihr Herz begehrte, war ie mit diesen Herrlichkeiten spurlos er chwunden.

- .. Herr, es war das letzte Mal," mit diesen Worten entschuldigte ich der Betrogene vor uns und zog den Schlu strich unter das traurige Kapitel "Liebe" in seinem Leben.

Ein 9ro es Ereigni in unserem Hause machte ihn noch selbstlo er und v rdoppelte eine Anhänglichkeit an unsere Familie. Als unser Aeltester geboren wurde, verlor der son t so Ruhige zum erstenmal seine Fa 'ung. Und niemand konnte ihn hindern. mit einem grossen

45

(29)

Feuerwerk. dessen Raketen und Brummer er selbst entzündete, die bösen Geister zu ver- scheuchen, die nach chinesischer Auffassung das Neugeborene bedrohten. Der "Sinjo" war kaum einige Wochen alt, da liess er eine grosse Puppe für ihn aus Singapore kommen.

Als ich ihm Vorwürfe machen wollte erwiderte er: Mem, ich rauche weder Opium. noch spiele ich, Frauen, - - - " er machte ei ne hilflose Bewegung - - "aber der junge Herr, der Sinjo, ist meine grosse Freude."

Als der Kleine älter wurde, belohnte er Wan Hai Hongs Liebe nach Kinderart. Der

"Kokki" wurde sein liebster Spielgefährte, weil er sich am meisten von ihm tyrannisieren liess.

Nie werde ich verg essen, wie der Dreijährige den Chinesen sein Nachtgebet lehrte. und der Ärmste geduldig. ohne den Sinn zu verstehen.

wiederholte, was der Junge ihm vorsprach :

"Lieber Gott, be-hü-te Va-ti, Mut-ti und mich auch ... " Noch als der Bub längst im Bett lag. murmelte der Koch zwischen seinen Pfannen und Töpfen : "Und mi-ch au-ch.

Die letzten Tage auf der Pflanzung. - - Wan Hai Hong steIlte mit zitternden Händen das Essen auf den Tisch. Bei unserem Nach- folger würde er nicht bleiben. Er sei zu alt, urn sich noch an einen neuen Herrn zu ge- wöhnen. Zu einem Landsmann in der Nähe der Stadt wollte er ziehen, an dessen Gärtnerei er mit seinen Spargroschen beteiligt war. Beim Abschied war er 50 gefasst, wie man es nach 46

den letzten Tagen nicht vermutet hätte.

Preunde geleiteten uns an Bord. Auf einmal riss sich unser Junge von meiner Hand los und stürzte mit einem Freudenschrei in die ausge- breiteten Arme Wan Hai Hongs, der uns am Fallreep erwartete.

"Es liess mir keine Ruhe, ich musste sehen.

wie der Sinjo auf dem grossen Schiff reisen würde." Er ging mit in die Kabine, befühlte die Matratze des Kinderbettes und half dem Kleinen sein Spielzeug auspacken. Dann beg lei- tete er ihn in den Kindersaal, urn sich misstrauisch zu überzeugen ob das Essen geniessbar sei.

Beim letzten Abfahrtssignal verliess er als Letzter der Zurückbleibenden das Schiff. Abseits, an einen Pfeiler der Landungsbrücke Çlelehnt, starrte er ohne sich zu rühren oder zu winken, zu uns hinüber. Sein treues Mongolengesicht war der letzte, unvergessliche Eindruck, den wir von Sumatra mit hinausnahmen.

Und wenn vieles, was unser Junge drüben erlebte. seinem kindlichen Gedächtnis wieder entschwand, sein erster Freund bleibt unver- gessen. Die Treue dieses Chinesen schrieb in unser und in das Kinderherz mit grossen unver- wischbaren Lettern - - - WAN HAl HONG.

-.7

(30)

INDISCHER

WEIHNACHTS ZAUBER

I

M dunkelgrünen Gezweig des Kaffeebaumes.

welcher die heimatliche Weihnacht tanne er etzt, verli cht das letzte zuckende Kerzen- flämmchen. und das rote flüssige Wachs pertt gleich einem Tropfen warmen Herzblutes auf meine ausgestreckte Hand. - Dann ist es still in unserem Bungalow. Selbst die Erinnerungen an all die Christfeste daheim mit Schnee- ge töber. Schlittengeläut. Tannen- und Kuchen- duft und dem ganzen herzerwärmenden Zauber deutscher Weihnachten schweigen. In dieser lautlosen Zweisamkeit schwingen nur unsere Seelen wie zwei aufeinander abgestimmte Weih- nachtsglocken. und der neue. ungekannte Zauber dieser indischen heiligen Nacht zwingt uns in seinen Bann.

Deutsche Weihnacht - .. Es ist ein Ros' ent-

-48

sprungen. . . . . .. mitten im kalten Winter", 0

hat es das deutsche Gemüt verdichtet.

Indische Weihnacht - "Buch ist heute der Heiland geboren." - Kam nicht in einer solchen lauen samtdunklen Nacht. erfüllt vom geheim- nisvollen Flü tem und Weben der Natur. jene Botschaft zu den Hirten auf dem Felde 7

Wir lauschen. Horch, ertönt jetzt nicht Engelsge ang? "Vom Himmel hoch, da komm ich her." - Indische Christen sind es. welche dem Rufe. ..Kommet her zu mir alle. die ihr mühselig und beladen eid" ~ 19ten. Sie singen heU[ zum Lobe de Kinde in der Krippe.

Hand in Hand treten wir hinaus ins Freie.

Der Wind harft in den harten Wedeln der Pinangpalmen seinen Nachtgesang und weht uns den üssen. sinnverwirrenden Weihrauch- duft ihrer Blüten zu. Jeder Baum. jeder Strauch erstrahit weihnachtli h im Schmucke ungezählter flimmernder Leuchrkäferkerzen. Das Zirpen der Zikaden erklingt helI wie Schlittengeläut.

Dumpf röhrt ein Hirsch im nahen Wald. über uns funkeln Myriaden von Sternen, alle über-

trahIt das Kreuz de Südens. Unbewu st schreiten wir v m Hau e fort. Am Ende de hellen Pfade . der in der Dunkelheit wie Phosphor schimmert. winkt uns ein röt1iche Licht. Vor uns wandert das Sternenkreuz. bi es mit uns zugleich bei jener Hütte halt macht.

aus welcher der warme Schein flutet.

In deutschen Landen geht die Sage. dass in der heiligen Nacht grosse Wunder denen i9

(31)

geschehen. die gläubigen Herzens sind. Ist zu uns auch ein solches Christwunder gekommen ? - Sind wir fa st zweitausend Jahre rückwärts und tausende von Meilen westwärts gewandert ? - Hier ist der Stan von Bethlehem.

Drinnen im Schein des tlackernden Lämp- chens liegt halb aufgestützt ein Weib. und ihr nachtschwarzer Haarmantel fällt wie ein Wie- genvorhang urn ihr Kind. über welches sie sich in seligem Entzücken beugt. Der milde Licht- schein überstrahlt ihr schmale ambrafarbenes Gesicht. Die junge Mutter hebt die gesenkten Lider nur von dem Neugeborenen. urn aus ihren tiefdunklen Augensternen einen Blick grösster Mutterseligkeit zu dem Vater ihres Kindes w senden. der in stummem Schweigen vor dem unermesslichen Glück verharrt. welches heute bei ihm einkehrte.

- .. Sie kamen eilig. und randen Joseph und Maria mit dem Kinde ...

Wir drücken uns tiefer in den Schatten der hohen Bambushecke. damit die Vorübergc- henden uns nicht gewahren. die Männer und Frauen. welche das kleine Menschenkind an- staunen wollen.

Fort. nur fort jetzt. damit kein plurnper Zufall den Zauber die es Weihnachtswunder uns zerstört.

Vorbei jene erste .. Heilige Nacht" in Indien.

Viele Weihnachten folgten ihr. dort drüben und hier in der Heimat. Echte deutsche Christfeste.

die in jedem Jahr on neuem die Tore unseres 50

Herzens weit auftun. - Aber jedesmal. wenn die letzte Kerze der Weihnachtstanne mit leisern Knistern verlischt. erlebt die Seele wieder da Krippenwunder jener indischen heiligen Nacht.

51

Referenties

GERELATEERDE DOCUMENTEN

Deze film is beschikbaar gesteld door het KITLV, uitsluitend op voorwaarde dat noch het geheel noch delen worden gereproduceerd zonder toestemming van het KITLV.. Dit

uitsluitend op voorwaarde dat noch het geheel noch delen worden gereproduceerd zonder toestemming van het KITLV.. Dit behoudt zich het recht voor een vergoeding te

Par sept heures devant lTlon hcure, au tour du temps sonore vers les dagop' de Bourou-Boudhour : Quand des Yeux dorment, d'autres d'aurore ont páli aussi doux que

Deze film is beschikbaar gesteld door het KITLV, uitsluitend op voorwaarde dat noch het geheel noch delen worden gereproduceerd zonder toestemming van het KITLV.. Dit

Alternatively, as suggested by Mesut Tez, endothelial growth factors directly released from the wound could play the major part, with a higher likelihood of angiogenic stimulation

(2) 34 die Lernfelder bekannt sind, sollten diese in wohl dosierte Häppchen gepackt werden, sagt Birgit Ebbert, Lernbegleiterin aus Hagen.. „Erstelle einen Zeitplan, auf dem

München Für die 21 Berufsfischer am Ammersee ist das ein Lichtblick: Sie sollen eine Ausnahmegenehmigung er halten, Kormorane an den Netzen ab zuschießen. Damit reagiert das

Outfit wird mit Persönlichkeit verwechselt. Die Marke und nur die Marke entscheidet über Anerkennung, Erfolg und Sozialprestige. Das ist brutal für diejenigen, die sich diese Art