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Künstler, Verleger und Einbandentwürfe

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Masterarbeit

Künstler, Verleger &

Einbandentwürfe

Über die Beteiligung graphischer Künstler an der Ausführung ihrer

Einbandentwürfe von niederländischen Jugendstil-Büchern und der

Wiederverwendung und Umgestaltung dieser Entwürfe durch Verleger.

Bettina Heyder, s4282809

Master Kunst- und Kulturwissenschaften: Kunstgeschichte Radboud Universität Nijmegen

Erstgutachter: Dr. Kees Veelenturf Zweitgutachter: Dr. Jan Baetens Datum: 7. Januar 2019

(4)

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

11

Verleger L.J. Veen und der Entwurf für Louis Couperusʼ Extaze Wiederverwendung von Künstlerentwürfen

Untersuchungsobjekt

Grund und Ziel der Forschung Aufbau der Arbeit

Kapitel 1: Buchproduktion im Industriezeitalter

23 1.1 Der Verlagseinband

1.2. Industrialisierung und Mechanisierung: Erfindungen in der Buchproduktion Der Gewebeeinband

Bandzetter oder das eingehängte Buch Buchbindereigeräte: Die Vergoldpresse Einbandverzierung: Stempel

Einbandverzierung: Batik-Technik

Kapitel 2: Niederländischer Jugendstil: Nieuwe Kunst

33 2.1 Ernst Braches, Het boek als Nieuwe Kunst, 1892-1903: een studie in Art Nouveau (Utrecht 1973)

Braches’ vier Phasen des niederländischen Jugendstils 2.2 Jugendstil-Büchersammlungen in den Niederlanden

Königliche Bibliothek Den Haag (KB) Universitätsbibliothek Nijmegen (UBN) Universitätsbibliothek Groningen (RUG)

Bibliothek der Gesellschaft für niederländische Literatur (MdNL) Universitätsbibliothek Amsterdam (UBA)

Drents Museum, Assen

(5)

Kapitel 3: Jugendstil-Ornamente und ihre Stempel

41 3.1 Stempel als Einbandverzierung: Allgemein

3.2 Stempelverzierungen des 19. Jahrhunderts 3.3 Musterbücher

3.4 Stempel von Künstlerentwürfen um 1900

Kapitel 4: Verleger und Einbandkünstler

47

4.1. L.J. Veen und seine Couperus-Einbände

L.J. Veen & Jan Toorop: Metamorfoze, Psyche, Babel L.J. Veen & H.P. Berlage: Hoge Troeven

L.J. Veen & Karel Sluyterman: Fidessa

L.J. Veen & Chris Lebeau: Van oude mensen, de dingen, die voorbij gaan… 4.2. W. Versluys & R.N Roland Holst

Kapitel 5:

Wiederverwendung von Künstlerentwürfen: Wie und was?

57

Gruppe 1: Entwürfe für Nachdrucke und einmalige Verwendung

Gruppe 2: Entwürfe, die für andere Bücher wiederverwendet und/ oder angepasst wurden Gruppe 3: Entwürfe, die durch unterschiedliche Verleger verwendet wurden

Kapitel 6:

Wiederverwendung von Künstlerentwürfen:

Weitere Betrachtungsweisen

63

Die Gründe der Wiederverwendung

Einfluss der Künstler auf die Wiederverwendung und Anpassung ihrer Entwürfe Folgen der Wiederverwendung

Schlussfolgerungen

73

Bibliographie

77

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Samenvatting

119

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11

Einleitung

• Verleger L.J. Veen und der Entwurf für Loui

s Couperusʼ Buch Extaze

Am 6. Februar des Jahres 1892 verfasste der Niederländische Schriftsteller Louis Couperus (1863-1923) einen Brief an seinen Verleger L.J. Veen in Amsterdam (1863-1919) mit folgenden Worten: „Waarde Heer, Ik vind den omslag erg “lievig” en zoû liefst iets strengers hebben. Als de ster niet kan, dan b.v. grijs en wit met zilveren letters; weinig arabesken en vooral streng. Dat van Veth zoû ik wel aardig vinden: zoû U het niet eens kunnen vragen? Maar laat het anders dood-eenvoudig zijn en vooral geen “lieve” kleuren. Een ster zoû anders mooi symbolisch zijn. Wil mij s.v.p. een proef zenden van de opdracht? De bandjes zend ik U gauw terug. Geloof mij steeds. Uw dw. Louis Couperus.“1

Couperus’ Schreiben bezieht sich auf den Einbandentwurf für seinen neuen Roman Extaze. Een boek van geluk. Während der mehr als 25jährigen Zusammenarbeit mit seinem Verleger Veen, die mit der Publikation von Extaze im Mai 1892 begann, wurden wie oben beschrieben, Ideen und Kommentare bezüglich der Entwürfe für neue Bucheinbände lebhaft ausgetauscht.2 Couperus scheute sich dabei nicht vor kritischen oder löblichen Worten; auch er wollte immerhin, dass seine geesteskinderen mit einem schönen Einband versehen wurden.3 Briefwechsel fand jedoch nicht nur zwischen dem Verleger und seinem Autor statt, sondern mit jedem, der an der Entstehung dieser kunstvollen Bücher beteiligt war. Man denke hierbei an Druckereien, Buchbindereien, Buchhändler, Stempellieferanten und natürlich Künstler. Letztere waren es, die in den achtziger, vor allem aber in den neunziger Jahren der gefühl- und geistlosen Einbandkunst des 19. Jahrhunderts, neues Leben einbliesen. Die Veränderungen auf dem Gebiet der angewandten Kunst sind im Allgemeinen unter dem Namen ʻArt Nouveauʼ oder ʻJugendstilʼ bekannt. Die Bewegung sorgte aber auch für neue künstlerische Impulse auf Bereiche wie Architektur und Malerei. Nicht ohne Grund wird die Zeit um 1900 wegen ihrer zahlreichen Stile und Wirkungsgebiete als zweites Goldenes Zeitalter bezeichnet. In den Niederlanden bekam die neue Bewegung den Namen ‘Nieuwe Kunstʼ (zu Deutsch: Neue Kunst).4

1 Bastet 1977, 16.Brief datiert vom 6. Februar 1892.

2 Van Vliet 2000, 77-80. Eine Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Couperus und Veen beweisen Briefe ab

1900. In den darauffolgenden Jahren berichtete Veen ihm immer öfter über abnehmende Verkaufszahlen seiner Bücher. Nach Van Vliet lag es an Couperus selbst, weil er durch seine vielen Auslandsaufenthalte nicht auf dem aktuellsten Stand der wirtschaftlichen und buchhändlerischen Dinge in den Niederlanden blieb. Couperus allerdings gab Veen die Schuld und mit einem tiefen Vertrauensbruch wandte er sich 1915 an die Verleger Van Holkema & Warendorf en Nijgh & Van Ditmar (beide aus Amsterdam). Veen durfte aber immerhin-wenn auch mit bleibenden Unstimmigkeiten-seine Feuilletons herausbringen.

3 Van Vliet 2000, 176.

4 Der Term ‘Nieuwe Kunstʼ wurde 1960 von L. Gans in seiner Doktorarbeit Nieuwe kunst. De Nederlandse bijdrage tot

de Art Nouveau (Utrecht 1966) formuliert. Er schrieb: “Hoe opvallend zelfstandig het karakter van de Nederlandse toegepaste kunst rond 1900 ook is geweest, door de overname van Art Nouveau-vormen, de eigen verwerking ervan tot algemeen gangbare motieven, en vooral door de zucht naar vernieuwing die onze ontwerpers met hun buitenlandse Art Nouveau-kollega`s gemeen hadden, vertoont de gehele produktie uit deze tijd zich thans in een stijl,

(8)

12 Vor allem die Einbandkunst profitierte von den Beiträgen der oft graphischen Künstler und so markieren die Bücher von rund 1900 einen Höhepunkt der niederländischen Buchkunst.

Verleger Veen, selbst ein großer Kunstliebhaber und Mitbegründer der Verkaufsstelle für Kunsthandwerk ʻʼt Binnenhuisʼ in Amsterdam, war sich derVeränderungen im Kunstgewerbe bewusst und dementsprechend suchte er schon früh Kontakt mit Künstlern.5 Einer der ersten war, wie oben im Brief vermeldet wird, der Kunstkritiker, Maler und Dichter Jan Veth (1864-1925). Veth hatte sich mit der Übersetzung und Bearbeitung von Walter Crane’s The claims of decorative art (London 1892) in den Niederlanden einen Namen gemacht. Dieses Buch ist mit der Entstehung des niederländischen Jugendstils untrennbar verbunden, wie Ernst Braches feststellte.6 Die Zeichnung von Veth gefiel Couperus allerdings nicht sonderlich. Er schrieb: „[…] Eerlijk gezegd vind ik de teekening stijf; een stijf sterretje en stijve letters. Kunt gij nog eenigen tijd wachten met het graveren: ik ga over een paar dagen naar Den Haag en wilde daar iemand vragen iets voor mij te teekenen. Er is zeker nog geen haast bij.“7 Couperus gab den Auftrag anschließend an dem in Den Haag ansässigen Maler und Zeichner Pieter de Josselin de Jong (1861-1906). Der Autor bekam seinen Willen und so wurde für Extaze ein Stern mit Strahlen, die durch Wolken fallen, gezeichnet. Der Stempel für den Entwurf wurde später in silberner Farbe gegen einen Hintergrund von blauem Leinen abgedruckt. Der Titel und Couperusʼ Unterschrift sind in Gold wiedergegeben (Abb. 1). 1894 erschien bei Veen ein Nachdruck von Extaze. Diesmal war es R.N. Roland Holst (1868-1938), der den Einbandentwurf lieferte. Der Kontrast mit dem ersten Druck könnte nicht größer sein: diesmal ziert ein weißer Gewebeeinband mit goldenem Aufdruck von eingerahmten Blumen, die wie Buchschließen über den Vorder- und Hinterdeckel laufen, den Roman. Der Rücken ist auf die gleiche florale Weise verziert. Auf der Vorderseite zwischen den “Buchschließen” befinden sich außerdem die von einer Orchidee umgebenen Initialen des Autors (Abb. 2). Couperus war über das Resultat sehr erfreut. Er schrieb: „Vooreerst dank voor de twee exempl. Extaze: vooral de roode band vind ik heel mooi: zoo is het uitstekend!“8

Die Zeichnung von Pieter de Josselin de Jong für die erste Ausgabe von Extaze war eine Maßanfertigung von Couperus; für Verleger Veen war der Entwurf für mehr als eine einmalige Anwendung geeignet.

waaraan men achteraf gezien binnen het kader van de internationale opvattingen en in navolging van waarnemers rond 1900, de naam ʻNieuwe Kunstʼ zal mogen verbinden.” (Gans 1966, 26-27).

5 Van Vliet 2000, 24, 28. L.J. Veen gründete 1900 ʻʼt Binnenhuisʼ u.a. zusammen mit seinem Freund, dem Architekten

und Künstler H.P. Berlage (1856-1934).

6 Braches 2003, 59-62. Siehe auch Kapitel 2.

7 Bastet 1977, 18.Brief datiert vom 18. Februar 1892.

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13 Der Stempel, womit der Gewebeeinband bedruckt wurde, passte seiner Meinung nach ebenfalls hervorragend zum zweiten Druck der Gedichtsammlung Een lent van vaerzen (1893); womit Couperus als Autor debütierte.9 Nicht nur der Stern, die Strahlen, Wolken und Couperusʼ Unterschrift wurden exakt übernommen, sondern auch die blaue Farbe des Leinens. Der einzige Unterschied ist natürlich der Titel, der aber genau wie auf dem Einband von Extaze in Gold abgedruckt wurde (Abb. 3). Veen übernahm aber nicht nur blind den Entwurf von De Josselin de Jong, sondern passte ihn auch an. Dadurch bestehen noch zwei weitere Varianten von Een lent van vaerzen: (1) mit Stern, Strahlen und Wolken, aber Couperusʼ Namen in goldenen Druckbuchstaben auf einem blauen Gewebeeinband und (2) ohne Stern, Strahlen und Wolken; nur der Titel und Couperusʼ Name wiederum in goldenen Druckbuchstaben auf einem blauen Gewebeeinband.

Beim ersten Druck von Couperusʼ Geschichtenbündel Eene illuzie ging Veen auf die gleiche Art und Weise vor, nur handelt es sich hierbei erneut um eine getreue Wiedergabe des originalen Entwurfs von Extaze (Abb. 4). Als Veen 1896 die übrige Auflage des zweiten Drucks von Couperusʼ Roman Noodlot von der Verlagsgesellschaft Elsevier aufkaufte, brachte er die Bücher erneut in dem angepassten Einband von Extaze auf dem Markt. Für den dritten Druck von Noodlot fragte er den Künstler R.W.P. de Vries jr. (1874-1953) nach einem neuen Entwurf. Sogar noch Jahre später, als die Zeit der Einbandkünstler lange vorbei war, erinnerte sich Veen an Couperusʼ symbolischen Stern. In einem Brief vom 30. September 1911 an Binderei Brandt & Zoon fragte er: „[…] Van Corelli, Het eeuwige Leven zoudunkt mij wel goed kunnen gebruikt onder de stempel van Een Lent van Vaerzen. Heeft U nog een stempel van de handtekening van M. Corelli?“10 Veen wollte den Einband nach Couperusʼ originalem Vorbild von Extaze verzieren, nur diesmal mit der Unterschrift der Autorin. Besonders an diesem Brief ist jedoch die kleine Zeichnung in der unteren linken Ecke. Ein Stern mit Strahlen, daneben der Titel und darunter der Name der Autorin sollten dem Buchbinder womöglich den inzwischen fast zwanzig Jahre alten Entwurf in Erinnerung rufen (Abb.

5).11

9 Van Vliet 2000, 105. Der erste Druck erschien 1884 beim Verlag J.L. Beijers in Utrecht. Es wurden nur broschierte

Ausgaben hergestellt mit einem Entwurf von L.W.R. Wenckebach auf dem Umschlag. Beijersʼ Verlag übergab 1886 das Verlagsrecht an dem in Amsterdam ansässigen Verleger A. Rössing. Nach dessen Insolvenz gelangte L.J. Veen an das Verlagsrecht von Een lent van vaerzen.

10 Veen-Archiv, Literaturmuseum Den Haag, Signatur LJV 31 (209). Brief datiert vom 30. September 1911. Marie

Corelli ist das Pseudonym der englischen Autorin Mary Mackay (1855-1924).

11 Auf der Zeichnung sind keine Wolken abgebildet. Wahrscheinlich hielt Veen die Wolken für überflüssig, da der

Stern, die Strahlen und die Wolken zusammengehören und nur ein Stempel mit allen Details hergestellt wurde. Der erste Druck von Marie Corelli’s Het eeuwige leven befindet sich in ʻAtria Kennisinstituut voor Emancipatie en Vrouwengeschiedenisʼ in Amsterdam. Im Bibliothekskatalog wird jedoch das Erscheinungsjahr 1910 vermeldet. Ob es sich um eine von Veen’s Schummeleien (Van Vliet 2000, 52) oder einem Druckfehler handelt, ist nicht deutlich. Außerdem wird das Buch zur Zeit in der Königlichen Bibliothek (KB) in Den Haag zu Digitalisierung aufbewahrt. Da es voraussichtlich erst 2019 nach Amsterdam zurückkehren wird, ist eine Begutachtung des Einbandes und Kontrolle des Erscheinungsjahres leider nicht möglich. Eine billigere Ausgabe von Het eeuwige leven erschien 1913, aber nicht mit dem Entwurf von Een lent van vaerzen (KB, Signatur KW 1751 F 137).

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14

• Wiederverwendung von Künstlerentwürfen

Der oben beschriebene Umgang mit Künstlerentwürfen war für Veen keine Besonderheit. Er war auch nicht der Einzige, der Entwürfe wiederverwendete, anpasste und noch Jahre später auf sie zurückgriff. Albert S.A. Struik (1926-2006), Sammler niederländischer industrieller Verlagseinbände, tadelte diese Vorgehensweise beim Verleger G. Mosmans Sr. aus ʼs-Hertogenbosch und einem Entwurf von Annie Sipkema (1877-1933): „Mosmans is ook zo’n uitgever die regelmatig scharrelt met eerder gebruikte ontwerpen. Gefoemel.“12 Der negative Tonfall in diesem Zitat ist jedoch nicht zurecht. Wiederverwendung von Entwürfen war eine gebräuchliche Angelegenheit im Verlagswesen. Bildrecht bestand im 19. und auch noch weit ins 20. Jahrhundert hinein nicht und so war der Verleger als Auftraggeber der rechtmäßige Besitzer eines Künstlerentwurfs.13 Es stand ihm somit frei, damit zu tun, was er wollte. Auch Buchbinder fanden es keineswegs ungewöhnlich, wenn sie Aufträge empfingen, Stempel, die von einem Entwurf gemacht wurden, erneut zu benutzen oder Details davon anzupassen. Künstler waren sich der Wiederverwendung ihrer Entwürfe ebenfalls bewusst. Niemand beschwerte sich gegen den Missbrauch von seinem geistigen Eigentum. Das gilt auch für die einmalige Bezahlung. Es ist jedoch nicht so, dass Künstler gar kein Mitspracherecht hatten, wenn es um ihre Entwürfe ging. Ganz im Gegenteil. In erhaltenen Verlagsarchiven zeugt-manchmal reger-Briefwechsel zwischen Künstler und Verleger von ihrer Anteilnahme. Ihre kreativen Ideen und Beiträge beschränkten sich aber nur auf die erste Phase der Produktion eines Buches, das heißt, wenn ein Buch-ob Neuerscheinung oder Nachdruck-eine neue Einbanddekoration bekommen sollte. Ein Beispiel der außergewöhnlichen Art betrifft Veen’s Auftrag für ein Buch mit Zeichnungen von Vincent van Gogh. Der Künstler, den er diesem Auftrag anvertrauen wollte, war Theo Colenbrander (1841-1930). Er antwortete am 19. Februar 1905: „Het spijt mij U eenige dagen op antwoord te hebben moeten laten wachten; doch ik heb het zeer druk en wilde ook eerst eens zien of mij een denkbeeld voor het werk wilde invallen, wat door u is voorgesteld. Het zou, geloof ik, wel gaan. Maar moet het worden opgevat als “portefeuille met sluiting”, of enkel als boekband? In het eerste geval wordt de zaak meer gecompliceerd. Indien wij ons konden verstaan en het werk mij opgedragen werd, dan zouden mijne voorwaarden zijn: volstrekte vrijheid in keus van stof en bewerking-waarschijnlijk leêr, met ingepersten titel en versiering, wellicht hier en daar geëmailleerd met kleur. Het geheel moet echter hoogst eenvoudig blijven en meer door juiste verdeeling dan door versiering werken. Mocht er een andere soort van bewerking noodig blijken dan ik boven aangaf, zoo moet ik ook daarin ook geheel vrije keus behouden.

12 Struik und Keyser 2000, 45-46. Die Bücher mit dem gleichen Entwurf, aber in verschiedenen Farbstellungen sind

Overdenkingen von Carmen Sylva ( L.J. Veen, 1901) und De erfgenaam van Denzinn von M. Herman (G. Mosmans Sr., 1905). Außerdem besitzt Sipke van de Peppel (anno1900.nl) in seiner Privatsammlung ein Buch mit diesem angepassten Entwurf auf J. van Merleʼs Uit duisternis tot het licht (G. Mosmans Sr., ca. 1900).

13 Erst 1977 wurde die Stiftung ‘Beeldrecht‘ ins Leben gerufen. 2008 wurde daraus Stiftung ʻPictorightʼ, die “de

belangen van visuele auteurs door uitoefening, bevordering en bescherming van auteursrechten [behartigt].” Siehe Website pictoright.nl.

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15 Aan tijd kan ik mij niet binden. Alle bewerking moet onder mijn leiding en toezicht blijven. Het stempel moet in Nederland worden gesneden en de stempelsnijder moet met mij in verbinding worden gebracht. Mijn honorarium zou ƒ600 zijn en mogelijke reis- en verblijfkosten worden vergoed. Reislustig ben ik echter niet en kom niet van mijn plaats dan in dringend geval […]“.14 Es war wahrscheinlich vor allem das exorbitante Honorar, das für Veen Grund genug war, um die Zusammenarbeit mit Colenbrander nicht anzugehen. Andere Künstler, an die Veen Aufträge vergab, stellten zum Glück nicht so hohe Bedingungen, aber auch mit ihnen verlief die Zusammenarbeit nicht immer ohne größere Schwierigkeiten.15

Theo Colenbranders’s Anforderungen an einen Auftrag, seine Ideen für einen Einbandentwurf und die Wiederverwendung und Anpassung des Entwurfes für Louis Couperusʼ Buch Extaze durch Verleger Veen sollen hier als einleitende Beispiele für diese zusammenhängende Themen fungieren, die in der vorliegenden Arbeit behandelt werden. Die zentrale Frage ergibt sich daraus wie folgt: In welchem Maße beteiligten sich graphischer Künstler an der Ausführung ihrer Einbandentwürfe für niederländische Jugendstil-Bücher und wie gingen Verleger hinsichtlich der Widerverwendung und Umgestaltung der Entwürfe anschließend mit ihnen um?

Untersuchungen zum Verlagsarchiv Veen bezeugen die direkte Einbeziehung der Künstler beim Prozess der Einbandgestaltung. Veen schätzte die Kommentare von ihren Seiten. Oftmals hatten diese bereits konkrete Vorstellungen bezüglich der Farben für den Abdruck und des zu benutzenden Leinens. Aber auch Veen fragte nach ihren Meinungen und forderte in Briefen oftmals anzugeben „welk gij het best vindt“.16 Es ging auch nicht nur um den Entwurf an sich, sondern auch wie gut der Buchbinder den Entwurf übernommen hatte und wie der dazugehörige Stempel gelungen war. Vom Stempelschneider erwartete man immerhin, dass er die Übernahme des Künstlerkonzepts auf Papier exakt auf hartes Metall übertrug.17 Dabei ging es um die Liniendicke und Linienführung. Am wichtigsten war jedoch der Abdruck des Entwurfs auf einem Bucheinband. Sobald Probeeinbände zur Verfügung standen, ließ der Künstler seine Präferenz wissen. Oftmals folgte Veen den Ratschlägen der Künstler, doch pragmatische Gründe verhinderten hin und wieder die Umsetzung in die Realität.

14 Van Vliet 2000, 32. 15 Siehe Kapitel 4.

16 Im Veen-Archiv im Literaturmuseum in Den Haag liegen etliche Briefe, worin der Verleger um die Meinung

bezüglich der Farbe Leinen und der gemachten Probeeinbände fragt. Siehe dazu beispielsweise die Entstehung des Einbandentwurfs von Jan Toorop für Couperus‘ Novelle Babel (L.J. Veen 1901, Van Vliet 2000, 213-214). Das Zitat hier verweist nach einem Brief an Jan Toorop aus genanntem Archiv (LJV 12 (81)). Toorop soll die Klischeeabdrücke von seiner Zeichnung für Couperusʼ Märchen Fidessa beurteilen. Das Datum ist unlesbar. Es muss aber das Jahr 1900 sein, da es um Toorop’s Auftrag für Fidessa geht.

17 Stempel aus Zink benutzte man für Farbdrucke. Stempel aus Messing dienten zum Anbringen von Gold- und

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16 So berücksichtigte Veen Toorop’s Ideen für die Leinenfarbe von Couperusʼ Metamorfoze (1897); für Psyche (1898) allerdings wählte der Verleger selbst die Farben und schenkte er Toorop’s Vorschlägen keinerlei Beachtung.18 Ebenso wenig Beachtung galt den Künstlern, wenn einer ihrer Entwurfe wiederverwendet wurde. Die Anwendung ohne die Einbeziehung der Künstler lag in den Händen der Verleger, die oft durch kleine Eingriffe, wie Farbänderungen oder Entwurfverkleinerung, Büchern ein vertrautes, aber dennoch anderes, ja sogar ein neues Aussehen verliehen. Nach wie vor wurde aber dem potentiellen Käufer der originale Künstlerentwurf präsentiert. Die Umgestaltung durch Verleger änderte dadurch nichts am Status dieser Bücher, nämlich dass es sich um gut versorgte, visuell anziehende Objekte handelt, die Leser zum Kauf des Buches anregen sollten.

• Untersuchungsobjekt

Die Jugendstil-Bücher, die in dieser Arbeit zur Sprache kommen, sind moderne Verlagseinbände. Sie wurden im Auftrag eines Verlegers durch einen Künstler dekoriert, in großen Anzahlen maschinell produziert und auf dem Markt gebracht. In der Literatur werden sie darum oftmals industrielle Verlagseinbände genannt. Damit meint man Bücher, die ab ca. 1840 als Massenprodukt in den Niederlanden hergestellt wurden.19 Die zeitliche Gliederung hält sich weitestgehend an Ernst Braches’ Rahmen, sprich 1892 bis 1903. Das erste Anzeichen, dass sich die Zeit der Einbandkunst dem Ende zuneigt, gibt sich mit der niederländischen Übersetzung von William Morrisʼ Kunst en maatschappij, das 1903 beim Verlag A.B. Soep (Amsterdam) herausgebracht wurde, zu erkennen. Schriftgestalter und Künstler S.H. de Roos (1877-1962) versorgte das Buch mit einem Einbandentwurf und Illustrationen (Abb. 6). Es wird als das moderne Buch betrachtet, wobei erstmals Ansprüche an typografische Aspekte eine bedeutende Rolle zukam.20 1903 markiert jedoch nicht das Ende der Einbandkünstler, doch nach dem Jahr hält Braches die Zeit der Avantgarde-Künstler für beendet.21 Aber auch danach empfingen sie weiterhin Aufträge, wie u.a. die Einbände von Cornelia van der Hart (1851-1940) für Verleger H.J.W. Becht (1862-1922) aus Amsterdam beweisen. Der endgültige Schlusspunkt ist jedoch im Jahr 1912 erreicht, als der von De Roos entworfene erste zeitgemäße, niederländische Buchstabe, der ʻHollandsche Mediaevalʼ, zum ersten Mal bei Een drietal lezingen in Amerika gehouden von H.P. Berlage (W.L. & J. Brusse, Rotterdam) Anwendung findet.22

18 Van Vliet 2000, 175, 182. Die Gründe hierfür sind wahrscheinlich von pragmatischer Art. Wenn eine Binderei noch

Reste einer Farbe Leinen auf Vorrat hatte, wurden dieser selbstverständlich erst aufgebraucht.

19 Die Kollektion industrieller Verlagseinbände der Reichsuniversität Groningen beginnt sogar erst ab 1890 (und läuft

bis 1940).

20 Braches 2003, 20-21, Hubregtse 1993, 14. 21 Braches 2003, 21.

22 Heij 2008, 11-12. 1914-1915 entwarf S.H. de Roos den Buchstaben ʻZilvertypeʼ, eine speziell für den bibliophilen

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17 Man darf aber nicht vergessen, dass Verleger auch noch Jahre später Entwürfe benutzten, obwohl sie innerhalb der Entwicklung der graphischen Kunst längst obsolet geworden waren. Das älteste Beispiel in dieser Arbeit fällt in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts. Es handelt sich um einen Entwurf von Jan Bertus Heukelom (1875-1965) aus 1906, der aber für die Verlagsgesellschaft W.L. & J. Brusse bis 1929 seinen Dienst tat (Abb. 49).

Generell handelt es sich um Einbände von ca. 20cm hoch und ca. 15cm breit mit einem Gewebe- bzw. Leinenbezug, worauf ein Entwurf gedruckt wurde. Bücher mit besonderem Bekleidungsmaterial wie Leder oder Pergament spielen hierbei keine Rolle, da es sich um Prachteditionen in kleinen Auflagen handelt.23 Beispiele solcher Exemplare sind jedoch im ersten Kapitel zu finden. Sie dienen zur Veranschaulichung von Verzierungstechniken und Bekleidungsmaterial. Ebenso wenig werden andere Druckarbeiten, wie Zeitschriftentitel und anderes graphisches Material besprochen. Auch die billigeren Ausgaben (Broschuren) werden in dieser Arbeit nicht berücksichtigt. Auf ihnen findet man jedoch regelmäßig den Entwurf eines Künstlers.24

Um mehr über die Kommunikation zwischen Verlegern und Künstlern zu erfahren, wurden zwei Archive zurate gezogen. Verlagsarchive sind manchmal nur teilweise überliefert, schlecht dokumentiert oder bestehen gar nicht mehr. Das Archiv von L.J. Veen ist eine seltene Ausnahme, da es komplett überliefert ist. Es ist im Literaturmuseum in Den Haag untergebracht und bietet ausreichend Material, sowohl von seiner geschäftlichen als von seiner persönlichen Korrespondenz. Verleger Veen spielt darum eine zentrale Rolle in diesem Diskurs.25 Das Museum beherbergt noch andere Verlagsarchive, wie das von Willem Versluys (1851-1937). Da auch er regelmäßig mit Künstler zusammenarbeitete, wird in diesem Zusammenhang R.N. Roland Holstʼs Auftrag zu Frederik van Eedensʼ Johannes Viator (1892) besprochen. Das Archiv von Verleger H.J.W. Becht (1862-1922), welches in der Sondersammlung der Universitätsbibliothek Amsterdam untergebracht ist, beinhaltet-obwohl noch gut erhalten-leider keinen Briefwechsel mit der Künstlerin Cornelia van der Hart. Trotzdem bot es interessante Einsichten bezüglich des Umgangs mit ihren Entwürfen durch den Buchbinder Elias P. van Bommel.

23 Braches 2006, 546. Auf besonderen Editionen wurden auch Künstlerentwürfe wiederverwendet, wie

beispielsweise Theo Neuhuysʼs Entwurf für Louis Couperus‘ Buch De boeken der kleine zielen (L.J. Veen, Amsterdam 1901). Die Prachtausgabe wurde in einem Einband mit Pergamentbekleidung herausgegeben und kostete 10 Gulden.

24 Verleger gaben generell eine teurere gebundene Ausgabe und eine billigere Taschenbuchausgabe auf den Markt.

Siehe die einzelnen Beschreibungen von Louis Couperusʼ Romanen in Versierde verhalen (Van Vliet 2000, ab S. 105).

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• Grund der Forschung und Ziel der Arbeit

Die Wiederverwendung von Künstlerentwürfen und deren Anpassungen durch Verleger ist weder spannend noch neu. Es ist ein allgemein bekanntes Phänomen und wird von Autoren oftmals am Rande erwähnt, wenn es um niederländische Jugendstil-Einbände geht.26 Im Katalog zur Ausstellung Het Nederlandse boek en de

Nieuwe Kunst, 1892-1906 im Museum Meermanno-Westrenianum in Den Haag von 1965 wird der Leser nur kurz darauf hingewiesen, dass auch andere Bücher den gleichen Entwurf haben.27 Aber lange nicht alle wiederverwendeten Entwürfe kommen zur Sprache, was darauf hindeutet, dass man dem Thema beim Zusammenstellen des Katalogs keine große Aufmerksamkeit schenkte. Nummer 2 beschreibt zum Beispiel das Buch Johannes Viator. Het boek van liefde von Frederik van Eeden, das 1892 bei Willem Verlsuys mit einem Einbandentwurf von R.N. Roland Holst erschien. Zwei Jahre später kam Van Eedenʼs De Broeders. Tragedie van het recht in den Handel (Nr. 17). Verlsuys benutzte dafür Holstʼs Entwurf für die broschierte Ausgabe des ersten Drucks von Johannes Viator (1892), doch davon wird in der Beschreibung von Nummer 17 nichts vermeldet. Sogar Ernst Brachesʼ gepriesene Doktorarbeit Het boek als Nieuwe Kunst, 1892-1903: een studie in Art Nouveau (Utrecht 1973) behandelt das Thema nicht. Ihm ging es um die Erforschung der Normen und Prinzipien, die der Kunst der Neunziger-Künstler zu Grunde lagen und die letztendlich den niederländischen Jugendstil, die ʻNieuwe Kunstʼ, hervorbrachten. Brachesʼ zweiteiliges Werk Nieuwe Kunst. Een documentatie (Amsterdam 2006), welches auf Het boek als Nieuwe Kunst fortarbeitet, bietet mehr Material zum Thema Wiederverwendung von Künstlerentwürfen. Zu jedem Künstler, den er in seiner Doktorarbeit behandelt, gibt er eine Übersicht von allen bekannten Werken und den dazugehörigen Dokumenten, wie Briefen und Entwurfszeichnungen, und deren Bewahrungsort. Daneben listet er-wenn vorhanden-alle unterschiedlichen Varianten eines Entwurfes auf. Es bleibt jedoch bei kurzen systematischen Angaben, wie bei L.W.R Wenckebachʼs Einbandentwurf zu Van de muziek des leven von Johanna van Woude (Amsterdam, L.J. Veen 1895).

26 Die industriellen Verlagseinbände von Sammler A.S.A. Struik im Buch Nederlandse industriële boekbanden in de

Universiteitsbibliotheek Amsterdam (Amsterdam 2000) reichen auch vor die Zeit der Jugendstil-Bücher. Die Wiederverwendung von Stempeln im 19. Jahrhundert widmet er kurze Beschreibungen. Interessant ist der Beitrag von J.A. Brongers über die Zeichnung des französischen Illustrators Edouard Riou (1833-1900), die als

Inspirationsquelle für den Stempel zu J.J.L. ten Kateʼs De Schepping; een gedicht (Kemink & Zoon, Utrecht 1866, 28-29) diente.

27 Bei Het zusje von Henri Borel (Nr. 117, P.N. van Kampen & Zoon, Amsterdam 1901, 2. Druck) steht: “Wit linnen

met dezelfde decoratie als die van no. 52, maar in oranje-bruin, letters in goud.” Nummer 52 verweist nach Het jongetje, einen Roman ebenfalls aus der Feder von Borel (P.N. van Kampen & Zoon, Amsterdam 1898). Den Entwurf dazu lieferte Johan Thorn Prikker (1868-1932). Thorn Prikkerʼs Entwurf auf diesen beiden Büchern ist wohl eines der bekanntesten Beispiele, wenn es um die Wiederverwendung von Künstlerentwürfen auf Bucheinbänden geht. Siehe dazu u.a. Storm van Leeuwen 2008, 29 und Storm van Leeuwen 2010, 41.

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19 Braches schreibt:

De band voor Van de muziek des leven is in 1899 opnieuw gebruikt, ditmaal voor Samen bergopwaarts […]

.“

28 Letztgenannter Titel war wiederum ein Buch von Johanna van Woude. Dabei blieb

es für Verleger Veen aber nicht. Braches nennt noch zwei weitere Bücher, für die der Verleger die florale Verzierung geeignet fand: (1) Liesbeth. De geschiedenis van een kind. Vrij bewerkt naar het Engelsch door Johanna van Woude (1907) und (2) Het bosch van Groot-Vredestein en andere verhalen von Johanna van Woude (1908). Brachesʼ Information ist demnach nur von dokumentarsicher Art, stellt aber für die Forschung nach wiederholt verwendeten Künstlerentwürfen eine reiche Informationsquelle dar.

Einige der wenigen, die diesem Aspekt tiefergehende Aufmerksamkeit schenken, sind der Couperus-Experte H.T.M. van Vliet (1950-) und Einbandspezialist Jan Storm van Leeuwen (1943-). Letzterer beschreibt im Ausstellungskatalog Kunstenaars, ontwerpers en boekbanden: Nederlandse uitgeversbanden (1890-1930) in de Universiteitsbibliotheek Nijmegen (Nijmegen 2010) an der Hand von Beispielen das Thema der Wiederverwendung. Für ihn ist es

[…] een heikel onderwerp, waarover bijna niets bekend is […]

.29Van Vliet beschäftigt sich damit eingehend in seinem im Jahr 2000 erschienenem Buch Versierde

verhalen. De oorspronkelijke boekbanden van Louis Couperus’ werk [1884 - 1925] (Amsterdam 2000). Sein Forschungsobjekt sind einerseits die originalen Einbandentwürfe, die unterschiedliche Künstler im Auftrag von (vor allem) Verleger Veen für Couperus’ Bücher anfertigten, und andererseits deren Varianten. Etliche Zitate beschreiben ihr Zustandekommen. Lebhafter und direkter kann der Entstehung von Jugendstil-Büchern kaum Gestalt gegeben werden. Eine lückenlose Übersicht von allen Varianten bietet sein Buch jedoch nicht, denn, so schreibt er:

Aangezien er noch van de bindpartijen, noch van de gebruikte kleurencombinaties een volledig overzicht bestaat, is het bijeenbrengen van alle variaties in banden een vrijwel onmogelijke opgave. Men weet nooit zeker of de verzameling compleet is.“30 Für die in dieser Arbeit beschriebenen Einbände und ihre wiederverwendeten Entwürfe gilt der gleiche Leitgedanke. Ziel ist es darum auch nicht, so viel unterschiedliche Einbandvarianten wie möglich ausfindig zu machen. Versierde verhalen ist aber dennoch unverzichtbare Lektüre und bietet ausreichend Material zur weiteren Erforschung des Themas.

Interessant in diesem Zusammenhang ist noch Carina Grevenʼs Forschung zum Künstler Georg Rueter (1875-1966). Neben seinem Werk als Maler, beschäftigte sie sich mit seinem graphischen Werk, wie Affichen, Urkunden und Kalendern. Entwürfe für Bucheinbände fertigte er für u.a. die Verlage W.J. Thieme & Cie in Zutphen, Willem Versluys und E.M. Querido aus Amsterdam an.

28 Braches 2006, 911. L.W.R. Wenckebach war nicht nur für den Einbandentwurf zu Van de muziek des leven

verantwortlich, sondern sorgte auch für Vignetten. Diese wurden genau wie der Einbandentwurf für Samen bergopwaarts (L.J. Veen 1899) wiederverwendet.

29 Storm van Leeuwen 2010, 9. 30 Van Vliet 2000, 74.

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20 Wie die Zusammenarbeit zwischen ihm und den Verlegern verlief, schildert sie durch überlieferte Briefe, wodurch man-wie bei Van Vliet-einen guten Eindruck vom Zustandekommen der Einbandentwürfe und Bücher bekommt.31 Auch seine Entwürfe wurden wiederverwendet, sei es für Serieneinbände bei Thieme & Cie oder Bücher von diversen Autoren bei Versluys.32

Zusammenfassend kann demnach festgestellt werden, dass man Dank Van Vlietʼs Archivarbeit und anderen Publikationen kein grundsätzlich unerforschtes, wohl aber eher ein vernachlässigtes Terrain betritt.33 Die vorliegende Arbeit orientiert sich im ersten Teil an Van Vlietʼs Recherche, wobei eigene Archivarbeit das Textmaterial anfüllt. Hierbei stehen eine Reihe Künstler im Mittelpunkt, deren Entwürfe und Meinungsäußerungen in Briefwechsel mit Verlegern. Allererst soll daher für mehr Klarheit auf dem Gebiet der Kooperation zwischen Künstler und Verleger gesorgt werden. Darüber hinaus mangelt es an ausreichender Kenntnis auf dem Gebiet des Umgangs von Entwürfen durch Buchbinder. Storm van Leeuwen schreibt:

Wanneer een kunstenaar een ontwerp had gemaakt, werd het naar de uitgever gestuurd en moest deze ervoor zorgen dat er stempels gemaakt werden, waarmee het op de band overgebracht kon worden. Er is vrij weinig over dit hele proces bekend en over wat daarna met het ontwerp gebeurde; mogelijk was dat bij verschillende uitgevers en kunstenaars weer anders.“34. Das Arbeitsmaterial des Buchbinders Elias P. Van Bommel im Verlagsarchiv H.J.W. Becht hilft die Lücke der Unwissenheit in Bezug auf die Behandlung von Entwürfen, im Fall von Cornelia van der Hart, zu füllen..

Obwohl oben genannte Kommunikation zwischen Künstlern und Verlegern selbst noch etliche offene Fragen hat, deren Beantwortung hier zum Teil versucht wird zu finden, dient dieser Teil der Einführung zum eigentlichen Hauptthema der Arbeit, nämlich der Wiederverwendung von Künstlerentwürfen auf Bucheinbänden und der Umgestaltung durch Verleger. Ohne ein Verständnis der Zusammenarbeit kann die Reichweite der erneuten Anwendung nur ungenügend erfasst werden. Immerhin geht es hier um Kontakte und Absprachen, die der wiederholten Benutzung der Entwürfe vorweggehen und demnach nicht ignoriert werden können. Um nun den von Storm van Leeuwen genannten

heikle Zustand“ der Wiederverwendung etwas mehr zu verbessern, wird die Problematik von unterschiedlichen Seiten beleuchtet.35 So wird zum Beispiel der Frage nachgegangen, was die Konsequenzen der Wiederverwendung waren bzw. sind, und ob Künstler Einfluss darauf hatten? Ziel der Arbeit ist es, zu zeigen, dass dieses oftmals nebensächliche Thema facettenreicher ist als so oft suggeriert wird.

31 Greven 1999, 67-81. 32 Greven 1999, 78-79.

33 2010 erschien Willem Elsschot in boek en band. Eerste inventarisatie van bandvarianten von Wilma

Schuhmacher. Sie beschäftigte sich eingehend mit der Historie von Drucken und Einbandvarianten des Belgischen Autors Willem Elsschot (1882-1960). Ihre Aufmerksamkeit galt der Feststellung von Unterschieden und deren Hintergründe. Da die Datierung der Bücher zwischen beide Weltkriege fällt und die Einbandverzierung nichts mehr mit Jugendstil zu tun hat, wurde diese Publikation nicht in diese Arbeit aufgenommen.

34 Idem Note 29. 35 Idem Note 29.

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21 Trotz Brachesʼ eingehender Forschung zu niederländischen Jugendstil-Büchern, die seit seiner Doktorarbeit 1973 dafür sorgte, dass ihnen die Aufmerksamkeit zukommt, die sie verdienen, bleiben die Varianten und die wiederverwendeten und angepassten Entwürfe lediglich eine gewöhnliche Nebensache, deren Umfang bisher noch nicht tiefgehend genug beleuchtet wurde.36 Da die kurze, aber produktive Kunstbewegung des Jugendstils um 1900, bzw. Art Nouveau oder ʻNieuwe Kunstʼ, noch immer ein faszinierendes Thema darstellt, ist es jetzt an der Zeit, auch diesem “unorginellen” Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

• Aufbau der Arbeit

Das 19. Jahrhundert ist ein Jahrhundert der Veränderungen. Mechanisierung von Arbeitsprozessen und Massenproduktion kennzeichnen die immer weiter voranschreitende Industrialisierung in Europa. Da auch die Bücherproduktion betroffen war, widmet sich das erste Kapitel der Bücherherstellung im Industriezeitalter. Die wichtigsten technischen Erneuerungen werden kurz beschrieben, da gerade diese Erfindungen das Aussehen der Jugendstil-Bücher und die Produktion der Verlagseinbände prägten. Behandelt werden darum die Vergoldpresse, die Einführung und der Erfolg des Gewebeeinbandes, das eingehängte Buch (niederländisch bandzetter) und beliebte Verzierungstechniken, wie die Batik-Technik. Das zweite Kapitel introduziert das Phänomen des niederländischen Jugendstils: Nieuwe Kunst. Ernst Brachesʼ Publikation Het boek als Nieuwe Kunst (Utrecht 1973), das die Entstehung und Entwicklung des niederländischen Jugendstils untersucht, wird noch heute als bahnbrechende Forschung gesehen und darf darum nicht fehlen. Außerdem werden an dieser Stelle die in den Niederlanden vorhandenen Sammlungen kurz vorgestellt. Das nachfolgende Kapitel behandelt Jugendstil-Ornamente und ihre Stempel. Nicht alle Jugendstil-Bücher sind Produkte eines künstlerischen Individuums. Viele Einbände wurden mit Hilfe von losen Stempeln dekoriert, die oftmals von deutschen Gravieranstalten hergestellt wurden. Die Verzierung war das Werk der Buchbinder, die ihrer Zeit entsprechende populäre Zierstücke verwendeten. Die Wiederverwendung der Stempel von Künstlerentwürfen muss man im Licht dieser Tradition betrachten. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Kommunikation zwischen Verlegern und Einbandkünstlern. Verleger L.J. Veen wird noch heute gerühmt für seine außerordentlichen Couperus-Einbände; er ist dann auch hier mit vier Beispielen vertreten: Jan Toorop, H.P. Berlage, Karel Sluyterman und Chris Lebeau. Willem Versluysʼ Zusammenarbeit mit R.N. Roland Holst schließt das Kapitel ab. Anschließend kommt das Thema der Wiederverwendung zur Sprache. Kapitel fünf behandelt die Art und Weisen der erneuten Benutzung. In drei Gruppen werden die verschiedenen Möglichkeiten beschrieben. Das letzte Kapitel beleuchtet weitere Betrachtungsweisen bezüglich dieses Themas. Die Arbeit wird abgeschlossen mit Schlussfolgerungen, der Literaturliste und Abbildungen.

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Kapitel 1: Buchproduktion im Industriezeitalter

Die Produktion von Büchern lag lange Zeit in den Händen von Buchbindern. Dieses Handwerk zählt zu den wenigen traditionellen Berufen, die bis in unser modernes Zeitalter überlebt haben. Aber auch dieses Gewerbe unterlag Veränderungen, wodurch sich aus dem einstigen Handwerk eine vollautomatisierte Industrie entwickelte. Ludwig Brade bringt in Het geïllustreerde boekbindersboek: volledig onderrigt in het boekbinden, waarin beschreven worden de nieuwste Fransche, Engelsche en Duitsche verbeteringen in dit vak ... (Leiden 1861) den Leser auf den neusten Stand des technischen Fortschritts in der Bücherherstellung. Einen detaillierten Einblick ins Buchwesen des 19. Jahrhunderts schildert R. van der Meulen in seinen Büchern Het boek in onze dagen und De boekenwereld. Theorie en praktijk van den boekhandel, benevens het meest wetenswaardige van de daaraan verwante vakken (beide Leiden 1892). Alle drei Publikationen sind mit zahlreichen Abbildungen von Drucken, zeitgenössischen Fotos und damals neuen Illustrationstechniken versehen. Sie veranschaulichen die Transformation, die der traditionelle Beruf des Buchbinders, des Buchhändlers und der Buchherstellung durchlaufen haben. Arbeitsteilung und Erfindungen wie der Bezugstoff des Leinens und die Vergoldpresse ermöglichten eine schnelle und billige Produktion, wodurch das Buch zur Massenware wird (Abb. 7). Obwohl Bücher dadurch für jeden bezahlbar wurden, war von echten Qualitätsprodukten jedoch keine Rede. Die Merkmale „billig und schlecht“ probierte man gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit Hilfe moderner Technik und künstlerischer Gestaltung aus dem Weg zu räumen.37 Bücher sollten wieder ästhetisch hochwertige Produkte werden und so trugen graphische Künstler, aber auch Verleger zum Aufschwung der Buchkunst in den Niederlanden bei.

In diesem Kapitel wird dieser Werdegang des Verlagseinbandes beschrieben, so wie er sich in den Niederlanden ab ca. 1820 vollzogen hat. Die Produktion von diesem Massenprodukt steht hierbei im Mittelpunkt. Eine kurze Entwicklungsgeschichte davon folgt im ersten Abschnitt. Anschließend werden die wichtigsten neuen Erfindungen, Geräte, Materialien und Verzierungsmöglichkeiten betreffend, für Einbände separat besprochen und anhand von Beispielen illustriert.

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1.1 Der Verlagseinband

Das moderne Verlagswesen ist noch ein relativ junges wirtschaftliches Metier, das sich nach ca. 1800 langsam entwickelte. Die Vervielfältigung von geschriebenen Werken und die Produktion in Auflagen besteht jedoch schon seit Ende des 15. Jahrhunderts. Vom eigenständigen Beruf des Verlegers war jedoch vor 1800 noch keine Rede. Es waren Drucker oder Buchhändler, die gelegentlich Aufträge an Buchbinder vergaben, Bücher in Auflagen zu binden. Diese konnte man danach sofort an einen neuen Besitzer verkaufen. Es betraf vor allem Bibeln, Texte antiker Autoren, Almanachen und Atlanten. Verkaufsfertige Bücher also, die ohne erhebliche Risiken auf den Markt gebracht werden konnten, weil sich der Verkauf und Umsatz gut einschätzen ließen. Es war auch schon möglich, ein Buch vor dem Erscheinen zu abonnieren (niederländisch intekenen). Die potentiellen Käufer bezahlten dann den vereinbarten Preis im Voraus. So konnte der Verleger-Drucker, bzw. der Verleger-Buchhändler sich seines Gewinns sicher sein. Der Term ʻBuchverkäuferʼ deutete lange Zeit den kombinierten Beruf an, doch im 19. Jahrhundert entwickeln sich langsam zwei Berufszweige mit je ihrer eigenen Spezialisierung: der Buchhändler, der ausschließend Bücher verkauft und der Verleger, der für die Herstellung und Verbreitung von Druckwerk verantwortlich ist.38

Bis ins 19. Jahrhundert hinein war es allgemein gebräuchlich als Besitzer selbst den Auftrag zum Einbinden zu geben, ob nun als Privatperson, Verleger-Drucker oder Verleger-Buchhändler. Storm van Leeuwen nennt solche Bücher „Auftragseinbände“ (niederländisch band in opdracht oder opdrachtband).39 Handelt es sich bei persönlichen Aufträgen um Einzelstücke, kann man bei solchen in Auflage hergestellten Büchern von „in serie gemaakte unikaten“ sprechen.40 Was beide Auftragsarten aber miteinander verbindet, ist die traditionelle Bindeweise. Buchbinder verrichteten die Arbeit nach wie vor mit alt bewährten Gerätschaften und Materialien.

Frühe Verlagseinbände konnten vorübergehend oder definitiv sein, je nach Einbandart.41 Provisorische Einbände erkennt man an ihrer schwachen, leimlosen Hefttechnik, dem leichten Einbanddeckel aus Papier oder Karton und den unbeschnittenen Seitenrändern. Solche Interimseinbände findet man um Zeitschriften und Pamphleten. Bücher, in die man mehr Kosten und Mühen investierte, besaßen einen festen Einband, der keiner weiteren Anpassung bedurfte, sowie eine stabile Heftung und Leimung.

38 Dongelmans und De Kruif 2010, 225, Van der Laan 2006, 139. 39 Storm van Leeuwen 2010, 70.

40 Van der Linden 1987, 6.

41 Geleijns 2012, 142-145. Er unterscheidet zwischen drei Sorten von Einbandkonstruktion: 1) printed wrappers, 2)

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25 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts veränderte sich das Aussehehen der frühen Verlagseinbände. Man ging dazu über, die allgemeinen Daten vom Rücken auf den Vorderdeckel zu verschieben. Autor und Titel wurden dann oft durch einen farbigen und/ oder illustrativen Rahmen umgeben. Neben dem Titel sind aber auch Bücherlisten und Werbeanzeigen abgedruckt. In vielen Fällen wird sogar der Preis des Exemplars vermeldet. Eric Geleijns nennt sie die Vorläufer des späteren Verlagseinbandes.42

Im 19. Jahrhundert verwandelte sich das Buch zum Verbrauchsartikel. Schon nach einmaliger Verwendung hatte es seinen Zweck erfüllt, so wie es bei Romanen oft der Fall war.43 Der Verleger brauchte also weder viel Mühe und Kosten in die Stabilität noch in die Materialien stecken. Dem Aussehen der Bücher kam dahingegen ein wichtiger Faktor hinzu. Optische Anziehungskraft erreichte man durch einen farbigen Umschlag mit darauf einer Illustration oder einem Ornament entsprechend der aktuellsten Mode und des herrschenden Stiles und einem ordentlichen zugeschnittenen Buchblock.

Die Verlagseinbände des 19. Jahrhunderts gab es in zwei Ausführungen: die teurere gebundene Ausgabe mit festem Einband (niederländisch ingebonden) und die billigere Ausgabe mit einem Einband aus flexiblem Material wie Karton (niederländisch ingenaaid). Letztere sind das Resultat der provisorischen Einbände, nur erlangten sie im Laufe des 19. Jahrhunderts den Status von preiswerteren, verkaufsfertigen Produkten. Heutzutage verwendet man die Begriffe ʻgebundene Ausgabeʼ und ʻTaschenbuchʼ oder ʻbroschierte Ausgabeʼ, um den preislichen Unterschied anzugeben. Die gebundene Ausgabe von Louis Couperusʼ Märchen Psyche (L.J. Veen, Amsterdam 1898) kostete zum Beispiel 2,90 Gulden; für das Taschenbuch brauchte man 50 Cent weniger zu bezahlen.44

1.2 Industrialisierung und Mechanisierung: Erfindungen in der Buchproduktion

Rund 1850 hielt die industrielle Revolution auch in den Niederlanden Einzug. Der Einsatz von Maschinen und Industriewerk sorgte für einschneidende Veränderungen in sozialen und ökonomischen Sektoren. Zunehmende schlechte Arbeitsbedingungen und Lebensumstände von Arbeitnehmern gingen gepaart mit dem rasanten technischen und wirtschaftlichen Wachstum und finanziellen Reichtum der Unternehmer einher. Die Bücherproduktion wurde insoweit betroffen, dass man mit neuen Maschinen und Arbeitsteilung fortan in der Lage war, Bücher noch schneller, effizienter und kostengünstiger herzustellen.45 Die Effekte auf den “alten” Verlagseinband fasst Van der Linden folgendermaßen zusammen:46

42 Geleijns 2012, 131 43 Van der Linden 1989, 4. 44 Van Vliet 2000, 179.

45 Gewebe als Bezugsstoff war kostengünstig, aber nach wie vor war Papier das billigste Material von allen. 46 Idem Note 40.

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26 1) Bindeweise: „[…] ze worden niet in de band gebonden, maar in de band gehangen of gezet. […] Het in-de-band-gezet-zijn is een typerend kenmerk van de linnen uitgeversband na 1820.“

Über die eingehängten Verlagseinbände (niederländisch bandzetter) folgt im Verlauf dieses Kapitels an späterer Stelle mehr (siehe Seite 29).

2) Produktion: „[…] een volstrekt uniforme uitvoering van alle exemplaren van een partij.“47 Die uniforme Gestaltung galt mehr oder weniger auch für die frühen Verlagseinbände. Bei ihnen handelte es sich jedoch um Handarbeitsprodukte und nicht durch Maschinen fabrizierte Massenprodukte.

3) Auflage: „[…] het gaat […] om zeer grote partijen: de gehele oplage of een merkelijk deel daarvan.“ Auf Van der Linden’s terminologische und historische Auseinandersetzung des Begriffes ‘Verlagseinbandʼ (Niederländisch uitgeversband) wird nicht weiter eingegangen. Jedoch soll noch einmal nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass in dieser Arbeit der Term ‘Verlagseinbandʼ konsequent benutzt wird, um die ab ca. 1840 industriell hergestellten Bücher mit einem Ganzgewebeband in den Niederlanden anzudeuten. Van der Linden’s Definition für die modernen Verlagseinbände lautet wie folgt: „[…] het is een bandzetter die de uitgever voor een (substantieel deel van) de oplage liet maken, eventueel met behulp van de stempelpers. […] De moderne uitgevers- of oplageband kan ambachtelijk óf industrieel vervaardigd zijn.“48

Veränderungen auf sozialem Gebiet hatten ebenfalls weitere Einwirkungen auf die Bücherproduktion. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nimmt die Bevölkerung in den Niederlanden rasant zu. Man bemüht sich um Verbesserungen im Bildungswesen, wodurch immer mehr Menschen die Fähigkeit des Lesens beherrschen. Eine Folge davon ist die stetig zunehmende Anzahl junger und älterer Leser. Es überrascht dann auch nicht, dass sich so mancher Verleger auf die Produktion von Schul-, Kinder- und Jugendbüchern spezialisierte. 49 Öffentliche Bibliotheken und gratis Nutsbibliotheken stillten das Bedürfnis nach Literatur aller Art. Aufgrund ihrer schnellen und preiswerten Produktion waren Bücher im 19. Jahrhundert für jedermann bezahlbar und überall verfügbar. In der zweiten Hälfte bis gegen Ende des Jahrhunderts war jedoch Sprache von einer Zeit, die durch “technischen Aufstieg” und “künstlerischen Niedergang” markiert wurde.50 Eine Reaktion auf diesen ästhetischen Tiefpunkt kommt von Seiten der Künstler aus unterschiedlichen Fachbereichen. Die neue Bewegung sollte in den Niederlanden Nieuwe Kunst heißen und der Buchkunst zu einer neuen Blütezeit verhelfen.

47 Van der Linden 1987, 7.

48 Van der Linden 1987, 7-8. Für Van der Linden verschafft der Begriff oplageband (zu Deutsch ‘Auflage-Einbandʼ) am

meisten Deutlichkeit.

49 Dongelmans und De Kruif 2010, 224. Einer dieser Verleger war H.J.W. Becht aus Amsterdam (Schilt 1992, 39-43). 50 Ovink 1969, 116.

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• Der Gewebeeinband

Eines der ältesten, wenn auch kaum bewahrt geblieben Bekleidungsmaterialien für Bücher, ist Textil. Auch im Industriezeitalter wurde es als Bezugsstoff eingesetzt und sollte im Laufe des 19. Jahrhunderts der Ersatz für den simplen Papierumschlag werden. Den Mann, der als erster auf den Grundstoff zurückgriff, war der Londoner Herausgeber William Pickering (1796-1854). Er trachtete danach, Textil als Bekleidungsmaterial zu benutzen, um die empfindlichen Pappbände damit zu verstärken. Bei diesem Material handelte es sich um ein Baumwollgewebe. Es ist nicht mit den hier besprochenen Gewebeeinbänden, die aus einem billigeren Fasergemisch bestehen, zu verwechseln. Anfänglich war die Erneuerung demnach nur eine Verbesserung der vorläufigen schwachen Interimsbände und dachte Pickering keineswegs daran, diesen Stoff für seine verkaufsfertigen Bücher anzuwenden.51 1821 erschien der erste calico-Einband von Pickering um Horatiusʼ Gedichte auf Latein.

Der Name calico verweist nach der Indischen Stadt Kalikut. Es handelt sich um ein Baumwollgewebe, dass über die East Indian Company nach Europa verschifft wurde. Nicht nur Bücher wurden mit diesem Material bezogen, auch in der Möbel- und Kleiderindustrie fand es Anwendung. Ehe der Gewebeeinband allerdings in der Bücherproduktion seinen Erfolg feiern konnte, musste noch ein Hindernis bei der Benutzung überwunden werden. Klebte man calico ohne Weiteres auf die Deckel, drang das Klebemittel durch den Stoff und ruinierte so den Einband. Es musste also erst eine Schicht angebracht werden, die das Durchschlagen verhinderte. Auch für dieses Problem fand ein Engländer die Lösung: Buchbinder Archibald Leighton (1784-1841). Mit Hilfe eines pflanzlichen Bindemittels, das vorher in der Farbe des verwendeten Gewebes darauf angebracht wurde, drang der eigentliche tierische Leim auf den Deckeln nicht durch den Stoff. Es dauerte nicht lange und nach 1825 legten sich Fach-Webereien auf diese Art der Einbandvorbereitung fest, erst in England und Deutschland und gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch in den Niederlanden. Das appretierte Gewebe war in allerlei Mustern, Strukturen und in diversen Farben verfügbar. Um bestimmte Effekte zu erlangen, zog man das Gewebe durch zwei erwärmte Zylinder, in die das jeweilige Muster in der Normalform bzw. der Kontraform eingraviert war. So entstand eine Diversität an Gewebeerzeugnissen mit unter anderem Perlendruck, Flecht- Wellen- oder Phantasiemuster, oder mit einer Saffianleder-Imitation. Je nach dem Modebewusstsein der Zeit änderten sich die Muster und passte man Formen und Effekte an den kontemporären Geschmack an. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts nahm die Oberflächenbearbeitung des Gewebes stets mehr ab. Stattdessen kam Material, das qualitativ hochwertig und keine Bearbeitung durch Zylinder bedurfte, in Schwung. Als Beispiel kann an dieser Stelle Buckram, ein widerstandsfähiges, starkes und ebenfalls appretiertes Gewebe, das gerade die Unebenheiten des Stoffes sichtbar lässt, genannt werden.

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28 Die Einführung von Leinen als Bezugstoff für Bücher in den Niederlanden wird erneut einem Engländer zugeschrieben; nämlich dem in Amsterdam ansässigen Buchbinder Benjamin Suggett Nayler. Er war in den Zwanzigern des 19. Jahrhunderts aktiv, doch inwieweit er tatsächlich für die Verbreitung des Gewebeeinbands verantwortlich war, ist umstritten. Van der Linden zweifelt stark an seiner prominenten Rolle als Erfolgsperson hinter dem neuen Material.52 Die historischen Quellen bezüglich des Buchhändlers A.C. Kruseman haben wenig Überzeugungskraft und somit konkludiert er: „Het feit dat hij [Benjamin S. Nayler] in 1825 als Engelsman in Amsterdam verklaart, dat men in Londen en Parijs beter boekbindt, is geen reden om hem met de versterking van de papieren omslag door middel van een katoenen bekleding in verband te brengen. Het duurt na zijn optreden als boekbinder dan ook nog geruime tijd vóór de linnen band in ons land enigszins populair wordt.“53 Das Nederlandsche Muzen-Alamanak (J.H. Laarman, Amsterdam) aus 1841 markiert den Beginn der großschaligen Anwendung des Gewebeeinbands aufgrund seiner materiellen und finanziellen Vorteile. Außerdem eignete er sich sehr gut für Dekorationszwecke, wie die Künstlerbücher des Jugendstils beweisen.

• Bandzetter oder das eingehängte Buch

Mit dem appretierten Gewebe als verbessertes Einbandmaterial konnten Einbände schnell und einfach bekleidet, anschließend bedruckt und dekoriert werden. Der Buchblock wurde getrennt hergestellt und nachdem beide Teile fertig waren, wurde der Einband um das Buch gehängt (niederländisch: in de band gezet, Abb. 8). Der bandzetter, vliegende band oder das eingehängte Buch sind aber keine Erfindungen des 19. Jahrhunderts. Geleijns vermutet, dass solche Einbände schon im 18. Jahrhundert eine billigere Alternative zu den teureren Einbänden mit Pergament- oder Lederbezug waren.54 Die Konstruktion war für provisorische, aber auch für permanente Einbände geeignet. Die Verbindung zwischen Einband und Buchblock war auf jeden Fall stabiler als ein Papierumschlag. Sie wurde mittels eines mit Leim bestrichenen Streifen Gaze und der ebenfalls mit Kleber bedeckten äußeren Vorsatzblätter zu Stande gebracht. Sie ist jedoch schwacher als bei einem gebundenen Buch mit Schnüren oder Bändern. Gleichzeitig entwickelte sich das eingehängte Buch schnell zur idealen Produktionsweise für verkaufsfertige Bücher. Leser gewöhnten sich rasch an das Aussehen-sie ähnelten immerhin traditionell gebundenen Büchern-und je mehr Dekorationsmöglichkeiten zur Verfügung standen, desto mehr Wertschätzung brachte man ihnen entgegen.55

52 Van der Linden 1987, 20-23. 53 Van der Linden 1987, 22-23. 54 Geleijns 2012, 144.

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29 Bei Verlagseinbänden des 19. Jahrhunderts handelt es sich demnach vor allem um eingehängte Bücher. Es überrascht auch nicht, dass Verleger diese Art der Herstellung bevorzugten: die Produktion von Büchern konnte schneller und günstiger bewerkstelligt werden. Von der traditionellen Arbeit eines Buchbinders war die Herstellung jedoch weit entfernt. Arbeitsteilung war nun das Kennzeichen der massenhaften Buchproduktion. So waren Arbeiter für die Einbände zuständig, andere wiederum für die Fertigstellung der Buchblöcke und wieder andere kombinierten beide Teile miteinander (Abb. 9-10).

• Buchbindereigeräte: Die Vergoldpresse

Es war nur eine Frage der Zeit, bis man Gewebeeinbände mit Titel und Autor versehen wollte. Erste Versuche mit Tinte waren jedoch erfolglos. Ebenso was das Anbringen von Goldfolie mit Stempeln betraf. 1832 kam in England das erste Buch, dessen Einband mit der Vergoldpresse dekoriert wurde, auf den Markt (Abb. 11). Obwohl das Auftreten dieser Imperial Arming Press sicher überliefert ist, sind die näheren Umstände bezüglich ihrer Erfindung unbekannt.56 Fest steht, dass mit Hilfe dieser Presse Probleme wie Titeldruck und das Anbringen von Verzierungen der Vergangenheit angehörten. Die Vergoldpresse war in der Lage, aufgrund ihres Gewichtes immensen Druck auf eine große Oberfläche auszuüben. Der Titel oder das gewünschte Ornament wurde mit heißen Stempeln mit oder ohne Farbe in das Gewebe oder auf Papier eingeprägt bzw. gedruckt. Zur Vorbereitung brauchte man lediglich die Position auf dem Einband bestimmen und arretieren. Diese Handlung musste demnach nur einmal verrichtet werden. Alle anderen Einbände konnten anschließend problemlos an die exakte Stelle flach positioniert werden, wodurch man einer gesamten Auflage ein uniformes Aussehen verlieh. Die Bedienung der Vergoldpresse fiel unter die Aufgaben derjenigen, die die Einbände vorbereiteten bevor der Buchblock eingehängt wurde. Die Vergoldpresse diente zum Anbringen von Blindstempeln und Gold- und später anderen Farbfolien.

Die Erfindung der Vergoldpresse war ein nicht zu unterschätzendes Ereignis in der Welt des Buches, vor allem aber was die Entwicklung des Verlagswesens angeht. Mit ihr konnte der steigenden Nachfrage nach verzierten Büchern im Laufe des 19. Jahrhunderts nachgekommen werden. Es überrascht dann auch nicht, dass die Vergoldpresse zur Standardausrüstung eines jeden Buchbinders wurde, der für Verleger arbeitete. Diese Buchbindereien nennt man auch Verlagsbindereien.

56 Van der Linden 1987, 45. Abschnitt ʻDie Vergoldpresseʼ ist eine Zusammenfassung von Van der Lindenʼs ʻDe

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• Einbandverzierung: Stempel

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Van der Linden beschreibt das typische Buch des 19. Jahrhunderts wie folgt: „[…] met veel goud, krachtig reliëf en bonte versiering.“58 Dieser Reichtum an Goldornamenten wurden mit Hilfe von Stempeln angebracht. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts benutzte man Symbole mit einer allgemeinen Bedeutung. Man denke hierbei an eine Harfe, Leier oder architektonische Elemente. Solche Stempel konnten problemlos wiederholt eingesetzt werden; ob sie nun mit dem Inhalt des Buches etwas zu tun hatten oder nicht, spielte keine Rolle. Stempel wurden oftmals in Deutschland und Frankreich hergestellt und durch niederländische Buchbinder über sogenannte Musterbücher bestellt. Diese Kataloge boten ein breites Spektrum an Verzierungselementen wie Renaissance- und Barockmotiven oder nordische und japanische Ornamente (Abb. 12-13). Auch symbolträchtige Themen und bunte Illustrationen erfreuten sich unter Buchbindern großer Beliebtheit. In Anbetracht des unerschöpflichen Repertoires an Motiven, Mustern, historischen Stilen und den diversen Verzierungstechniken, konnten Bucheinbände auf nur jede erdenkliche Weise verziert werden. Aufgrund der vielfaltigen Anwendung von alten Stilen und deren Kombination bekam diese Zeit den Namen ʻHistorismusʼ.

Ab 1850 kommt es immer öfter vor, spezielle Stempel für ein Buch anfertigen zu lassen. In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts sind es dann die Entwürfe der Einbandkünstler, die den Büchern ein besonderes Aussehen verleihen. Auch hier weiß man, dass die Stempel für ihre graphischen Kunstwerke oftmals in Deutschland hergestellt wurden. Die traditionelle Arbeitsweise blieb dennoch weiterhin bestehen. Dem Modetrend folgend, boten unzählige (internationale) Jugendstil-Schmuckelemente aus u.a. den genannten Musterbüchern dem Verlagsbuchbinder eine reiche Quelle der Inspiration (Abb. 14).

• Einbandverzierung: Batik-Technik

Beim Batiken werden mit einem farbbeständigen Material wie Wachs Muster auf einen gewünschten Stoff gemalt. Nachdem der Stoff aus dem Farbbad kam, ist an den bedeckten Stellen noch die ursprüngliche Stofffarbe sichtbar. Durch Risse im Wachs kann die Farbe durchdringen und verursacht dadurch den bekannten Batik-Effekt. Die besten Batikprodukte stammen aus dem Herkunftsland dieser Technik, Indonesien. Sie ist aber auch in zentralasiatischen Ländern und Afrika verbreitet.

In die Niederlande gelangte die Batik-Technik über die Kolonien im heutigen Indonesien. Einer der ersten graphischen Künstler, der Bucheinbände damit verzierte, war Lion Cachet (1864-1945). 1895 begann er Pergament zu batiken.

57 Eine ausführlichere Behandlung des Themas Stempel folgt im 3. Kapitel. 58 Van der Linden 1989, 8.

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31 Eine ausführliche Beschreibung der Technik auf getrockneter Tierhaut ist dank einer publizierten Lesung von November 1900, die Architekt Herman A.J. Baanders vor der Technische Vakvereeniging im Februar

des gleichen Jahres hielt, überliefert.59 Baanders und Cachet kannten sich auch persönlich. Ihre

Zusammenarbeit resultierte in Einbänden, auf denen sie mit der Batik-Technik experimentierten. Solch ein

Einband mit den Monogrammen beider Beteiligten befindet sich in einer Privatsammlung.60 Er datiert aus

1899. Die Pergamenteinbände, die Cachet für den Catalogus Huis van Oranje Nassau in 1898 für ausländische Vertreter der Königin und Geldgeber anfertigte, sind Vorbilder seiner ausgezeichneten Beherrschung dieser Technik. Nur leider vier der ursprünglichen 27 Bücher sind heute noch bewahrt, wobei alle Einbände das gleiche Verzierungsmuster aufweisen.

Bei der Batik-Technik konnte man die Verzierung direkt mit der Hand auf das gewünschte Material aufbringen oder erst mittels eines anderen Druckverfahrens das Muster anschließend abdrucken. Cachet verwendete für Catalogus Huis van Oranje Nassau Lithographie und die Technik des Farbabzugs, auch Décalcomanie genannt, bevor das Pergament mit dem Muster versehen wurde. 1899 fertigte er für den Verlag Scheltema & Holkema einen Prachteinband für die zu dieser Zeit zu sehenden Rembrandt-Ausstellung (Rembrandt-portefeuille) an. Dazu batikte er Pergament mit drei Farben. Auch die Prachtausgaben des Buches Gedachten en verbeelding von Jan Hofker (S.L. van Looy, Amsterdam) wurden mit Pergament bekleidet und anschließend durch den Buchbinder Jan Mensing mit Hilfe der Batiktechnik dekoriert. Der Einbandentwurf stammt von Theo Nieuwenhuis. Fünf dieser 50 Prachtexemplare befinden sich im Besitz der Königlichen Bibliothek in Den Haag (Abb. 15).

Ein anderer Künstler, der wegen seiner Fähigkeiten mit der Batik-Technik gerühmt wurde, war Chris Lebeau (1878-1945). Anders als Cachet verwendete er Gewebe als Material zum Bemalen. Als wohl bekanntestes Beispiel kann an dieser Stelle der Batik-Einband zu Couperus’ De stille kracht aus 1900 genannt werden (Abb. 16). Veen wählte dieses Buch ganz gezielt aus, es war immerhin ein indischer Roman.

Batikkunst spielte auch in der nationalen Ausstellung von Frauenarbeit, die von Juli bis September

1898 in Den Haag organisiert wurde, eine Rolle.61 Eine der engagierten Künstlerinnen war Cornelia van der

Hart. Geboren in Fort de Kock auf Sumatra, einem zu dieser Zeit unter dem niederländischen Herrschaftsgebiet Niederländisch-Indien fallenden Ort, war nicht nur Mitglied des Kontrollausschusses der Ausstellung, sondern war auch mit der Organisation und Dekoration des Pavillons Ostindien betraut (Abb. 17).

59Für den vollständigen Text siehe Titus M. Eliëns, Het Art Nouveau, Art Deco boek, Zwolle 2003, 70-73. 60 Eliëns 2003, 83-84. Um welche Privatsammlung es geht, wird nicht genannt.

61 Das Archiv zur Ausstellung der Frauenarbeit von 1898 ist im ʻAtria Kennisinstituut voor Emancipatie en

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Diese Rubrikwidmete sich der Volkskunst ihrer Heimat und so wurden u.a. Produkte der Batik-Technik

zur Schau gestellt. Obwohl sich die Batikkunst großer Beliebtheit erfreute, äußerten gerade die weiblichen Künstler Kritik an den in den Niederlanden produzierten Erzeugnissen. Ihrer Meinung nach waren es billige und moderne Produkte und fehlte es den niederländischen Frauen an der nötigen Einsicht, um die originale

Technik gut zu beherrschen.62 1899 erschien darum De batikkunst in Nederlandsch-Indië en hare

geschiedenis von G.P. Rouffaer und H.H. Juynboll. Einen Einblick in ein niederländisches Batik-Atelier gibt ein Foto aus 1901-1902, das zwölf Frauen an der Arbeit zeigt (Abb. 18). Es handelt sich um die Werkstatt ʻArts & Craftsʼ von Agathe Wegerif in Apeldoorn. Es war die größte Firma in den Niederlanden, die sich auf die Dekoration und Herstellung von Inneneinrichtungsgegenständen spezialisiert hatte. 1900 begann Chris Lebeau dort zu arbeiten und es war genau dieses Atelier, wo er den oben genannten Entwurf für Couperusʼ De stille kracht kreierte und herstellen ließ.63

Die Batik-Technik war kein kurzlebiges Verfahren, sondern wurde auch noch im 20. Jahrhundert- nach der Zeit der Einbandkünstler-weiterhin angewendet. J.A. Loebèr, der 1899 für Louis Couperus’ Psyche einen gebatikten Pergamenteinband anfertigte, verfasste 1926 das Buch Das Batikken. Eine Blüte

indonesischen Kunstlebens. 1920 war Lebeau für die Dekoration der Kinosaalwände des Astatheater’s in

Den Haag verantwortlich. Auch hierfür entschloss er sich für Batik-Arbeiten, die tanzende und musikspielende Figuren abbilden.

62 Grever 1998, 185. 63 Van Vliet 2000, 35.

(29)

33

Kapitel 2: Niederländischer Jugendstil: Nieuwe Kunst

2.1

Ernst Brachesʼ Het boek als Nieuwe Kunst, 1892-1903: een studie in Art Nouveau

(Utrecht 1973)

Jos Damen nannte Ernst Brachesʼ Doktorarbeit aus 1973 Het boek als Nieuwe Kunst, 1892-1903: een studie in Art Nouveau „een lichtbron in de duisternis van de Nederlandse boekgeschiedenis“.64 Obwohl Brachesʼ Forschung nun fast ein halbes Jahrhundert her ist, haben seine Argumente und Resultate nichts an ihrer Gültigkeit verloren. Noch immer ist es unverzichtbare Lektüre für jeden, der sich mit dem Thema des niederländischen Art Nouveau oder der Nieuwe Kunst beschäftigt. Inzwischen wurde das Material zu industriellen Verlagseinbänden rund 1900 erweitert und erlebte seine Arbeit 2003 beim Verlag De Buitenkant in Amsterdam einen Neudruck; diesmal unter dem Titel Nieuwe kunst en het boek. Een studie in Art Nouveau. Eine englische Übersetzung folgte 2009 beim selben Verlag unter dem Titel Dutch Art Nouveau and book design, 1892-1903.

Da die Schwerpunkte in der vorliegenden Arbeit von Brachesʼ Forschungsobjekt abweichen und eine Übersicht von wiederverwendeten Künstlerentwürfen vor allem in seinem späteren Werk-Nieuwe kunst: toegepaste grafiek, documentatie (Amsterdam 2006) -aufgenommen ist, wird im nachfolgenden Abschnitt der Inhalt von seiner Arbeit nur kurz zusammengefasst. Es wurde zu weit führen, alle Namen, Einflüsse und Dokumente zu nennen, die eine Rolle bei der Entstehung des niederländischen Jugendstiles gespielt haben, aber aufgrund der Wichtigkeit seiner Forschung und den noch immer geltenden Status, kann auf Brachesʼ Arbeit nicht verzichtet werden.

• Die Entstehung des Niederländischen Jugendstils: “Geboorte der Nieuwe Kunst: 1892”65 In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts begann man sich gegen das sklavische Folgen alter, historischer Stile zu wenden. Man trachtete nach einem eigenen Stil, einer eigenen Formensprache. Ehrliche Materialen und altbewährte Techniken sollten ein neues Zeitalter einläuten, worin man zur Schönheit zurückkehrte und die verdorbene moderne Gesellschaft hinter sich ließ.66 Einen besonderen Platz innerhalb der Entwicklung des niederländischen Jugendstils nimmt der britische Künstler Walter Crane (1845-1915) ein. Er war ein Vertreter der ʻArts and Craftsʼ-Bewegung in England. Dank Ausstellungen in Belgien war er bereits ab 1891 eine Bekanntheit, kurz darauf auch in den Niederlanden.

64 Damen 2004, 7. 65 Braches 2003, 33-50. 66 De Bruijn 2018, 12.

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