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Der Aufstieg des Populismus in Bulgarien : Eine Analyse der Ursachen

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Westfälische Wilhelms-Universität University of Twente

Institut für Politikwissenschaft School of Management and Governance Prüfender: Prof. Dr. Dirk van den Boom Prüfender: M.A. Ann- Kristin Kölln

Bachelorarbeit:

Der Aufstieg des Populismus in Bulgarien Eine Analyse der Ursachen

Veneta Agova Gescherweg 74, 213

48161 Münster-Deutschland Tel: 0049-1777425841 E-Mail: venni_pz@yahoo.de Matrikelnummer: UT 1129228 Matrikelnummer: WWU 349718 Abgabedatum: 18.06.2013

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Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung ... 3

1. Überblick über den Transformationsprozess in Bulgarien seit 1989 ... 3

2. Forschungsfrage ... 5

3. Aufbau der Arbeit ... 6

II. Theoretische Ansätze ... 6

1. Einführung ... 6

2. Merkmale ... 7

3. Erscheinungsform des Populismus in Bulgarien ... 14

3.1 Zar Simeon II... 16

3.2 Ataka ... 18

3.3 GERB ... 20

4. Bedingungen für den Aufstieg des Populismus... 22

III. Forschungsmethode ... 26

1. Forschungsdesign ... 26

2. Formulierung der Hypothesen ... 27

3. Operationalisierung ... 28

4. Statistische Methoden... 30

5. Datenanalyse ... 32

5.1. Darstellung von Häufigkeiten... 32

5.2 Interpretation der Regressionskoeffizienten und Bewertung des Regressionsmodells ... 36

IV. Schlussbetrachtung ... 42

V. English summary of the thesis "The Rise of Populism in Bulgaria: an Analysis of the Causes." ... 44

VI Literaturverzeichnis... 62

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I. Einleitung

1. Überblick über den Transformationsprozess in Bulgarien seit 1989 Seit Ende der 80er Jahre vollzog sich in Bulgarien ein Transformationsprozess, der die Übergangsphase von der Auflösung des staatssozialistischen "totalitären"1 Regimes, über die Institutionalisierung der Demokratie bis hin zu deren Stabilisierung bezeichnete (vgl. Autengruber, Christian 2008: 133f.).

Der Zerfall des sozialistischen Regimes in Bulgarien geht auf den Rücktritt des Partei- und Staatschefs Todor Zivkov2 im Jahr 1989 zurück.

Die seit 1971 gültige Verfassung wurde 1990 geändert. Artikel 1 in der ersten Verfassungsänderung lautete: "Die Volksrepublik Bulgarien ist ein demokratischer und parlamentarischer Rechtstaat." (Verfassungsänderung 1990, zitiert nach Riedel 2010: 678)

Am 12. Juli 1990 wurde die ausgearbeitete Verfassung von der 7. Großen Nationalversammlung angenommen. Die vierte Verfassung3 der Republik Bulgarien ist die erste in Osteuropa, die die Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in sich verankert(vgl. Schrameyer, zitiert nach Riedel 2010: 679).

Der Machtwechsel ermöglichte nicht nur politische und wirtschaftliche Transformation, sondern auch die Entwicklung von Meinungspluralismus und Parteienpluralismus (vgl. Autengruber 2008: 134).

Nach den Forschungsanalysen war der Machtwechsel in Bulgarien "elitegesteuert"

(Georgiev, zitiert nach Autengruber 2008: 133). Die alte kommunistische Machtelite wirkte bei den Transformationsprozessen mit.

In 1990 geschah die Umbenennung der "Bulgarischen Kommunistischen Partei" in

"Bulgarische Sozialistische Partei" (BSP) (ebd.: 33).

Als Sieger der ersten freien Parlamentswahlen ging 1990 die BSP hervor und somit wurde Andrej Lukanov zum Regierungschef ernannt.

1 Die politische Konstellation in Bulgarien vor der Auflösung des kommunistischen Regimes wurde als

"totalitär" bezeichnet ( vgl. Linz/Stepan 1996: 335ff.).

2 Todor Zivkov war von 1954 bis zu seinem Rücktritt 1989 Staatschef und erster Sekretär der Bulgarischen Kommunistischen Partei (BKP). Auf Grund seiner langfristigen totalitären Machtausübung wurde er als "Diktator" bezeichnet.

3 Die erste Verfassung wurde in Tarnovo im Jahr 1879 als "Verfassung des Fürstentums Bulgarien", später geändert in "Verfassung des Königreichs Bulgarien", unterzeichnet.

Die zweite und dritte Verfassung hatten den Titel "Verfassung der Volksrepublik Bulgarien", traten jeweils in 1947 und 1971 in Kraft und dienten zu verfassungsmäßiger Legitimation des sozialistischen Regimes.

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Es muss darauf hingewiesen werden, dass Lukanov seit 1976 das Amt des Vizepremierministers ausübte. Er war, obwohl er den Systemwandel befürwortete und bei dem Sturz des Generalsekretärs der BKP (Bulgarische Kommunistische Partei) Todor Schiwkow mitwirkte, in gewissem Maße Teil des alten Systems. Auf Grund von Demonstrationen und einem Generalstreik sah sich Lukanov einige Monate später gezwungen, sein Amt aufzugeben. (Vgl. Riedel 2010: 688)

Den ehemaligen Kommunisten gelang es dauerhaft die politischen Ereignisse signifikant zu beeinflussen.

In Anlehnung an die Transformationsforscher könnte man behaupten, dass in allen postkommunistischen Staaten in Mittel- und Osteuropa ein Spannungsverhältnis zwischen den ehemaligen Anhängern des sozialistischen Regimes und den Antikommunisten herrscht (vgl. Raichev 2006: 337). Bulgarien stellt in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar. Bis zu den Wahlen im Jahr 2001 gewannen die beiden Parteien - "Union der demokratischen Kräfte" (SDS)4 und die BSP die meisten Stimmen. (Vgl. 2006: 337ff) Diese "Dichotomie im Parteiensystem" (Autengruber 2008: 136) prägte das politische Geschehen bis zu den Wahlen im Jahr 2001, als der ehemalige Zar Simeon Sakskoburggotski mit seiner neu gegründeten Partei eine überwiegende Mehrheit der Stimmen gewann. Somit begann die zweite Phase in der Entwicklung des Parteiensystems in Bulgarien, die mit dem politischen Phänomen des Populismus, charakterisiert werden kann. (ebd.: 136)

Der Transformationsprozess in Bulgarien war von einigen politischen und wirtschaftlichen Krisen geprägt. In den ersten Jahren nach dem Systemwechsel sorgte die neu etablierte Demokratie für politische sowie wirtschaftliche Instabilität.

Während der Amtsperiode der Videnov- Regierung (1995-1997) stürzte Bulgarien in eine tiefe Wirtschaftskrise, die zunächst von einem Zusammenbruch des Bankensystems und anschließend von einer Hyperinflation gekennzeichnet wurde.

Infolge der prekären Wirtschaftslage gelang es der Opposition, repräsentiert von der UDK, den Rücktritt der sozialen Regierung zu initiieren, so dass neue Parlamentswahlen durchgeführt wurden.

Die neue führende Regierungskraft UDK mit Ministerpräsident Ivan Kostov schaffte es, das Land trotz der tiefen Wirtschaftskrise einigermaßen zu stabilisieren. Die

4 UDK- "Union der demokratischen Kräfte" (bulgarisch: SDS) ist ein Parteienbündnis, das in 1989 gegründet wurde und sich aus heterogenen Parteien zusammensetzte. SDS stellte im Transformationsprozess als antikommunistische Formation, den politischen Gegensatz zu der BSP (Bulgarische Sozialistische Partei) dar.

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politische Elite wurde aber sehr stark für ihre geringe politische Transparenz kritisiert. (Vgl. BTI 2012: 3f)

Die zweite Phase der Entwicklung des Parteiensystems zeichnet sich durch das Erscheinen von neuen politischen Parteien aus, die aus den Parlamentswahlen in den Jahren 2001 und 2009 als Wahlsieger hervorgegangen sind.5 Die Wählerpräferenzen änderten sich und ermöglichten den Aufstieg des politischen Populismus. (Vgl.

Autengruber 2008: 136f)

In einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Problemfeldern des bulgarischen Transformationsprozesses darf allerdings nicht übersehen werden, dass enorme Fortschritte hinsichtlich der europäischen und transatlantischen Integration erzielt worden sind. Bulgarien ist seit 2004 Mitglied der Nato und seit 2007 Mitglied der EU.

2. Forschungsfrage

Die zentrale Forschungsfrage der vorliegende Arbeit lautet: Auf welche Faktoren ist der politische Erfolg von der Partei GERB6 bei den Parlamentswahlen 2009 zurückzuführen?

Alle drei populistischen Wellen in Bulgarien werden beschrieben, um einen Einblick in die Problematik der Erscheinungsform des Populismus in Bulgarien zu geben. Die vorliegende Arbeit bemüht sich mit Hilfe der Forschungsmethodik die Faktoren, die die erfolgreiche Entwicklung einer populistischen Tendenz in Bulgarien bestimmen, wissenschaftlich zu erfassen und zu erklären.

Eine Beobachtung von den allen drei populistischen Wellen ist angesichts des begrenzten Seitenumfangs und des Mangels an Daten, nicht möglich. Die Forschungsfrage konzentriert sich nur auf den Ausbruch der dritten populistischen Welle- den Wahlerfolg von Boyko Borissow und seiner als populistisch bezeichneten Partei. Es wird im empirischen Teil der Arbeit nach den Faktoren gesucht, die das Wahlverhalten bei den Parlamentswahlen 2009 ausschlaggebend beeinflusst haben.

Eine Betrachtung der dritten populistische Welle, die durch den Erfolg der Partei GERB gekennzeichnet ist, ist für die vorliegende Arbeit vom besonderen Interesse.

Die Gründe hierfür sind: Die Partei GERB ist immer noch eine der stärksten Parteien in Bulgarien. Obwohl der Premierminister Boyko Borissov sich im Februar auf

5 Die zweite Phase des bulgarischen Parteiensystems wird durch die Aufhebung der bislang herrschenden Polarisierung zwischen der UDK und der BSP gekennzeichnet. Dies geschah als die NDSV mit Simeon Sakskoburggotski die Wahlen im Jahr 2001 gewann (vgl. Autengruber 2008: 136).

Mehr dazu siehe Kapitel II.

6 Aus dem Bulgarischen: "Bürger für die europäische Entwicklung Bulgariens" (bulgarisch: GERB)

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Grund von Demonstrationen gezwungen sah, zurückzutreten, wurde die Partei bei den neuen Parlamentswahlen im Mai 2013 erneut Wahlsieger. Die Entwicklung von der GERB als populistischer Partei ist ebenso interessant. Sie hat dauerhafte Präsenz in der Politik und eine Analyse der Ursachen, die den ersten politischen Erfolg der Partei entscheidend beeinflusst haben, scheint in Anbetracht der aktuellen politischen Konstellation in Bulgarien von besonderer wissenschaftlichen Relevanz zu sein.

3. Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit besteht aus vier Kapiteln. Die Einleitung wird einen Überblick über den Übergangsprozess in Bulgarien, der mit der Auflösung des kommunistischen Regimes in 1989 begann, geben.

Im zweiten Kapitel werden die wissenschaftlichen Ansätze über die wesentlichen Merkmale des populistischen Phänomens aufgeführt und anschließend erläutert werden.

Des Weiteren soll im zweiten Kapitel die Erscheinungsform des Populismus in Bulgarien dargestellt werden. Am Ende des Kapitels werden die Ursachen für den politischen Erfolg populistischer Parteien in Anlehnung an die bestehende Forschungsliteratur über Populismus thematisiert werden.

Das dritte Kapitel soll in die methodische Vorgehensweise der vorliegenden Arbeit einführen, wobei im Fokus des Kapitels die Regressionsanalyse der Faktoren, die den Wahlerfolg von der GERB entscheidend beeinflusst haben, steht.

Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung repräsentiert und schließlich soll die Forschungsfrage beantwortet werden. Zum Schluss soll der eigene Beitrag der vorliegenden Arbeit erklärt werden.

II. Theoretische Ansätze 1. Einführung

Der wissenschaftliche Diskurs über Populismus bietet vielfältige Konzepte und Betrachtungsperspektiven. Es ist schwierig, alle Erscheinungsformen im Rahmen einer einheitlichen wissenschaftlichen Auffassung einzuordnen. (Vgl. Canovan:

1999: 4)

Die Auseinandersetzung mit der Thematik über Populismus zeichnet sich durch ihren besonderen Grad an Komplexität aus.

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Andrej Skolkay erwähnt am Anfang seiner Überlegungen, dass Populismus "[.] one of the most controversial and fuzziest terms used in the social, and more specifically in the political science" (Skolkay 2000: 1) sei.

Das Phänomen bietet viele Facetten für eine Analyse. Taggart (2000) behauptet, dass:

"Popilism serves many masters and mistresses. At different times and in different places it has been a force for change, a force against change, a creature of progressive politics of the left, the refuge of a measured defence of the status quo and a companion of the extreme right. Populists have been portrayed as dupes, democrats and demons." (Taggart 2000: 10)

Eine ausführliche Darstellung der Komplexität soll mit Blick auf die Übersichtlichkeit der Arbeit vermieden werden. Daher wird es von Vorteil sein, nur auf die wesentlichen Merkmale einzugehen.

Um einen Analyserahmen zur Beurteilung der Faktoren, die den Erfolg des Populismus begünstigen, konzipieren zu können, werden vor allem die wissenschaftlichen Arbeiten von Paul Taggart (2000), Margaret Canovan (1999) und Cas Mudde (2004) in Betracht gezogen.

2. Merkmale

Es sollen die wichtigsten Merkmale des populistischen Phänomens dargestellt werden.

Um dies anschaulicher zu machen, sollen folgende Aspekte nacheinander erläutert werden:

I. Definition

II. "Appeal to the people" und anti- elitäre Haltung III. Personalisierung der Politik

IV. Institutionenfeindlichkeit

I. Definition

In der Definition von Canovan (1999) wird Populismus als "appeal to the people against both the established structure of power and the dominant ideas and values [...]" (Canovan 1999: 1) erklärt. Populistische Bewegungen berufen sich auf den Volkswillen und handeln gegen etablierte Strukturen

Canovan (1999) unterstützt nicht die "pathologische" Bezeichnung von Populismus (ebd.: 1). Die "pathologische" These besagt, das populistische Phänomen sei

"[...]pathological form, pseudo- and postdemocratic, produced by the corruption of

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democratic ideals" (vgl. Taguieff, zitiert in Mudde 2004: 541). Im Hinblick darauf könnte angenommen werden, dass die populistische Erscheinungsform antidemokratisch sei. Inwieweit Populismus mit der Demokratie unvereinbar ist, soll hinsichtlich der Fragestellung der vorliegenden Arbeit nicht weiter untersucht werden.

Der politischen Studie von E. Holtmann, A. Krappidel und S. Rehse kann die folgende Definition entnommen werden:

"Populismus steht, dies ist in der Literatur weiterhin unumstritten, für eine bestimmte Erscheinungsform besonders expressiver und emotionaler und, gemessen an den üblichen Standards eines demokratieverträglichen politischen Wettbewerbs, pathologischer Politikvermittlung"

(Holtmann/Krappidel/Rehse 2006:17)

Hier wird der Bezug auf die "pathologische" Bezeichnung ersichtlich, sowie die Betonung auf die emotionale und expressive Politikvermittlung, welche Populismus darstellt. Es ist wichtig anzumerken, dass es sich bei Populismus nicht nur um "eine bloße Form, wie etwa die ihn charakterisierende rhetorische Technik" (ebd.: 31) handelt, sondern um ein besonderes Muster der Politikvermittlung. (ebd.: 32)

Mudde (2004) lehnt die "pathologische These" ab und spricht von einem populistischen Zeitgeist, der in den westlichen Demokratien eine hohe politische Präsenz genießt (vgl. Mudde 2004: 542). Er betont sogar, dass die populistische Erscheinung eine normale Tendenz in der Politik sei (ebd.: 551).

Zum Schluss soll in den Blick genommen werden, dass populistische Akteure sich auf der politischen Skala von links bis rechts positionieren. Es könnte zwischen rechten und linken Populisten differenziert werden. Wichtig ist aber, dass Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und Populismus nicht gleichzusetzen sind.

(Vgl. Malinov 2008: 4)

II. "Appeal to the people" und anti- elitäre Haltung

Laut vieler Wissenschaftler ist die Berufung auf den Volkswillen eines der wichtigsten Merkmale des Populismus (vgl. Taggart 2000: 3).

Populisten sehen ihre Aufgabe darin, den Volkswillen zum Ausdruck zu bringen.

Repräsentanten populistischer Bewegungen oder Parteien glauben daran, eine Politik zu betreiben, die im Grunde genommen ein Appell an das Volk sei. (Vgl.

Canovan1999: 4)

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Der Begriff "appeal to the people" oder "Appell an das Volk" wurde aus der Arbeit von Canovan (1999) übernommen. Dementsprechend sei Populismus "[...] nicht nur eine Reaktion gegen Machtstrukturen, sondern auch ein Appell an eine anerkannte Autorität"7 (ebd. : 4), nämlich an das Volk.

Populistische Akteure haben unterschiedliche Vorstellungen darüber, was unter dem Volksbegriff zu verstehen ist. In der Analyse von Canovan (1999) werden drei Konnotationen des Begriffes abgeleitet: "united people", "our people" und

"common/ordinary people" (ebd.: 5).

"United people" ist das gesamte Volk. Populisten wollen mit ihrem Appell die von Parteien verursachten Spaltungen in der Gesellschaft überwinden. "Our people"

bezeichnet ebenso das gesamte Volk, im Gegensatz zu "united people" wird aber, die ethnische Einheit in den Mittelpunkt gestellt. Der Appell an die "united people" kann dazu dienen, Volksgruppen auf Grund unterschiedlicher ethischer Herkunft zu trennen und somit Spaltungen in der Gesellschaft hervorzurufen. Die Vorstellung über "common/ordinary people" umfasst nur die Bevölkerungsgruppen, welche von der Elite unterdrückt worden sind. (ebd.: 5)

Das Konzept "appeal to the people" ergibt die Verbindung zu der anti- elitären Haltung populistischer Akteure (vgl. Mudde 2004: 544) (vgl. Karin Priester 26.01.2012) (vgl. Taggart 2000: 91).

Das unterdrückte Volk wird in der Forschungsliteratur als die "silent majority" oder

"die schweigende Mehrheit" bezeichnet (vgl. Canovan 1999: 5).

Neben Canovan (1999) thematisiert Taggart (2000) ebenso die "schweigende Mehrheit" als Konzept. Er behauptet, dass die Mehrheit der Bevölkerung von der herrschenden Elite benachteiligt sei und dies auf einige Faktoren, wie z. B politische Korruption oder Durchsetzung partikularer politischen Interessen zurückzuführen sei.8 Das unterdrückte Volk sei ohne die Hilfe populistischer Bewegungen nicht imstande, Einfluss auf die Politik auszuüben. (Vgl. Taggart 2000: 93f.)

Populisten erkennen es als ihre Pflicht, die Interessen der "schweigenden Mehrheit"

ans Licht zu bringen, indem sie die benachteiligten Bevölkerung politisch mobilisieren.

7 Aus dem Englischen übersetzt

8 Sehr oft sind es Rechtspopulisten, die gegen die Korruptionsproblematik ankämpfen und eine Moralisierung der Politik anstreben. Sie glauben, die Gesellschaft vor dem moralischen Verfall der Werte oder vor Minderheitsgruppen, die Sonderrechte oder andere Vorteile in Anspruch nehmen wollen, schützen zu können. (Vgl. Taggart 2000: 93)

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10

Zwar sind Populisten Gegner der herrschenden Elite, betrachten sich aber als die neue, moralisch überlegende Elite, die sich politisch betätigen soll. In diesem Sinne ist Populismus nur beschränkt anti- elitär (vgl. Priester, 2012).

Die Abneigung gegen die Elite hat erstens identitätsstiftende Funktion. Taggart (2000) weist auf die Tendenz hin " [...] to define themselves in opposition to social groups they characterize as unpleasant" (ebd.: 94).

Zweitens, werden bestimmte Gesellschaftsgruppen, die zu der Elite gehören, im populistischen Appell sogar dämonisiert. Die anti- elitäre Haltung hilft populistischen Akteuren mehr Unterstützung vom Volk zu erlangen und dadurch am politischen Machtpotential zu gewinnen. (ebd.: 94ff.)

Es könnte behauptet werden, dass "Appell an das Volk"- Konzept, sowie die anti- elitäre Haltung die Schlussfolgerung rechtfertigen, Populismus sei zu sehr auf die eigenen Weltansichten konzentriert und mit Ideologien wie Internationalismus unvereinbar (ebd.: 96).

III. Personalisierung der Politik

Populistische Bewegungen, die nach mehr politischem Einfluss streben, agieren sehr oft unter der Führung einer charismatischen Person.

Mit Personalisierung der Politik ist die politische Konstellation gemeint, bei der ein politischer Führer die entscheidende Rolle bei der politischen Mobilisierung der

"schweigenden Mehrheit" und später bei der Machtausübung spielt.

Der politische Führer wird durch Autorität und Charisma gekennzeichnet. (Vgl.

Holtmann/Krappidel/Rehse 2006: 28f). Canovan (1999) beschreibt charismatische Führer wie folgt:

"The leaders themselves will be attributed powers that are almost superhuman and which contrasted with the ordinariness of their followers." (vgl. Taggart 2000: 101 ) Um die Aufmerksamkeit zu erregen und neue Anhänger anzuziehen, bemühen sich Populisten, durch besondere Eigenschaften, charismatische Wirkung auf die Bevölkerung zu erzielen. Auf das Charisma von Führungspersönlichkeiten reagieren deren Anhänger mit Loyalität und sogar persönlicher Hingabe. (Vgl. Taggart 2000:

100)

Populisten stehen zu Institutionen und Parteien in einem komplexen Verhältnis, das im Verlauf dieses Kapitels erläutert werden soll. Die populistische Ideologie9

9 Mit populistischer Ideologie ist hier die populistische Sichtweise über bestimmte Werte, klassische Ideologien etc. gemeint. In der Forschungsliteratur bestehen viele darauf, Populismus sei keine

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kritisiert Institutionen der repräsentativen Demokratie und misstraut politischen Parteien. Die charismatische Führerschaft ist eine Möglichkeit die aus der Institutionenfeindlichkeit entstehenden Hindernisse zur politischen Verwirklichung zu überwinden. (ebd.: 99f.)

In Krisensituationen sind charismatische Führer besonders erwünscht. (ebd.: 102) Sie beeindrucken die Wähler mit scheinbar einfachen und effektiven Lösungen zu den die Krise verursachenden Problemen und rücken somit ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit (vgl. Deiwiks 2009: 5). Dies geschieht oft durch starke Medienpräsenz. Eine Anpassung an die medialen Aufmerksamkeitsregeln ist durchaus erforderlich (vgl. Diehl 2012: 19). Populisten besitzen einen spezifischen Kommunikationsstil, der auf Direktheit und Emotionalität seinen Fokus setzt. In dieser Hinsicht betont Canovan (1999), dass nicht alleine der Kommunikationsstil dafür entscheidend sein könnte, einen Politiker als populistisch zu bezeichnen. (Vgl.

Canovan 1999: 5f.)

Es muss in Betracht genommen werden, dass populistische Akteure einen größeren Wert auf Versprechen, als auf reale Taten legen. Sie streben nicht danach, eine mit Gewalt verbundener Reaktion in der benachteiligten Bevölkerung hervorzurufen, sondern lediglich schnell öffentliches Vertrauen zu gewinnen. (Vgl. Skolkay 2000:

3)

Populisten wollen die Idee der Volkssouveränität auf eigene Weise umsetzen. Der populistische Führer soll das Volk repräsentieren und zwischen ihm und der Bevölkerung soll eine enge emotionale Verbindung entstehen.

Zwar thematisieren Populisten den Bedarf an höheren Volksbeteiligung an dem politischen Regieren eines Landes, jedoch befürworten sie die Übertragung der Volksouveränitätsidee auf eine einzelne Person- einen charismatischen Leader. (Vgl.

Diehl 2012: 17)

IV. Institutionenfeindlichkeit

Aus ideologischer Sicht wenden sich Populisten gegen politische Institutionen oder Strukturen, da diese zu komplex und unüberschaubar sind. In dieser Hinsicht behauptet Taggart (2000):

"The simplicity of the form of charismatic leaderships fits well with the populist predisposition towards political and institutional simplicity and directness." (vgl.

Taggart 2000: 102)

Ideologie wie z. B Idealismus oder Sozialismus (vgl. Malinov 2008: 4)

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12

Eine erfolgreiche charismatische Führerschaft könnte die Problematik, die mit der Komplexität der Institutionen verbunden ist, beheben oder zumindest reduzieren.

Diesbezüglich ist wichtig anzumerken, dass gerade populistische Bewegungen, die auf die politische Wirkung einer charismatischen Führungsperson beruhen, unfähig sind, ihre politische Macht auf längere Sicht aufrechtzuerhalten. (ebd.: 102f.) Politische Institutionalisierung ist für den fortdauernden Machtanspruch oder für das Überleben auf der politischen Szene unentbehrlich. Um langfristig politischen Einfluss ausüben zu können, sollen sich Populisten an politische Parteien binden und somit weniger "populistisch" ausgeprägt sein. (ebd.: 100)

Populistische Bewegungen haben sehr oft zentralisierte Organisationen, die sich von dem komplexen bürokratischen Modell der traditionellen Parteien unterscheiden (ebd.: 102).

Der Populismus ist mit "einer Frustration mit den politischen Parteien" (ebd.: 100) verbunden. Im Vordergrund auf der populistischen Agenda steht die Kritik an den politischen Parteien. Letztere werden für korrupt oder regierungsunfähig gehalten.

Für Populisten erscheint es wichtig, sich von der Politik der existierenden Parteien abzugrenzen, um ein individuelles Erscheinungsbild und somit eine politische Alternative darstellen zu können.

Nachdem sie die erwünschte Unterstützung von der Bevölkerung erlangt haben, sehen sich populistische Akteure gezwungen, die Maßstäbe und die Funktionen einer Partei anzunehmen. Folglich verstoßen sie oft gegen ihre eigenen ideologischen Ansätze. In diesem Sinne sind populistische Bewegungen mit einem Institutionsdilemma konfrontiert. Um erfolgreich zu werden, sollen sie zu dem werden, was sie eigentlich kritisieren. Zusammenfassend lässt sich feststellen, Populismus sei "self-limiting" oder "selbsteinschränkend". (ebd.: 99f.)

Darüber hinaus, ist anzumerken, dass die populistische Erscheinung eine verändernde Wirkung auf existierende Parteien und politische Institutionen haben kann. Populisten versuchen die Aufmerksamkeit der Wähler mit Hilfe eines direkten und einfachen Kommunikationsstils auf sich zu lenken. Sie bieten scheinbar effektive und einfache Lösungen zu komplizierten politischen Problemfeldern.

Obwohl dies sich in vielen Fällen als gute Strategie erweist, mehr Unterstützung zu gewinnen, bewirkt der populistische Kommunikationsstil Veränderungen an der politischen Repräsentation anderer Parteien. Letztere bemühen sich um mehr Direktheit und lösungsorientierte Ansätze in ihren politischen Programmen. Das populistische Auftreten auf der politischen Szene gestaltet die politische Debatte

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zwischen Parteien oder einzelnen Politikern untereinander neu. Aktuelle Themen werden vor der Öffentlichkeit dichotomisiert. Das bedeutet, sie werden in starkem positiven oder negativen Licht dargestellt. Als Folge daraus entstehen Spaltungen in der Gesellschaft zwischen einzelnen Gruppen oder die Entfremdung der Elite von dem Volk wird größer. (Vgl Taggart 2000: 112ff.)

Die wesentlichen Merkmale des populistischen Phänomens werden in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Der empirische Teil der Arbeit wird sich nur mit der letzten Komponente in der Tabelle beschäftigen. Die Erläuterung der anderen ideologischen Kernelemente war jedoch notwendig, um eine Basis für die Analyse der Faktoren, worauf sich die eigentliche Forschungsfrage richtet, zu liefern. Im folgenden Kapitel sollen die Faktoren, die zum Populismus führen, erläutert werden.

Es ist trotzdem eine kurze Beschreibung in der Tabelle vorhanden.

Abbildung 1

Theoretische Ansätze- Populistische Merkmale

Kurze Beschreibung

Appeal to the people Berufung an das Volk, betrachtet als

"united", "our" oder "common"/"ordinary"

people;

Anti-elitäre Haltung Abneigung gegen die Elite; Kritik an der

Korruptheit der Elite; Die Interessen von

"silent majority" sollen zum Ausdruck gebracht werden; Spannungsverhältnis zw.

Elite und der unterdrückten Mehrheit wird stark thematisiert

Politisches Charisma Politisches Instrument zur Mobilisierung

von Wählern; Starke Medienpräsenz;

Spezifischer Kommunikationsstil;

Institutionenfeindlichkeit Misstrauen gegenüber Parteien und

Institutionen- Populisten sehen die existierenden Parteien als regierungsunfähig;

Kritik an existierenden Parteien und

besonders an ihrer Fähigkeit

lösungsorientierte politische Strategien zu entwickeln und erfolgreich durchzusetzen;

Politische Unerfahrenheit der populistischen

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Führer; Gründung von neuen Parteien

"Self -limiting" Charakter Keine langfristige Präsenz in der Politik; Der schnelle Aufstieg in die Politik, wird gefolgt von kontinuierlichem Verlust der Anhänger und Wähler

Faktoren, die den Aufstieg des Populismus begünstigen

Die Wahrnehmung über eine Krise in gesellschaftlicher, politischer und oder wirtschaftlicher Hinsicht; Populismus als

Folge einer demokratischen

Legitimationskrise; Misstrauen gegenüber politischen Institutionen; Wachsende Entfremdung zwischen politischer Elite und dem Volk; Die Medien als Vermittler von

populistischen Botschaften; Der

charismatische Leader als Ursache für den Aufstieg des Phänomens, aber laut einiger Forscher nicht für dessen Bestand;

3. Erscheinungsform des Populismus in Bulgarien

Die politische Debatte in Bulgarien beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Populismus. Die Forschungsliteratur bezeichnet den Wahlerfolg des ehemaligen Königs- btw. Zaren10 Simeon II als Aufstieg des Populismus seit der Auflösung des kommunistischen Regimes.

Mit Hilfe der wissenschaftlichen Analyse von Svetoslav Malinov (2008), Antony Todorov (2007), Andrej Skolkay (2000) und Daniel Smilov (2008) wird einen Überblick über die bulgarischen Parteien, die dem Populismus zugeordnet werden können, gegeben.

Malinov (2008) beginnt seine wissenschaftlichen Überlegungen mit dem Versuch den Zusammenhang zwischen der politischen Kultur in Bulgarien und dem Aufstieg des Populismus zu erläutern. Er behauptet, es herrsche allgemeines Verständnis darüber wie die Politik in Bulgarien funktioniere und zwar als "[...] struggle for power;[...] process of imposing private interests on the public" (Malinov 2008: 6).

Die politische Elite wird stark kritisiert, weil sie nur die Durchsetzung partikularer Interessen auf Kosten des Gemeinwohls der Bevölkerung bestrebt.

10 Zar war der höchste Herrschaftstitel in Bulgarien bis zur Gründung der Volksrepublik in 1946

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15

Bewegungen gewinnen an Popularität und Unterstützung in der Bevölkerung, weil die herrschende politische Elite oder die Gruppen, die über mehr wirtschaftliche Macht verfügen, sehr oft in hohem Maße unbeliebt sind oder sogar gehasst werden.

(ebd.: 9)

Malinov (2008) betont weiter, dass die populistische Tradition in Bulgarien nicht überwiegend durch Ausländerfeindlichkeit oder rassistische Einstellungen gekennzeichnet sei (ebd.: 9). Die Partei Ataka, die im Folgenden dargestellt wird, ist zwar als einzige Ausnahme zu betrachten, bekam jedoch im Vergleich zu der GERB und der NDSV11 nicht sehr große Unterstützung von den Wählern. Malinov (2008) vertieft seine Überlegungen über die Wesensmerkmale von der populistischen Tradition in Bulgarien und gelangt zu der Schlussfolgerung, dass die Erscheinungsform des Populismus in Bulgarien als "radical demophilia" (Malinov 2008: 10) bezeichnet werden kann. Darunter ist das Verhältnis zur politischen Elite zu verstehen. Es ist nicht nur, dass sich eine negative Haltung, oder sogar Feindlichkeit seitens der populistischen Bewegungen gegenüber den anderen Parteien erkennen lässt. Es ist vielmehr die Tatsache, dass Populisten in Bulgarien die politische Elite nicht nur kritisieren, sondern auch deren politische Regierungsfähigkeit vollkommen ablehnen und sie dem Volk unterordnen wollen.

Dieser Aspekt wirft einige Fragen hinsichtlich des Konzepts der repräsentativen Demokratie auf. Malinov (2008) vermutet nicht, dass Populisten in Bulgarien tatsächlich gegen die Prinzipien der repräsentativen Demokratie verstoßen wollen. Er äußert die Annahme, dass der Appell an das Volk nur als politische Strategie um politische Macht zu gewinnen, angewendet wird. (ebd.: 9f.) In seiner Voraussage über die Entwicklung der populistischen Tendenz in Bulgarien nach dem Aufstieg im Jahr 2001, behauptet Malinov (2008), dass sich das Phänomen auf die Gründung neuer Parteien ausdehnen wird und in diesem Sinne Bestand in der Politik haben wird (ebd.: 10). Im Hinblick auf den politischen Erfolg von der GERB könnte angenommen werden, dass die populistische Tendenz in Bulgarien eine langfristige Präsenz in der Politik genießt, auch wenn die Partei NDSV nach dem ersten Erfolg in den Wahlen 2001 nicht als Wahlsieger aus den Wahlen 2005 hervorgegangen ist (vgl. Ergebnisse, Zentrale Wahlkommission).

11 NDSV- Nationale Bewegung für Stabilität und Fortschritt (bulgarisch: NDSV), bis 2007 bekannt als Nationale Bewegung für Simeon II.

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16

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die populistische Tendenz in Bulgarien weniger radikal-politische Aspekte, sondern Merkmale von "radical demophilia"

aufzeigt (vgl. Malinov 2008: 9f.).

Im Folgenden wird ein Überblick über die drei populistischen Wellen in Bulgarien gegeben. Die vorliegende Beschreibung bezieht sich primär auf die Forschungsarbeit von Smilov (2008).

3.1 Zar Simeon II.

Die erste populistische Welle begann mit dem Wahlerfolg von Simeon Sakskoburggotski im Jahr 2001.

Der letzte bulgarische Monarch- Simeon II., der nach Abschaffung der Monarchie in 1946 das Land verlassen musste, kehrte 2001 nach Bulgarien zurück, um an den Parlamentswahlen teilzunehmen. Die Ergebnisse der Wahlen waren mehr als überraschend- die von Simeon II.12 neu gegründete Partei erhielt 42,7 % der Wahlstimmen und somit wurde sie die stärkste Fraktion im Parlament (Zentrale Wahlkomission).

Es sollen die Gründe geschildert werden, die eine Erklärung dafür liefern, dass die NDSV in der Forschungsliteratur als eine populistische Bewegung bezeichnet wird.

I. Appell an das Volk

Simeon II. appellierte an das gesamte Volk und betrachtete das Volk als eine Einheit ohne zwischen einzelnen Gesellschaftsgruppen zu unterscheiden. In Anlehnung an die Theorie von Canovan (1999) wird das Volk mit der Begriffskonnotation "united people" in Verbindung gebracht.

II. Anti-elitäre Haltung

Die politische Elite wurde als korrupt bezeichnet. Simeon II. erklärt sich zu der einzigen politischen Alternative und gab während seiner Wahlkampagne das Versprechen ab, eine Verbesserung der Situation im Land innerhalb von 800 Tagen zu erzielen.

III. Institutionenfeindlichkeit

Die existierenden politischen Parteien wurden stark kritisiert. Simeon II. betonte dabei, dass sie unfähig wären, die Krisensituation in Bulgarien zu bewältigen. Er weigerte sich sogar lange Zeit die NDSV-Bewegung als Partei registrieren zu lassen.

Die NDSV-Bewegung wurde nur unzureichend institutionalisiert. Es gab ebenso kein klares politisches Konzept mit konkreten politischen Zielen und Reformvorschlägen.

12 In den Medien und von seinen Anhängern wurde Simeon Sakskoburggotski Simeon II. genannt.

(17)

17

Simeon II. behauptete, dass dies kein wesentliches Problem darstelle. Junge, unerfahrene Politiker hätten die Aufgabe politisches Programm zu entwickeln. (Vgl.

Smilov 2008: 16f.) IV. Politisches Charisma

Simeon II. erschuf sich das politische Image eines ehemaligen Monarchen, der einen hohen Grad an Berühmtheit und Beliebtheit in der Bevölkerung erlangt hat auf Grund der Tatsache, dass er andere Werte als die üblichen Parteien verkörperte.

Von vielen seiner Anhänger wurde er "Ihre Majestät" genannt. (Vgl. Christova 2010:

224f.)

Der persönliche Kommunikationsstil von Simeon II. war gekennzeichnet durch den Gebrauch von veralteten Sprachformen, die auf seine adligen Herkunft schließen ließ, sowie durch Vokabeln, die an die Emotionen der Wähler appellierten. Die berühmteste Phrase, die Simeon während seiner Wahlkampagne sehr oft verwendet hat, war die Imperativform "Glaubt mir!". (ebd. : 224)

Das politische Charisma war das politische Mittel, um die Unterstützung der Wähler zu gewinnen, ohne ein konkretes Parteiprogramm und politisches Konzept zu den Reformen, die durchgeführt werden mussten, vorzulegen (vgl. Smilov 2008: 16f.).

V. Self- limiting Charakter

Nachdem Simeon II. sein Amt übernommen hatte, verwandelte sich die NDSV- Bewegung in eine Partei. Sie verlor allmählich am populistischen Potential. Simeon II. war nicht fähig, seine außerordentlichen Versprechen in die Tat umzusetzen.

Schon einige Monate nach dem Wahlerfolg des Jahres 2001 sank die Beliebtheit in der Bevölkerung für den ehemaligen Zaren. (ebd. : 17) Die folgende Abbildung zeigt diese Tendenz eindeutig. Bei den Parlamentswahlen 2005 erhielt die Partei 21,8 % der Wahlstimmen, deutlich weniger als im Jahr 2001. Die BSP wurde Wahlsieger mit 33,9% (Zentrale Wahlkommission).

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18

Abbildung 2 Haltung der Bürger gegenüber Simeon Sakskoburggotski

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten aus MBND (Bulgarisches Institut für Sozialforschung und Marketing). Die Daten sind ebenso erhältlich im Buch von Radeva (2011).

Obwohl Simeon II. nur eine Amtsperiode regierte, zeigt sein politischer Erfolg, dass in Bulgarien bestimmte Faktoren vorhanden sind, die starken Einfluss auf die Wähler ausüben und den Aufstieg des Populismus ermöglichen.

3.2 Ataka

In den Parlamentswahlen 2005 erhielt die radikale Partei Ataka, die zum ersten Mal an Wahlen beteiligt war, 8.9% der Wählerstimmen. Somit hatte die Ataka Sitze im Parlament und wurde zur Oppositionspartei, nachdem die BSP und die Partei der türkischen Minderheit- Bewegung für Rechte und Freiheit (bulgarisch DPS) die regierende Koalition bildeten (Zentrale Wahlkommission, 2005). Die Ataka könnte als ein Sonderfall im bulgarischen Parteiensystem bezeichnet werden. Der Wahlerfolg der Partei wurde in der Forschungsliteratur als zweite populistische Welle Bulgariens beschrieben. (Vgl. Smilov, 2008) (Vgl. Christova, 2010) Es werden die Merkmale dargestellt, die eine Zuordnung von der Ataka zum politischen Populismus berechtigen.

I. Appell an das Volk

Der Gründer der Partei war ein Journalist- Volen Siderov, der die Partei nach seiner TV-Sendung Ataka genannt hat. Über einen längeren Zeitraum hatte Volen Siderov Auftritte im Kabelfernsehen, die ihm ermöglichten, rassistische und ausländerfeindliche Aussagen in die Öffentlichkeit zu bringen.

62%

48%

70%

40%

24%

33% 29%

14%

8% 9% 8% 6%

23%

33%

20%

49%

66% 65%

60%

76% 81% 84% 83% 81%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

Juni 1997

Nov.

2000 Sept.

2001 Sept.

2002 Sept.

2003 Okt.

2004 Okt 2005

Nov.

2006 Okt.

2007 Sept.

2008 Nov.

2009 Sept.

2010

Vertrauen Misstrauen

(19)

19

Volen Siderov appellierte an das gesamte bulgarische Volk, wobei die ethnischen Minderheiten von Türken und Roma ausgeschlossen wurden. (Vgl. 2008: 17f.) In dieser Hinsicht verstand Siderov das Volk als eine ethnische Einheit oder als "our people" (In Anlehnung an die Theorie von Canovan, 1999).

II. Anti- elitäre Haltung

Volen Siderov behauptete, die politische Elite wäre korrupt. Seine Kritik richtete sich vor allem gegen die Partei der türkischen Minderheit- DPS, deren Legitimität in Frage gestellt wurde. Siderov erklärte sich gegen den EU-Eintritt des Landes. (Vgl.

Christova 2010: 225) Das Parteimotto von der Ataka lautete: ''Let's return Bulgaria to the Bulgarians" und einer der wichtigsten Punkte des Parteiprogramms war der Austritt aus der NATO (vgl. Ataka, 2005).

III. Politisches Charisma und Institutionenfeindlichkeit

Die Ataka wurde ebenso wie die NDSV nur unzureichend institutionalisiert. Es fehlte an einem konkreten politischen Programm. Die politische Agenda basierte nicht auf konkreten politischen Vorschlägen wie z. B neue Reformen durchgesetzt werden können oder wie Lösungen für die existierenden Wirtschaftsprobleme gefunden werden können, sondern viel mehr auf emotionalen Äußerungen.

Das persönliche politische Charisma, sowie die Medienpräsenz von Siderov erwiesen sich als wichtige Faktoren, denen er seine Berühmtheit zu verdanken hat. (Vgl.

Smilov 2008: 17f.)

IV. Self- limiting Charakter

Der Höhepunkt der politischen Karriere von Volen Siderov war die Präsidentschaftswahl im Jahr 2005. Siderov beteiligte sich am letzten entscheidenden Wahlgang, bei dem nur zwei Kandidaten zur Wahl übrig geblieben waren und verlor letztendlich mit 20% gegen den BSP-Kandidaten Georgi Parvanov, der 80% der Wählerstimmen erhielt. Zwar wurde er nicht zum Präsidenten gewählt, ihm gelang es aber ein signifikantes Maß an Zustimmung für seine radikal-politische Partei zu gewinnen. Die Teilnahme an der letzten Wahlrunde ist ein deutlicher Beweis dafür.

(ebd.: 18)

Inwieweit die Ataka als Beispiel einer populistischen Partei auch "self- limiting"

Charakter (in Anlehnug an die Theorie von Taggart, 2000) aufzeigt, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Die unzureichende Institutionalisierung, sowie das fehlende klare Programm sprechen für eine "self- limiting" Tendenz (ebd.: 18).

Jedoch hat die Partei eine Dauerpräsenz auf der politischen Bühne in Bulgarien. In

(20)

20

den Parlamentswahlen 2007 erhielt sie 9.3% der Wählerstimmen und im Jahr 2013 7,3% der Wählerstimmen (Zentrale Wahlkommission).

Die folgende Abbildung zeigt, wie sich die Haltung der Bürger gegenüber Volen Siderov im Laufe der Jahre verändert hat. Es ist ersichtlich, dass das Vertrauen eine sinkende Tendenz aufweist.

Abbildung 3 Haltung der bulgarischen Bürger gegenüber Volen Siderov

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten aus MBND. Die Daten sind ebenso erhältlich im Buch von Radeva (2011).

Ein Einblick in die politischen Grundsätze von der Ataka weist darauf hin, dass die Partei zum heutigen Zeitpunkt sehr populistisch ausgeprägt ist und radikale Veränderungen in allen politischen Bereichen anstrebt. Es ist nicht zu übersehen, dass sie sich gegen die EU-Mitgliedschaft Bulgariens erklärt. (Ataka, Politisches Programm)

3.3 GERB

Der Wahlerfolg von der GERB bezeichnet die dritte populistische Welle Bulgariens.

Die Partei GERB wurde von dem ehemaligen Bürgermeister Boyko Borissow im Jahr 2006 gegründet, sie ging aus den Parlamentswahlen 2009 mit 39,7% als Wahlsieger hervor (Zentrale Wahlkommission). Borissow wurde Premierminister und entschied sich für Minderheitsregierung, d.h. die GERB war die einzige regierende Fraktion. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes war eine populistische Partei die allein regierende Partei.

I. Appell an das Volk

29%

23%

18% 14% 17% 15% 14%

12% 10% 11% 10%

58% 63%

74% 78%

75% 79% 79% 81% 79% 80% 84%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

Juli 2005

Okt.

2005 März 2006

Juli 2007

Febr.

2008 Dez.

2008 Juni 2009

März 2010

Juli 2010

Mai 2011

Sept.

2011

Vertrauen Misstrauen

(21)

21

Die politische Karriere von Borissow begann noch während der Amtsperiode von Simeon Sakskoburggotski, als Borissow zum Generalsekretär des Innenministeriums ernannt wurde.13 Im Jahr 2006 kandidierte Borissow als Bürgermeister der Hauptstadt Sofia und wurde in der Tat gewählt. Noch am Anfang seiner politischen Karriere zeichnete er sich durch einen besonderen Kommunikationsstil aus. Seine Ausdrucksweise wurde als direkt und in hohem Maße als verständlich eingeschätzt, was sehr zu seinem politischen Erfolg beigetragen hat. In seinem Appell wendete sich Borissow an das gesamte Volk, ohne dass einzelne ethnische Gruppen ausgeschlossen wurden. (Vgl. Smilov 2008: 18f.)

II. Politisches Charisma

Das politische Charisma von Boyko Borissow war ein starkes politisches Mittel, um die Zustimmung der Bevölkerung für seine Partei zu gewinnen

Es ist anzumerken, dass, nachdem die GERB als Regierungspartei ins Amt getreten ist, eine starke Personalisierung der Politik in Bulgarien stattfand. Borissow erweckte den Eindruck, dass alle wichtigen Entscheidungen von ihm allein getroffen wurden.

Die Persönlichkeit des Premierministers stand im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. (Vgl. Christova 2010: 226)

Anders als bei Simeon Sakskoburggotski und Volen Siderov, kann nicht unbedingt auf Institutionenfeindlichkeit hingewiesen werden. Es kann ebenso wenig der Partei GERB einen "self- limiting" Charakter zugeschrieben werden (In Anlehnung an die Theorie von Canovan, 1999). Die folgende Abbildung zeigt, dass über einen längeren Zeitraum das Vertrauen in Boyko Borissow überwiegt, oder anders ausgedrückt- über die Jahre bleibt die Haltung der Bürger gegenüber Boyko Borissow eher positiv als negativ. Es darf nicht übersehen werden, dass im Jahr 2011 ein geringeres Vertrauen festzustellen ist- nur 49% der Befragten haben Vertrauen in den Premierminister.

13 Als Generalsekretär hatte Borissow die Aufgaben und Funktionen eines Polizeichefs zu erfüllen.

(Innenministerium, Bulgarien)

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22

Abbildung 4 Haltung der bulgarischen Bürger gegenüber Boyko Borissow

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten aus MBMD. Die Daten sind ebenso erhältlich im Buch von Radeva (2011).

In Februar 2013 ist die Regierung von der GERB unter Druck von Straßenprotesten zurückgetreten. Am 12. Mai wurden erneut Parlamentswahlen durchgeführt. Trotz Kritik und Spekulationen14 gegenüber der Ex- Regierung und dem Ex- Premierminister wurde die GERB Wahlsieger mit 30.5 % der Wahlstimmen, gefolgt von den Sozialisten mit 26.6% ( Zentrale Wahlkommission).

4. Bedingungen für den Aufstieg des Populismus

Nachdem im vorigen Kapitel erläutert wurde, welche Parteien dem Populismus zugeordnet werden können, werden im Folgenden die Bedingungen, die den politischen Erfolg populistischer Parteien begünstigen, dargestellt. Die Forschungsfrage der Arbeit richtet sich ebenso auf die Ursachen. Die Arbeit bezieht sich auf eine individuelle empirische Untersuchung, die die Beantwortung der Forschungsfrage ermöglichen soll. Dennoch sollen die Bedingungen für den Aufstieg des Populismus in Anlehnung an die schon existierende Forschungsliteratur dargestellt werden. Die Formulierung von Hypothesen und deren Operationalisierung wird auf der Basis von jeweils in diesem Kapitel geklärten Ursachen für das populistische Phänomen unternommen.

14 Am Tag vor den Wahlen wurden 350.000 illegale Stimmzettel beschlagnahmt. Die Opposition machte GERB für den Fälschungsversuch verantwortlich. Borissow beschuldigte die Sozialisten und verlangte Annullierung der Wahlergebnisse. (Zeit Online, im Internet:

http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-05/bulgarien-parlamentswahl-illegale-stimmzettel ) 55%

76% 72% 75%

65%

51% 49% 53%

64%

52% 48%

23%

16% 22% 20% 26%

41% 41% 40%

31%

40%

47%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

Vertrauen Misstrauen

(23)

23

Es muss darauf hingewiesen werden, dass eine separate Betrachtung einerseits über die Bedingungen, die zu dem Erscheinen des Populismus führen, und anderseits über die Faktoren, die zum Erfolg der populistischen Bewegungen beisteuern, möglich wäre. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich vor allem mit den Faktoren, die zu einem erfolgreichen politischen Auftreten beitragen. In diesem Kapitel sollen die am häufigsten auftretenden Ursachen für den Aufstieg des Populismus genannt werden.

Ausgangspunkt für die theoretischen Überlegungen ist das Konzept, nach dem der Populismus eine Krisenerscheinung sei. Die Krise könnte gesellschaftliche oder wirtschaftliche Maßstäbe annehmen. Politische Faktoren, wie z. B Korruptheit der politischen Elite könnten ebenso eine Krisensituation auslösen. (Vgl. Panizza zitiert nach Deiwiks 2009: 3) In Anbetracht der Ergebnisse des Special Eurobarometer- Berichts (2009) über die Haltung der europäischen Bürger zur Korruption im eigenen Land und den EU-Institutionen ist folgendes anzumerken: 97% der Befragten aus Bulgarien im Jahr 2009 haben die Korruption als ein wesentliches Problem im eigenen Land eingeschätzt. Im Jahr 2007 waren es 92%, die die gleiche Behauptung unterstützt haben. Hinsichtlich der Frage, ob die staatlichen Institutionen als korrupt bezeichnet werden können, haben 94% der Befragten aus Bulgarien positiv geantwortet. Weiterhin waren 76% der Befragten der Meinung, die Politiker handelten in ihrem eigenen Interesse und wären dementsprechend korrupt.

(Special Eurobarometer 325: 2009)

In den Jahren vor dem Ausbruch der dritten populistischen Welle wurde die politische Elite in Bulgarien als korrupt wahrgenommen.

Laut der wissenschaftlichen Annahme, dass Populismus auf eine Krise zurückzuführen ist, handelt es sich oft um Modernisierungsprobleme, die Ängste, Unsicherheit oder Misstrauen in der Bevölkerung hervorrufen (vgl. Meyer 2006: 82).

Ein wichtiger Aspekt ist die Behauptung, dass nicht nur die Krise selbst, sondern allein die Wahrnehmung über eine wirtschaftliche, soziale oder politische Krise ein Faktor sein könnte, der zu dem Erfolg des populistischen Phänomens beiträgt. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass Populismus auf eine demokratische Legitimationskrise zurückzuführen ist. Populistische Akteure werden als Indikator und Korrektiv für "[...]ein reales oder empfundenes Strukturproblem des politischen Systems, eine Krise der Parteien als demokratische Vermittlungsinstitution und nicht gehaltene Versprechen demokratischer Repräsentanz, Transparenz und Partizipation"

(Rensmann 2006: 74) gehalten.

(24)

24

Es ist durchaus möglich, dass Wähler das Vertrauen in die Fähigkeit der Politiker, Probleme effizient zu lösen, verlieren und dass populistische Parteien als attraktive politische Alternative angesehen werden. Populisten vermitteln mit ihrem "Appell an das Volk" das Gefühl, die demokratische Legitimationskrise überwinden zu können, indem sie volksnahe Politik betreiben. In dieser Hinsicht soll darauf hingewiesen werden, dass populistische Erscheinungen nicht unbedingt als undemokratisch bezeichnet werden. Laut Taggart (2002) und Panizza (2005) ist Populismus selbst Indikator für Demokratiedefekte und Probleme in den politischen Systemen. (Vgl.

Deiwiks 2009: 4f.)

In Bezug auf die Situation in Bulgarien könnte angenommen werden, dass die repräsentative Demokratie ebenso einer Legitimationskrise unterliegt. Die zurückgehende Wahlbeteiligung bei Parlamentswahlen könnte ein Krisenindikator dafür sein, dass die Wahrnehmung einer Legitimationskrise der politischen Institutionen seitens der Bevölkerung vorhanden ist. (Vgl. Christova 2010: 228f.)

Abbildung 5 Wahlbeteiligung

Parlamentswahlen/Jahr Wahlbeteiligung in %

1990 90.60

1991 83.95

1994 75,18

1997 61.83

2001 66.63

2005 55.76

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten aus der Zentralen Wahlkommission

Es wurde der Zeitraum vor dem Ausbruch der ersten populistischen Welle im Jahr 2001 bis zu dem Aufstieg der dritten populistischen Welle aufgezeigt.

Die Tendenz der zurückgehenden Wahlbeteiligung ist vor allem auf geringes Vertrauen der Bürger in die politischen Parteien zurückzuführen (vgl. Smilov 2008:

26).

Smilov (2008) bezeichnet als eine Ursache für den politischen Erfolg der Populisten das mangelnde Vertrauen der Wähler in die traditionellen politischen Parteien.

Hinsichtlich Bulgariens ist dieses mangelnde Vertrauen mit der politischen Unfähigkeit der traditionellen Parteien verbunden, den Wählern eine

(25)

25

zufriedenstellende politische Ideologie, sowie inhaltliche Unterscheidbarkeit von den anderen Parteien zu vermitteln. (ebd.: 19f.) (Vgl. Autengruber, 2008: 142)

Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit der Demokratieperformanz erscheint ebenso als Faktor für den Aufstieg des Populismus (vgl. Smilov 2008: 25).

In ihrer Forschungsarbeit, die die öffentliche Meinung des demokratischen Übergangs in Bulgarien analysiert, betont Miroslava Radeva (2011), dass noch in den ersten Jahren nach der Auflösung des kommunistischen Regimes die Mehrheit der bulgarischen Bevölkerung unzufrieden mit der Etablierung der Demokratie gewesen sei (vgl. Radeva 2011: 37f.).

Mudde (2004) erwähnt als mögliche Ursachen für den "populistischen Zeitgeist"

neben der wachsenden Entfremdung zwischen der Elite und dem Volk, die mediale Berichterstattung, die die populistischen Botschaften an die Öffentlichkeit übermittelt (vgl. Mudde 2004: 553f.).

Im Besonderen ist der populistische "Appell an das Volk" ein sehr effektives politisches Mittel. Die Wirkung des politischen Charismas auf die Wähler wird als eine Erklärung für den politischen Erfolg von Simeon Sakskoburggotski, Volen Siderov und Boyko Borissow bezeichnet. Die Bereitschaft in der Bevölkerung, starke charismatische Führerschaften zu unterstützen, ermöglicht den Wahlsieg populistischer Parteien. (Vgl. Smilov 2008: 16ff.)

Dahrendorf (2007) behauptet, der populistische Aufstieg sei ein Zeichen für die Schwäche der Parlamente. Folglich ist es anzunehmen, dass ein Zusammenhang zwischen dem populistischen Erfolg und der Art und Weise wie staatliche Institutionen funktionieren, besteht. Parlamente haben die Aufgabe über politische Entscheidungen zu debattieren und über einen längeren Zeitraum politische Entscheidungen zu treffen. Dahrendorf geht davon aus, dass Parlamente in der Tat nicht fähig sind, diese Funktionen vollständig zu erfüllen. Die politischen Entscheidungen werden in diffusen Räumen getroffen, was dazu beiträgt, dass der

"policy making"- Prozess intransparent und unüberschaubar wird. Auf Grund dessen entsteht eine Lücke zwischen dem Volk und der politischen Elite, die auch als Vertrauenslücke bezeichnet werden kann. Schließlich definiert Dahrendorf die Lücke des Vertrauens als Demokratielücke, die nicht so einfach zu beseitigen ist. (Vgl.

Dahrendorf 2007: 4ff.)

In Bezug auf Bulgarien ist die Tendenz ersichtlich, dass die Mehrheit der Bevölkerung unzufrieden mit den staatlichen Institutionen- Parlament und Regierung ist (vgl. Smilov 2008: 21ff.).

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