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Zwischen Misstrauen und bedingungsloser Unterstützung: Der deutsche Wiedervereinigungsprozess aus niederländischer Perspektive

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Rijksuniversiteit Groningen Masterarbeit Duitslandstudies LDD999M20

Betreuer: Dr. P.O.H. Groenewold Studienjahr 2010/2011, Wintersemester

Zwischen Misstrauen und bedingungsloser Unterstützung: Der

deutsche Wiedervereinigungsprozess aus niederländischer

Perspektive

Autor: Wim van Eisden

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Inhalt

1. Einleitung ... 3

1.1 Die deutsche Einheit als Ziel der Bundesrepublik... 3

1.2 Die niederländische Meinungsbildung bezüglich des deutschen Wiedervereinigungsprozesses als Ausgangspunkt dieser Arbeit ... 7

1.3 Zur Materialgrundlage dieser Arbeit: Sekundärliteratur, Pressepublikationen und Archivmaterial ... 8

2. Die niederländische öffentliche Meinung und die Wiedervereinigung ... 11

2.1 Die Stellungnahme der Bevölkerung ... 11

2.2 Die Meinungsbildung in den Medien ... 12

3. Die ersten Monate nach dem Mauerfall: die Perzeption in Den Haag ... 18

3.1 Brief des Außenministers Van den Broek über die Regierungskonferenz in Paris vom 18. November 1989 ... 18

3.2 Die Regierungserklärung des Kabinetts-Lubbers und die Debatte über die deutsche Frage . 19 3.3 Parlamentsdebatte über den Straßburger Gipfel vom 8. und 9. Dezember 1989: Misstrauen gegen Kohl? ... 21

4. Die niederländische Regierung und die Wiedervereinigung ... 26

4.1 Die Affäre – Tilburg: Betroffenheit in der Zweiten Kammer ... 26

4.2 Außenminister Hans van den Broek: seine Position zur Wiedervereinigung ... 31

4.2.1 Zweite-Kammer-Fragen an den Außenminister hinsichtlich des deutschen Wiedervereinigungsprozesses ... 31

4.2.2 Außenminister Van den Broek nimmt Stellung ... 34

4.3 Ruud Lubbers: Befürworter der ersten Stunde ... 36

5. »Zwei-plus-Vier«, und wir? Information und Konsultation, aber kein Mitspracherecht im Wiedervereinigungsprozess ... 40

5.1 Die Konferenzen von Ottawa und Dublin: Ein Schreiben des Außenministers Van den Broek an die Zweite Kammer ... 40

5.2 Indignation in der Zweiten Kammer ... 42

6. Schlussfolgerung ... 48

7. Literaturverzeichnis ... 50

7.1 Benutzte Archive ... 50

7.2 Monografien ... 51

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1. Einleitung

1.1 Die deutsche Einheit als Ziel der Bundesrepublik

Der Fall der Mauer am 9. November 1989 und der deutsche Wiedervereinigungsprozess können als eines der wichtigsten Ereignisse der Nachkriegszeit betrachtet werden. Nach vierzig Jahren deutscher Teilung wurden die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik am 3. Oktober 1990 offiziell wiedervereinigt. Diese Einheit war seit Gründung der Bundesrepublik stets das wichtigste Ziel der Außenpolitik gewesen. In seiner Zeit als Bundeskanzler meinte Konrad Adenauer, dass die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten nur dann erreicht werden könne, wenn folgende Bedingungen erfüllt würden: erstens solle die deutsche Demokratie nach westlichen Maßstäben aufgebaut werden, zweitens sei eine starke Wirtschaft notwendig und drittens solle sich die Bundesrepublik an den Westen binden (»Westbindung«), und in dessen Strukturen integrieren.1 Die Verträge, die Bundeskanzler Adenauer anschließend mit dem Westen abschloss, haben zwar nicht zu einer deutschen Wiedervereinigung, wohl aber zu einer raschen Wiederbewaffnung und dem NATO-Zutritt geführt. Die Bundesrepublik bekam ihre gewünschte Souveränität, die Demokratie verfestigte sich und die Wirtschaft blühte auf; der junge Staat hatte in fast allen Aspekten metaphorisch den Wind im Rücken. Trotz Adenauers erfolgreicher Politik verringerten sich die Chancen auf eine deutsche Wiedervereinigung infolge einer wachsenden Diskrepanz in Europa in den 50er und 60er Jahren zunehmend. Es war Willy Brandt, der mit seiner Ostpolitik die Kluft zwischen West und Ost zu überbrücken versuchte. Diese Annäherung von Brandt war eine Ergänzung der von Adenauer geführten Politik: gestützt auf die feste Integration der Bundesrepublik in den Westen, strebten die Regierungen von Willy Brandt über Helmut Schmidt bis zu Helmut Kohl eine Außenpolitik an, bei der der Status-Quo freilich respektiert und akzeptiert, aber verändert wurde. Diese Regierungen schlossen Verträge mit dem Osten ab, bereinigten heikle Diskussionsgegenstände, unterstützten die Abrüstung und strebten stabiler Zusammenarbeit nach.2 All diese Maßnahmen wurden nach Rücksprache mit dem Westen durchgeführt. Es war de facto Adenauers Politik, komplettiert mit der neuen »Ostpolitik« der Bundeskanzler Brandt, Schmidt und Kohl, die zur

1

Karl Kaiser: Deutschlands Vereinigung. Die internationalen Aspekte. Mit den wichtigen Dokumenten. Schriften des Forschungsinstituts der deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik E.V. Bonn. Bergisch Gladbach: 1991, 27.

2 Ton Nijhuis: Een nieuw Duitsland – een nieuwe buitenlandse politiek? In: Patrick Dassen, Barend Verheijen en

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deutschen Vereinigung beigetragen hat.

Noch wichtiger waren allerdings die vom damaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow herbeigeführten Veränderungen in der russischen Innen- und Außenpolitik.3 Bis 1989 hatten diese nicht nur zu großen Fortschritten in den Beziehungen zwischen West und Ost, sondern auch zu tief greifendem Wandel in allen sozialistischen Staaten geführt. Das von Gorbatschow im Jahre 1988 verkündete Selbstbestimmungsrecht gab den nach mehr Autonomie strebenden Mächten in diesen Staaten wieder Kraft und Mut. Gorbatschow seinerseits legte großen Wert auf ein gutes Verhältnis zur Bundesrepublik. Während eines Besuches des Bundeskanzlers Helmut Kohl in Moskau im Oktober 1988 äußerte er den Wunsch, die diplomatischen Beziehungen mit der Bundesrepublik in allen Bereichen zu verbessern. Als Gorbatschow einige Monate später Bonn besuchte, wurde er von der deutschen Bevölkerung, erleichtert über das sich nähernde Ende der internationalen Spannungen, herzlichst begrüßt. Während dieses Staatsbesuches unterschrieben Gorbatschow und Kohl eine Erklärung, in der festgelegt wurde, dass jedes Volk und jeder Staat das Recht hatte, das eigene politische und soziale System frei zu wählen.4

Diese Erklärung hatte für die DDR und ihre Führung weitgehende Konsequenzen und führte schließlich zum Untergang des Staates. Im Spätsommer 1989 kam es zu einer massenhaften Flucht von DDR-Bürgern; tausende warteten im Nachbarland Ungarn auf die Gelegenheit, in den Westen zu reisen. Die ungarische Regierung, die am meisten von dem von Gorbatschow kreierten Spielraum profitiert hat, stand anfangs vor einem großen Dilemma, doch später gab sie, mit breiter Unterstützung von Bundeskanzler Kohl und Außenminister Genscher, den geflüchteten DDR-Bürgern grünes Licht.

Der Zusammenbruch der DDR wurde unvermeidlich, als Gorbatschow während seines Aufenthaltes in Berlin anlässlich des 40. Jahrestages des Staates in einer Rede die damalige SED-Führung scharf kritisierte. Er war sehr verstimmt über die Abweisung seiner Reformvorschläge und war zudem der Ansicht, dass Erich Honecker nicht die geeignete Person sei, um die Reformen durchzuführen. Aus bitterer Enttäuschung stellte sich Gorbatschow auf die Seite der Opposition.5 Schließlich führten massenhafte Bürgerdemonstrationen einerseits, und Undeutlichkeiten und Missverständnisse in der neuen SED- Regierung unter Führung von Egon Krenz andererseits – Honecker wurde am 18. Oktober 1989 abgesetzt – zum Fall der Mauer am 9. November.

3 Frits Boterman: Moderne geschiedenis van Duitsland 1800-heden. Amsterdam 2005, 516. 4

Kaiser 1991, 34.

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5

Am 28. November überraschte Bundeskanzler Kohl die Welt mit einem aus eigener Initiative und ohne Beratung verfassten »Zehn-Punkte-Plan« als Lösung der Deutschen Frage.6 Der Plan war basiert auf der Ansicht in Bonn, dass weitergehender Fortschritt im Vorfeld der deutschen Wiedervereinigung nur auf der Grundlage der Integration beider Staaten erreicht werden konnte. Deshalb betonte das Programm die Notwendigkeit einer »Vertragsgemeinschaft« und zunehmender Zusammenarbeit auf allen Ebenen zwischen beiden Staaten, aus der sich allmählich konföderative Strukturen entwickeln sollten. Der Plan hob zudem nachdrücklich hervor, intensiv mit der Europäischen Gemeinschaft zu kooperieren.7 Die Einheit beider deutscher Staaten wurde in diesem Plan als allerletztes Ergebnis im Prozess gesehen.

Mit seinem »Zehn-Punkten-Plan« beabsichtigte Kohl, in einer Situation von zunehmender Verwirrung und beginnendem Chaos in der DDR, wieder die Initiative zu ergreifen. Der Bundeskanzler schlug eine flexible Vorgehensweise in Phasen vor und formulierte zugleich Anforderungen für die Zusammenarbeit mit der DDR: vor allem der Verstärkung der Demokratie und der Menschenrechte sollten Beachtung geschenkt werden. Außerdem wollte Kohl die Verbündeten der Bundesrepublik und die Sowjetunion beruhigen. Der »Zehn-Punkte-Plan« war jedoch, trotz der besten Absichten des Bundeskanzlers, kein Erfolg. Dafür gab es zwei einleuchtende Gründe8: erstens war der Plan bereits bei Veröffentlichung von der Aktualität eingeholt worden. Der Einheitstrieb, sowohl in der Bundesrepublik als in der DDR, war nämlich viel stärker als erwartet, wodurch sich die Regierung in Bonn gezwungen sah, schneller vorzugehen als ursprünglich geplant war. Zweitens wurde der Inhalt des »Zehn-Punkte-Plans« von den vier Besatzungsmächten abgelehnt. Die USA waren vor allem alarmiert über die Tatsache, dass Kohl in seinem Plan nicht angegeben hatte, wie die Alliierten, die Europäische Gemeinschaft, und, wichtiger noch, das westliche Bündnis in die von ihm vorgeschlagene Struktur passen würden. Mit anderen Worten: der »Zehn-Punkte-Plan« sei in ihrer Sicht ein nachdrücklicher deutscher Plan. In der Sowjetunion wurde vermutet, dass Kohl nicht die Absicht hatte, die Wiedervereinigung von den Wünschen anderer Staaten abhängig zu machen. Der französische Präsident François Mitterand seinerseits war empört, weil ihm der Bundeskanzler während eines gemeinsamen Abendessens einige Tage zuvor nichts über seine Pläne erzählt hat und auch die britische Premierministerin Margaret Thatcher äußerte ihre Besorgnis.

6 Friso Wielenga: Van vijand tot bondgenoot. Nederland en Duitsland na 1945. Amsterdam 1999, 181. 7

Kaiser 1991, 38.

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Sowieso standen Mitterand und Thatcher den Entwicklungen in Deutschland nach dem Mauerfall sehr kritisch gegenüber, zu großer Unzufriedenheit von Helmut Kohl. In seinen Memoiren schrieb er: »Die Vorbehalte in Downing Street No.10 waren am stärksten«9 und »auch Mitterand hat sich zunächst nicht leicht mit der deutschen Frage getan«.10 Und Thatcher war in seiner Optik »een patetische vrouw die in het verleden leeft […] die het niet verkroppen kon dat Duitsland, nadat het twee wereldoorlogen had verloren, aan het einde van de eeuw als grote overwinnaar uit de bus zou komen«.11 Der amerikanische Präsident Bush dagegen hat sich, trotz seiner Kritik am »Zehn-Punkte-Plan«, immer für eine deutsche Wiedervereinigung ausgesprochen und auch Gorbatschow hat sich, nach anfänglicher Zurückhaltung, während eines gemeinsamen Treffens auf Malta positiv ausgelassen. Am 4. Dezember 1989 versuchte Bush auf einer Konferenz in Brüssel den Widerstand gegen die deutsche Wiedervereinigung zu unterdrücken und spornte Mitterand und Thatcher an, ihre bis jetzt betriebene Politik heimlicher Obstruktion aufzugeben und konstruktiv mitzudenken.12 Die Wiedervereinigung war ab diesem Moment unvermeidlich und nur noch eine Frage der Zeit.

Im Tausch für die Unterstützung musste Kohl den Besatzungsmächten einige wichtige Konzessionen machen.13 Im Hinblick auf die Stabilität in Europa und um die Macht des vereinigten Deutschland im Zaum zu halten, entstanden Pläne für eine gemeinsame Europäische Wirtschafts- und Währungsunion. Unter großem Druck unterzeichnete Kohl letztendlich am 9. Dezember 1989 ein Abkommen, in dem er erklärte, die D-Mark, Symbol des Wirtschaftswunders und des demokratischen Deutschlands aufzugeben.

Außerdem wurde Kohl gezwungen, den Umfang des Heeres zu verringern, auf eine atomare Aufrüstung zu verzichten, die Beziehungen mit der Sowjetunion grundlegend zu verbessern, und die »Oder-Neiße-Grenze als definitive deutsche Ostgrenze zu akzeptieren. Während der damalige bundesdeutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher sagte, dass »das polnische Volk wissen soll, daß sein Recht, in sicheren Grenzen zu leben, von uns Deutschen weder jetzt noch in Zukunft durch Gebietsansprüche in Frage gestellt wird«14, vertrat Kohl lange Zeit keinen deutlichen Standpunkt. Möglicher Grund dafür war, dass Kohl mit den bevorstehenden Wahlen im Jahre 1990 rechtskonservative Kräfte in seiner Partei – zu

9 Helmut Kohl, Kai Diekmann, Ralf Georg Reuth: Helmut Kohl: Ich wollte Deutschlands Einheit. Berlin 1996,

196.

10 Ibidem, 197. 11

Willem Melching, Marcel Stuivinga: Ooggetuigen van de Koude Oorlog, in meer dan 100 reportages. Amsterdam 2007, 187.

12 Ruud Veltmeijer: Het wonder van de Duitse eenwording. Amsterdam: Boom, 2000, 91. 13

Kaiser 1991, 45.

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denen auch die Vertriebenen gehörten – behalten wollte. Diese Kräfte, von starkem Revisionismus getrieben, haben die »Oder-Neiße-Grenze« nie anerkannt. Dass Kohl die deutsche Ostgrenze respektierte, ist allerdings über allen Zweifel erhaben.

Die außenpolitischen Aspekte der Wiedervereinigung wie die Bündniszugehörigkeit, Truppenstärke und die Grenzfrage wurden in den sogenannten »Zwei (Bundesrepublik Deutschland und DDR) -plus-Vier (USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich)-Gesprächen« besprochen. Am 13. Februar 1990 wurde auf der »Open-Skies-Konferenz« in Ottawa auf diese Aspekte Einigung erzielt. Nach weiteren Durchbrüchen in London, Moskau und im Kaukasus wurden die Bundesrepublik und DDR am 3. Oktober 1990 offiziell wiedervereinigt.

1.2 Die niederländische Meinungsbildung bezüglich des deutschen Wiedervereinigungsprozesses als Ausgangspunkt dieser Arbeit

In der vorliegenden Arbeit wird die niederländische Meinungsbildung bezüglich des deutschen Wiedervereinigungsprozesses untersucht. Für mich als Autor stellen sich mehrere Fragen, mit deren Beantwortung sich diese Masterarbeit befasst: wie reagierte die niederländische Bevölkerung auf die Entwicklungen im Nachbarland? War sie mehrheitlich für oder gegen eine Wiedervereinigung beider deutscher Staaten? Wie wurde in niederländischen Zeitungen, Zeitschriften und Parteiblättern über den Wiedervereinigungsprozess geschrieben? Wurde er begrüßt oder nicht? Und warum (nicht)? Und welche Position vertraten die niederländische Regierung unter Führung von Ministerpräsidenten Ruud Lubbers und das niederländische Parlament während dieses Prozesses? Und schließlich: wie ist diese Haltung der Politik, entweder positiv oder negativ, zu erklären? Tatsache ist jedenfalls, dass schon bald in der Bundesrepublik, sowohl in der Politik wie in den Medien, den Eindruck entstand, dass die Niederlande Bedenken gegenüber einer Wiedervereinigung hätten. Im Verlauf des Prozesses wuchs das Unbehagen in der Bundesrepublik, insbesondere bei Bundeskanzler Helmut Kohl. Und einen Tag vor der Einigung, am 2. Oktober 1990, titelte die »Frankfurter Allgemeine Zeitung«: »Den Niederlanden fällt der Abschied [von der deutschen Teilung] schwer«.15 Waren Kohls Unbehagen und die Behauptung der »FAZ« gerechtfertigt oder handelte es sich hier um ein Missverständnis?

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In der niederländischen Politik wurde dem deutschen Wiedervereinigungsprozess nach dem Mauerfall am 9. November 1989 zunächst relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Laut Huib Goudriaan, Journalisten des niederländischen Tageszeitung »Trouw«, verursachte die deutsche Einheit »nog geen rimpeltje in de Nederlandse vijver«.16 Historiker Friso Wielenga gibt für diese Passivität einen Grund: die Politiker gingen anfänglich nicht von einer Wiedervereinigung beider deutscher Staaten, sondern von einem »ungarischen Modell« für die DDR aus. Mit anderen Worten: radikale Reformen und Liberalisierung in der DDR wurden für wahrscheinlicher gehalten.17 Im dritten Kapitel dieser Arbeit wird näher auf die Passivität der Politiker eingegangen und werden die Tagung der Europäischen Rat am 8. und 9. Dezember in Straßburg und die Debatte in der Zweiten Kammer mit demselben Thema behandelt. Im vierten Kapitel steht die Kontroverse um die Rede des Ministerpräsidenten Ruud Lubbers in Tilburg vom 15. Januar 1990 im Mittelpunkt, in der er sich vermeintlich gegen die Wiedervereinigung ausgesprochen hat. Welche wirkliche Auffassung Lubbers hinsichtlich der deutschen Wiedervereinigung vertrat, wird im weiteren Verlauf dieses Kapitels untersucht, sowie der Standpunkt des Außenministers Hans van den Broek. Schließlich wird im fünften und letzten Kapitel die Zweite-Kammer-Debatte über die »Open-Skies-Konferenz« in Ottawa behandelt, in der die Beteiligung der Niederlande im Wiedervereinigungsprozess im Mittelpunkt steht. Zunächst wird im folgenden Kapitel ein Blick auf die Meinungsbildung der niederländischen Bevölkerung geworfen und werden die Ansichten verschiedener Journalisten, Politiker und anderer Intellektuellen in den Medien unter die Lupe genommen.

1.3 Zur Materialgrundlage dieser Arbeit: Sekundärliteratur, Pressepublikationen und Archivmaterial

Für diese Untersuchung habe ich zwar viel Sekundärliteratur von renommierten Historikern herangezogen, doch habe ich mehr den Akzent auf primäre Quellen gelegt, wie einerseits Pressepublikationen wie Artikel in Zeitungen und Parteiblättern und andererseits Archivmaterial des niederländischen »Staaten Generaal«. Für die Recherche der Pressepublikationen habe ich den Katalog des »Documentatiecentrum Nederlandse Politieke Partijen« (DNPP) in der Universitätsbibliothek in Groningen benutzt. Das Archivmaterial der »Staaten Generaal«, oder die »Handelingen« der Ersten und Zweiten Kammer habe ich über

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Huib Goudriaan: Duitse eenheid maakt nog geen rimpeltje in Nederlandse vijver. In: Trouw, 16. Februar 1990.

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Internet gefunden. Auf der Website http://www.statengeneraaldigitaal.nl sind diese »Handelingen«, von 1814 bis 1995 frei zugänglich und kostenlos herunterzuladen. Das Archiv des Außenministeriums und des »Nationaal Archiv (NA)« in Den Haag waren dagegen nicht zugänglich. Bevor ich näher auf die primären Quellen eingehe, werde ich im Folgenden zunächst meine Sekundärliteraturwahl erläutern.

Die vielleicht wichtigste sekundäre Quelle für diese Arbeit ist die Monografie des niederländischen Historikers Friso Wielenga, »Van vijand tot bondgenoot. Nederland en Duitsland na 1945«, die im Jahre 1999 veröffentlicht wurde. In dieser Arbeit stehen die deutsch-niederländischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg im Mittelpunkt. Relevant für meine Masterarbeit war allerdings nur das fünfte Kapitel, in dem Wielenga die deutsche Wiedervereinigung 1989-1990 beschreibt und auf den Mauerfall, Kohls »Zehn-Punkte-Plan«, und letztendlich auf die Rolle des niederländischen Ministerpräsidenten Lubbers und des Außenministeriums unter Führung von Hans van den Broek eingeht. Wielenga steht, wie sich bald herausstellt, der Stellungnahme der niederländischen Regierung und vor allem des Ministerpräsidenten Lubbers kritisch gegenüber. Über Lubbers sagt er: »de indruk die hij achterliet was die van een ongelukkig argumenterende minister-president met een groot wantrouwen jegens Kohls herenigingspolitiek«.18 Mithilfe primärer Quellen wie Zeitungsartikel im »Nieuwsblad van het Noorden« vom 22. Dezember 1989, im »Vrij Nederland« vom 31. Oktober 1998 und in der »Volkskrant« vom 18. September 1999, und die »Handelingen« von 1989 bis 1990, in denen Ruud Lubbers hinsichtlich der deutschen Wiedervereinigung Stellung nahm, werde ich versuchen deutlich zu machen, dass der damalige Ministerpräsident eine ganz andere Meinung vertrat. In diesem Sinne werde ich die Ansicht Wielengas also zur Diskussion stellen.

Die zweite Monografie, die für meine Arbeit von großer Relevanz war, war »Die deutsche Wiedervereinigung von außen gesehen. Angst Bedenken und Erwartungen in der ausländischen Presse«, im Jahre 1997 von der deutschen Historikerin Ines Lehmann veröffentlicht. In dieser wissenschaftlichen Einzeldarstellung steht die Meinungsbildung in der Presse der Nachbarländer der Bundesrepublik hinsichtlich des deutschen Wiedervereinigungsprozesses 1989-1990 im Mittelpunkt. Nur das Kapitel über die Meinungsbildung in der niederländischen Presse war für meine Arbeit relevant. Lehmann hat für ihre Monografie viele Zeitungsartikel untersucht und folgerte schließlich, dass der Tenor in der niederländischen Presse nicht besonders kritisch war. Dagegen musste die

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niederländische Regierung unter Führung von Ministerpräsidenten Ruud Lubbers es entgelten; laut Lehmann hatte sie immer schwere Bedenken gegen die Wiedervereinigung gehabt und diese nie wirklich unterstützt. In ihrer Arbeit stimmt die deutsche Historikerin denn auch der Behauptung der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« zu, die folgendermaßen lautete: »den Niederlanden fällt Abschied von der deutschen Teilung schwer«.19 Wie in der Arbeit von Wielenga wird hier die Haltung der niederländischen Regierung also kritisiert. Ich werde untersuchen, ob diese Kritik gerechtfertigt ist.

Für die historiografische Übersicht in der Einleitung dieser Masterarbeit waren die Monografien des niederländischen Historikers und Deutschlandexperten Frits Boterman, »Duitsland als Nederlands probleem« und die »Moderne geschiedenis van Duitsland«, jeweils im Jahre 1999 und 2005 veröffentlicht, sowie die Arbeit »Deutschlands Vereinigung. Die Internationalen Aspekte« des deutschen Historikers Karl Kaiser aus dem Jahr 1991 und »Het wonder van de Duitse eenwording« des niederländischen Historikers Ruud Veltmeijer, 2000 veröffentlicht, sehr hilfreich. Zudem habe ich die Memoiren des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl, sowie die des Außenministers Genscher und britischen Premier Margaret Thatcher als Sekundärliteratur benutzt, da in all diesen Werken die niederländische Haltung bezüglich des deutschen Wiedervereinigungsprozesses zur Sprache kommt und insbesondere auf die Rolle des Ministerpräsidenten Ruud Lubbers eingegangen wird. Margriet Brandsma und Marjolein Uitzinger haben im Jahre 2009 eine Monografie veröffentlich, in der das wiedervereinigte Deutschland nach 1990 im Mittelpunkt steht. In diesem Zusammenhang wurde Ruud Lubbers interviewt, wobei der ehemalige Ministerpräsident auf die Entwicklungen nach dem Mauerfall zurückblickte. Dieses Interview war wiederum relevant für das vierte Kapitel dieser Arbeit, in dem die Position Lubbers zur deutschen Wiedervereinigung behandelt wird.

Für meine Arbeit habe ich neben Sekundärliteratur viele Pressepublikationen aus verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften untersucht, wie »De Volkskrant«, »NRC Handelsblad«, »Het Parool«, »Trouw«, »Elsevier«, »Vrij Nederland«, »Haagse Post«, und Parteiblätter wie »Voorwaarts (PvdA)«, »CDA Actueel (CDA)«, »Ons Contact« und »Ons Burgerschap« (SGP). Die Artikel und Aufsätze in diesen genannten Zeitungen und Parteiblättern waren im »Dokumentatiecentrum Nederlandse Politieke Partijen« (DNPP) vorhanden und frei zugänglich. »De Volkskrant« und »NRC Handelsblad« waren als Zeitungen interessant und relevant, da sie sehr politisch orientiert sind, mehr als zum Beispiel

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»Algemeen Dagblad« und »De Telegraaf«. Von diesen Zeitungen waren im »DNPP« keine relevanten Artikel oder Aufsätze vorhanden. Der sozialdemokratische »Parool«, der in den Jahren 1989 und 1990 noch eine nationale Tageszeitung war, und die konservative »Trouw« waren dagegen sehr wohl relevant. Alle genannten Zeitungen, Zeitschriften und Parteiblätter repräsentieren eine differenzierte politische Richtung. »De Volkskrant« und »Vrij Nederland sind links orientiert, »NRC Handelsblad«, Haagse Post und »Elsevier« sind liberal, »Voorwaarts« links, »CDA actueel« konservativ und »Ons Burgerschap« und Ons Contact« streng reformatorisch. Es ist deswegen interessant zu untersuchen, ob die Zeitungen, Zeitschriften und Parteiblätter was die Meinungsbildung hinsichtlich des deutschen Wiedervereinigungsprozesses betrifft voneinander abweichen.

Schließlich habe ich für meine Arbeit Archivmaterial des »Staaten-Generaal« untersucht. Dieses Archivmaterial, d.h. die »Handelingen« der niederländischen Ersten und Zweiten Kammer, war über Internet (http://www.statengeneraaldigitaal.nl) wie bereits erwähnt frei zugänglich. Mit dem Suchbegriff »Duitse hereniging« im Versammlungsjahr 1989-1990 findet man alle »Handelingen«, in denen die deutsche Wiedervereinigung behandelt wurde. Von über dreißig »Handelingen« waren nur elf für meine Masterarbeit relevant. Diese »Handelingen« sind im Literaturverzeichnis Stück für Stück aufgelistet.

2. Die niederländische öffentliche Meinung und die Wiedervereinigung

2.1 Die Stellungnahme der Bevölkerung

Im Februar des Jahres 1990 wurde in den Niederlanden eine Meinungsumfrage unter der Bevölkerung durchgeführt, um die Stellungnahme in Bezug auf die deutsche Wiedervereinigung zu registrieren.20 Die Ergebnisse waren überwiegend positiv: 52,4 Prozent der Teilnehmer unterstützten die Wiedervereinigung, während 23,2 Prozent dagegen

20 Vlg. Dirk Verheyen & Christian Soe: The Germans and their Neighbors. Oxford 1993, 71. Auch: Rubert

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stimmten; 24,4 Prozent der Befragten hatten keine Meinung. Zudem wurde deutlich, dass zehn Prozent die Wiedervereinigung sehr ausdrücklich begrüßten und 8 Prozent sich sehr stark gegen sie aussprachen. Von denjenigen, die den Zweiten Weltkrieg als Kind mitgemacht hatten, war die Anzahl der Befürworter und Gegner jeweils 27,1 und 15,3 Prozent. In der Altersklasse von 18 bis 24-Jährigen sprachen sich 47 Prozent für und 23,2 Prozent gegen die Wiedervereinigung aus. Im Vergleich zur Altersklasse von 24 bis 44-Jährigen, in der nur 13 Prozent der Teilnehmer dagegen stimmte, war dieser Prozentsatz relativ groß. Auch wurde untersucht, worauf die Stellungnahme der Gegner der Wiedervereinigung basiert war.21 Für 35,7 Prozent dieser Gruppe war die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg maßgebend, während 32,9 Prozent fürchtete, dass ein wiedervereinigtes Deutschland zu viel Macht in Europa ausüben würde. Demgegenüber vertrat 48,5 Prozent aller Teilnehmer die Ansicht, dass sich die Position der Niederlande in Europa als Folge der deutschen Wiedervereinigung nicht ändern würde.

2.2 Die Meinungsbildung in den Medien

In der niederländischen Politik wurde, wie aus der Einleitung hervorgeht, dem Wiedervereinigungsprozess zunächst relativ wenig Beachtung geschenkt. In einer Diskussion mit Intellektuellen, welche die Tageszeitung »NRC Handelsblad« am 24 Februar 1990 veröffentlichte, kritisierte Victor Halberstadt, Professor der Wirtschaft an der Universität Leiden, diese Passivität:

»We zijn wat verrast door het moment en de snelheid waarmee het allemaal gebeurd, maar dat het zou gebeuren dat hadden we kunnen voorzien als we bereid waren geweest om ons meer bezig te houden met de politieke ontwikkelingen in Oost-Europa. In Nederland heeft het ons aan iedere verbeeldingskracht ontbroken. Maar het zal onze positie niet veranderen. Wij hebben er het afgelopen decennium bewust voor gekozen geen rol te spelen in de instituties van Europa […]. Vorig jaar toen het duidelijk werd dat er een grote versnelling zou optreden hadden wij onze bereidheid kunnen tonen om de economische monetaire unie, die er de facto al is tussen Oost en West Duitsland, te versnellen in ruil voor de prijs dat de Duitsers zich sneller zouden invoegen in de Europese monetaire unie. Waarom we dat niet gedaan hebben is mij ontgaan en ontgaat mij vandaag nog«.22

Der Auffassung des Professors für Recht und Internationale Beziehungen an der Katholischen Universität Brabant, Frans Alting von Geussau nach, sei es leicht erklärbar, dass es den Niederlanden an Vorstellungskraft fehlte und er wies auf die raschen Entwicklungen in der Bundesrepublik hin:

21 Verheyen & Soe 1993, 72. 22

Victor Halberstadt, zitiert nach: Hubertus Smeets: Ronde-tafeldiscussie over de hereniging: de heimelijke

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»Ik geloof dat iedereen overrompeld is en dat iedereen, van Washington tot Moskou, nu achter de feiten aanloopt. Ook Kohl. Ik kwam gisteren uit Polen terug. Geremek [de voorzitter van de fractie van Solidariteit in het Poolse parlement] vertelde me dat hij op 8 november Kohl gewaarschuwd had dat de Muur wel eens in zou kunnen storten na de ontwikkelingen die zich in Polen en Hongarije hadden voorgedaan. Dat werd toen door Kohl nog heftig ontkend«.23

Der Publizist Paul Scheffer meinte in derselben Diskussion, dass in der Periode kurz nach dem Mauerfall von einer Wiedervereinigung überhaupt noch keine Rede war:

»Het is altijd makkelijk om achteraf gelijk te hebben, om alles te reconstrueren en te zeggen: het was duidelijk dat het op Duitse eenheid zou uitlopen. Maar in november en december was het overheersende sentiment helemaal niet dat er direct gekozen moest worden voor eenheid en zeker niet voor een versnelling daarvan. De houding was toen redelijk afwachtend. De Oost-Duitse partijen, van links tot rechts, waren überhaupt allemaal tegen hereniging. En in West-Duitsland heerste er een enorme verwarring«.24

Diese Äußerung Scheffers weist Ähnlichkeiten mit dem von Friso Wielenga genannten Grund für die Passivität in Den Haag auf, nämlich, dass die Politik zunächst nicht von einer Wiedervereinigung ausging und dass radikale Reformen und Liberalisierung in der DDR für wahrscheinlicher gehalten wurden.25

Der Rest dieses Kapitels befasst sich mit der Frage, wie der deutsche Wiedervereinigungsprozess in den niederländischen Medien betrachtet wurde. War die Meinungsbildung hinsichtlich der deutschen Einheit überwiegend positiv oder negativ? Schon im Jahre 1985 kam die Wiedervereinigungsfrage zur Sprache. In einem Artikel in der »Volkskrant« griff der Journalist Abraham Stemerdink einer offiziellen Stellungnahme vor und behauptete, dass ein wiedervereinigtes Deutschland »weer tot een machtsfactor van belang zou kunnen worden op het Europese vasteland met grote gevolgen voor de stabiliteit binnen Europa«.26 Länder »met zo’n economisch en dus militair potentieel zijn niet binnen de perken te houden« und deswegen sei ein wiedervereinigtes Deutschland ein »weinig aantrekkelijk vooruitzicht«.27 Stemerdink fürchtete sich also vor allem vor der Macht Deutschlands nach der Einheit.

Laut Journalisten Jérôme Louis Heldring »doet de wereld er goed aan zich voor te bereiden op het ontstaan van één Duitsland binnen afzienbare termijn«28, so schrieb er im »NRC« vom 14. November 1989, fünf Tage nach dem Mauerfall. Es sei jedoch wichtig, »om het proces van eenwording, met zijn onvermijdelijke spanningen, beheerst te laten verlopen, zodat het

23 Frans Alting von Geusau, zitiert nach: Hubertus Smeets: Ronde-tafeldiscussie over de hereniging: de

heimelijke angst voor Duitsland. In: NRC Handelsblad, 24. Februar 1990, Zaterdagsbijvoegsel, 1-2.

24 Paul Scheffer, zitiert nach: Hubertus Smeets: Ronde-tafeldiscussie over de hereniging: de heimelijke angst

voor Duitsland. In: NRC Handelsblad, 24. Februar 1990, Zaterdagsbijvoegsel, 1-2.

25

Wielenga 1999, 187.

26 Abraham Stemerdink: Aan de deling van Duitsland moet niet worden getornd. In: de Volkskrant, 23. Februar

1985.

27

Ibidem.

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geen ongewenste en gevaarlijke gevolgen ontketent«.29 Welche ungewünschten und gefährlichen Folgen er meint, bleibt jedoch unklar.

Im »CDA-actueel«, dem Parteiblatt der christen-demokratischen Partei »CDA«, der einen Tag später erschien, wurde auch über die Unvermeidlichkeit der deutschen Wiedervereinigung gesprochen: »Die hereniging komt er wel, maar hopelijk niet binnen enige jaren. Dat is een operatie die zorgvuldig moet gebeuren om internationale spanningen te voorkomen«.30 Im Gegensatz zu Heldring, der von der Wiedervereinigung in absehbarer Zeit ausging, ist diese Aussage etwas zurückhaltender.

Der Ansicht des Abgeordneten der PvdA Max van der Stoel nach, läge als Zwischenlösung »een nauw samenwerkingsverband tussen de twee Duitse staten, een confederatieve vorm«31 im Bereich des Möglichen. Während sein Parteigenosse Bart Tromp diese Möglichkeit »niet onwaarschijnlijk«32 nannte, hielt Heldring sie in seinem Artikel für »niet levensvatbaar«.33 Van der Stoel war kein Gegner der deutschen Wiedervereinigung: »Maar ik zou zeker bezwaar hebben tegen het ontstaan van een neutraal Duitsland dat de rol van arbiter in Europa zou spelen«.34 Ein wiedervereinigtes Deutschland solle deswegen »haar wortels in de Europese Gemeenschap hebben«.35 Relus ter Beek, ebenfalls Prominenz der PvdA, hatte »volstrekt niet de indruk dat de Bondsrepubliek uit is op een nostalgische hereniging«36. Journalist Wouter Gortzak deutete im »Parool« vom 16. Dezember 1989, wie Heldring im »NRC« vom 14. November, auf die Unvermeidlichkeit der deutschen Einheit hin, doch erwies sich nicht als Verfechter einer raschen Verwirklichung: »Zo vreselijk dat het me uit de slaap houdt, vind ik het vooruitzicht van een spoedige Duitse hereniging niet, maar het past toch ook weer niet in mijn verlanglijstje voor 1990«.37 »Maar«, so lautet seine Schlussbetrachtung:

»misschien is het helemaal zo’n ramp niet. Verenigd hebben de Duitsers vooralsnog hun handen zo vol met de opbouw van Oost-Duitsland, dat voor iets anders niet veel ruimte blijft. En de rechts-radicale Republikaner wordt in ieder geval een aangrijpingspunt voor hun onfrisse agitatie ontnomen«.38

29

J.L. Heldring: Duitse volk is al herenigd. In: NRC Handelsblad, 14. November 1989.

30 Toenmalig CDA- Tweede Kamerlid en woordvoerder over de DDR namens de fractie Marten Beinema, zitiert

nach: Dirk Louter: Hereniging van de twee Duitslanden is onvermijdelijk. In: CDA-actueel: periodiek van het

CDA, 15. November 1989, 19.

31

Max van der Stoel, zitiert nach: Rinke van den Brink: Ontwikkelingen bron van vreugde of reden tot

bezorgdheid? In: Voorwaarts, 1. Dezember 1989, 10.

32 Bart Tromp, zitiert nach: ibidem, 10.

33 J.L. Heldring: Duitse volk is al herenigd. In: NRC Handelsblad, 14. November 1989.

34 Max van der Stoel, zitiert nach: Rinke van den Brink: Ontwikkelingen bron van vreugde of reden tot

bezorgdheid? In: Voorwaarts, 1. Dezember 1989, 10.

35 Ibidem, 10.

36 Relus ter Beek, zitiert nach: ibidem, 10. 37

Wouter Gortzak: De onvermijdelijke Duitse hereniging. In: Het Parool, 16. Dezember 1989.

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Gortzak meinte de facto, dass eine beschleunigte Wiedervereinigung nicht zu politischem oder militärischem Expansionismus führen wurde. Trotz seiner contradictio in terminis – die deutsche Einheit steht nicht auf seinem Wunschliste obenan, doch es sei alles halb so schlimm – ist in seinem Artikel eine gewisse Angst vor einem wiedervereinigten Deutschland spürbar. Wie schon erwähnt, schenkte die niederländische Politik, insbesondere die Regierung, dem Wiedervereinigungsprozess zunächst wenig Aufmerksamkeit. Viktor Halberstadt hat diese anfängliche Passivität im Februar 1990 in einem Rückblick auf die Entwicklungen nach dem Mauerfall kritisiert39. Auch Journalist Rob Meines war der Meinung, dass die niederländische Regierung einen Standpunkt vertreten solle. Das Beste sei »een ondubbelzinnige verklaring dat Nederland her herenigingsstreven van de Duitsers als natuurlijk ziet en de huidige ontwikkeling in die richting positief waardeert«.40 Falls die Regierung die Wiedervereinigung ablehnen würde, gäbe es dafür nach Meines nur einen einzigen Grund: »en dat is angst«.41 Obwohl diese Angst »zeer begrijpelijk« sei, sei ein derartiger Standpunkt »niet verstandig«42 Zum Schluss sagt Meines entschlossen: »Wie zijn afwijzing van een hereniging op ‘het Duitse gevaar’ zou willen stoelen, vindt in de grotendeels door de oppositie gesteunde afgewogen en verantwoordelijke politiek van Kohl en Genscher geen argumenten, noch in die van hun voorgangers«.43 Der Historiker J.H. Brinks gehört zu denjenigen, die die Ablehnung der Wiedervereinigung auf »der deutschen Gefahr« gründen. In einem Artikel im »NRC Handelsblad« vom 30. Januar 1990 beschreibt er zynisch Kohls »Pläne«:

»Achter Kohl staan miljoenen beroeps-Vertriebene, Republikaner en andere nationalisten vol ongeduld te trappelen om de verloren gegane ‘Ostgebiete’ terug te krijgen. Hun boodschap luidt: ‘Pommeren, Silezië en Oost-Pruisen moeten allereerst Heim ins Reich en daarna zien we wel verder. Dat het hier niet alleen om excessieve eisen van randgroepen gaat maar ook om historische continuïteiten in de moderne Duitse geschiedenis is helaas geen wijdverbreide gedachte. Helmut Kohl weet dan ook precies waar hij over zwijgt, wanneer hij de Oder-Neiße-grens met Polen niet erkent. Zijn poging om de St. Annaberg in Silezië te beklimmen om daar de Duitse gemeenschap toe te wuiven is vergelijkbaar met zijn bezoek aan Israël toen hij sprak over de ‘genade van de late geboorte’, waarmee hij de verantwoordelijkheid van zin Duitse leeftijdsgenoten voor de Tweede Wereldoorlog teniet wilde doen.

Inmiddels heeft Kohl, ‘Gesamtkanzler‘ in spe, ook de Donau-Schwaben ontdekt, een in de middeleeuwen verdwaalde stam Germanen die al sinds eeuwen aan de oevers van de Donau – ook in Roemenië – woont. Lange blonde mensen die koeterwaals met een Duits accent spreken. Zij wonen nog steeds in middeleeuwse omstandigheden en bevinden zich in een totaal isolement. Kohl is nu ook doende hun ‘rechten’ veilig te stellen. Wij zullen daar binnenkort wel meer over horen en op z’n minst ter plekke een Goethe-Institut mogen verwachten«.44

39 Victor Halberstadt, zitiert nach: Hubertus Smeets: Ronde-tafeldiscussie over de hereniging: de heimelijke

angst voor Duitsland. In: NRC Handelsblad, 24. Februar 1990, Zaterdagsbijvoegsel, 1-2.

40 Rob Meines: ‘Duitse gevaar’ is geen argument tegen Duitse eenwording. In: NRC Handelsblad, 23. Januar

1990. 41 Ibidem. 42 Ibidem. 43 Ibidem. 44

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Es stimmt, dass Kohl zunächst hinsichtlich der »Oder-Neiße-Grenze« keinen richtigen Standpunkt vertrat – er blieb vage – , dies hatte aber, wie schon vorher erwähnt, einen Grund: die »Vertriebenen«, die diese Grenze nicht als deutsche Ostgrenze anerkannten, gehörten zur Basis der »CDU«, und im Hinblick auf die Bundestagswahlen wollte Kohl, der seinerseits wusste, dass an dieser Grenze nicht gerüttelt werden konnte, die Angehörigen der »Vertriebenen« nicht vor den Kopf stoßen. Kohl zahlte somit, wie Wielenga beschrieb, einen hohen Preis zuungunsten seines Image im Ausland.45 Die Aussprüche Brinks sind jedoch fragwürdig.

Neben Brinks hegte auch David Barnouw, ehemaliger Leiter des »Rijksinsituut voor Oorlogsdocumentatie (RIOD)«, Misstrauen gegen Kohl:

»Als Kohl zegt alle Duitsers hebben recht op , dan wil ik wel graag weten welke Duitsers hij bedoelt. Zijn dat de Duitsers die in Polen wonen, de paar die nog in Tsjechoslowakije wonen, de Volgaduitsers? De belangrijkste man van het verenigde Duitsland in wording zal toch moeten zeggen wat hij bedoelt. Zijn dat de inwoners van Duitsland of is het een vaag soort stamverwantschap die vroeger ook gebruikt is. Ik vrees dat hij het laatste bedoelt«.46

Barnouw fürchtete nicht, dass sich die Geschichte mit dem Zustandekommen der deutschen Einheit wiederholen würde, doch er kritisierte die rasanten Entwicklungen ab dem Fall der Mauer:

»Ik heb vanaf het begin uiterst wantrouwend gestaan tegenover de hele ontwikkeling en vooral de krankzinnige snelheid ervan. Zaken die veertig jaar vast leken te liggen, worden nu zomaar overboord gekieperd. Mensen die altijd tegen een hereniging van de Duitslanden waren, zijn er nu onder zware politieke druk plotseling voorstanders van geworden«47

Joseph Luns, ehemaliger niederländischer Diplomat und Generalsekretär der NATO sah den Folgen der deutschen Wiedervereinigung mit Sorge entgegen: »In onze straten wordt niet gedanst om de hereniging van de beide Duitslanden«.48 Und, fuhr er fort: »Duitsland wordt ongetwijfeld het machtigste land van Europa. De eerste tien, vijftien jaar zal er niets gebeuren, maar daarna?«.49 Phillip Mok, Redakteur der Wochenzeitschrift »Elsevier« hielt eine »deutsche Gefahr« für unmöglich und meinte, dass es keinen Grund zur Besorgnis gebe: »De Bondsrepubliek is geen destructieve of zelfs maar bedreigende factor in Europa gebleken, maar een opbouwende«.50 Auch Autorin Marga Minco betrachtete die Wiedervereinigung von der positiven Seite:

45 Wielenga 1999, 194.

46 David Barnouw, zitiert nach: Rinke van den Brink: De ondenkbare mogelijkheden van een verenigd Duitsland.

In: Voorwaarts, 15. März 1990, 10.

47 Ibidem, 10.

48 Joseph Luns: ‘In onze straten wordt niet gedanst om de hereniging’. In: Ons Contact, Mai 1990, 13. 49

Ibidem, 13.

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»Ik vind de Bondsrepubliek een zeer democratisch land. Voor mij bestaat het Duitse gevaar niet meer. Het Duitse nationalisme zie ik geen draai ten kwade meer nemen. Die les hebben ze voldoende geleerd. Ik geloof niet dat Nederland iets te vrezen heeft van de Duitse hereniging«.51

Der Abgeordnete der »GPV« (jetzt: Christen-Unie) A.H. Poelman vertrat der Ansicht, dass es keine Beweggründe mehr gäbe, die eine Teilung rechtfertigen würden: »Niet het of, van de hereniging, maar het wanneer en het onder welke voorwaarden dient punt van discussie te zijn«.52 Er stellte folgende zwei Bedingungen: erstens solle die Bundesregierung die »Oder-Neiße-Grenze unmissverständlich anerkennen und zweitens solle die Wiedervereinigung, sowohl in der BRD wie in der DDR von demokratisch gewählten Volksvertretern gebilligt werden. Poelman gelangte zu einer interessanten Schlussfolgerung:

»Niet een groot Duitsland is een gevaar voor de vrede in ons werelddeel, maar de achtergrond waartegen, c.q. de geestelijke wortels van waaruit dit gebeurt. Het Duitse optreden anno 1990 in Europa en in de wereld is niet wezenlijk anders dan dat van de Britten, laat staan van de Fransen. Integendeel, juist het onthouden van het dragen van verantwoordelijkheid aan een natie die het krachtens haar economische en politieke zwaarte wel toekome, zou wel eens een vruchtbare bodem kunnen zijn voor datgene wat men op de achtergrond vreest: een herhaling van het verleden. De ‘trauma’ van de Duitse hereniging zal dan het zoveelste Europese trauma kunnen worden«.53

Mit anderen Worten: die wachsende wirtschaftliche und politische Macht und die dazugehörige Verantwortlichkeit des wiedervereinigten Deutschland muss von anderen Staaten akzeptiert werden, um die Stabilität in Europa zu gewähren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Meinungsbildung hinsichtlich der deutschen Wiedervereinigung in den niederländischen Medien überwiegend positiv war. Es ging in den meisten Fällen nicht darum, ob die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten zustande kommen sollte, sondern es wurden vor allem die rasanten Entwicklungen und die Haltung des Bundeskanzlers Kohl bezüglich der »Oder-Neiße-Grenze« kritisiert. Andere Intellektuelle hatten ein starkes Gefühl des Unbehagens wegen der Zukunft: wie würde sich das neue Deutschland in Europa profilieren? Trotzdem wurde die Wiedervereinigung Deutschlands mehrheitlich begrüßt.

Wie das niederländische Parlament und die Regierung unter Führung von Ministerpräsidenten Lubbers dieser Sache gegenüberstanden, wird sich in den nächsten Kapiteln herausstellen.

51 Marga Minco, geciteerd naar: Rinke van den Brink: De ondenkbare mogelijkheden van een verenigd

Duitsland. In: Voorwaarts, 15. März 1990, 9.

52 A.H. Poelman: De Duitse hereniging: ‘Traum’ of trauma. In: Ons Burgerschap: nationaal-gereformeerd

staatkundig tijdschrift, 20. Januar 1990, 4.

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3. Die ersten Monate nach dem Mauerfall: die Perzeption in Den Haag

3.1 Brief des Außenministers Van den Broek über die Regierungskonferenz

in Paris vom 18. November 1989

Am 22. November 1989 berichtete Außenminister Hans van den Broek über die Zusammenkunft der europäischen Regierungschefs und Außenminister in Paris. Die sensationellen Ereignisse in Deutschland und den osteuropäischen Staaten war für den französischen Präsidenten François Mitterand Anlass, diese Konferenz zu organisieren. Diese politische Zusammenkunft zielte nicht auf Beschlussfassung, sondern auf informelle Beratschlagung und beabsichtigte, der Verbundenheit der Anwesenden bei den Entwicklungen, die in Ost-Europa vor sich gehen, zu gestalten. Aus den Beiträgen der Premier- und Außenminister ließ sich folgendes zusammenfassen54: erstens waren die Entwicklungen in Ost-Europa und in Deutschland von historischer Bedeutung. Trotz aller Ungewissheiten stand fest, dass diese Entwicklungen nicht mehr rückgängig gemacht werden konnten. Zweitens könnte die Rasanz der Ereignisse Implikationen haben für die Stabilität in Europa. Drittens sollte die Bundesrepublik in den westlichen demokratischen Institutionen verankert bleiben. Die Frage der deutschen Wiedervereinigung kam allerdings auf diesem Treffen nicht zur Sprache.

In der Zweiten Kammer, dem niederländischen Parlament, wurde vor dem Treffen in Paris eine Debatte geführt über die Notwendigkeit eines Gedankenaustausches mit Ministerpräsidenten Lubbers und Außenminister van den Broek hinsichtlich des niederländischen Beitrages und Standpunktes. Andrée van Es, Fraktionsführerin der Grünen, betonte in einer Rede das Bedürfnis ihrer Partei nach einem Gedankenaustausch und sprach ihre Verwunderung aus über die Tatsache, dass »daarvoor in deze Kamer geen meerderheid te vinden was«.55 Dies sei »onbevredigend«56, aber, so meinte Van Es: »ik zal me daarbij neer moeten leggen«.57 Nach Ansicht des Fraktionsführers des liberalen »VVD«, Frans Weisglas, gäbe es »belangrijkere dingen dingen in de wereld«58 und verlange nur »zo spoedig mogelijk en op zeer korte termijn na de bijeenkomst van de Europese Raad het verslag daarvan«.59 »Wij«, so schließt er ab, »sluiten niet uit dat wij daarna [nach Empfang des Berichtes] op een

54 Hans van den Broek: Brief van de Minister van Buitenlandse Zaken. In: Kamerstuk Tweede Kamer 1989-1990,

Kamerstuknummer 21300 V, ordernummer 21, 1.

55

Andrée van Es, in: Kamerstuk Tweede Kamer 1989-1990, Kamerstuknummer 21300 V, ordernummer 21, 4.

56 Ibidem, 4. 57 Ibidem, 4. 58

Frans Weisglas, in: Ibidem, 4.

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een of andere manier nog verder zouden willen spreken over dit onderwerp«.60 Mit anderen Worten: Weisglas hielt eine Diskussion über die Entwicklungen in Deutschland und Ost-Europa nicht für relevant. Der Vorsitzende der Zweiten Kammer beschloss, die Bitte von Weisglas zu genehmigen.

3.2 Die Regierungserklärung des Kabinetts-Lubbers und die Debatte über die deutsche Frage

Am 27. und 28. November 1989 hielt Ministerpräsident Ruud Lubbers eine Rede, in der er die Politik der Regierung (diese war gerade drei Wochen im Amt) bekannt machte. In dieser sogenannten Regierungserklärung sprach Lubbers zwar über die Situation und Entwicklungen in Ost-Europa, erwähnte aber die Frage der deutschen Wiedervereinigung mit keiner Silbe. Die Regierung sei »zeer verheugd«61 über die Entwicklungen im anderen Teil Europas und »beschouwt het als een opdracht van de hoogste orde deze naar vermogen verder te bevorderen«.62 Die darauf gezielte Politik gründe auf zwei Schwerpunkten:63 Vertiefen der westlichen und westeuropäischen Zusammenarbeit und Intensivieren der Beziehungen mit den osteuropäischen Ländern, die dafür aufgeschlossen sind. Vertiefung der Zusammenarbeit der westeuropäischen Staaten könne einen Beitrag leisten zum Erfolg der Reformen in der Sowjetunion und in Ost-Europa, und bringe anschließend auch Perspektive – »met respectering van territoriale grenzen zoals die er zijn«64, auf mehr Zusammenarbeit in einem Europa, das sich verbunden fühlt. Mit der Aussage »met respectering van territoriale grenzen zoals die er zijn« meinte Lubbers also auch die Grenze zwischen der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik. Daraus kann man folgern, dass der niederländische Minister-Präsident eine deutsche Wiedervereinigung anfangs nicht für wünschenswert, oder zumindest im dem Moment nicht für möglich hielt.

Einen Tag später schloss sich der Parteiführer des linksliberalen D’66, Hans van Mierlo, der Freude und Genugtuung über die Perspektive der Freiheit und Reformen in den osteuropäischen Staaten an, zugleich aber äußerte er sich kritisch über die Passivität der Regierung bezüglich des deutschen Wiedervereinigungsprozesses:

60 Frans Weisglas, in: Kamerstuk Tweede Kamer 1989-1990, Kamerstuknummer 21300 V, ordernummer 21, 4. 61

Ministerpräsident Ruud Lubbers, in: Regeringsverklaring, Handelingen Tweede Kamer 1989-1990, 27. November 1989, 14-303.

62 Ibidem, 14-303. 63

Ibidem, 14-303.

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»Als de opvatting standhoudt dat het vraagstuk van bijvoorbeeld de mogelijke Duitse hereniging niet aan de orde is, omdat het niet geagendeerd is, dan ziet het er bijhoorlijk somber uit. Is dat misschien ook de redenering geweest van het kabinet om in de regeringsverklaring het vraagstuk van de Duitse en de Europese deling en de toekomst van Europa niet eens te noemen? Dat is toch hoogst merkwaardig. Wie zich niet op zijn gemak voelt bij de gedachte aan een verenigd Duitsland in de meest strikte zin – en daar behoor ik toe, ook al sluit ik het niet uit – hoeft zich niet veiliger te voelen als het punt niet geagendeerd staat. Taboes wekken onbeheerste krachten op. Is de regering niet met mij van mening dat de toepassing van het onweersproken recht van Duitsers op zelfbeschikking zich zo veel mogelijk zal moeten voltrekken in een Europese context? Moeten wij niet alles doen om dat te bevorderen en dus dit soort zaken liever wel op Europese agenda’s plaatsen en wel in regeringsverklaringen met omzichtigheid bespreken in plaats van dood te zwijgen? Of is de stilte van de regering de uitdrukking van een tegenovergestelde opvatting, dat het Duitse vraagstuk alleen voor Duitsers is en ons in het geheel niet aangaat?«65

Hans van Mierlo versuchte in seiner Rede, die Regierung auf die deutsche Wiedervereinigung aufmerksam zu machen und machte deutlich, dass dies was ihn betrifft keine rein deutsche Angelegenheit sei. Selbst verkündigte Van Mierlo zugleich seinen Standpunkt: er gehörte zu denjenigen, die sich nicht wohlfühlten beim Gedanken an ein vereinigtes Deutschland, doch er wollte die deutsche Einheit nicht verhindern. In der Fortführung seiner Rede nennt Van Mierlo zwei Grundvoraussetzungen für die Zukunft Europas66: erstens solle die deutsche Frage für Deutsche so viel wie möglich wie eine Europäische Frage für Europäer behandelt werden. Aufhebung der deutschen Teilung – Van Mierlo betont »eventueel«67 - solle in die Aufhebung der Europäischen Teilung eingebettet werden und nicht die Folge sein von einem Einzelprozess. Und zweitens verlange die Zielsetzung, Deutschland an westeuropäischer Seite zu halten, eher Beschleunigung als eine Verzögerung und jedenfalls eine Fortsetzung des Integrationsprozesses. Die Orientierung Deutschlands auf Mittel- und Ost-Europa als eine historische und geo-politische Gegebenheit mache ebenfalls eine spezifischere Orientierung West-Europas auf Ost-Europa notwendig.

Dies betonte auch PvdA-Abgeordneter Thijs Wöltgens. Die politische Annäherung Ost-Europas, sowie die Aufhebung der europäischen Teilung fordere »meer dan ooit een gezamenlijke aanpak« und zudem »mogen we de Ostpolitik niet alleen aan de Duitsers overlaten«.68 Die deutsche Wiedervereinigung sei allerdings »op zichzelf niet aan de orde«.69 Es gehe im Moment, so Wöltgens, nur darum, dass

»de economische en politieke hervormingen in de DDR doorzetten. Natuurlijk kan niet worden ontkend dat de Duitse kwestie intussen hoger op de agenda prijkt dan ooit, maar voor mijn fractie is het van doorslaggevend belang dat de toekomstige betrekkingen tussen de twee Duitslanden en een eventuele confederatie tussen die twee alleen hun beslag kunnen krijgen in een wijder Europees verband. De Westduitse regering heeft – zo bezien

65 Hans van Mierlo, in: Regeringsverklaring, Handelingen Tweede Kamer 1989-1990, 28. November 1989,

15-343.

66

Ibidem, 15-343.

67 Ibidem, 15-343.

68 Thijs Wöltgens, in: Regeringsverklaring, Handelingen Tweede Kamer 1989-1990, 28. November 1989,

15-359.

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wij het tot nu toe tenminste – dezelfde positie ingenomen. Die positie dient vanuit Nederland krachtig te worden ondersteund.«70

Im Gegensatz zu Van Mierlo, der die deutsche Wiedervereinigungsfrage auf die Tagesordnung setzen wollte, spricht Wöltgens nur oberflächlich über die zukünftigen Beziehungen und eine eventuelle Konföderation zwischen der Bundesrepublik und der DDR, und hält die Wiedervereinigung nicht für relevant. Es lässt sich aber feststellen, dass es in den Reihen der Opposition, was die deutsche Einheit betrifft, differenzierte Sichtweisen gab. Die Regierung schenkte dem Prozess, wie Van Mierlo bemerkte, überhaupt wenig Aufmerksamkeit im ersten Monat nach dem Mauerfall.

3.3 Parlamentsdebatte über den Straßburger Gipfel vom 8. und 9. Dezember 1989: Misstrauen gegen Kohl?

»In all den Jahren, in denen ich Bundeskanzler bin, habe ich niemals einen EG-Gipfel in so eisiger Atmosphäre miterlebt wie diesen«71, schrieb Helmut Kohl in seinen Memoiren. Der Bundeskanzler und Außenminister Genscher sahen sich am 8. und 9. Dezember 1989 in Straßburg elf europäischen Staats- und Regierungschefs gegenüber, um sie von ihren Plänen hinsichtlich der deutschen Wiedervereinigung zu überzeugen. Am Ende des Gipfeltreffens wurde, nach schwierigsten Beratungen – der spanische Ministerpräsident Felipe Gonzalez sagte als einziger von Anfang an seine uneingeschränkte Unterstützung zu72 –, der Durchbruch geschafft und erkannten die Partner der Bundesrepublik das Recht Deutschlands auf staatliche Einheit an. Bundeskanzler Kohl gab in einer Rede eine »Erklärung zu Mittel- und Ost-Europa« ab:

»Wir streben die Stärkung des Zustandes des Friedens in Europa an, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. Dieser Prozeß muß sich auf friedliche und demokratische Weise, unter Wahrung der Abkommen und Verträge sowie sämtlicher in der Schlußakte von Helsinki niedergelegten Prinzipien im Kontext des Prinzips des Dialogs und der Ost-West-Zusammenarbeit vollziehen. Er muß auch in die Perspektive der europäischen Integration eingebettet sein.«73

70 Thijs Wöltgens, in: Regeringsverklaring, Handelingen Tweede Kamer 1989-1990, 28. November 1989,

15-359.

71 Helmut Kohl, Kai Diekmann, Ralf Georg Reuth: Helmut Kohl: Ich wollte Deutschlands Einheit. Berlin 1996,

196.

72 Joachim Bitterlich: Anfangs frostig, später Europäisch. Ein Dokument: Wie die deutsche Einheit die Geburt

des Euro beschleunigte. In: Zeit Online, 7. Mai 1998,

http://www.zeit.de/1998/20/Anfangs_frostig_spaeter_europaeisch, 4-9.

73 Bundeskanzler Helmut Kohl, auf dem Straßburger Gipfel vom 8. und 9. Dezember 1989, zitiert nach: Joachim

Bitterlich: Anfangs frostig, später Europäisch. Ein Dokument: Wie die deutsche Einheit die Geburt des Euro

beschleunigte. In: Zeit Online, 7. Mai 1998, http://www.zeit.de/1998/20/Anfangs_frostig_spaeter_europaeisch,

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Während des gemeinsamen Abendessens der Regierungschefs habe der niederländische Ministerpräsident Ruud Lubbers diese Erklärung Kohls kritisiert. Er halte »das Gerede von Selbstbestimmung für gefährlich, und sei es besser, nicht von einem deutschen Volk zu sprechen.«74 Diese Bemerkungen von Lubbers läuteten das Ende der guten Beziehung zwischen beiden Gesinnungsgenossen ein. Laut Historikers Friso Wielenga hat Kohl Lubbers »nooit meer vergeven«.75 Kohl seinerseits schrieb später, dass der Eindruck, den Lubbers hinterließ, »kennzeichend war für die niederländische Haltung gegenüber der deutschen Wiedervereinigung, wobei die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg maßgebend war.«76 Die Frage ist aber, ob der Ärger des Bundeskanzlers gerecht war und ob hier kein Missverständnis vorlag. Ministerpräsident Lubbers sprach schließlich von der Wünschbarkeit, hinsichtlich der Selbstbestimmung der Deutschen, nicht von einem deutschen Volk zu sprechen. Lubbers wollte, so liegt klar auf der Hand, nur damit sagen, dass es um die Selbstbestimmung der Deutschen gehe, die in der Bundesrepublik und der DDR lebten. Die deutschen Völker, die außerhalb dieser Grenzen lebten, hätten somit darauf kein Recht. Dagegen ist es anzunehmen, dass Kohl dies selber auch vor Augen hatte.

Am 12. Dezember wurde in der Zweiten Kammer über den Straßburger Gipfel debattiert. Im Mittelpunkt dieser Debatte stand Bundeskanzler Helmut Kohl und dessen Auffassung über die »Oder-Neiße-Grenze«. Kohl erwähnte in seiner Erklärung zu Mittel- und Ost-Europa zwar, dass der Einigungsprozess sich auf friedliche und demokratische Weise, unter Wahrung der Abkommen und Verträge sowie sämtlicher in der Schlussakte von Helsinki niedergelegten Prinzipien vollziehen müsse – und dies bedeutete: Anerkennung der Ostblockgrenzen der Nachkriegsordnung und folglich die »Oder-Neiße-Grenze« –, brächte aber laut einiger Politiker seine Auffassung über diese Grenze, d.h. die Anerkennung dieser, nicht ausdrücklich vor und habe beim Rückkehr in Bonn die Frage der deutschen Ostgrenze als kaum relevant bezeichnet. Dies »is zeer te betreuren«77 und »heeft ons er niet geruster op gemaakt«78, so Parteiführer des liberalen »VVD« Frans Weisglas in einem Kommentar. Auch der Fraktionsvorsitzende der »Reformatorische Politieke Federatie (RPF)«, Meindert Leerling,

74 Ines Lehmann: Die deutsche Wiedervereinigung von außen gesehen. Angst, Bedenken und Erwartungen in der

ausländischen Presse. Band II: Die Presse Dänemarks, der Niederlande, Belgiens, Luxemburgs, Österreichs, der

Schweiz, Italiens, Portugals und Spaniens und jüdische Reaktionen. Berlin: Peter Lang Verlag, 1997, 37.

75 Wielenga 1999, 187. 76

Helmut Kohl, Kai Diekmann, Ralf Georg Reuth: Helmut Kohl: Ich wollte Deutschlands Einheit. Berlin 1996, 197. Zie ook: Willem Melching, Marcel Stuivinga: Ooggetuigen van de Koude Oorlog, in meer dan 100

reportages. Amsterdam 2007, 187.

77

Frans Weisglas, in: Europese Raad, Handelingen Tweede Kamer 1989-1990, 12. Dezember 1989, 21-690.

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bedauerte, dass der Bundeskanzler keine Stellung zu dieser Frage genommen hat.79 Eimert van Middelkoop, Abgeordneter des »Gereformeerd Politiek Verbond (GPV)« forderte eine Initiative der Regierung:

»Wat is nu de positie van de regering? Tijdens het debat over de regeringsverklaring wilde de minister-president over dit onderwerp [»Oder-Neiße-Grenze«] geen duidelijke uitspraken doen. Dat stadium lijkt me nu gepasseerd. Mag ik het zo verstaan, dat het nu een doelstelling van het Nederlandse buitenlandse beleid is, er bij de Bondsrepubliek op aan te dringen, alsnog de gewenste duidelijkheid te verschaffen over dit gevoelige onderwerp?«80

D’66 Politiker Gerrit-Jan Wolffensperger wies in seiner Rede auf die Selbstverständlichkeit der »Oder-Neiße-Grenze« hin. Im Jahre 1970 wurden im Rahmen der Ostpolitik den Normalisierungsvertrag mit Polen und ein Abkommen mit der Sowjetunion unterschrieben. Die historische Bedeutung dieser Verträge bestand in der Anerkennung der Grenzen der Nachkriegszeit in Europa. Diese Unantastbarkeit der europäischen Grenzen wurde anschließend in der Schlussakte von Helsinki festgelegt. Dass Kohl seine Aussprachen bezüglich der »Oder-Neiße-Grenze in der Öffentlichkeit nicht wiederholen wollte, habe nach Ansicht des Linksdemokraten möglicherweise einen Grund: »ik neem aan dat daarbij beweegredenen van binnenlands-politieke aard aan de orde zijn«.81 Wolffensperger hält die Vagheit des Bundeskanzlers nicht für problematisch: »daaraan moet misschien niet te zwaar getild worden«.82 Laut dem Abgeordneten der »Partij van de Arbeid (PvdA)«, Maarten van Traa, sei es nicht relevant, was Bundeskanzler Kohl denkt, sondern gehe es darum, wie er sich über die »Oder-Neiße-Grenze« äußert:

»Wat telt alleen, is de manier waarop de Duitse bondskanselier daar niet alleen privé, maar ook publiek mee om zal gaan, zowel in de Bondsrepubliek zelf als tegenover zijn bondgenoten en andere buren en partners. Het lijkt mij dat daar duidelijkheid, niet alleen van de zijde van Nederland maar van de zijde van alle buren van de Bondsrepubliek, op haar plaats is. Het gaat er niet om wat hij denkt, maar het gaat erom welke uitwerking dit heeft in de Duitse politiek en daarmee in de Europese politiek.«83

Van Traa gab anschließend seinem Parteivorsitzenden Wöltgens Kontra. Dieser habe »gezegd dat de Duitse kwestie niet op de agenda stond. Nu, dat staat zij wel«.84 Sie stehe ganz oben auf der Agenda wegen »de ontwikkelingen in de DDR, als door het aankondigen van het

79 Meindert Leerling, in: Europese Raad, Handelingen Tweede Kamer 1989-1990, 12. Dezember 1989, 21-692. 80

Eimert van Middelkoop, in: Ibidem, 21-693.

81 Gerrit-Jan Wolffensperger, in: Ibidem, 21-694. 82 Ibidem, 21-694.

83

Maarten van Traa, in: Ibidem, 21-698.

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puntenplan van de Bondskanselier«85. Damit müsse man »met voorzichtigheid en gepastheid«86 umgehen. »Und«, so fuhr Van Traa fort:

»We dienen niet een situatie te scheppen waarin wij als het ware zeggen dat de Duitsers iets niet zouden mogen wat anderen wel is toegestaan. Aan de andere kant past het ons natuurlijk ook, bij de enorme vreugde over democratische ontwikkelingen, op een paar gevaren te wijzen die er zijn.«87

Es stellt sich somit heraus, dass innerhalb der »PvdA« von einer Diskrepanz zwischen Führungsspitze und Basis die Rede war, was die Relevanz der deutschen Frage anbetraf. Ebenfalls ist deutlich geworden, dass Van Traa, der im Namen seiner Partei sprach, kein Gegner der Wiedervereinigung war, er wollte sich allerdings mit dieser Sache nicht übereilen. Am Ende der Debatte hatten Ministerpräsident Ruud Lubbers und Außenminister Hans van den Broek im Namen der Regierung das Wort, in dem sie das Parlament über das Geschehene in Straßburg am 8. und 9. Dezember aufklären wollten. Lubbers erläuterte in seiner Rede, dass bereits vor der Tagung auf das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen hingewiesen, und es in Straßburg erneut behandelt wurde. Neben diesem Selbstbestimmungsrecht sei auf der Konferenz gesagt worden, dass die Wiedervereinigung »vreedzaam en geleidelijk moet gebeuren«.88 Zudem sei »doorgeboord op het begrip „het Duitse volk“«89, mit anderen Worten: die Anwesenden in Straßburg wollten wissen, was der Bundeskanzler mit diesem Begriff meinte. Denn »in de besprekingen bleek dat „het Duitse volk“ iedere keer als het in eerdere verdragen en afspraken […] aan de orde was, een geijkt begrip was«.90

Über diesen Begriff sei in Straßburg vom französischen Präsidenten und zudem Vorsitzenden des Europäischen Rats Mitterand Klarheit verschaffen worden:

»Verder is in de interne discussie gevraagd of de voorzitter van de Raad, dus de heer Mitterand, onder het Duitse volk verstaat de Duitsers die in de Bondsrepubliek en de DDR wonen dan wel de Duitsers waar zij ook in Europa wonen, en het bleek de eerstgenoemde groep te zijn. Dit is aanvullende informatie over datgene wat daar helderheid verschaft heeft.«91

Lubbers fügte anschließend hinzu, dass sich aus den Gesprächen, die er in Straßburg geführt, und den Informationen die er dort bekommen habe, gezeigt habe, dass »er geen enkele materiële discussie kann zijn over de grens tussen de DDR en Polen«. Man habe – und somit auch Bundeskanzler Kohl – »daar geen twijfel over laten bestaan«.92

85 Maarten van Traa, in: Europese Raad, Handelingen Tweede Kamer 1989-1990, 12. Dezember 1989, 21-698. 86 Ibidem, 21-698.

87 Ibidem, 21-698. 88

Ministerpräsident Ruud Lubbers, in: Ibidem, 21-706.

89 Ibidem, 21-706. 90 Ibidem, 21-706. 91

Ibidem, 21-706.

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Frans Weisglas (»VVD«) war mit der Erklärung des Ministerpräsidenten keineswegs beruhigt:

»Er is in enigerlei vorm een vraag aan de Bondskanselier gesteld, die ik maar huiselijk vertaal met: staat die grens vast? Ja, die grens bleek vast te staan. Toen kwam de bondskanselier thuis en ging hij het kleineren, zoals wij in NRC Handelsblad hebben kunnen lezen. Wat daarover in Straatsburg gezegd is, zou niet zo relevant geweest zijn«.93

Lubbers seinerseits machte deutlich, dass dasjenige, was in Straßburg hinsichtlich der »Oder-Neiße-Grenze« besprochen wurde, was ihn betrifft wichtiger sei als die Äußerungen des Bundeskanzlers in Bonn und zeigte sich mit der verschaffenen Klarheit zufrieden:

»Ik vind dat eerlijk gezegd niet het punt. Ik ben blij dat er nu naar mijn gevoel de helderheid is. Als in dit verband gesproken wordt over de eenheid van het Duitse volk, gaat het over de mensen die er nu wonen en over de grenzen zoals we ze nu kennen, de DDR en de Bondsrepubliek«.94

Zur Ergänzung des Beitrags des Ministerpräsidenten erwähnte Außenminister Hans van den Broek eine Rede des bundesdeutschen Außenministers Hans-Dietrich Genscher während eines Gipfels der Vereinigten Nationen im September dieses Jahres. Genscher habe sich in dieser Rede an seinen polnischen Kollegen, Außenminister Krzysztov Skubizewski, gewandt und gesagt:

»To say that the Polish people are assured that their right to live in secure borders will not be called into question, not now nor in the future, through territorial claims by us Germans. The wheel of history will not be turned back. Together with Poland we want to work for a better future for Europe. The inviolability of borders is the basis of peaceful relations in Europe«.95

Van den Broek meinte anschließend, dass »dit taal is die op zichzelf niet is mis te verstaan en die toch ook geacht mag worden uitgesproken te zijn namens de Bondsregering«.96 Wie Ministerpräsident Lubbers war auch er davon überzeugt, dass die Bundesregierung die »Oder-Neiße-Grenze« nicht in Frage stellte. Dessen ungeachtet blieb Weisglas argwöhnisch und plädierte im Namen des rechtsliberalen »VVD«, auf diesem Punkte »constructief en buitengewoon waakzaam te blijven«.97

Aus dieser Zweiten-Kammer-Debatte lässt sich folgern, dass die Opposition an dem Standpunkt der Bundesregierung bezüglich der »Oder-Neiße-Grenze« Zweifel hegte, während die niederländische Regierung namens Lubbers und Van den Broek der Bundesregierung aufs Wort glaubte. Auffallend ist allerdings, dass Lubbers in dieser Debatte die Diskussion mit Bundeskanzler Kohl in Straßburg – er habe das Gerede von Selbstbestimmung für gefährlich

93

Frans Weisglas, in: Europese Raad, Handelingen Tweede Kamer 1989-1990, 12. Dezember 1989, 21-707.

94 Ministerpräsident Ruud Lubbers, in: Ibidem, 21-707.

95 Außenminister Genscher, zitiert nach: Außenminister van den Broek, in: Ibidem, 21-707. 96

Hans van den Broek, in: ibidem, 21-707.

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