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Dirk van Munster, Der Christenspiegel · dbnl

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Dirk van Munster

Editie Clemens Drees

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Dirk van Munster,Der Christenspiegel (ed. Clemens Drees). Dietrich - Coelde - Verlag, Werl 1954

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VII

MEINEN ELTERN IN DANKBARKEIT GEWIDMET

Dirk van Munster,Der Christenspiegel

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Einleitung

Es ist das Verdienst von F.A. Groeteken, auf Grund mannigfaltigen Quellenmaterials nachgewiesen zu haben, daß sich die Verehrung des Dietrich Kolde von Münster ununterbrochen und über alle Zeitwirren hinaus in Belgien, am Mittelrhein und in Westfalen bis heute erhalten hat1. Franziskanische Kreise haben die Verehrung Koldes gefördert und das Interesse der Geschichtswissenschaft auf ihn und sein Werk gelenkt; und wie in Belgien schon im Jahre 1875 der Wunsch laut wurde, Dietrich auf die Altäre erhoben zu sehen2, so wies die Diözesansynode des Bistums Münster von 1924 darauf hin, daß die Verdienste Koldes wohl dazu angetan seien, seien Beatifikationsprozeß weiterzuführen3.

Die Bedenken, die Bollandus im Jahre 1652 gegen die Verehrung Koldes als Seligen dadurch äußerte, daß er ihn ‘inter praetermissos’ setzte4, wurden schon von Jerôme Goyens5und nach ihm von Groeteken

1 F.A. G r o e t e k e n , Urkundliche Beweise. Teil 1: Urkundliche Beweise für die dauernde Verehrung des Dieners Gottes Dietrich Kolde von Münster als Seliger von 1515-1634 (Denkschrift zu der Eingabe der Sächsischen Franziskanerprovinz vom heiligen Kreuze um die Seligsprechung des Dieners Gottes Dietrich Kolde); Teil 2: Urkundliche Beweise für ‘Die immerwährende Verehrung des seligen Dietrich Kolde von Münster’ nach den Dekreten Urbans VIII., 1634 bis zur Gegenwart.

2 Aus diesem Grunde wurde 1875 eine ähnliche Zusammenstellung wie die Urkundlichen Beweise Groetekens dem Bischof von Lüttich, Theodorus Alexius Josephus de Montpellier, Überreicht. Eine Abschrift dieser Zusammenstellung befindet sich im Franziskanerkloster zu Warendorf.

3 Diözesansynode des Bistums Münster 1924: Resolutionen S. 174, 3.

4 AASS tom. I (1652) die 2. Febr. Inter praetermissos:

‘Theodoricus a Monasterio Ord. Minorum, vir celeberrimae in juvandis peste laborantibus caritatis, refertur hoc die in Martyrol. Franciscano Arturi (gemeint ist das Martyrologium des Franziskanerordens des Arthur de Rouen [a Monasterio] Paris 1638 und 1653, d. Verf.) et Beatus appellatur, qui titulus neque in vita Monasterii Westphaliae anno MDCXXXVI excusa neque in imagine sculpta nuper Antuerpiae illi tribuitur: ...’

5 Jerôme G o y e n s O.F.M.: ‘Un Héros du Vieux-Bruxelles, le bienheureux Thiérri Coelde m.

1515. Notes et documents, Malines 1929. Collection Bruxella sacra.’ S. 173: ‘L'agencement arbitraire adopté par Arthur de Rouen dans son Martyrologe ne semble pas suffire à reléguer definitivement notr. Thiérri parmi les praetermissos... Le Casus exceptus prévu par le décret papal reste applicable au Bx. Thiérri. Cfr. Bullar. Rom. XIII (1868) 309-311 a; XIV 309, 436, 437 b. De plus, l'omission du titre Beatus dans l'épigraphe de la gravure publiée en 1635, comme dans le titre de la Vita en 1636, ne semble pas de nature à infirmer la valeur des témoignages antérieurs à ces dates.’ (Zitiert nach G r o e t e k e n , Urkundliche Beweise. Teil

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entkräftet. Koldes dauernde Verehrung und die legendenhafte Ausschmückung bestimmter Züge an ihm, die schon bald nach seinem Tode zu beobachten sind, deuten auf seine Volkstümlichkeit hin und ermöglichen es zugleich, den ‘Casus exceptus’ von den Dekreten Urbans VIII. auf ihn anzuwenden.

Die Erinnerung an Dietrich Kolde wachzuhalten, dazu möge diese Arbeit beitragen.

Sie setzt sich zum Ziel, nach genauer Üntersuchung der Uberlieferungsverhältnisse des ‘Christenspiegels’ dieses Hauptwerk Koldes ans Licht zu ziehen, um es in seiner ursprünglichen Gestalt einer breiteren Öfsenslichkeit zugänglich zu machen.

1. Dietrichs Lebensgang

Die Lebensgeschichte Koldes ist schon wiederholt dargestellt worden, so von B.

Bockholt, A. Bierbaum, F. Doelle und am umfassendsten von F.A. Groeteken1. Mehr oder weniger gehen sie alle zurück auf die ‘Chronotaxis vitae R.P. Theodorici a Monasterio’ des J. Polius2, der seinerseits die Vita Koldes von Raisse3zugrunde gelegt hat. Eine Lebensbeschreibung unter Berücksichtigung neuerer Ergebnisse der Forschung wäre dringend zu wünschen, würde aber über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen. - Ein kurzer Überblick mag genügen.

Die hervorragende Studie von Karl Zuhorn4hat uns endlich über die Familie Kolde Aufschluß gegeben, die bis dahin von der Forschung völlig unberücksichtigt geblieben war, von einigen zweifelhaften Vermutungen über die Herkunft des Vaters aus Osnabrück abgesehen. -

1 Berthold B o c k h o l t O.F.M., Theodorich von Münster (Dietrich Coelde). Ein Gedenkblatt zu seinem 400. Todestag, Münster 2. Aufl. 1915.

Athanasius B i e r b a u m O.F.M., Dietrich von Münster (1435-1515), Münster 1926.

Ferdinand D o e l l e O.F.M., Dietrich Coelde, in: Westfälische Lebensbilder. Im Auftrage der Hist. Kommission des Provinzialinstituts für westf. Landes- und Volkskunde herausg. v. Aloys B ö m e r und Otto L e u n e n s c h l o ß , Hauptreihe Bd. II, Heft 3, S. 379-395.

F.A. G r o e t e k e n , Dietrich Kolde von Münster. Ein Held des Wortes und der Tat in deutschen Landen, Kevelaer 1935.

2 Jac. P o l i u s , Chronotaxis vitae R.P. Theodorici a Monasterio, 1654 für die Bollandisten verfaßt (Handschrift i.d. Bibl. Royale Bruxelles), veröffentlicht von Patricius S c h l a g e r in:

Beiträge zur Geschichte der Sächsischen Franziskaner-Ordensprovinz. Separat-Ausgabe des Jahrbuches 1907, Düsseldorf 1907.

3 Arnold R a i s s e , Vita Revdi. Patris Theodorici a Monasterio, ordinis Minorum regularis observantiae, viri sanctitatis opinione clarissimi (Douai 1631), Typis Bernardi Raesfeldij, Monasterii Westphaliae 1636.

4 Karl Z u h o r n , Neue Beiträge zur Lebensgeschichte Dietrich Koldes, in: Franziskanische Studien 28 (1941) 107-116; 163-194.

Dirk van Munster,Der Christenspiegel

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Dietrich Kolde wurde um 14355in Münster geboren. Sein Vater Hermann Kolde stammte aus dem münsterischen Zweig6der Familie Kolde und bewohnte ein Haus am Michaelisplatz, welches somit das Geburtshaus Dietrichs gewesen sein muß7. In den Urkunden Münsters aus dieser Zeit wird mehrmals ein ‘Heinrich der Kolde’

genaant, den man wohl mit Sicherheit als den Bruder unseres Dietrich ansprechen darf8. Die Herkunft Dietrichs mütterlicherseits ist bisher leider noch dunkel geblieben.

Ob jene Katharina Kolde, die 1477 als ‘borgersche tho Münster’ genaant wird9, die Mutter Dietrichs ist, läßt sich bis heute nicht überzeugend als wahr erweisen10. Wie groß die Bedeutung der Familie Kolde in Münster gewesen sein muß, zeigt die mehrfache Verwandtschaft mit andern Geschlechtern des nach politischem Einfluß strebenden münsterischen Honoratiorentums und vor allem der Umstand, daß sie Eigentümerin, alter patrizischer Besitzungen, des alten Hofes der Erbmännerfamilie Droste im Überwasserviertel und der vor dem Jüdefeldertor gelegenen Kucklenburg’, gewesen ist11.

Seinen ersten Unterricht erhielt Dietrich wahrscheinlich bei den Augustinereremiten in Osnabrück, deren Kloster im 15. Jahrhundert eine Blütezeit erlebte12. Er wird dem Orden hier schon als Mitglied angehört haben und von hier aus dann zum

Universitätsstudium in das Augustinerkloster Köln versetzt worden sein. ‘Damit würde sein Werde-

5 Das Geburtsjahr 1435 ist uns nur indirekt überliefert: ‘Dierick van Munster, die gheweest is oud 80 jaeren’ Mscr. II 3147 Bibl. Royale de Bruxelles. - H a r t z h e i m , Bibl. Col. 1747, S.

303: ‘plenus dierum octogenarius religiose obiit anno 1515’. Demnach muß Kolde 1435 geboren sein. - Wenn R. E r n s i n g , Hist. Jahrb. XII, Heft 1, S. 56, das Geburtsjahr 1453 nennt, so liegt dieser Angabe ein Druckfehler zugrunde; denn S. 57 nennt er Kolde für das Jahr 1453 einen achtzehnjährigen Jüngling.

6 Sogenannt, da es noch einen Osnabrücker Zweig der Familie gab. Vergl. Z u h o r n a.a.O.

S. 186.

7 In einer Urkunde vom Jahre 1486 wird Hermann der Kolde als Hausbesitzer am heutigen Michaelisplatz erwähnt. Es wird nämlich in einem anderen Zusammenhang die Lage des Nachbarhauses bestimmt als gelegen ‘an Sunte Michaeliskapellen und by Hermans hus des Kolden’. Staatsarch. Münster, Urkunden Martini MS VII 1016 Bl. 96. - Z u h o r n a.a.O. S.

111; vgl. ebd. Kap. IV, S. 182 ff.

8 Z u h o r n a.a.O. S. 116. Dadurch wird die Vermutung Groetekens, Heinrich der Kolde sei der Vater Dietrichs, berichtigt.

9 Staatsarchiv Münster Mscr. I. 17 Bl. 6.

10 Vgl. Z u h o r n a.a.O. S. 116, G r o e t e k e n a.a.O. S. 30.

11 Z u h o r n a.a.O. S. 163 f. ‘Gerade das Eigentum an altem patrizischen Grundbesitz ist bedeutsam und charakteristisch für die soziale Stellung der Familie.’ Z u h o r n ebd. - Vgl.

auch H. R o t h e r t in seinem Hinweis auf die Untersuchung Zuhorus in ‘Westfalen’ Bd. 27 1948, Heft 1, S. 64 f.

12 Vgl. R o t h e r t , Gesch. der Stadt Osnabrück im Mittelalter Bd. 1 1937, S. 147, 149 in: Mitt.

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gang in der Jugend umgekehrt gewesen sein, als man bisher angenommen hatte.

Nicht sein Studium ist seinem Ordenseintritt vorangegangen, sondern erst nach seinem Ordenseintritt ist er zu den Studien nach Köln gezogen’13. Sein

Universitätsstudium kann als sicher angenommen werden, obgleich wir ilm in der Kölner Universitätsmatrikel nicht namentlich angeführt finden14. Eben deshalb aber muß Kolde in Köln von Anfang an einem der vier Bettelorden angehört haben; denn im ersten der Statuten über die Immatrikulationsbedingungen vom 6. Dezember 1392 heißt es, alle würden immatrikuliert ‘exceptis tamen fratribus quatuor ordinum mendicantium, quos non oportet intitulari, nisi cum fuerint ordinati ad legendum, aut pro suis privatis usibus voluerint gaudere privilegiis universitatis’15. Wäre Kolde nach seinen ersten Studien zu Köln in den Augustinerorden eingetreten, so müßten wir wenigstens für diese Zeit seinen Namen in der Matrikel finden. Da dieses, wie gesagt, nicht der Fall ist, erhält die Annahme von der ersten klösterlichen Schulausbildung in Osnabrück den Grad der Sicherheit. Ebenso spricht die Benennung ‘Dietrich von Osnabrück’ dafür, die man auffälligerweise nur in Kölner Kreisen kannte16.

Ob schon in dieser Zeit des Studiums in Köln, in der Dietrich mit Männern anderer Orden vielfach in Berührung kam, in ihm der Gedanke wach wurde, zu den

Minderbrüdern überzutreten, läßt sich nicht sagen. Zunächst blieb er nach den Weihen Augustinereremit17und als solcher muß er schon in weitem Umkreis bis in die Niederlande hinein bekannt gewesen sein. Selbst als er schon einige Jahre dem Franzis-

13 Z u h o r n a.a.O. S. 194; Anders S t r u n c k , Annales Paderbornenses, Paderborn 1741, Teil III, S. 68: ‘Literarum Philosophicarum causa a parentibus suis missus erat Coloniam Agrippinam.’ Auch P o l i u s a.a.O. gibt die Reihenfolge Studium, Ordenseintritt an, vermutlich folgen beide derselben Quelle.

14 Vgl. K e u ß e n , Matrikel der Universität Köln I, 2. Aufl. 1928 und Registerband 1931.

15 K e u ß e n a.a.O. I, S. 11. Vgl. ebd. S. 24: ‘Daher rührt die verhältnismäßig geringe Zahl der immatrikulierten Mönche, während doch anderweitig der Betrieb der Studien in den Klöstern ausdrücklich bezeugt ist.’

16 Vgl. auch unten S. 13* f.

17 ‘Coloniae Agrippinae studiis theologicis eruditus, primum ibidem eremita Augustianus’ (Reste des Brühler Konvents in: Annalen des hist. Vereins f.d. Niederrhein, Heft 34, 1879, S. 133.) - N o r d h o f f , P. Dederich Coelde und sein Christenspiegel, in: Monatsschrift für

rheinisch-westfälische Geschichtsforschung und Altertumskunde I (1875), hrsg. v.R. P i c k , S. 167, irrt in der Annahme, Dietrich sei Fraterherr gewesen. Die Fraterherren waren kein Orden, sondern eine freie religiöse Genossenschaft ohne Regel und Gelübde, allerdings durch besondere Leistungen ausgezeichnet. Auf Nordhoff fußt Bockholt, der an die Irrtümer noch einige weitere Vermutungen anknüpft. Durch die Besprechung von Klemens L ö f f l e r in ‘Westfalen’ 1916, S. 31 f., wurde diesem Irrtum Einhalt geboten. Vgl. auch F. Doelle a.a.O.

S. 379.

Dirk van Munster,Der Christenspiegel

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kanerorden angehörte, nannten verschiedene Drucker ihn noch ‘eenen deuoten broeder van sinte augustijns oerden’. - Wann und aus welchem Grunde der Übertritt zu den Minderbrüdern erfolgte, darüber gehen die Meinungen bis heute stark auseinander. - Für den Grund lassen sich bestenfalls nur Vermutungen ausstellen.

Auch die auf uns gekommenen Nachrichten über die Zeit des Ordenswechsels beruhen alle auf zweifelhaften Annahmen: Nach den Angaben bei Ernsing18, der sich auf die Archivreste des Brühler Konvents19stützt, ist Kolde schon als

achtzchnjähriger Jüngling, also um 1453, Minorit geworden; und in der Tat bestätigt eine andere Quelle scheinbar diesen Verhalt20. Aber Zuhorn bezweifelt mit Recht, daß es sich bei den Brühler Archivresten um eine originäre Quelle handelt21. Doelle hat bezüglich des frühen Übertritts aus gewichtigen Gründen Bedenken erhoben;

denn ‘der erste Ort seiner Wirksamkeit nach Beendigung des Noviziats war das Kloster Bodendaal bei Brüssel’22. Da dieses aber 1467 gegründet wurde23, kann Dietrich, auch wenn man das Noviziatsjahr berücksichtigt, nicht vor dem Ende der 60er Jahre das Ordenskleid gewechselt haben. - Der Christenspiegel enthält nur einige bisher zu wenig beachtete Vermerke, die in dieser Frage hinreichend Aufschluß geben. Ein Vergleich der verschiedenen Rezensionen des Werkes ergibt, daß Dietrich bei der ersten Abfassung noch Augustiner gewesen sein muß. Als

18 E r n s i n g a.a.O. S. 57.

19 a.a.O. S. 131 ad an. 1453.

20 Jean V a n d e r m e u l e n (Molanus) schrieb 1580 in seinen ‘Annales seu Historiae Lovanien., ed. D e R a m , Lovanii 1861, lib. V 253: ‘Mit Erlaubnis des Apostolischen Stuhles ging er zum Orden... über, in den er 60 Jahre sehr heilig lebte.’ (Zitiert nach Groeteken a.a.O. S.

233.) Auch die neueste Ausgabe der Vita von Raisse, St. Trond 1869, hat S. 14 hinzugefügt:

‘per 60 annos in militia Franciscana vixit.’

21 Z u h o r n a.a.O. S. 191.

22 D o e l l e a.a.O. S. 380.

23 Die alte Einsiedelei Bodendaal schenkte Philipp Hincquart, ein Rat des Herzogs von Burgund, dessen Gemahlin Isabella am 8. Oktober 1467 mit Gutheißung des Bischofs von Cambray.

Diese bot sie am 20. Oktober den Observanten zur Errichtung eines Klosters zu Ehren des hl. Antonius von Padua an. Nordhoff und Schlager führen die Gründung des Klosters Bodendaal auf Kolde zurück, ohne jedoch eine Quelle für diese Behauptung anzugeben.

Nach Goyens hingegen, der sich auf eine handschriftliche Quelle aus dem Archiv des Klosters beruft, wurde Bodendaal dem Prokurator der Kölner Provinz, Heinrich von Lille aus dem Kloster Malines, am 20. Oktober 1467 übergeben. Derselbe sei zusammen mit Heinrich Herp, Guardian von Malines, vom Provinzvikar Siger d'Hustelare beauftragt worden, das Kloster zu gründen. Schlager kennt keinen Provinzvikar dieses Namens, sagt aber, der Generalvikar Zegerus von Dixmuyden habe 1467 das Kloster übernommen (vgl. D o e l l e a.a.O. S. 381).

Am 16. März des folgenden Jahres fügte Isabella noch ein Wäldchen hinzu, und am 1.

September 1471 konsekrierte der Weihbischof von Cambray die eben vollendete Kirche. Vgl.

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solchen bezeichnen ihn die ältesten erhaltenen Inkunabeln dieses Büchleins.

Ausdrücklich wird die Abfassung im Augustinerorden mit dem Hinweis auf den späteren Übertritt bezeugt in einem Druck aus dem Jahre 1489, wo es heißt: ‘Dit hantboichelgyn hait gemacht... Dederich... van sent Augustinus orden tzo Coellen in dem cloister desscluen ordens. Mer naemals gegangen in sent Franciscus orden.’

Der Drucker Johann Koelhoff der Ältere, der von 1472 bis 1492 in Köln seine Presse betätigte, dürste sich im Jahre 1489 kaum so genau an den Ordenswechsel erinnert und ihn der Erwähnung für wert gehalten haben, wenn Kolde ihn als 18-20 jähriger Jüngling vollzogen hätte. - Eben jene Ausgaben des Christenspiegels, die Kolde Augustiner neunen, enthalten nun einen Hinweis auf die zu Köln eingesetzte Rosenkranzbruderschaft, die 1475 gegründet und am 10. März 1476 von Rom bestätigt wurde24. Kolde muß deshalb sein Werk nach 1476 geschrieben haben und bei der Abfassung noch Augustiner gewesen sein. Damit wäre der terminus post quem gegeben. Der Terminus ante quem für den Übertritt läßt sich nicht so unbedingt sicher ermitteln. Raissius berichtet in seiner Vita25, daß Kolde mit Wort und Tat erfolgreich in den Parteihader zwischen den Hoeken und den Kabeljauen eingriff.

1444 hatte Philipp der Gute die Streitigkeiten noch einmal beilegen können, bis sie 1479 erneut losbrachen. Nach der Vita von Raisse griff Kolde mit erschütternden Worten in die Händel ein, erfolgreich an die Vernunft und an das Gefühl der Menschen appellierend26. - Da uns der erfolgreiche Prediger Dietrich in der

Überlieferung aber nur als Minderbruder bekannt ist, liegt die Annahme nahe, daß der Übertritt zu den Observanten im Jahre 1479 bereits erfolgt war. Das aber würde bedeuten, daß Kolde in der Zeit von 1476 bis 1479 das Ordenskleid gewechselt hat, was sich zeitlich ganz zwangslos mit der Gründung Bodendaals und Dietrichs erster Wirkungsstätte in Zusammen-

24 Bestätigung durch einen Brief des päpstlichen Legaten Alexander Nanni Malatesta vom 10.

März 1476. Urkunde G.B. IV 6188 der Kölner Stadtbibliothek; abgedruckt bei J.H. S c h ü t z , Die Geschichte des Rosenkranzes, Paderborn 1909, S. 32.

25 R a i s s i u s a.a.O. S. 8. Vgl. J. H u i z i n g a , Herbst des Mittelalters, deutsch von T.

W o l f f - M ö n c k e b e r g , Stuttgart 1938, S. 22.

26 R a i s s i u s a.a.O. 8-9: ‘Nec possum omittere, quin quod a majoribus accepimus, in huius sancti viri laudem adscribamus... Theodoricus, vt pertinax illud odium irasque partium eximeret e cordibus factiosorum, curru vectus per urbes, dextra sinistraque mortuorum ostentabat crania, instar tonitrui et fulguris mouens terrebat mortem cogitarent certam decretamque cunctis mortalibus, nec illam discernere inter pauperum casas regumque turres, alioquin discernerent vtrius partis fuissent haec capita. Proinde iras et exitalia dissidia ponerent, si seruari vellent, neque enim illis ingressum esse in coelum, cuius portae, muri cunctique fines sacra contestante scriptura pax et charitas esse perhibentur.’

Dirk van Munster,Der Christenspiegel

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hang bringen läßt. - In Bodendaal wird Kolde auch sein Noviziatsjahr verbracht haben. Es liegt keine Veranlassung vor, mit Doelle27und Groeteken28- offenbar im Anschluß an Polius29- zu glauben, Dietrich habe zunächst in einem deutschen Franziskanerkloster, etwa in dem 1455 erbauten Kloster zu Hamm, um Ausnahme gebeten, weil er sich in einem deutschen Kloster am leichtesten in den Geist des Ordens habe einarbeiten können. Die verhältnismäßig geringen sprachlichen Unterschiede zwischen den deutschen und niederländischen Klöstern können schwerlich ein Hindernis für den Übergang in die Niederlande gewesen sein. Die ersten Christenspiegel-Ausgaben bezeugen Dietrichs Bezichungen zu den Niederlanden schon für die Zeit, als er das Augustinerkleid trug. Unsere Quellen verlassen uns leider bei der Frage nach dem Aufenthaltsort Koldes vor seinem Ordenswechsel. Da aber der sogenannte Vorläufer des Christenspiegels hervorhebt, daß ‘Broeder Dyerick van munster... dese simpele leer den deuoten borgheren te Loeuen gaf’, darf man vielleicht annchmen, daß Kolde vor seinem Übertritt in dem 1256 gegründeten Augustinerkloster zu Löwen seine Bleibe hatte. Der Weg Dietrichs von Köln in die Niederlande ist übrigens keineswegs verwunderlich, wenn man berücksichtigt, daß ganz Nordwestdeutschland und die Niederlande damals zu der nach ihrem Zentrum Köln benannten, seit 1299 bestehenden Augustinerprovinz gehörten.

Die Brüsseler Pestjahre 1488 bis 1489 machten Kolde weithin berühmt und sicherten ihm seine Verehrung. Spätere Berichte wollen wissen, daß er 32000 gefährdeten Menschen die Sterbesakramente gereicht habe. Scheint diese Zahl auch übertrieben zu sein, so sagt sie doch immerhin, daß sie beträchtlich gewesen sein muß30. Wir haben Zeugnisse dafür, daß diese Tat Koldes noch im 19.

Jahrhundert im Volksbewußtsein lebendig war31. Von seinen westfälischen

Landsleuten wird Dietrich gerühmt, während der Pestjahre viele Wunder gewirkt zu haben32.

27 D o e l l e a.a.O. S. 380.

28 G r o e t e k e n a.a.O. S. 53.

29 P o l i u s a.a.O. Nr. 9.

30 Die Zahl 32 000 nennt schon Franciscus G o n z a g a , der minister generalis des

Franziskaner-Ordens, in: De Origine Seraphicae religionis, Pars III, Romae 1587, 992: ‘Suum animarum feruidum celum clare exposuit, peste grassante Bruxellae, ubi vices Pasorum sollicite, pieq. supplens 32 milium peste laborantium Confessiones excepisse, aliaq.

Sacramenta administrasse certo constat.’ - Genaueres bei G r o e t e k e n a.a.O. S. 238, Anm. 5.

31 Als die Pest 1666 noch einmal Brüssel heimsuchte, erhielt die Verehrung Dietrichs einen neuen Impuls. Ebenso rief man 1866, während die Cholera in einigen flämischen Städten ausbrach, seine Hilfe und Fürsprache an. Vgl. Meinrad V o n d e r h e i d e O.F.M. in:

Franziskus-Stimmen 1927, S. 219; G r o e t e k e n a.a.O. S. 118.

32 C o r f e y , Chronik in Geschichtsquellen des Bistums Münster III, 322: ‘Anno 1489, als zu Brüssel in Brabant die grausame pest regirte, hat der selige Theodoricus Coelde, burtig aus der stadt Munster, Franciscaner-Ordens, viel miraculen gethaen und aus denen 33 000

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Um diese Zeit muß auch die Begegnung mit dem Herzog Albrecht III. stattgefunden haben, den Maximilian, der Sohn Friedrichs III., als Generalstatthalter der

Niederlande im Februar 1489 zurückgelassen hatte33. Zusammen mit den Äbten von Park und Vlierbeck trat Kolde ihm als Unterhändler des Friedens entgegen.

Zwar führte die Unterredung nicht unmittelbar zum Erfolg, doch müssen Dietrichs Worte einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben34.

Zu Anfang der 90er Jahre finden wir Kolde wieder in Köln in der Nähe des Erzbischofs Hermann IV. von Hessen, der die Observanten wegen ihres Ansehens und ihrer Zucht gerne um sich hatte. Besonders Dietrich Kolde und sein westfälischer Landsmann Antonius von Raesfeld standen ihm sehr nahe. Mit päpstlicher Erlaubnis35 hatte Hermann IV. in Brühl das Kloster und die Kirche zu bauen begonnen, wo in der nächsten Zeit Dietrichs Heim sein sollte. Wenn dieser im Jahre 1492 vom Kölner Kirchenfürsten zum Praedicator generalis für Rheinland und Westfalen ernannt wurde, so ist das für uns die offizielle Bestätigung dessen, was Trithemius, dem Kolde in dieser Zeit begegnete, mit den Worten sagt: ‘declamator sermonum popularium famosissimus, cuius vitam omnes qui eum noverunt sanctam et religiosissimam praedicant.’ Trithemius nennt Kolde einen Prediger ‘ut similem inter Germanos habuerit neminem’36. - Als 1495 der Brühler Guardian Hektor Hassels starb, übernahm Kolde das Amt des Vikars in seinem Konvent. 1497 wählte man ihn zum Guardian37. Es ist anzunehmen,

33 Vgl. Henri P i r e n n e , Geschichte Belgiens. Übers. v. Fritz A r n h e i m 3. Bd., Gotha 1907, S. 65.

34 Jaerboeken der stad Leuven van 240 tot 1507 in't Latyn opgesteld door Petrus Divaeus, in't Nederduitsch overgebragt door W.A. van Dieve, thans voor de eerste mael gedrukt, met Inlasschingen en Aenteekeningen van Edward van Even. Tweede Deel, Brüssel-Leuven 1857, S. 330 f.: ‘In het begin van juny (1489) kwamen de onzen met den Saxer in gesprek, te weten: Dierik van Tuldel, abt van Park, de abt van Vlierbeek, Merten van Oppendorp, Daniel Boxhorn, de jonge, en Dierik van Munster, een minderbroeder, door zyn heilig leven vermaerd, wiens aenspraek eene deftige onderhandeling had veroorzaekt.’

35 Breve ‘Intellecto desiderio’ Rom 8. Juli 1490, abgedruckt in: Ann. f.d. hist. Verein d.

Niederrheins 34, 123.

36 J. T r i t h e m i u s , Opera historica, ed. M. F r e h e r , Francofurti 1601, S. 76. - In dem Widmungsschreiben zu dem ‘Rosarium’ an Peter Rinck in Köln hält Rudolf von Langen es für selbstverständlich, daß Peter Rinck Kolde kennt: ‘...Theodoricum Coelde Monasteriensem ex divi Francisci vera et germana familia disseminatorem divini verbi efficacissimum, tibi haud dubium abunde cognitum...’ Abgedruckt bei A. P a r m e t , Rudolf von Langen, Münster 1869.

37 H a r t z h e i m a.a.O. S. 303. G r o e t e k e n a.a.O. S. 178 u. 246. In den Archivresten Bl.

164 wird fälschlich 1491 angegeben. (Vgl. S. 5*.) Zu dieser Zeit hatte das Brühler Kloster noch nicht das Recht, einen Guardian zu haben. (Vgl. S c h l a g e r a.a.O. S. 124.) Nordhoff meint, Kolde sei bis 1497 in Brühl Guardian gewesen. Der Fehler ensteht dadurch, daß Nordhoff - worauf schon Groeteken hinweist - ‘renuntiatus’ fälschlich mit ‘abberufen’ übersetzt.

Dirk van Munster,Der Christenspiegel

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daß Kolde in Brühl blieb, bis man ihn auf dem Ordenskapitel vom 22. Juli 1502 zum Guardian von Bodendaal ernannte. - In Bodendaal wie in Brüssel richtete Dietrich sein Augenmerk besonders auf die Reform der Lebenshaltung. Innerhalb und außerhalb der eigenen Klostermauern suchte er die Ordenszucht zu heben. Noch im gleichen Jahre gingen die Angehörigen des Konventualenklosters in Brüssel geschlossen zur strengen Regel der Observanz über, wohl nicht ohne Einfluß Dietrichs38. Die Franziskanerinnen nach der Regel des Dritten Ordens in der Laekenstraße zu Brüssel nahmen auf eigenen Wunsch die strenge Regel des Zweiten Ordens an und verwandelten ihr Haus in ein Klarissenkloster. Auch hier stand Kolde als der spiritus rector im Hintergrund; denn er selbst ‘erbat und erhielt dann vom Ordinarius und Kapitel der St. Gudula-Kirche, in deren Bereich das Kloster lag, die Genehmigung zur feierlichen Votivmesse zu Ehren des Heiligen Geistes für jenen denkwürdigen Tag (15. September 1503), an dem die Umwandlung vollzogen wurde’39. Auf dem Provinzialkapitel zu Gouda vom 6. Mai 1507 wurde Kolde das Guardianat von Bodendaal erneut bestätigt; darüber hinaus wählte man ihn zum Definitor der Ordensprovinz. Dadurch vergrößerte sich für Dietrich die Möglichkeit, sich für die Reform einzusetzen. Im folgenden Jahr, am 29. August 1508, wählte ihn das Ordenskapitel in Düren dann zum Guardian für das Kloster Antwerpen40. Die Legende spricht ihm von hier ab sogar Prophetengabe zu41. - Als sich im Jahre 1510 der Konvent zu Löwen der Observanz anschloß, fand Kolde hier sein letztes Wirkungsfeld. Er sollte als Oberer die strengere Regel einführen42. Hier beschloß er am 11. Dezember 1515 sein Leben43, nachdem er kurz vorher von der Kanzel aus auf seinen herannahenden Tod hingewiesen haben soll. Erasmus von Rotterdam, der für Ordensleben und Ordensgeist oftmals spitze und abfällige Bemerkungen findet, kann nicht umhin, Dietrich zu

38 G r o e t e k e n a.a.O. S. 190 f.

39 G r o e t e k e n a.a.O. S. 191, der sich auf G o y e n s a.a.O. 112 stützt.

40 P o l i u s a.a.O. Nr. 23. B o c k h o l t a.a.O. S. 42 gibt den 29. März 1508 an. Unerklärlich ist der Irrtum Parmets a.a.O. S. 142, Kolde sei schon 1449 Guardian von Antwerpen gewesen.

41 P o l i u s Nr. 23; M. S t r u n c k : Annales Paderbornenses III, S. 68 ff; S e d u l i u s , Hist.

Seraphica, Antverpiae 1613, 667; G r o e t e k e n S. 193 f.

42 E r n s i n g a.a.O. 63 irrt in der Angabe, Kolde sei schon 1506 nach Löwen gekommen;

S c h l a g e r in: Lexikon f. Theol. u. Kirche Bd. II, 1006 folgt Ernsing.

43 G o n z a g a a.a.O. sowie das Martyrologium des Ordens I, Teil V, Nr. 19 von Arthur du

(12)

10*

bewundern44. Von Erasmus erfahren wir Einzelheiten über Koldes Tod45. Dietrich wurde im Chore der Kirche beigesetzt. Seine Grabplatte erhielt die Inschrift: ‘Hic iacet sepultus venerabilis et devotus P.F. Theodoricus a Monasterio eximius praedicator verbi Dei, quondam huius conventus et aliorum guardianus.’

Die Gebeine waren wechselvollen Schicksalen unterworfen. Nachdem sie 102 Jahre lang ungestört geruht hatten, erbat sich ein Bruder namens Georg Ruyter die Erlaubnis zu ihrer Erhebung. Am 12. September wurden sie aufgenommen und fortan in einem Holzsarg mit dem Bilde Dietrichs in der Krankenkapelle des Hauses aufbewahrt. In den Wirren der Französischen Revolution fand der Sarg im Hause des Löwener Lizentiaten der Medizin, Wilhelm van den Dale, Schutz gegen

Verunehrung. Nach dessen Tod kamen die Gebeine Dietrichs am 11. Februar 1820 wieder ins Kloster. Pater Teurlincx, der letzte Bewohner des Hauses, vermachte sie dem Konvent in Sint Truiden, wo sie bis 1926 ruhten. Im Beisein von Vertretern der belgischen und der sächsischen Ordensprovinz wurde der Schrein geöffnet.

Beträchtliche Teile der Reliquien erhielt der sächsische Provinzial, der sie in die Franziskanerkirche von Münster überführte46. So fand ein Teil der Gebeine den Weg in die Heimat zurück.

2. Der Name ‘Dietrich Kolde von Münster’

Um den Namen Koldes und seine Schreibung ist im Laufe der Zeit viel gerätselt worden. Darum sei exkurshaft einiges dazu bemerkt: In der niederländischen Literatur wird der Vorname durchweg Dyerick, Dieric, Dierick, Dirck, Derick, Dirick oder Dijrijk geschrieben. Nur in einer Christenspiegel-Ausgabe von Amsterdam aus dem Jahre 1564 finden wir die Schreibung Diederich. In den Kölner Christenspiegel-Ausgaben wird Kolde meistens Dederich, 1514 einmal Diderich, 1498 und 1526 je einmal Diedrich genannt. Vermutlich nannte er sich selbst Diderick oder Diederich, wie der Name in seiner Heimat geläufig war. Vielleicht hat man ihn kurz auch Dirk gerufen.

Die Namensform Dierick wird ihm erst während seines Aufenthaltes in den Niederlanden beigelegt worden sein.

Man könnte fragen, ob Kolde den Vornamen Dietrich erst bei seinem Eintritt ins Kloster bekommen hat oder ob man ihn auch später bei

44 Brief aus Freiburg an Karl Utenhoven vom 9. August 1532.

45 Brief an Josse Gaverius vom 1. März 1524.

Die betreffenden Briefstellen abgedruckt bei G r o e t e k e n , Urkundliche Beweise Teil I, S.

9, Anm. 14 u. S. 20, Anm. 35.

46 Genaueres bei den Biographen, besonders bei Bierbaum und Groeteken.

Dirk van Munster,Der Christenspiegel

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seinem Taufnamen ries. Zwar ist es nicht verwunderlich, daß Dietrich als Ordensmann keinen biblischen Namen trägt, da das Mittelalter teilweise den germanischen Namen in der Geistlichkeit dem fremden vorzicht1. Der Annahme, Dietrich habe seinen Vornamen ‘zum Zeichen geistiger Wiedergeburt’ bei seinem Eintritt in den Orden angenommen2, läßt sich entgegenhalten, daß der Vorname Dietrich in der Familie Kolde, ‘wenigstens in der Generation Heinrich Koldes, gebräuchlich’ ist. Dietrich wird somit seinen Namen ‘höchstwahrscheinlich schon als Familienvornamen getragen und ihn... in der Taufe bekommen haben’3.

In der Literatur hat sich Dietrich hin und wieder eine Änderung seines Vornamens gefallen lassen müssen. Nordhoff behält die Form Dederich bei4. Mit einigen Ausnahmen verwenden die Biographen die nhd. Form Dietrich. - Wie man auf die Form ‘Friedrich Kölde’ kommen kann5, bleibt unverständlich, aber auch ‘Theodorich’

oder gar ‘Theodor’, wie Evelt, Parmet, Schlager und Bockholt wollen6, müssen als Mißgriff angesehen werden. ‘Theodorich’ soll offenbar eine Ubersetzung des lateinischen ‘Theodoricus’ sein. Diese Bezeichnung ist aber ihrerseits schon die Latinisierung von Diderick. Die hochdeutsche Entsprechung zu Diderick ist weder Theodorich noch Theodor, sondern Dietrich7.

1 ‘Vor dem 16. Jahrhundert gibt es keine kirchliche Vorschrift über die Wahl der Rufnamen.

Auch im Klerus herrschten damals die fremden Namen nicht vor. Unter den Erzbischöfen von Köln, Mainz, Trier, den Bischöfen von Lüttich, Utrecht, Münster, den Äbten von Fulda, Werden, Hersfeld und Corvey treten uns (nach F. Wagner, Studien über die Namensgebung in Köln im 12. Jahrhundert, Teil 1, Diss. Göttingen 1913, S. 51) bis zum 15. Jahrhundert nicht weniger als 482 mit altheimischem Namen entgegen und nur 56 mit fremdem’, Adolf B a c h , Die deutschen Personennamen, Grundriß der germ. Philol. Bd. 1, Berlin 1943, S. 336.

2 G r o e t e k e n a.a.O. S. 40 f.

3 Z u h o r n a.a.O. S. 113.

4 N o r d h o f f a.a.O.

5 So J. H a r t m a n n in seiner ‘Geschichte der Provinz Westfalen’, Berlin 1912, S. 124.

6 J. E v e l t , Mitteilungen über zwei norddeutsche Franziskaner des Reformationszeitalters, in: Der Katholik, Zeitschrift für kath. Wissenschaft u. kirchl. Leben. 40. Jahrg. 1. Hälfte, Mainz 1860, S. 584 ff.; P a r m e t a.a.O. S. 142; P. S c h l a g e r , Beiträge zur Geschichte der Kölnischen Franziskanerordensprovinz, nennt Kolde ‘Theodor oder Dederich Cölde’, allerdings hat er diese Form in: Beiträge zur Gesch. der Sächsischen Franziskanerordensprovinz in

‘Theodorich Coelde’ abgeändert. In Franziskus-Stimmen 1927, S. 194 ff. kommt er noch einmal auf die Form ‘Theodor’ zurück. - B. B o c k h o l t ,: Die Orden des hl. Franziskus, Münster 1917, d e r s e l b e : Theodorich von Münster, 2. Aufl. Münster 1915.

7 Vgl. Klemens L ö f f l e r , Besprechung von Bockholts: Theodorich von Münster, in ‘Westfalen’

1916, S. 31 f.: ‘Damit fällt auch die von Bockholt vorgenommene Etymologie: “Theodorich bedeutet nämlich: reich an Gaben Gottes.” An ihre Stelle kann er dann die richtige setzen,

(14)

12*

Über den Zunamen Dietrichs sind wir nachweislich zuerst durch Rudolf von Langen unterrichtet. Kolde selbst nennt seinen Familiennamen nicht. Im Gegensatz zu den münsterischen Urkunden, die fast ausschließlich die Schreibung ‘Kolde’ aufweisen, steht bei Rudolf von Langen: ‘Coelde’. Auch Jacques Neefs schreibt im Sockel seines Kupferstichs mit dem Bildnis Dietrichs: ‘R.P. Theodorici Coelde Monasterio’8. Das ‘C’ in ‘Coelde’ bei Langen wie bei Neefs ist rein graphischer Natur; denn im lateinischen oder auch im niederländischen Orthographiesystem ist der Gebrauch des ‘K’ nicht geläufig. In ciner Predigthandschrift der Württembergischen

Landesbibliothek9findet sich der Vermerk: ‘Enne Collacie Broder dirick Colde.’ Ob Dietrich selbst seinen Namen später mit ‘C’ geschrieben hat, ließe sich hieraus nur erweisen, wenn diese Handschrift als Autograph Dietrichs nachgewiesen würde.

Dafür sind aber vorläufig keinerlei Kriterien bekannt. - Das hinter dem -o- eingeschobene -e- ist ebenfalls in der mittelniederdeutschen und

mittelniederländischen Schreibweise begründet, die den langen Vokal in

geschlossener Silbe gern durch Doppelschreibung oder durch nachgeschriebenes e oder i kennzeichnet. Es hat nun aber die Konsonantengruppe -ld- von sich aus schon die Tendenz, den voraufgehenden Vokal zu dehnen, so daß allein aus diesem Grunde das -o- in Kolde schon lang gesprochen worden ist und die

Längebezeichnung durch das -e- an sich nicht nötig wäre (vgl. holden ‘halten’ 97, 8). Groetekens Ansicht, Dietrich habe seinen Zunamen später selbst ‘Coelde’

geschrieben, weil er auch goet, roet, noet und doet schrieb10, ist aus dem vorgenannten Grunde nicht stichhaltig. Wir tun somit gut daran, die Schreibung

‘Dietrich Kolde’ festzuhalten, wobei das -o- in Kolde lang zu sprechen ist.

Die im Mittelalter übliche Herkunftsbezeichnung ‘Dietrich von Münster’ oder

‘Dietrich von Osnabrück’ hat zuweilen Verwirrung hervorgerufen, da nämlich sowohl von Münster als auch von Osnabrück je ein anderer namhafter Mann mit dem Vornamen Dietrich bekannt ist11. Der ältere ‘Theodoricus a Monasterio’ gehörte dem Dominikanerorden an, war Professor der Kölner Universität und nahm als deren Deputierter am Konzil von Konstanz teil12. Ein Theodoricus von Osnabrück,

8 Ein Kupferstich dieser Art ist im Besitz des Franziskanerklosters in Warendorf.

9 Codex theol. 80nr. 141 der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart.

10 G r o e t e k e n a.a.O. S. 230.

11 Vgl. Z u h o r n S. 193.

12 Vgl. E v e l t in: Der Katholik a.a.O.u. Zeitschr. f. vaterländische Geschichte und Altertumskunde Westfalens 1861, S. 263 f. Anm. 76. - Fridericus D r i v e r , Bibliotheca Monasteriensis, Monasterii 1799, S. 31 hält beide Theodorici für eine und dieselbe Person und kommt dann zu chronologischen Unmöglichkeiten.

Dirk van Munster,Der Christenspiegel

(15)

mit dem Kolde verwechselt werden konnte, trug den Zunamen Vrie und gehörte dem Augustinerorden an.

Die älteren Arbeiten über Kolde haben die Doppelheit der Herkunftsbezeichnung einmütig so erklärt: Dietrich trage die Namen ‘Dietrich von Osnabrück’ und ‘Dietrich von Münster’, weil sein Vater aus Osnabrück stamme und nach Münster zugezogen sei13. Zuhorn betont mit Recht das stark Konstruktive dieser Theorie und legt die Gründe dar, die gegen die bisherige Annahme sprechen14. M.E. ist diesen Gründen beizutreten. Schon Strunck ist - wie Zuhorn hervorhebt - sich seiner Sache nicht ganz sicher, wenn er sagt: ‘...et forte ab eadem urbe cognomen illud adeptus fuerit.’

Zum Glück sagt uns Strunck auch, woher er diese Kenntnis genommen hat: ‘a patribus eiusdem ordinis ex provincia Coloniensis tabulario nuperrime ad me perscriptum est’15. Er meint damit die Ordensannalen der Kölner Provinz, deren Reste uns aus dem Brühler Archiv bekannt sind. Ihre Zuverlässigkeit ist schon oben (S. 5*) angezweifelt worden.

Es ist nun sicherlich kein Zufall, daß sich die Bezeichnung ‘Dietrich von Osnabrück’

nur in der Gegend von Köln findet oder bei Leuten wie Trithemius, denen Dietrich aus seiner Tätigkeit in und um Köln bekannt war. Das erklärt sich leicht, wenn man bedenkt, daß Kolde ja nur für seine Kölner Klosterbrüder und Gelehrtenkreise aus der Klosterheimat Osnabrück kam16. Alle anderen Zeugnisse aus den Niederlanden und aus der Geburtsheimat Dietrichs nennen ihn nämlich nicht ‘von Osnabrück’, sondern ‘von Münster’. Unter diesem Namen ist er in dem weiten Bereich seines Wirkens dem Volke aus Predigt und Scelsorge bekannt gewesen, was eine

Bemerkung Gisberts von Rutenberg (gest. 1557) in einer handschriftlichen Chronik seiner Kartause aus-

13 P o l i u s a.a.O. Nr. 5. S t r u n c k : Annales Paderbornenses III, S. 68. Ähnlich spricht Strunck nach Evelts Feststellung (Mitteilungen über einige gelehrte Westfalen des 15. Jahrhunderts, Zeitschr. f. vaterl. Gesch. u. Altertumskunde Westfalens 1861, S. 264) in seinen

handschriftlichen Noten zu Schatens Annalen S. 672 seines Autographs: ‘Utroque nomine appellantur a scriptoribus illorum temporum, quorum aliqui nominarunt eum Th. a Monasterio, quod in urbe Monasteriensi genitus, alii Th. de Osnabrugo, quod ejus pater Osnabrugi natus et forte ab eadem urbe cognomen illud adeptus fuerit; id quo a patribus ejusdem ordinis ex provincia Col. tabulario nuperrime ad me perscriptum est.’ - Die entscheidende Verschiedenheit von den Ann. Paderb. liegt darin (worauf bereits Zuhorn a.a.O. S. 190 Anm. 4 hinweist), daß er 1. hier nach der Begründung für die Doppelheit der Herkunftsbezeichnung noch das Wort

‘forte’ einschiebt, 2. daß er uns verrät, woher er seine Kenntnis genommen hat. - H a r t z h e i m , Bibl. Col. S. 303.

14 Z u h o r n a.a.O. S. 190 f.

15 Vgl. Anm. 13.

16 Es ist ein interessanter Zufall, daß Justus H a s h a g e n in seinem Werk ‘Das Rheinland im

(16)

14*

drücklich belegt: ‘...per praedicationes deuotissimas Beati Theodorici Osnabrugensis siue ut vulgo vocabatur Monasteriensis...’17.

In diesem Zusammenhang bestätigt sich noch einmal die Annahme, daß Kolde schon in Osnabrück den Augustinern beigetreten und als Angehöriger dieses Ordens nach Köln gekommen ist. Wäre Dietrich von seinen Eltern von Münster nach Köln geschickt worden, so hätten die Kölner Autoren keinerlei Ursache gehabt, die familiären Beziehungen Dietrichs nach Osnabrück zu erwähnen. Die Bezeichnung

‘von Münster’ würde in diesem Falle ja viel näher gelegen haben.

17 Zitiert nach Raisse a.a.O. S. 7.

Dirk van Munster,Der Christenspiegel

(17)

Der Christenspiegel

I. Die Überlieferung

1. Die Ausgaben

Der Erforschung und Kritik der niederdeutschen1Literatur sind immer noch große Aufgaben gestellt. Besonders die Erschließung der Prosa könnte noch mancherlei wesentliche Erkenntnisse für die deutsche Stil- und Sprachgeschichte vermitteln, haben wir doch in der Erforschung der deutschen Prosa seit 50 Jahren kaum nennenswerte Fortschritte zu verbuchen2, wenn auch einige erstmalig edierte Werke mittelalterlicher Autoren unsere Kenntnis bereichert haben3. Von manchen Werken wissen wir nur, daß sie seit Jahrhunderten in Bibliotheken oder Archiven liegen und auf die Veröffentlichung warten. Bis dahin sind diese für die wissenschaftliche Arbeit in weiterem Umkreis nur unter Schwierigkeiten zu erreichen.

Folgenschwer wirkt sich dieser Tatbestand dann aus, wenn unerwartete äußere Einwirkungen das ungesichtete Material plötzlich der Vernichtung anheimfallen lassen. So wundert es nicht, wenn in unseren Bibliographien und anderer Literatur Christenspiegel-Ausgaben aufgeführt werden, die wieder aufzufinden vielseitigen Bemühungen bis heute nicht gelungen ist. Noch in junger Vergangenheit mußten die Universitätsbibliotheken Greifswald4und Löwen5sowie die Bibliotheken der

1 Die Bezeichnung ‘niederdeutsch’ ist in diesem Zusammenhang nicht nur auf das niederdeutsche Sprachgebiet beschränkt zu verstchen, sondern sie schließt auch das niederländische mit ein.

2 Vgl. Wolfgang S t a m m l e r , Von mittelalterlicher deutscher Prosa, Rechenschaft und Aufgabe, in: The Journal of English and Germanic Philology. Founded by Gustaf E. Karsten, Januar 1949.

3 ‘In erfreulicher Weise haben sich seit jeher die “Veröffentlichungen des Stuttgarter literarischen Vereins” der Prosa angenommen; ebenso später die auf G. Roethes Anregung von der Berliner Akademie der Wissenschaften herausgegebenen “Texte des deutschen Mittelalters”’, so W.

S t a m m l e r ebd. S. 15, Anm. 1.

4 Frdl. Mitteilung der Universitätsbibliothek Greifswald an den Verf. vom 25. Oktober 1948, daß das Greifswalder Exemplar des Christenspiegels ‘mit der gesamten Niederdeutschen Abteilung der Bibliothek im Gebiet östlich der Oder ausgelagert gewesen ist. Die gesamte niederdeutsche Abteilung muß, da eine Rückgabe schwerlich erfolgen dürfte, als verloren gelten. Was von der Abteilung etwa vernichtet worden ist, ist einstweilen nicht bekannt’.

5 Frdl. Mitteilung der Université de Louvain, Bibliothèque an den Verf. vom 29. Mai 1948: ‘...la Bibliothèque de l'Université de Louvain ne possède plus aucun manuscrit depuis sa destruction

(18)

16*

Hansestadt Lübeck6u.a. den Verlust ihrer Christenspiegel-Frühdrucke, teils Unica, beklagen. - Wenn uns nun von einigen Auflagen des Christenspiegels nur ein einziges Exemplar erhalten ist, so kann man kaum umhin anzunehmen, daß von anderen Ausgaben auch das letzte Exemplar im Laufe der Jahrhunderte

verlorengegangen ist7. Die Untersuchung der Überlieferungsverhältnisse wird bestätigen, daß in der Tat einige Auflagen dagewesen sind, von denen wir nur mittelbar noch Kenntnis haben.

Im folgenden werden in chronologischer Reihenfolge alle bekannten

Christenspiegel-Ausgaben genannt und beschrieben. Die allgemeinen Kennzeichen sind wiedergegeben durch solche Textausschnitte, die in allen Ausgaben

wiederkehren. Außerdem werden bei jeder Ausgabe diejenigen Merkmale als Textproben angeführt, die für eben diese Ausgabe charakteristisch sind und beim Nachweis der Verwandtschaft der Drucke und Handschriften die Gruppierung und Klassifizierung ermöglichen. Wenn die einzelne Ausgabe Anhänge aufweist, erscheint deren Kennzeichnung unmittelbar unter der Textbeschreibung. - Die Abschrift der angeführten Textstellen erfolgt diplomatisch genau, um jederzeit die Identifizierung einer unbekannten Christenspiegel-Ausgabe möglich zu machen. - Wo die einzelnen Drucke ihr Entstehungsjahr nicht angeben, werden, wenn nicht triftige Gründe dagegen sprechen, die Druckjahrangaben aus dem Gesamtkatalog der

Wiegendrucke oder der Niederdeutschen Bibliographie von Borchling-Claussen übernommen. Alle erschlossenen Angaben werden durch eckige Klammern gekennzeichnet. Für die Aufbewahrungsorte gilt der Stand vom Jahre 1939. Die Siglen der Ausgaben sind in Anlehnung an den Anfangsbuchstaben des Entstehungs- oder Aufbewahrungsortes oder auch des Druckernamens frei gewählt.

1.

V (Vorläufer)

Druckort: unbekannt, [vielleicht Löwen]

Drucker: unbekannt Druckjahr: 1470

48 Blatt. Lagen: [a8-f8]. 17 Zeilen. 80. ndl. 7 Holzschnitte.

6 Georg L e y h , Die deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken nach dem Krieg, Tübingen 1947, S. 147: ‘Die Lübecker Stadtbibliothek, die rund 274 000 Bände (einschließlich 1327 Wiegendrucke) und 1739 Handschriften besessen hatte, hat gemeinsam mit dem Archiv der Stadt wertvolle und wichtige Bestände in einem mitteldeutschen Bergwerk untergebracht, das heute in der russischen Besatzungszone liegt...’ Diese Bestände sind bis jetzt noch nicht in die Stadtbibliothek Lübeck zurückgekehrt und gelten zunächst als verloren.

7 Vgl. K. H a e b l e r , Handbuch der Inkunabelkunde, Leipzig 1925, S. 169.

Dirk van Munster,Der Christenspiegel

(19)

Bl. 1a: Holzschnitt. Bl. 1b:Dits een scoon spieghel der ‖ simpelre mēschen daer hem een ‖ goet kerstē in spieghelē ende be ‖ scouwen sal. als hier nae volcht ‖ Dann Register bis Bl. 3a. Bl. 3b Holzschnitt. Bl. 4a:Een yeghelijc kersten mensche

es sculdich te wetene drie din- ‖ ghen. Als wat hij gheloeuen sal ‖ wat hij bidden sal. Ende wat hi ‖ doen ende laten sal ‖ Ten ierste wa hij gheloeuē sal ‖ IC gheloeue in god den va- ‖ der almechtich scepper hemel- ‖ rijcks ende eerdrijcks Ende in ‖ Jhesum cristū.. ‖ Lage b: en houde. Dat .v. dat hij nie- ‖ Bl. 35b Z. 14: Eē ic arm broederken ‖ die dit ghescreuē ende gheleert ‖ heb dor waren betughē... Endet Bl.

42a Z. 13:Item noch vele sunden des mun ‖ des. waer voer ende oec voer dese ‖ ons god bewarē wille Amen ‖ Bl. 42b: Broeder Dyerick van mun- ‖ ster die dese simpele leer den de- ‖ uoten borgheren te Loeuen gaf. ‖ Begheert hier niet meer dā eē ‖ ynnich Pater noster ende Aue ‖ maria te loene.

Bl. 43a und Bl. 43b Holzschnitte. Bl. 44a:Op een tijt bedwanck sinte ‖ bernaert dē duuel dat hi hē seg ‖ ghen soude... Bl. 46a: Hier beghint een seer deuote ‖ ende sonderlinghe verdientlike ‖ oracie vanden soetē naem Jhes9 ‖ Bl. 46b Holzschnitt.

Bl. 47a:O Goede Jhū o alre goeder ‖ tierenste Jhū... Endet Bl. 48 b Z. 16: die leues ende regniers ewich ‖ god inder ewicheit. Amen. ‖

Es ist anzunehmen, daß V identisch ist mit jener Ausgabe, von der Raisse sagt:

‘...lucem adspexerat in Brabantia anno 1470’8. Der Gesamtkatalog der Wiegendrucke (G.W.) gibt als Druckjahr 1480 an9. Groeteken10folgt Nordhoff11in der Annahme, dieses Exemplar stamme aus der Druckerei Arnolds des Keysere zu Audenarde und somit aus den Jahren 1480-83. Da es sich um den Vorläufer der eigentlichen Christenspiegel-Fassung handelt, diese aber zu Ende der 70er Jahre

bekanntgeworden sein muß, ist die Annahme, V sei 1480-83 gedruckt worden, kaum zu halten, da V jedenfalls vor Entstehung des eigentlichen Christenspiegels fertig vorlag. Und in der Tat hat ein genauer Typenvergleich die Annahme, Arnold de Keysere habe V gedruckt, durchaus in Frage gestellt12.

Wenn es in V heißt:‘Broeder Dyerick van munster die dese simpele leer den deuoten borgheren te Loeuen gaf’, d.h. wenn V in Brabant erstmalig erschien, und zwar vor dem Christenspiegel, so kann man kaum umhin, Raisses

8 R a i s s e a.a.O. S. 13.

9 G.W. Nr. 7135.

10 G r o e t e k e n a.a.O. S. 251.

11 N o r d h o f f a.a.O. S. 363. Nordhoffs Angaben fußen auf C a m p b e l l , Annales de la typographie Néerlandaise au XVe siècle, La Haye 1874, Suppl. 1-4 1878-1890.

12 Frdl. Mitteilung der Bibliothèque Royale de Belgique zu Brüssel vom 17. September 1948: ‘Il fut longtemps considéré comme étant imprimé par Arend de Keyser à Audenaerde, mais une

(20)

18*

Angaben als sichere Nachricht hinzunehmen, wobei der Drucker von V einstweilen unbekannt bleibt13.

Aufbewahrt: Bibliothèque Royale in Brüssel, Sign.: A 1575.

Erwähnt bei: G.W. 7135; Copinger 1996; Campbell 595; Conway S. 343; Holtrop S. 117; Nordhoff 363; Goyens 53; Groeteken 251/4.

2.

AA (Arndt ab Aich) Druckort: Köln

Drucker: Arndt ab Aich Druckjahr: 1480 (?)

Mit Sicherheit läßt sich nicht nachweisen, daß dieser Druck existiert hat. Er wird bei Raisse erwähnt: ‘Impressus fuit primo hic libellus dicto in loco (gemeint ist Köln) apud Arnoldum von Achen Anno 1480’14. Auf die späteren Kölner Ausgaben hat AA jedenfalls nicht eingewirkt. - Die Suche nach AA hat über allerlei Vermutungen zu Irrtümern geführt. Nordhoff glaubt, in dem Exemplar der Bibliothek des Vereins für Geschichte und Altertumskunde zu Münster (Bibliothek heute im Landesmuseum) diese Inkunabel gefunden zu haben. Was Nordhoff vermutet15, nimmt Groeteken als sicher an und macht bezüglich AA genaue Angaben über Blattzahl und Größe16. In Wirklichkeit handelt es sich bei dem von Groeteken angeführten Druck um eine Kölner Ausgabe aus dem Jahre 1486 (M)17, die Groeteken ebenfalls aufführt. Die buchstabengetreue Übereinstimmung von M mit dem von Groeteken angeführten Satz aus dem vermeintlichen Druck von 1480 zeigt deutlich den Irrtum18.

AA muß somit zunächst als verloren gelten. Raisses Angaben sind die einzigen Anhaltspunkte. Es liegt kein Grund vor, diese nicht als sicher hinzunehmen.

Erwähnt bei: Raisse 13; Campbell 165; Nordhoff 362 f; Groeteken 251/3.

3.

GL (Gouda, Leeu) Druckort: [Gouda]

Drucker: [Gerard Leeu]

Druckjahr: [um 1484]

68 Bl. Sign.: [a] - k? 20 Z. 80ndl.,? Holzschnitte.

13 Vgl. H o l t r o p , Monuments Typographiques des Pays-Bas au quinzième siècle, La Haye 1868, S. 117: ‘...les types appartiennent à la famille de ceux d'Arn. Caesaris.’

14 R a i s s e a.a.O. 13.

15 N o r d h o f f a.a.O. S. 362 f.

16 G r o e t e k e n a.a.O. S. 251/3.

17 Vgl. S. 19*.

18 Dem münsterischen Exemplar von M fehlen die Blätter 124 bis Schluß, damit auch der Druckervermerk mit der Jahresangabe 1486. Hätte Groeteken dieselben Exemplare in Göttingen und Köln verglichen, wäre der Irrtum unterblieben.

Dirk van Munster,Der Christenspiegel

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Titel:Der kerstenen spieghel ghemaeckt ‖ eē wtghegheuen biden eerwaerdighen

ende seer deuoten broeder Dierick vā ‖ munster Sint Augustijns oerden tot ‖ heyl eē salicheit alre kersten menschē ‖ Darunter Holzschnitt. Endet Bl. 68b Z. 8 ...Eē god ‖ wille den seluē broed' Dieric eē alle die ‖ ghene die dit boecxken gebruken sullē ‖ verlenen sijn ewich leuen ‖ AMEN ‖

Aufbewahrt: Ehemals Serrure (Gent).

Erwähnt bei: G.W. 7137; Copinger 2000-2002; Campbell 598-600; Groeteken 251/519.

4.

AL (Antwerpen, Leeu) Druckort: Antwerpen Drucker: Gerard Leeu Druckjahr: 20. Oktober 1485

78 Bl. Sign.: a8-i8k6. 19 Z. 80ndl. 8 Holzschnitte.

Titel:Der kerstenen Spieghel ghemaeckt ‖ eē wtghegeuē biden eerwerdighen eē ‖ zeer deuoten broeder dierick vā muns ‖ tre van Sinte augustijns oirden tot heyl ‖ eē salicheyt alre kerstē menschen ‖ Darunter Holzschnitt. Bl. 1b Holzschnitt. Endet Bl.

78a:Voleȳt ende gheprent Thātwerpen ‖ Int iaer ons heren M.CCCC. ende ‖ LXXXV.

Op ten twintichsten dach in ‖ October by my gheraerdt leeu. ‖ Bl. 78b Holzschnitt.

Aufbewahrt: Aremberg (Brüssel)

Erwähnt bei: G.W. 7138; Copinger 2003; Campbell 597; Conway S. 331;

Bahlmann 18; Groeteken 251/6.

5.

M (Münster) Druckort: [Köln]

Drucker: [Bartholomäus von Unkel (?)]

Druckjahr: 7. März 1486

138 Bl. Lagen: (a8-q8r10] 17 Z. 80rip. 1 Holzschnitt.

Titel:Dyt sint schone suuerliche ‖ lerē wie ein mynsche wayl ‖ leuē ind wail steruen sal ‖ Darunter Holzschnitt. Bl. 2a: Hye begint eȳ schoȳ spe ‖ gel dē godē kirstē mȳschen ‖ Wilchē spegel sy al tzijt bi ‖ sich dragē sullē vur eȳ hāt ‖ bochelgin. Want hey in be ‖ slossē is allet dat noit is zo ‖ der selē heil ind selicheit ‖ Bl. 3a: HYe begȳnet die taffel ‖ vā disem boichelgī be ‖ tzeichende wat dae ȳne ge ‖ leirt wirt...

Bl. 8a Z. 15:In dem eirsten ca. eyne go- ‖ de vnderwijsinge vā deme ‖ geloeuen in

19 B a h l m a n n , Deutschlands Katholische Katechismen bis zum Ende des sechzehnten Jahrhunderts, Münster 1894, S. 18 setzt eine Ausgabe in 120um 1486-89 an, die

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dat gemeyne ‖ Bl. 8b: WAnt als sent augu ‖ stin vns hillige va ‖ der spricht dat der

geloeue is eȳ fūdamēt alre ‖ doegdē ind eyn ābegin der ‖ mynschlicher selicheit...

Lage b:dye heilige

Dirk van Munster,Der Christenspiegel

(23)

kirche gebuyt ‖ Bl. 60a Z. 6: In dem .xix. ca. van .vij. pū ‖ cten da by eȳ mynsch bekē ‖ nen mach off hey is in der ‖ genaden gotz off neit ‖ Endet Bl. 123b Z. 14:

...Ich ‖ en weijs neit war ich varē ‖ sal &c.

Bl. 124a:WIlch mȳsche dit nage ‖ schreuē gebet .xxx. da- ‖ ge naeȳ anderen spricht vp ‖ synē kneijē... Bl. 124b: O Myn vserkorē iunck ‖ vrauwe Maria. Bl. 134a Z. 7:Eyn schone gebet vā vn ‖ ser lieuer vrauwen ‖ EYa moder der barmh' ‖ tzicheit maria. Bl. 136a Z. 16: Itē allet dat in diesem hāt- ‖ boichelgin geschreuē is... ‖ Endet Bl. 137a: ...vē id sy in elichem staede ‖ off bussen elichem stade ‖ Got wylle broder dederich ‖ geuen. Vur diese lere dat ‖ ewige leuen Amen. Anno ‖ dm̄ .m.cccc. lxxxvi.

den .vij. ‖ dach in dem Mertz ‖ Bl. 137b und Bl. 138 leer.

Das Exemplar der Universitätsbibliothek Göttingen enthält Bl. 137b und Bl. 138a folgendes handgeschriebene Gebet:

‘Dit Nageschreuen gebet is ‖ zo Rome in Sent Johannes ‖ kyrchen vssgehulben yn ey ‖ nen steyn ind wart gegeuē ‖ allen kyrsten mynschen de ‖ dit sprechen vp eren kneen ‖ xxiiij ay (?) iair wairachtich aff ‖ lais doitlicher sunden ‖

[O] here alre gnedichste va ‖ der. ich bidden dich ‖ dat du dorch der lyefften der

vreuden de dyn leue moider ‖ hatte do sy dich sach ind du ‖ yr dich offenbardes yn der alre ‖ hillichsten paisnacht ind durch der vreuden de sy hatte wan ‖ ne sy dich sach glorificert ‖ dorch die gotliche clairheit ‖ Bidden ich dich dat du mich ‖ vorluchtestes mit den gotlichen ‖ Seuen gauen des hilgen ge ‖ ystes vp dat ich dynen willen ‖ moge vollenbrengen alle dage ‖ myns leuens amen. pater noster. ‖ Aufbewahrt: Univ. Bibl. Göttingen. Sign.: Cod. Ms. theol. 294i.

Univ. u. Stadtbibliothek Köln. Sign.: ADs 820 (Bl. 1 fehlt).

Landesmuseum Münster. Sign.: N 70 (Titelbl., Bl. 8, 112, 124 bis 138 fehlen).

Erwähnt bei: G.W. 7144; Voulliéme: Köln 340; Schreiber 3759;

Borchling-Claussen 103; Nordhoff S. 362 f.; Groeteken 251/9.

6.

D (Delft)

Druckort: [Delft]

Drucker: [Jakob van der Meer]

Druckjahr: [um 1487]

76 Bl. Sign.: [a8] b8-h8i4k819 Z. 80ndl. 8 Holzschnitte.

Titel:Der kersten spiegel gemaect van ‖ eenē deuoten broeder vā sinte au ‖ gustijns oerden ‖ Darunter Holzschnitt. Bl. 1b Holzschnitt. Bl. 2a: Hier beghint eē scoē spiegel der ‖ goeder kerstenē mēschē: welc si al- ‖ toes bi hē draghen sullen voor een ‖ hāt boexken. wāt hier in besloten ‖ is al dat noot is te weten tot der zie ‖ len heil eē salichʒ. Z. 11: so is dit tegēwor ‖ dige hant boexkē ghecopuleert eē ‖ te samē geset bi enē eerwaerdigen ‖ eē zeer deuotē broed' eē predicant ‖ vā sinte augustijns ordē gheheten ‖ broeder

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