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Das SS-Ahnenerbe und die Rassifizierung der transnationalen Strukturen in der europäischen Vor- und Frühgeschichtsforschung

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University of Groningen

Das SS-Ahnenerbe und die Rassifizierung der transnationalen Strukturen in der

europäischen Vor- und Frühgeschichtsforschung

Eickhoff, Martijn; Schlegelmilch, Dana

Published in:

Archäologie in Österreich 1938–1945

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Publisher's PDF, also known as Version of record

Publication date: 2020

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Citation for published version (APA):

Eickhoff, M., & Schlegelmilch, D. (2020). Das SS-Ahnenerbe und die Rassifizierung der transnationalen Strukturen in der europäischen Vor- und Frühgeschichtsforschung. In D. Modl, & K. Peitler (editors), Archäologie in Österreich 1938–1945: Beiträge zum internationalen Symposium vom 27. bis 29. April 2015 am Universalmuseum Joanneum in Graz (blz. 48-71). (Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark; Nr. 79). Historische Landeskommission für Steiermark.

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Archäologie in Österreich

1938–1945

Beiträge zum internationalen

Symposium vom 27. bis 29. April

2015 am Universalmuseum

Joanneum in Graz

(3)

Schild von Steier Beiheft 8/2020

Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark

Band 79 Herausgeber

Universalmuseum Joanneum Archäologie & Münzkabinett

Historische Landeskommission für Steiermark Archäologie in Österreich 1938–1945

Beiträge zum internationalen Symposium vom 27. bis 29. April 2015 am Universalmuseum Joanneum in Graz Daniel Modl – Karl Peitler (Hrsg.)

ISBN

ISBN 978-3-903179-24-0 ISSN

2078-0141 Redaktion

Daniel Modl, Karl Peitler Grafische Konzeption

Lichtwitz – Büro für visuelle Kommunikation Satz

Beatrix Schliber-Knechtl Druck

Medienfabrik Graz

Für den Inhalt der Beiträge sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich.

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Hadwiga Schörner

Hedwig Kenner als Assistentin an der Archäologischen Sammlung (1936–1945) und dem Archäo-logisch-Epigraphischen Seminar (1948–1951) der Universität Wien Dana Schlegelmilch

Gero Merhart von Bernegg (1886–1959) und die Prähistorie im Nationalsozialismus

Helga Marchhart

Franz Miltner (1901–1959). Klassi-scher Archäologe, Althistoriker und Epigraphiker. Ein Lebensbild Gudrun Wlach

Balduin Saria. Biographische Skizze eines Archäologen vor dem Hinter-grund der politischen Umbrüche des 20. Jahrhunderts

Martina Pesditschek Fritz Schachermeyr und die Indogermanenfrage

Susanne Lehrer

„Erst das Dritte Reich hat der Vor- und Frühgeschichte den Gebührenden Platz angewiesen.“ Walter Schmid (1875–1951) und die steirische Archäologie in den Jahren 1938 bis 1945

Georgia Flouda – Erwin Pochmarski – Eleni Schindler Kaudelka

August Schörgendorfer (1914– 1976). Ein exemplarisches Schicksal im 20. Jahrhundert

Gabriele Koiner – Heinrike Dourdoumas

Konkurrenz und Intrigen. Neue Dokumente zum Kreta-Institut der Reichsuniversität Graz aus den Jahren 1941 und 1942

Peter Danner

Kurt Willvonseder (1903–1968). Ein Prähistoriker mit vielen Aufgaben zwischen 1938 und 1945 Vorworte Wolfgang Muchitsch Vorwort Bernhard Hebert Vorwort Vorbemerkungen

Daniel Modl – Karl Peitler Archäologie in Österreich 1938–1945. Vorbemerkungen zum Tagungsband Allgemeines Martin Moll Wissenschaftspolitik im Dritten Reich am Beispiel der Geisteswis-senschaften. Ein Überblick Martijn Eickhoff – Dana Schlegelmilch

Das SS-Ahnenerbe und die Rassifi-zierung der transnationalen Struk-turen in der europäischen Vor- und Frühgeschichtsforschung

Biographien und publikatorisches Wirken

Franz Mandl

Das Nachleben von Geschichts- klitterungen nationalistischer Ideo-logien in der Interpretation alpiner Felsbilder. Felsbildforschung im Nachkriegsösterreich am Beispiel Ernst Burgstaller und Herman Wirth Otto H. Urban

Zur Publikationstätigkeit von Leonhard Franz in der NS-Zeit, Professor für Vorgeschichte an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck von 1942 bis 1967 Franz Pieler

Vom Regionalmuseum zum „deutschen Bollwerk“. Angela Stifft-Gottlieb und das Krahuletzmuseum Eggenburg, Niederösterreich 10 12 16 36 48 74 88 104 122 138 158 174 190 202 218 238 266

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506 516 528 564 588 606 664 750 Robert Obermair

„Integrierendes Merkmal aller Spar-ten der Denkmalpflege ist ihr steter Wandel und ihre Anpassung an wissenschaftliche und gesellschaft-liche Entwicklungen.“ Anmerkungen zur Rolle Kurt Willvonseders im Nationalsozialismus

Institutionen und Organisationen Marianne Pollak

Theorie und Praxis der archäologi-schen Denkmalpflege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Julia Budka – Claus Jurman Archäologische Aktivitäten der Ägyptischen Kommission der Akademie der Wissenschaften von 1933 bis 1949

Brigitta Mader

Die personelle Struktur der Prähistorischen Kommission in der NS-Zeit

Michaela Zavadil

Stiftung eines Preises, Gründung einer Zeitschrift. Zwei Aktivitäten der Akademie der Wissenschaften in Wien auf dem Gebiet der prähistorischen Archäologie im Dritten Reich

Gudrun Wlach

Das Österreichische Archäologische Institut unter der Direktion Praschniker / Egger von 1935 bis 1945/49

Walpurga Antl-Weiser

Die Prähistorische Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien während der NS-Zeit. Vorläufiger Stand der Untersuchung

Forschungsfelder Achim Doppler

“Intrigues without purpose”? Die „Führergrabung“ Carnuntum im Rahmen nationalsozialistischer Landeskulturpolitik: Entstehung – Struktur – Zusammenbruch 334 346 368 382 400 420 446 488 Patrick Marko

„Ich erlaube mir daher die erge-benste Bitte um einen Grabungsbei-trag von RM. 1000,-.“ Die Ausgra-bung der römischen Villa Thalerhof (Steiermark), 1937–1939

K. Patrick Fazioli

The Colonial Undertones of Early Medieval Archaeology in the Eastern Alpine Region (c. 1850–1945) Johannes Mattes

(Macht)politik, Fundplätze und Urgeschichtsforschung. Grabungs-kampagnen in Höhlen der „Ostmark“ und von österreichisch-ungarischen Forschern im Ausland (1920–1945) Karina Grömer – Carmen Löw Beeinflussung der Bevölkerung durch nationalsozialistische Theo-rien. Archäologie, Germanen- und Rassenkunde im Schulunterricht und in der Museumsdidaktik

Bundesländer/Reichsgaue Renate Jernej

Archäologie, Denkmalpflege und Politik im Gau Kärnten. Walter Frodl und Gauleiter Friedrich Rainer Peter Danner

Archäologie in Salzburg von 1938 bis 1945

Daniel Modl

Archäologie zwischen Mur und Save im Dritten Reich (1938–1945). Eine Studie zur ideologisch- politischen Vereinnahmung der Archäologie im Reichsgau Steiermark und im CdZ-Gebiet Untersteiermark

Michaela Kronberger – Martin Penz Archäologie in „Groß-Wien“. Forschung, Sammlungs- und Aus-stellungswesen in den städtischen Sammlungen während der NS-Zeit

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766

776 782 794

Podiumsdiskussion „Archäologie in der NS-Zeit – Archäologie heute“ Abkürzungsverzeichnis

Personenregister

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

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dem Platz des völkischen Denkens und der völkischen Esoterik im ‚Dritten Reich‘ im Verhältnis zu dessen Modernität5; der über Rassendenken legitimierten

ra-dikalen Neuorganisierung der deutschen Gesellschaft und der damit verbundenen Gleichschaltung, ‚Arisie-rung‘ und Entgrenzung der Wissenschaften6

; dem Zu-sammenhang zwischen Führungsstilen, Verwaltungs-strukturen und Herrschaftssystemen im NS-Staat7;

Formen von wissenschaftlicher (Mit-)Täterschaft8 oder

Widerstand9. Wichtige historische Diskussionen

be-treffen: die Frage der Schutzfunktion des Ahnenerbes für Wissenschaftler, den Stellenwert von ‚objektiver‘ Wissenschaft10 oder das Bestehen von

Handlungs-spielräumen11 bei Ahnenerbe-Wissenschaftlern; die

Art und Weise, wie diese Wissenschaftler „dem Führer entgegenarbeiteten“12

; das kollektive Schweigen und auch ‚gemeinsame Sprechen‘ (im Sinne der Etablierung einer spezifischen Geschichtserzählung der ehemaligen Ahnenerbe-Wissenschaftler in der Nachkriegszeit), auch im Rahmen der Entnazifizierung der Wissenschaf-ten, und die damit verbundenen späteren Erinnerungs-kämpfe.13

In diesem Aufsatz14 wollen wir darauf eingehen, wie

das Ahnenerbe am besten zu verstehen und zu definie-ren ist. Wir tun das vor dem Hintergrund der allgemei-nen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Archäologie der NS-Zeit in Deutschland und Europa. Spezielle Aufmerksamkeit gilt dabei der Frage, wie viel Platz transnationalen archäologischen Verbindungen in Europa eingeräumt wird. Dieser Schwerpunkt ist ver-knüpft mit einer wichtigen Entwicklung bei der Analyse der Geschichte der Archäologie, die Ende des 20. Jhs. eingesetzt hat: Dabei war am Anfang die Verbindung der Archäologie mit dem Nationalismus ein zentrales Forschungsthema; die Institutionalisierung der archäo-logischen Fächer und die Entwicklung von archäologi-schen Interpretationen wurden im Zusammenhang mit Das SS-Ahnenerbe wurde 1935 als ‚Deutsches

Ahnen-erbe – Studiengesellschaft für Geistesurgeschichte e. V.‘ von Reichsführer-SS Heinrich Himmler (1900– 1945), dem Leiter des Rasse- und Siedlungshaupt-amtes der SS Richard Walther Darré (1895–1953) und dem niederländisch-deutschen Sprachwissenschaftler Herman Wirth (1885–1981) in Berlin gegründet.1

Inner-halb der folgenden zehn Jahre, bis zur Auflösung der SS mit dem Untergang des sogenannten ‚Dritten Rei-ches‘, hat sich das Ahnenerbe ebenso wie die SS selbst ständig entwickelt und neuorganisiert. Dies wirkte sich nicht nur auf den internen Aufbau, die Finanzierungs-strukturen sowie die institutionelle Angliederung und Aufgabenstellung der Organisation aus, sondern auch auf den Bestand der (wissenschaftlichen) Mitarbeiter und der damit verbundenen genutzten und kreierten Netzwerke.2 Von Anfang an wurde auf dem Gebiet der

NS-‚Weltanschauungswissenschaften‘ wie Vor- und Frühgeschichte, Volkskunde, Germanistik etc. eine Vielzahl von Forschungs-, Sammlungs- und Publikati-onsaktivitäten mit einer wechselnden Breitenwirkung entfaltet. Dies geschah innerhalb und außerhalb des Deutschen Reiches (das ab 1938/39 auch Österreich und Tschechien einschloss) und nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges auch in den meisten Teilen des besetzten Europas. Die organisatorische Leitung des SS-Ahnenerbes hatte dabei sowohl in Berlin als auch in München ein repräsentatives Gebäude; der Berliner Sitz wurde kriegsbedingt ab 1943 nach Waischenfeld/ Oberfranken verlagert.3 Persönliche Beziehungen und

Aufgaben waren im Ahnenerbe, wie in der SS4, von

An-fang an ein wichtiger Antrieb zur Entwicklung der Orga-nisation und ihrer Aktivitäten.

Obwohl es sich um eine relativ kleine Organisation handelte, macht der außerordentliche Aufstieg des Ahnenerbes seine Geschichte äußerst wichtig. Das Ahnenerbe ist verknüpft mit historischen Themen wie:

Das SS-Ahnenerbe und die Rassifizierung der

transnationalen Strukturen in der europäischen

Vor- und Frühgeschichtsforschung

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wir nicht, wie manchmal in der populären Literatur üb-lich, in erster Linie auf die abenteuerlichen Expeditio-nen schauen, die das AhExpeditio-nenerbe in den 1930er-Jahren unternahm und von denen noch immer eine gewisse Faszination ausgeht, und dahinter einen alles verbin-denden ,Masterplan‘ unterstellen.24

Die Zielsetzung des Ahnenerbes war dynamisch und von Anfang an sowohl ambitioniert als auch selektiv. Auf der ideolo-gischen Ebene stand die Erforschung, Erhaltung und Revitalisierung des angeblichen ‚Erbes‘ des ‚nordras-sischen Indogermanentums‘ weltweit und in einem kulturellen und genetischen Sinne im Zentrum. ‚Rasse‘, als Analysekategorie war innerhalb der SS dabei eine Selbstverständlichkeit; ihre umfassende Etablierung in der Wissenschaft bildete einen Zielpunkt.

Machtpolitisch war damit sowohl eine Förderung als auch eine Kontrolle über Protagonisten der völkischen Bewegung sowie über die Universitäts- und Wissen-schaftslandschaft in den betreffenden Disziplinen ver-bunden. Während die erste Vereinssatzung von 1935 noch ganz dem Denken Richard Walther Darrés und seinen dem völkischen Milieu entstammenden Mitar-beitern aus dem Rasse- und Siedlungshauptamt der SS verpflichtet und auf eine Förderung des in völkischen Kreisen als Vordenker geltenden Herman Wirth zuge-schnitten war, stärkte die dritte Vereinssatzung von 1939 – das Ahnenerbe gehörte nun nach der Abkehr Himmlers von Darré der SS-Dienststelle ‚Persönlicher Stab des Reichsführers-SS‘ an – die Verbindung mit den Universitäten; das Ahnenerbe wurde nunmehr als ‚For-schungs- und Lehrgemeinschaft‘ umschrieben.25

Die Aktivitäten des Ahnenerbes sind außerdem häufig in erster Linie in Bezug zu den persönlichen Inter-essen Heinrich Himmlers gesetzt worden, der damit den Wunsch verband, von der Wissenschaft nicht anerkannte oder gar aus völkischer Sicht verfolgte ‚Forschung‘ durchführen lassen zu können.26

Demge-genüber steht, dass die Organisation gezielt und stra-tegisch ausgebaut wurde, um einen maßgeblichen Ein-fluss auf den Wissenschaftsbetrieb zu nehmen. In den Kriegsjahren gelang es ihr, an der Berufung von Profes-soren und an der Formulierung von Wissenschaftspro-grammen entscheidenden Anteil zu haben. Dabei wies sie innerlich eher ein heterogenes Bild auf, sieht man von der weltanschaulich-rassebezogenen Komponente ab: Das Ahnenerbe umfasste in der Vorkriegszeit unter anderem Sternenkunde, Indogermanistik, Volkskunde, Geschichte und die sogenannte germanische Archäo-logie. Dieses Bild ist zurückzuführen auf die gezielte Einbindung von Einzelpersonen, die ihr fachliches Know-how, aber auch ihr Netzwerk und auf der materi-ellen Ebene ihre wissenschaftlichen Sammlungen bzw. den Zugriff auf wissenschaftliche Materialien einbrach-ten.27

So schaltete das Ahnenerbe mit Herman Wirth, Wilhelm Teudt (1860–1942) oder, wenn auch weniger öffentlich, Jakob Wilhelm Hauer (1881–1962) und Friedrich Hielscher (1902–1990) eine Reihe völkisch-der Bildung des movölkisch-dernen Nationalstaates betrachtet.

Wichtige Arbeit ist in diesem Rahmen unter anderem von Bruce Trigger sowie Margarita Díaz-Andreu and Timothy Champion geleistet worden.15 Als zu gleicher

Zeit die Geschichte der Archäologie im ‚Dritten Reich‘ als Forschungsfeld aufgenommen wurde, war die Na-tion ebenso der führende Bezugsrahmen.16

In den letz-ten Jahren wird jedoch zunehmend diskutiert, wie ar-chäologische Ideen, Identitäten und Netzwerke17 auch

Staatsgrenzen überschritten, sowohl innerhalb als auch außerhalb Europas.18 Dieser Ansatz ermöglicht es

zu untersuchen, wie die Archäologie inter- und trans-nationale soziale, kulturelle und politische Strukturen und Verbindungen entweder durchkreuzte oder (mit-) schuf und (mit-)veränderte.19 Die Einsicht in das

Wir-ken von NetzwerWir-ken hilft, das dynamische Verhältnis zwischen Zentrum und Peripherie sichtbar zu machen und weiter auszuarbeiten.20 In Europa waren es,

para-doxerweise, neben informellen und formellen interna-tionalen wissenschaftlichen Austauschnetzwerken ins-besondere die nationalen Minoritäten, die manchmal ethnisch und/oder rassisch definiert wurden und deren Wohngebiet häufig die nationalen Grenzen durchkreuz-ten, die die Bildung transnationaler archäologischer Verbindungen stimulierten.21

Die 1923 gegründete Deutsche Gesellschaft für Vorgeschichte in der Tsche-choslowakei, die in Gebieten in der Tschechoslowakei mit überwiegend deutscher Bevölkerung archäologisch aktiv war und die Zeitschrift „Sudeta“ herausgab, ist ein gutes Beispiel dafür. Die von 1928 bis 1938 tätigen Herausgeber – Erich Gierach (1881–1943) und Hermann Schroller (1900–1959)22 – stammten aus Westpreußen

beziehungsweise Siebenbürgen und fühlten sich stark mit den sogenannten ‚Sudetendeutschen‘ verbunden.23

Für die Erforschung des Ahnenerbes und seiner archäo-logischen und anderen Aktivitäten im europäischen Raum sind derartige Einsichten von großer Bedeutung. Ziel dieses Aufsatzes ist es, der Frage nachzugehen, ob, wie weit und aus welchem Grund die Transnatio-nalität der Archäologie – getragen durch wissen-schaftliche Austausch-Netzwerke und/oder durch Verbindungen zwischen ethnisch/rassisch begründeten Identitäten – durch das SS-Ahnenerbe als Netzwerkor-ganisation benutzt und stimuliert worden ist. Im An-schluss daran sollen drei Beispiele aus den Kriegsjah-ren, die indirekt oder direkt auch mit archäologischer Forschung und Österreich verbunden sind, die Rolle der Transnationalität im Ahnenerbe beleuchten. Diese drei Beispiele dienen letztendlich auch der Entwicklung eines differenzierteren Verständnisses des Ahnenerbes selbst.

In diesem Aufsatz betrachten wir das Ahnenerbe als ein hybrides Konstrukt, das sich im NS-Regime ständig entwickelte; zentraler Bezugspunkt ist seine Funktion für die SS selbst, deren beständige Reorganisation im Zuge ihrer Machtausweitung ebenfalls in hohem Maße dynamisch gestaltet war. Dieser Ansatz impliziert, dass

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Besonders erfolgreich gelang ihr dies im neu geschaf-fenen Reichserziehungsministerium, dem die Uni-versitäten, teilweise die Bodendenkmalpflege, aber auch das Deutsche Archäologische Institut und das Römisch-Germanische Zentralmuseum unterstanden.35

In anderen Fällen gliederte die SS Amtsträger in die eigene Organisation ein, beispielsweise über die Verlei-hung von Ehrenrängen. Die so geschaffene Allianz zwi-schen SS und staatlichen Stellen erwies sich auf lange Sicht als strategisch erfolgreich, im Gegensatz zu kon-kurrierenden Organisationen wie etwa die Dienststelle des ‚Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP‘ Alfred Rosenberg, deren Ver-ständnis von Gleichschaltung der Wissenschaft einen radikalen personellen Austausch vorsah. Die mit dieser akademischen und gesellschaftlichen Machtentfaltung des Ahnenerbes verbundenen Machtkämpfe verzöger-ten in den 1930er-Jahren wichtige Vorhaben der Fach-organisation, insbesondere die Errichtung eines zent-ralen ‚Reichsinstituts für Vor- und Frühgeschichte‘, das von verschiedenen Seiten gefordert wurde, aber nach den Plänen Rosenbergs und seines Amtsleiters Hans Reinerth (1900–1990) nicht nur überregional bedeu-tende Forschungen unternehmen, sondern auch alle bodendenkmalpflegerischen und musealen Aktivitäten in Deutschland weisungsbefugt steuern sollte.36

Auf-gegeben wurden diese Pläne jedoch nicht; ihre Umset-zung scheiterte letztlich an den Kriegsverhältnissen. Nach 1939 veränderte sich der Charakter des SS-Ahnenerbes, dessen geisteswissenschaftliche Aus-richtung der Vorkriegszeit – trotz einiger naturwis-senschaftlicher Abteilungen lag hier der Schwerpunkt – einer offensichtlichen ‚Kriegswichtigkeit‘ ermangelte. Im Kontext von Autarkiebestrebungen und Rüstungs-forschung erweiterte sich das Ahnenerbe um eine ganze Reihe naturwissenschaftlicher Abteilungen; und mit der 1942 erfolgten Gründung des ‚Instituts für wehrwissenschaftliche Zweckforschung‘ übernahm es letztendlich – ideologisch folgerichtig im Sinne einer auf nationalsozialistischer Moral37 fußenden

Wissen-schaft – die Aufgabe, den organisatorischen und finan-ziellen Rahmen für Menschenversuche zu schaffen und diese zu forcieren.38

Doch auch auf geisteswissenschaftlichem Gebiet er-wies sich in der Kriegszeit die Effektivität der Organi-sation: Die dem SS-Ahnenerbe angehörenden Forscher waren in den besetzten Gebieten Europas für die Kul-turpolitik tätig, und zwar teils in staatlichem Dienst, teils im Rahmen von SS-Sondereinsätzen. In dieser Situation gelang es dem Ahnenerbe auch, quasi-staat-liche Funktionen zu übernehmen.39 Mit dem Aufstieg

Himmlers zum ‚Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums‘ im Oktober 1939 und der mit diesem Amt verbundenen Umsiedlungs- und Germa-nisierungspolitik übernahm das Ahnenerbe die soge-nannte „Kulturkommission“ in Südtirol, eine als kultu-religiöser Führer, die vor 1933 mit der NSDAP innerhalb

der extremen Rechten in Konkurrenz gestanden und zwischen Annäherung an die Partei und Distanzierung geschwankt hatten, gleich – und damit aus: Ihre An-gliederung an das SS-Ahnenerbe brachte sie in eine Abhängigkeit zur SS und machte sie, ihre Lehre und ihre Anhängerschaft damit aus Perspektive der NSDAP kontrollierbar. Auch in diesem Sinne kann – wie Michael H. Kater dies in Bezug auf die akademische Welt schon getan hat – durchaus von einer sicherheitsdienstlichen Funktion des SS-Ahnenerbes gesprochen werden.28

Andererseits integrierte das SS-Ahnenerbe Wissen-schaftler mit universitärer Anbindung, die so zwar dienstlich weiterhin staatlichen Stellen wie etwa dem nationalsozialistisch ausgerichteten Reichserziehungs-ministerium unterstanden, sich aufgrund der eigenen ideologischen Nähe zur SS, der real erfahrenen Förde-rung und der damit verbundenen Erhöhung des eige-nen Status dem Aheige-nenerbe aber als loyale Mitarbeiter andienten. Dieses als Heranziehen aller deutschen Vorgeschichtler „zur positiven Mitarbeit in der SS“29

deklarierte Vorgehen resultierte in unterschiedlichen organisatorischen Positionen: Ein SS-Ahnenerbe-Mitarbeiter konnte haupt- oder ehrenamtlich mit einem Forschungsauftrag der Organisation ausgestattet sein, ideelle und wo möglich finanzielle Förderung erhielt er in jedem Fall. Durch die Förderung junger ‚Nachwuchs-wissenschaftler‘ der Jahrgänge 1900 bis 1910 beglei-tete und beförderte das SS-Ahnenerbe wissenschaft-liche Karrieren, wie exemplarisch die Biographie des Prähistorikers Herbert Jankuhn (1905–1990) zeigt.30

Der Anschluss gut vernetzter Wissenschaftler wiede-rum wirkte sich auf das Renommee des Ahnenerbes aus; es profilierte sich als wissenschaftlicher Dienst der SS, dessen Aktivitäten auf eine Kombination von Forschen, Lehren und Sammeln konzentriert waren. In der Vor- und Frühgeschichte beispielsweise förderte das SS-Ahnenerbe die Anwendung innovativer natur-wissenschaftlicher Forschungsmethoden, gab Anre-gungen für eine einheitliche Benennung prähistorischer Epochen31 oder entwickelte ein Ausgrabungsprogramm

in Deutschland32 und eine damit verbundene

Expediti-onspolitik inner- und außerhalb Europas.33

Bekannt wurde ein Teil dieser Aktivitäten nicht zu-letzt über die eigene Presse. So berichtete die SS-Zeitung „Das Schwarze Korps“ über die unterstützten Ausgrabungen; Ausgrabungspublikationen erschienen im Ahnenerbe-Verlag, versehen mit einem Vorspruch Heinrich Himmlers. In einem eigens gedrehten Propa-gandafilm über die Ausgrabungen der SS in Nauen- Bärhorst betonte Heinrich Himmler dabei öffentlich, dass die SS nicht in Konkurrenz, sondern als Ergänzung und Förderung bestehender staatlicher Strukturen agieren wolle.34

Gleichzeitig war die SS insgesamt bemüht, zentrale staatliche Positionen etwa in den Ministerien mit Angehörigen der eigenen Organisation zu besetzen.

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wurde ausschließlich mit Propaganda und Unwissen-schaftlichkeit in Verbindung gebracht und als einzig ideologisch handelnder Prähistoriker dargestellt.47 Das

Ahnenerbe wurde in der direkten Nachkriegszeit hinge-gen kaum erwähnt, und wenn doch, als eine Institution gedeutet, in der freie wissenschaftliche Forschung noch möglich gewesen sei.48

Diese Darstellung prägte insbesondere die Dissertation von Kater aus dem Jahr 1966 über das Ahnenerbe. „Das ‚Ahnenerbe‘ der SS 1935–1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches“ ist wegen seines umfassenden Anspruchs und der klaren Strukturierung noch immer sehr wich-tig. Berüchtigt ist jedoch Katers starke Wertung vieler Vorgänge und die Charakterisierung des Ahnenerbes als eines „akademischen Naturschutzparks“, wobei er sich auf Interviews mit ehemaligen SS-Angehörigen stützte. In diesem Punkt spiegelt das Werk primär den Versuch ehemaliger Ahnenerbe-Wissenschaftler wider, das eigene Tun im Nachhinein als apolitisch erscheinen zu lassen. Dass die Ahnenerbe-Forschung expliziten politischen Zielen diente und außerdem als SS-Orga-nisation auch eine unrechtmäßige und verbrecherische Dimension hatte, wird dabei fast zur Nebensache.49

Als Bettina Arnold 1990 in „Antiquity“ ihren Aufsatz „The past as propaganda: totalitarian archaeology in Nazi Germany“ publizierte, waren die Geschichte der deutschen Vor- und Frühgeschichtsforschung im ‚Drit-ten Reich‘ und die Rolle, die das SS-Ahnenerbe dabei gespielt hatte, abgesehen von Katers Arbeit noch kaum aufgearbeitet. Obwohl der von ihr genutzte Totalita-rismus-Ansatz, bei dem Top-Down-Beeinflussung im Zentrum stand, in der Wissenschaftsgeschichte zu die-ser Zeit schon als überholt galt, hatte Arnold sicherlich Recht mit dem Hinweis, es gäbe noch keine umfas-sende Analyse der Auswirkungen des NS-Regimes auf die Vor- und Frühgeschichtsforschung und umgekehrt des Beitrags der Vor- und Frühgeschichtsforschung zur Legitimierung dieses Regimes.50 Mit ebenso

be-rechtigter Begründung stellte sie zwei Jahre später eine „reluctance of German archaeologists to come to terms with the past“ fest. Zu gleicher Zeit wies sie jedoch darauf hin, dass eine neue Generation Studie-render angefangen habe, das Schweigen zu beenden.51

Einen wirklichen Durchbruch gab es schließlich 1998 auf Initiative von Achim Leube, der wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie an der Akademie der Wissenschaften der DDR gewesen war und ab 1992 die Professur für Ur- und Frühgeschichte der Humboldt-Universität Berlin innehatte. Leube organisierte die internatio-nale Tagung „Die mittel- und osteuropäische Ur- und Frühgeschichtsforschung in den Jahren 1933–1945“.52

Die Vorträge und Diskussionen führten unter anderem zu einem balancierteren Bild der Aktivitäten des Ah-nenerbes53

und des Amtes Rosenberg54

sowie von der Einbindung der Prähistoriker in diese sich gegenseitig bekämpfenden Institutionen.55

relle Landesaufnahme gedachte Dokumentation aller als ‚deutsch‘ verstandenen Kulturäußerungen, die mit der Bevölkerung umgesiedelt oder, sofern dies nicht möglich war, zumindest dokumentiert werden soll-ten.40 Dem Ahnenerbe kam damit eine diplomatische

Rolle im deutschen Verhältnis zu Italien zu. Und es gelang ihm auch, Einfluss auf die Kulturpolitik in den besetzten Ländern und den Vasallenstaaten Deutsch-lands auszuüben; so übernahm es Ausgrabungen unter anderem in Serbien, Kroatien und Polen.41 Als

effizi-ente Koordinierungsorganisation unter Kriegsverhält-nissen erwies sich das SS-Ahnenerbe letztendlich auch bei weiteren Verbrechenskomplexen: So betätigten sich seine Mitarbeiter bei der sogenannten ‚Sicher-stellung‘ von Kulturgut für die Ahnenerbe-Sammlung sowie in Abstimmung mit anderen SS-Stellen auch für die Schutzstaffel insgesamt.42

Dieser Sicherstellungs-begriff war im Grunde nur ein Euphemismus für Kul-turgutraub, da hauptsächlich die Sammlungen – oder Teile von Sammlungen – ‚gerettet‘ wurden, die man für (indo)germanisch hielt. Zu gleicher Zeit setzten einige Ahnenerbe-Mitarbeiter Zwangsarbeiter für ihre Projekte ein.43 Traditionelle nationale oder ethische Grenzen

schränkten die für das Ahnenerbe tätigen Wissen-schaftler offensichtlich nicht (mehr) ein.

1 Vor- und frühgeschichtliche Archäologie in der NS-Zeit: fachgeschichtliche und historiographische Diskussionen seit 1945

Die Frage, wie das Ahnenerbe zu verstehen und zu definieren sei, ist forschungsgeschichtlich auf vielerlei Arten verbunden mit der Diskussion um die Rolle und Position der vor- und frühgeschichtlichen Archäologie im ‚Dritten Reich‘. Der Status der nationalsozialis-tischen Archäologie hat seit 1933 Wissenschaftler innerhalb und außerhalb Deutschlands beschäftigt. Das Aufleben der Vor- und Frühgeschichtsforschung im ‚Dritten Reich‘ wurde von den Kollegen in Europa wahrgenommen, während der anfänglich durch das Ah-nenerbe geförderte Aufstieg von Pseudowissenschaft-lern wie Herman Wirth mit vehementer Kritik rechnen konnte.44 Trotzdem wurde die vor- und

frühgeschicht-liche Archäologie im ‚Dritten Reich‘ als normal und modern bewertet, jedenfalls auf methodischer Ebene.45

Aufschlussreich für die ‚Appeasement‘-Mentalität, die dabei auch eine Rolle spielte, ist eine Bemerkung des britischen Prähistorikers Grahame Clark (1907–1995) aus dem Jahr 1939, der konstatierte, dass „the main body of German prehistoric research is not more tainted by bias than it is elsewhere“.46

Ab 1950 manifestierte sich jedoch in der Historio-graphie eher ein dichotomes Bild. Der für das Amt Rosenberg arbeitende Prähistoriker Hans Reinerth, der 1933 die Gleichschaltung der deutschen Vor- und Frühgeschichtsforschung initiiert und an dessen Han-deln und Persönlichkeit sich das Fach gespalten hatte,

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einrichtungen im internationalen Kontext etabliert. Die vor diesem Hintergrund seit 2006 vom Forschungs-cluster 5 des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) zur ‚Geschichte des Deutschen Archäologischen Instituts im 20. Jahrhundert‘ aufgenommenen wissenschaftshistorischen Projekte61

kombinieren die Darstellung von längerfristigen Entwicklungen mit mikrohistorischen Analysen. Dieser Ansatz führt einer-seits zu einem vertieften Verständnis der konkreten in-stitutionellen, personellen und fachinhaltlichen Folgen des Regimewechsels, wobei Brüche genauso wichtig sind wie Kontinuitäten; andererseits lotet er, auf einer generelleren Ebene, die Beziehungen zwischen Wis-senschaft, Politik und Öffentlichkeit aus.62 Ein sehr

treffendes Beispiel ist die im Jahr 2012 erschienene Dissertation von Marie Vigener über die Geschichte des AIDR in der ersten Hälfte des 20. Jhs. Anhand von gründlichen Archivforschungen verweist sie zum Bei-spiel auf den Sachverhalt, dass die ‚Kaltstellung‘ des Ersten Direktors der Römisch-Germanischen Kommis-sion Gerhard Bersu (1889–1964), der nach den natio-nalsozialistischen Rassevorstellungen als ‚jüdischer Mischling‘ galt, 1935 eine Initiative aus den eigenen Reihen des Archäologischen Instituts des Deutschen Reiches war. Das Streichen der jüdischen Mitglieder 1938 geschah hingegen in Folge eines Auftrags des Reichserziehungsministeriums.63 Gleichzeitig erwartete

das Ministerium von den AIDR-Zweigstellen im Ausland jedoch keine offensive nationalsozialistische propa-gandistische Tätigkeit, da die Befürchtung bestand, dass dies kontraproduktiv wirken würde.64

Vigener beschreibt außerdem, wie das AIDR im Rahmen der deutschen Expansion operierte. Nach der deut-schen Eroberung Griechenlands beispielsweise gelang es dem Institut, die Besatzungssituation zu seinen Gunsten auszunutzen und die Abteilung Athen als zen-trale archäologische Institution auszubauen. In diesem Rahmen wurde, mit nomineller Einbeziehung von grie-chischen Behörden, neben der Wehrmacht sowohl mit dem Amt Rosenberg als auch mit dem SS-Ahnenerbe zusammengearbeitet.65 In Italien hingegen wurde die

Germanenforschung der neue Forschungsschwerpunkt der Abteilung Rom. In diesem Rahmen gab es eine exklusive archäologische Zusammenarbeit mit dem SS-Ahnenerbe, wobei die Erforschung der sogenannten ‚frühgermanischen Hinterlassenschaft aus der Völker-wanderungszeit‘ im Zentrum stand.66

Derartige ambivalente und komplexe Erkenntnisse wer-den umso greifbarer über wer-den biographischen Zugang, der in den 2012 und 2016 erschienenen Sammelbän-den „Lebensbilder. Klassische Archäologen und der Nationalsozialismus“ von Gunnar Brands und Martin Maischberger geboten wird.67 Ziel dieses Projekts war

es, über insgesamt 34 ohne Ausnahme beeindruckende Biographien zu einer „Bestandsaufnahme der Verhal-tensmöglichkeiten von politisch Handelnden und Miss-handelten“ zu kommen.68

Wie viele Kenntnislücken es noch gab und wie viele Fragen noch offen waren, bewiesen auch die kurz nach der Jahrtausendwende erschienene Publikation von Heiko Steuer56, die unter anderem neun

Gelehrtenbio-graphien enthielt, und die Habilitationsschrift von Uta Halle, die der Geschichte der Externsteine-Ausgrabun-gen gewidmet war. Es war vor allem die Studie von Uta Halle, die entschieden aufzeigte, dass es die Zweitei-lung in ideologiefreie Wissenschaft (SS-Ahnenerbe) und korrumpierte ideologisierte Wissenschaft (Amt Ro-senberg) im ‚Dritten Reich‘ nicht gegeben hat. Anhand einer Erforschung der Ausgrabungen der Externsteine auf Mikroebene wurde belegt, dass beide Organisati-onen die Vorherrschaft in der Vorgeschichtsforschung anstrebten und letztendlich nur verschiedene Formen von nationalsozialistischer Vor- und Frühgeschichts-forschung darstellten.57

Diese Schlussfolgerung wurde im folgenden Jahrzehnt noch verstärkt durch die Aufar-beitung der deutschen Ost- und Westforschung, die in-terdisziplinäre Erforschung von (manchmal als deutsch verstandenen) ‚Raum-‘, ‚Volks-‘ und ‚Kultur-‘Konzepten außerhalb Deutschlands und der Rolle, die Vor- und Frühgeschichtsforscher dabei spielten.58

Zu gleicher Zeit fingen auch Klassische Archäologen in Deutschland an, sich – aufbauend auf früheren Initiativen59

– mit der Geschichte ihres Faches im ‚Dritten Reich‘ zu beschäftigen. Es wurde anerkannt, dass die in der Nachkriegszeit verbreitete These, die Klassische Archäologie habe als vom Humanismus ge-prägte Wissenschaft im Gegensatz zur Vor- und Früh-geschichtsforschung dem Nationalsozialismus fern gestanden, eine Fiktion gewesen war. Dies ist nicht nur auf bestimmte fachinhaltliche Berührungs- und Über-schneidungsbereiche zwischen den beiden Disziplinen zurückzuführen: Stefan Altekamp hat 2008 aus seinen Forschungen geschlussfolgert, das Fach habe selbst bei Betrachtung der wissenschaftlichen Produktion (akademische und populäre Publikationen, Lehre und Forschungsprojekte) und der Konvergenz zwischen fachlichen Aussagen und nationalsozialistischen Kern-sätzen unverkennbar „zur strukturellen Stabilität des Regimes“ beigetragen.60

Ebenso wie bei der Analyse der deutschen Ost- und Westforschung, die sich in hohem Maße auf For-schungsnetzwerke innerhalb und außerhalb Deutsch-lands richtete, sind für die Erforschung der Klassischen Archäologie im ‚Dritten Reich‘ die Verbindungen mit dem Ausland sehr bedeutend. Dies ist nicht nur der Fall, weil der Forschungsraum Klassischer Archäolo-gen selbstverständlich außerhalb Deutschlands lag, sondern auch, weil das Archäologische Institut des Deutschen Reiches (AIDR) Auslandabteilungen in Rom, Athen, Kairo und Istanbul unterhielt. Das AIDR gehörte schon seit dem Anfang des Kaiserreiches zum Auswär-tigen Amt und demzufolge waren diese Zweigstellen 1933, als sie dem Reichserziehungsministerium zufie-len, als diplomatische Institutionen und

(13)

Forschungs-ist die Ressourcentheorie von Mitchell G. Ash aus dem Jahr 2002 ein wichtiges Stimulans gewesen. Ash hat vorgeschlagen, das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik als ein symbiotisches Verhältnis zu inter-pretieren, wobei der Austausch von Ressourcen im Zentrum steht. Derartige Ressourcen sind multivalent, quer durch wechselnde politische Systeme mobilisier-bar – sowohl in der Wissenschaft als in der Politik – und nicht nur finanzieller Art, sondern betreffen auch kognitive, apparative, personelle, institutionelle und rhetorisch-ideologische Hilfsquellen.76 Diese

Perspek-tive eines gegenseitigen Gebens und Nehmens hat dazu beigetragen, die Entwicklung von Forschungs-schwerpunkten nicht mehr exklusiv als primär durch wissenschaftsinterne Interessen oder die Anpassung an externe politische Einflussnahmen bedingt zu ver-stehen.77

Eigeninteressen der verschiedenen Akteure und ihre Spielräume kommen hingegen viel deutlicher in den Blick.78 Wie Ash 2016 selbst schlussfolgerte,

besteht allerdings gerade in Bezug auf das ‚Dritte Reich‘ die Gefahr, die Umstände, in denen die Ressour-cenmobilisierung stattfand, zu wenig klarzustellen und zu bewerten.79 Wichtig ist es daher zu betonen, dass

die Tauschverhältnisse sich, gerade auch in den durch das NS-Regime eroberten Gebieten Europas, nicht nur horizontal bildeten, sondern dass es Hierarchien gab, dass Terror eingesetzt wurde und dass die verschiede-nen Akteure im System verschiedene Verantwortlich-keiten hatten.

Ein gut gelungenes Beispiel für die Inspiration, die vom Ressourcenmodell ausgegangen ist, ist die Studie, die Fabian Link 2014 der Burgenforschung im National-sozialismus gewidmet hat. Link beschreibt, wie die Kooperationsverhältnisse zwischen Wissenschaftlern und Politikern zu einem Mitspracherecht der NS-Politiker führten. Am Beispiel der Ausgrabung der sogenannten ‚Reichsburg Kyffhausen‘ in Thüringen, eines mehrmals von Hitler besuchten archäologischen Prestigeprojekts, wird klar, dass Forscher mehr oder weniger uneingeschränkt arbeiten konnten. Probleme entstanden jedoch infolge der politisch erwünschten Vorstellung, das Kyffhäusergebirge sei in grauer Vorzeit von den Germanen besiedelt und seitdem immer von ‚germanischen Stämmen‘ bewohnt gewesen. Der Aus-gräber Gotthard Neumann (1902–1972) interpretierte die archäologischen Reste auf der „Burg“ dagegen zwar als vorzeitlich, aber nicht als germanisch, son-dern als illyro-keltisch. Himmler, der die Ausgrabung besuchte, gab daraufhin den Auftrag, sich verstärkt auf die „germanische Frage“ zu konzentrieren. Der Prä-historiker Wilhelm Unverzagt (1892–1971)80 und sein

Kollege Martin Schede (1883–1947)81, der Präsident

des Archäologischen Instituts des Deutschen Reiches, bestätigten jedoch, dass die Funde tatsächlich keltisch waren, wobei sie explizit feststellten, dass andere es lieber anders gesehen hätten. Link schlussfolgert hier zu Recht, dass es dabei nicht um politische Differenzen Trotz dieser verdienstvollen Arbeiten kann bezüglich

des Verhältnisses zwischen Klassischer Archäologie und Nationalsozialismus zu Recht noch immer von einem „schmalen Forschungsstand“69 gesprochen

wer-den. Aus einer europäischen Perspektive betrachtet ist zum Beispiel wenig über die Art und Weise bekannt, wie Klassische Archäologen außerhalb Italiens und Deutschlands die Rolle der Klassischen Archäologie im faschistischen und nationalsozialistischen Staat wahrgenommen und bewertet haben.70 Und auch die

Einbindungen der deutschen Klassischen Archäologie im europäischen Kolonialismus wurden bisher kaum angesprochen.71

Während sich die oben beschriebene breite Palette an fachspezifischen Forschungen entfaltete, änderte sich in den Geschichtswissenschaften allmählich auch die generelle Wahrnehmung der Rolle und Position von Wissenschaftlern im ‚Dritten Reich‘. Bis in die 1990er-Jahre legte die Forschung den Fokus auf die Frage, inwieweit sich der Nationalsozialismus auf die Forschungsinhalte ausgewirkt habe. Dabei wurde bei den Wissenschaftlern eine Mischung aus Opportu-nismus, Selbstbehauptung und Beamtenmentalität vorausgesetzt. Kernbegriff der Analyse war dabei das Konzept der Anpassung – und der Gedanke, dass Anpassung vom Regime belohnt wurde. Dem stand allerdings der Befund gegenüber, dass es gerade auch in der gebildeten gesellschaftlichen Mitte und in den Eliten, zu denen die akademisch geprägten Archäolo-gen zweifellos gehörten, viele Nationalsozialisten gab. Diese sahen durchaus, dass der Nationalsozialismus Schattenseiten hatte; aber im Großen und Ganzen war er für viele vor allem eine „berauschende und überragend erfolgreiche Bewegung“.72 Heinrich Härke

schlussfolgerte dann auch 2012, dass die Mehrzahl der deutschen Archäologen im ‚Dritten Reich‘ ohne Zwang und aus freiem Willen im System mitgearbeitet hatte.73 Vor diesem Hintergrund wird die Frage, ob

und wann man noch von Opportunismus reden kann, vehement diskutiert; dabei ist auch die Meinung zu hören, man habe sich damals wie heute hauptsächlich mit Hochschulpolitik und politisch erwünschtem Jar-gon auseinanderzusetzen.74 Brands hat dahingegen in

seinem Einführungsessay der ‚Lebensbilder‘-Bände be-tont, er halte es für mehr als zweifelhaft, dass es sich lohne, die Frage, wie man selbst gehandelt hätte, zum Maßstab der Analyse zu machen; wichtiger sei es, laut Brands, eine „moralische Sensibilität“ zu entwickeln.75

Hier kann auch die Frage gestellt werden, warum nicht die Perspektive derjenigen, die Opfer des Regimes waren – oder deren Karriere einfach nur nicht gefördert wurde –, die ausschlaggebende ist, sondern eine Em-pathielinie mit den Tätern und Profiteuren des Regimes hergestellt wird.

Bei der Erforschung der Rolle und Position von Prä-historikern und Klassischen Archäologen im ‚Dritten Reich‘ wie auch ihrer Involvierung in das SS-Ahnenerbe

(14)

für Germanien. Archäologie unterm Hakenkreuz“, die 2013 im Bremer Focke-Museum stattfand, hatte als explizites Ziel, die enge Verzahnung von Archäologie und Politik im ‚Dritten Reich‘ aufzudecken und zu zei-gen, wie Ausgrabungsfunde der medialen Propaganda dienten. Die Exponate legten auch dar, wie bestimmte nationalsozialistisch geprägte Germanenbilder bis heute inner- und außerhalb der rechten Szene weiter propagiert werden. Die Ausstellung und der dazugehö-rende Katalog116 waren ein Erfolg117, doch wurde auch

klar, dass es bezüglich des Themas „Vor- und Frühge-schichte im ‚Dritten Reich‘“ noch immer keinen allge-meinen Konsens gibt. In seiner kritischen Rezension des Katalogs umschrieb Ulrich Veit die prähistorische Archäologie zum Beispiel als ein „kleines, im engeren Sinne zweifellos nicht system-relevantes Fach“, ohne dies eingehend zu begründen.118

Trotzdem lässt sich ohne Vorbehalt schlussfolgern, dass die Aufarbeitung der Rolle der deutschen Vor- und Frühgeschichtsfor-schung im ‚Dritten Reich‘ so weit fortgeschritten ist, dass ein erster Anfang einer Wirkungsanalyse von transnationalen Netzwerken in der europäischen Ar-chäologie – und der Rolle, die das Ahnenerbe darin spielte – gemacht werden kann.

2 Das SS-Ahnenerbe und der Aufbau von transnatio-nalen ethnisch/rassischen Verbindungen in Europa: drei Beispiele

Es ist für die Forschung eine wichtige Herausforderung, das SS-Ahnenerbe nicht nur als ‚Studiengesellschaft‘ oder ‚Forschungs- und Lehrgemeinschaft‘ zu verste-hen – Begriffe, die primär dem nach außen getragenen Selbstbild der Führung der Organisation entsprechen –, sondern es in seinem gesamten Wirken zu erfassen. Im letzten Teil dieses Aufsatzes steht daher die Frage im Mittelpunkt, ob, inwieweit und zu welchem Zweck die Transnationalität der europäischen Archäologie vom Ahnenerbe benutzt und stimuliert worden ist. Dazu dient eine konkrete Analyse der folgenden drei Beispiele: 1. der Aufsatz „Das Fürspan“ im Büchlein „Kleine Kostbarkeiten aus Kunst und Geschichte“, das 1940 beim Ahnenerbe-Stiftungs-Verlag unter der Redaktion des Germanisten und SS-Hauptamtlichen Joseph Otto Plassmann (1895–1964) erschien; 2. das Schicksal und die Aktivitäten des Sumatra-Forschers Friedrich M. Schnitger (1912–1945), dem es 1942 in Wien gelang, das Ahnenerbe für seine Arbeit zu inter-essieren; 3. die Tätigkeit von Assien Bohmers (1912– 1988), der 1937 als 25-jähriger Geologe und Archäo-loge in die ‚Abteilung Ausgrabungen‘ des Ahnenerbes aufgenommen wurde und zwischen 1939 und 1942 in der ehemaligen Tschechoslowakei in Unterwisternitz/ Dolní Věstonice insgesamt drei Ausgrabungskampa-gnen organisierte.

ging, sondern um politische und wissenschaftliche In-teressen, die sich nicht in Einklang bringen ließen.82

Zurückblickend lässt sich feststellen, dass die Archäo-logie in Deutschland, insbesondere die Vor- und Früh-geschichte, es geschafft hat, sich seit dem Erscheinen des Aufsatzes von Bettina Arnold in „Antiquity“ im Jahr 1990 – in Zusammenarbeit mit europäischen Kol-legen – eingehend mit ihren Verstrickungen mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Der biogra-phische Ansatz ist dabei führend, wie die Publikationen unter anderem zu Paul Jacobsthal (1880–1957)83,

Herbert Jankuhn84, Wilhelm Jordan (1903–1983)85,

Gustaf Kossinna (1858–1931)86, Robert Lais (1886–

1945)87, Ernst Petersen (1905–1944)88, Gero von

Merhart (1886–1959)89, Hans Reinerth90, Gustav

Schwantes (1881–1960)91

, Ernst Sprockhoff (1852– 1967)92

, Walter von Stokar (1901–1959),93

Karl-Hermann Jacob-Friesen (1886–1960)94, Kurt

Tackenberg (1899–1992)95, Hans Zeiss (1895–1944)

und Joachim Werner (1909–1994)96 bezeugen.

Außerdem ist wiederholt die Forschungsgeschichte von Ausgrabungen aufgenommen worden, etwa zum Schlossberg von Zantoch/Santok (Polen)97, zu

Haithabu (Deutschland)98, Unterwisternitz/Dolní

Věstonice (Tschechien), Solone (Ukraine)99

oder dem Glauberg (Deutschland)100

. Es werden überdies Insti-tutionen wie zum Beispiel die ‚Kieler Schule‘101 oder

das Staatliche Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin erforscht.102 Im Rahmen bestimmter Regionen,

wie der Rheinprovinz103, Bayern104, Sachsen, Böhmen

und Schlesien105 oder dem sogenannten

‚Reichskom-missariat Ostland‘,106 oder Nationen, wie Österreich107

und den Niederlanden108, wird das Verhältnis zwischen

Vor- und Frühgeschichtsforschung und Nationalsozia-lismus ebenfalls analysiert. Auch Forschungskonzepte wie Epochen109

oder Ethnien110

und Ethnizität111

oder die Verbindung mit der Völkischen Bewegung112 werden

kritisch betrachtet. Wichtige neue Entwicklungen sind außerdem die Analyse von Systembrüchen113 und

Fi-nanzierungsstrukturen.114

Dieser Überblick ist bei Weitem nicht vollständig, bezeugt jedoch, dass die Kultur des Schweigens end-gültig durchbrochen ist. Wie nahezu ‚Mainstream‘ das Thema „Vor- und Frühgeschichte im NS-Staat“ mittler-weile geworden ist, wird auch hervorragend durch die Tatsache illustriert, dass der Verband der Landesar-chäologen in Deutschland sich 2013 bei der Themen-wahl des jährlichen Kolloquiums zum Ziel setzte, „die Landesarchäologie in Deutschland und seinen Nach-barstaaten im Zeitraum von 1933 bis 1950/55“ auszu-loten – wobei, wie die Organisatoren anerkannten, es noch immer „viel zu forschen“ gab.115

Die historische Selbstreflexion findet jedoch nicht nur unter Kollegen oder in wissenschaftlichen Gremien statt, sondern auch in der Öffentlichkeit. Die von Uta Halle und Dirk Mahsarski initiierte Ausstellung „Graben

(15)

das Individuelle auch immer etwas Kollektives sichtbar machen wollte125, wurde so mit einem rassistischen

Verständnis der Volkskultur und deren vermeintlich bis in die Vor- und Frühgeschichte zurückgehenden Ge-schichte verbunden.

Die Zusammenarbeit zwischen dem Berliner Fotografen – oder in seinen eigenen Worten „Bildberichterstatter“ – Retzlaff und dem SS-Ahnenerbe hatte 1936 ange-fangen. Das Ahnenerbe nahm wegen der Bebilderung eines Aufsatzes in der von Plassmann herausgegebe-nen Ahherausgegebe-nenerbe-Zeitschrift „Germanien“ Kontakt auf.126

Ein Jahr später bot Retzlaff sich aktiv für eine Mitarbeit beim Ahnenerbe an. Er beschrieb sich selbst mit den Worten, er sei „nicht nur Spezialist für Volkstrachten-aufnahmen“, und ließ wissen, er würde „es sehr begrü-ßen, wenn sich in Zukunft eine Verbindung zwischen uns anbahnen könnte“.127 Dies geschah letztendlich

1938 gleich nach dem ‚Anschluss‘ Österreichs vom 13. März. Zwei Tage später besuchten zwei Ahnenerbe-Mitarbeiter das Bildarchiv von Retzlaff im Rahmen der Vorbereitung eines Sonderheftes von „Germanien“ mit dem Titel „Österreich – deutsches Land“.128 Auch im

nächsten Jahr nahm das Ahnenerbe wieder Kontakt zu Retzlaff auf. Jetzt geschah dies, um das Ahnenerbe-Bildarchiv ‚deutsches und germanisches Brauchtum‘ mit Fotos von Retzlaff auszubauen und zu ergänzen.129

Die von Plassmann im Büchlein „Kleine Kostbarkeiten aus Kunst und Geschichte“ aufgenommene ‚Prähistori-Dass transnationale wissenschaftliche

Austausch-Netzwerke und ethnische oder rassisch begründete Verbindungen durch Ahnenerbe-Mitarbeiter bewusst kreiert und hervorgehoben wurden, ist unverkenn-bar der Fall. Ein vielsagendes Beispiel ist die Art und Weise, wie die Kultur Transsilvaniens/Siebenbürgens in dem vom Ahnenerbe herausgebrachten Büchlein „Kleine Kostbarkeiten aus Kunst und Geschichte“ dargestellt wurde.119 Die entsprechende Publikation

ist 1940 beim Ahnenerbe-Stiftungs-Verlag unter der Redaktion des Germanisten Joseph Otto Plassmann er-schienen. Plassmann war seit 1936 SS-Hauptamtlicher und fungierte unter anderem als Herausgeber der Ahnenerbe-Zeitschrift „Germanien“; seit 1938 leitete er die Abteilung ‚Germanische Kulturwissenschaft und Landschaftskunde‘ des Ahnenerbes.120

Er ließ in dem Büchlein mehrere Ahnenerbe-Wissenschaftler kurz zu Wort kommen, um anhand eines Gegenstandes oder Gebäudes den „indogermanischen Geist“ und das da-zugehörige „Lebensgefühl“ zu verdeutlichen.121 Das

Buch gibt einen guten Einblick in die Grundzüge des Weltbilds führender Ahnenerbe-Mitarbeiter. Leitend war dabei eine Verbundenheit mit der vermeintlichen ‚nordrassisch-indogermanischen‘ Kultur und Ethnizität Europas, wie diese aus der Vor- und Frühgeschichts-forschung und Volkskultur abgelesen wurde. Über in-terdisziplinäre Forschung sahen sich die Schreibenden gewissermaßen in einer emotionalen Gemeinschaft, die sich über Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft er-streckte. In seiner Einleitung schreibt Plassmann dazu, er wolle das Buch all jenen darbieten, „die sich von dreitausend Jahren Rechenschaft geben und das völki-sche Lebensgefühl unserer Tage mit dem Bewußtsein des Ewigen durchdringen wollen“.122

In seinem eigenen Artikel „Das Fürspan“ beschäftigt Plassmann sich zunächst mit Broschen von Bräuten, die von dem völkischen Fotografen Hans Retzlaff (1902–1965) in dessen Buch „Bildnis eines deutschen Bauernvolkes. Die Siebenbürger Sachsen“ festgehalten worden waren (Abb. 1). In diesem 1936 erschienenen Fotoband wird, laut Vorwort, das Bild eines „deutschen Bauernvolks“ gezeichnet, das sich in einer „fremdvöl-kischen Umwelt“ im Laufe von 800 Jahren „seine Hei-mat“ geschaffen habe.123

Plassmann geht jedoch noch einen Schritt weiter und verpasst dieser Volkskultur faktisch mit Hilfe von Bildreimen eine prähistorische transnationale Dimension. Er verweist auf die Ähnlich-keit zwischen dem „Brautschmuck der Siebenbürger Sachsen“ und den „friesischen Frauentrachten“, die er aus der „Friesischen Chronik“ von Ubbo Emmius (1547–1625) aus dem Jahr 1616 ableitet. Dabei han-dele es sich um ein „Sinnbild“, dessen Bedeutung auf die Zeit der Germanen zurückgehe. Diesen Prozess der ‚Prähistorisierung‘ einer Volkskultur schließt Plass-mann ab mit einem Verweis auf den bronzezeitlichen Sonnenwagen von Trundholm.124 Der Spiegel-Effekt

der Fotografie von Retzlaff, der in seinen Porträts über

Abb. 1

„Bauernmädchen aus Rode in Siebenbürgen“, Foto von Hans Retzlaff. Quelle: Plassmann 1940a.

(16)

aber stammte zugleich von deutschen und nieder-ländischen Kolonialisten ab.134 1935/36 arbeitete er

für das ethnographische und archäologische Museum von Palembang.135 Dieses Museum war 1933 eröffnet

worden und bekannt als ‚Roemah bari‘ (altes Haus).136

1936 verließ Schnitger Niederländisch-Indien und ließ sich in Österreich nieder. Er war holländischer Staats-bürger, arbeitete als Bibliothekar im Naturhistorischen Museum in Wien und wurde in dieser Zeit ein enthu-siastischer Anhänger Hitlers und dessen nationalso-zialistischer Bewegung. 1937 wurde er an der Wiener Universität über die Tempelkultur von Südost-Sumatra promoviert.137 Es war für ihn jedoch nicht einfach,

seine wissenschaftliche Arbeit fortzusetzen. In seinem „Erscheinungsbild“ sollen „artfremde Rassenmerkmale sichtbar“ gewesen sein, und das machte es für ihn schwierig zu publizieren.138

Er nahm schließlich 1942 Kontakt zum SS-Ahnenerbe auf, in der Hoffnung, dass es seine Forschungspläne unterstützen würde. Schnitger machte dabei klar, dass er es ermöglichen könne, für das Ahnenerbe die berühmte Fotosammlung des Archäologischen Dienstes von Niederländisch-Indien benutzen zu können.139 Kopien dieser Fotos

wurden in Leiden aufbewahrt. Wolfram Sievers (1905– 1948), der Reichsgeschäftsführer des Ahnenerbes140

, war begeistert, umso mehr, weil Schnitger beiläufig wissen ließ, er verfüge über Informationen über einen Widerstandskreis, der angeblich seine Basis im Ams-terdamer Kolonialinstitut hatte.141 Über die Bedeutung,

die Sievers der Fotosammlung des Archäologischen Dienstes von Niederländisch-Indien beimaß, lässt sich spekulieren. Es passt jedoch in die Ahnenerbe-Forschungstradition, diese Fotos als Quellen für eine formalistische Symbolforschung zu betrachten, die in Asien wie in Europa auf einen vermeintlichen arischen Einfluss abzielte.142

Letztendlich war Schnitger für das Ahnenerbe jedoch nicht die Person, mit der die Organisation ihr Arbeits-gebiet nach Südost-Asien ausdehnen konnte. Im Ge-genteil: Schnitger war ein Phantast.143 Er hatte zwar

tatsächlich Expeditionen nach Sumatra unternommen, aber seine Geschichte über die Widerstandsgruppe im Amsterdamer Kolonialinstitut war vollständig erfun-den.144

Er wurde schwer bestraft: ein Jahr Schutzhaft, für die er in das Konzentrationslager Mauthausen ein-gewiesen wurde, wo er im April 1945 zwei Wochen vor der Befreiung des Lagers unter unbekannten Umstän-den starb.145 Dieser traurige Fall zeigt nicht nur die

Rücksichtslosigkeit des NS-Systems, sondern macht auch deutlich, wie verwundbar das Ahnenerbe in sei-nem Bestreben war, neue nationalsozialistische trans-nationale Kontakte zu knüpfen. Dass es ihm dabei an einer etablierten Grundlage für Zusammenarbeit fehlte, auf die es hätte aufbauen können, war dabei eine wich-tige Ursache.

sierung‘ der durch Retzlaff schon in den 1930er-Jahren in Transsilvanien/Siebenbürgen über Landschafts- und Porträtfotos kreierten völkischen Idylle war jedoch kein Einzelfall.130 So versuchte das Ahnenerbe, als

Netzwerkorganisation 1942 eine Zusammenarbeit zwischen Retzlaff und dem niederländischen nati-onalsozialistischen und auf Archäologie und Volks-kunde spezialisierten Photographen Willem F. van Heemskerck Düker (1910–1988) zu arrangieren. Der Plan, gemeinsam einen Bildband über die Niederlande, Friesland und Schleswig-Holstein zusammenzustel-len, entsprach völlig den transnationalen rassischen Ambitionen des Ahnenerbes; er wurde allerdings aus unbekannten Gründen nie konkretisiert.131 Die Analyse

der Art und Weise, wie Netzwerke sich hinter dem Auf-satz „Das Fürspan“ formten und weiter entwickelten, führt dennoch deutlich zu einem besseren Verständnis der entscheidenden Bedeutung von Transnationalität und rassischer Einheitlichkeit für das Ahnenerbe. Einen „Masterplan“132 gab es bei diesem radikalen Bestreben

nicht, eher spielten Zufall und Pragmatismus eine we-sentliche Rolle.

Dies ist auch bei dem Sumatra-Forscher Friedrich M. Schnitger (Abb. 2) der Fall, dem es 1942 gelang, das Ahnenerbe für seine Arbeit zu interessieren. Schnitger ‚entdeckte‘ 1936 den Muara Jambi-Tempelkomplex in Südost-Sumatra (Indonesien).133

Er wurde 1912 auf Java (Malang) geboren und hatte einen sogenannten ‚gemischten‘ Hintergrund; er hatte eine chinesische Großmutter und trug zwar einen deutschen Namen, Abb. 2 Porträt von Friedrich M. Schnitger (Sumatra, Mitte 1930er-Jahre). Quelle: Schnitger 1939.

(17)

Ahnenerbe-Führung setzte große Erwartungen in Bohmers, der selbst einer Art von rassischem Födera-lismus in Europa nachstrebte. Als Ahnenerbe-Prähis-toriker partizipierte er bewusst an dem alle nationalen Dimensionen sprengenden, politisch-rassischen Pro-jekt, das das SS-Ahnenerbe in Europa durchführte. Er konnte mit der Unterstützung von Wolfram Sievers rechnen und war Teil des wissenschaftlichen Ahnen-erbe-Netzwerkes. Während seiner Forschungsarbeit stand Bohmers jedoch kaum in Kontakt mit der ein-heimischen, teilweise deutschen Bevölkerung vor Ort. Zugleich war er als argwöhnischer Einzelgänger auch innerhalb des Ahnenerbes ziemlich isoliert. Der Ahnen-erbe-Mitarbeiter Kurt Willvonseder, der die Abteilung für archäologische Denkmalpflege an der Zentralstelle für Denkmalschutz in Wien leitete, war zum Beispiel im Oktober 1944 verärgert, weil Bohmers ihn nicht über den Aufbewahrungsort der Funde aus Unterwisternitz informiert hatte. Dazu wäre er laut Denkmalschutzge-setz des Reichsgaus Niederdonau verpflichtet gewe-sen.149

Bohmers hatte die Objekte und Dokumentation hin-gegen schon früher nach Friesland und Groningen gebracht, während nur ein kleiner Teil, auf Anforderung von Wolfram Sievers, in das Ahnenerbe-Quartier in Waischenfeld geschickt worden war.150

Außerdem wurde die Ausgrabung, abgesehen von einigen kurzen propagandistischen Aufsätzen, nie publiziert.151 Die

transnationalen Ambitionen des Ahnenerbes haben, so lässt sich schlussfolgern, im Falle Bohmers mehr zur wissenschaftlichen Isolation als zum Aufbau eines bleibenden wissenschaftlichen Netzwerks beigetragen. Bei dem letzten hier darzustellenden Beispiel, das sich

mit dem Geologen und Archäologen Assien Bohmers (Abb. 3) und seinen Ahnenerbe-Aktivitäten befasst, ist eine ähnliche Verwundbarkeit im Bestreben, rassische transnationale Verbindungen aufzubauen, wahrnehm-bar. Bohmers ist bekannt dank seiner Ahnenerbe-Ausgrabungen in Unterwisternitz/Dolní Věstonice, das am Fuße der Pollauer Berge gelegen ist und häufig als eine der wichtigsten Fundstätten der Tschechoslowa-kei betrachtet wird. Am Anfang des 20. Jhs. war das in Südmähren gelegene Dorf Unterwisternitz noch Teil der Donaumonarchie. 1919 wurde die Ortschaft der Tschechoslowakei angegliedert, und 1938 wurde sie, nach dem sogenannten Münchener Abkommen, in den österreichischen Reichsgau Niederdonau integriert. Es sollten insgesamt drei Ausgrabungskampagnen stattfinden (1939, 1940 und 1942), die zum Teil durch freiwillige Mitarbeiter aus Friesland durchgeführt wurden.146 Die erste Ausgrabungskampagne begann

am 10. Juli 1939.147 Sie sollte beweisen, dass die

sogenannte „Cro-Magnonrasse“, laut Bohmers „die unmittelbaren Ahnen des indogermanischen Volkes“, nicht östlicher Herkunft, sondern im Zentrum Europas entstanden war.148 Bohmers war 1937 als

25-Jähri-ger in die ‚Abteilung Ausgrabungen‘ des Ahnenerbes aufgenommen worden und wurde 1939 Leiter der ‚Forschungsstätte für Urgeschichte‘. Der promovierte Geologe Bohmers war Friese, dazu blond und blauäu-gig, und passte damit zu den Rasse-Erwartungen der Schutzstaffel. Seine Ausgrabungen für das Ahnenerbe im ‚Reichsgau Niederdonau‘ können beispielhaft für die Transnationalität und rassistische Vereinheitlichung von dessen archäologischen Projekten stehen. Die Abb. 3

Assien Bohmers (in der Mitte) bei der zeichnerischen Dokumentation in Unterwisternitz/ Dolní Věstonice, 1939. Quelle: Sammlung W. Bohmers.

(18)

Die oben besprochenen drei Beispiele bezeugen vor dem Hintergrund dieser Definitionsdiskussion auf her-vorragende Weise, warum und wie das Ahnenerbe als rassistisches Netzwerkprojekt funktionierte. Während die europäische Archäologie vor 1933 hauptsächlich national organisiert war – was auch im Rahmen von in-ternationaler Zusammenarbeit ein grundlegendes Prin-zip blieb –, war die rassistisch verstandene Transnati-onalität der Archäologie der wichtigste Bezugsrahmen für das SS-Ahnenerbe. Hier bildeten sich Netzwerke anhand von vermeintlichen Abstammungskriterien auf der Grundlage eines rassischen Vorgeschichtsbildes, das auch in der Gegenwart über Zugehörigkeit oder Ausschluss entschied – unter dem Primat und dem Terror der deutschen Okkupation. Zwar bezeugen die Beispiele, dass die Breitenwirkung des Ahnenerbes beschränkt war; die vom Ahnenerbe angestrebte ras-sisch motivierte Zusammenarbeit in Europa war kein selbstverständliches und einfach zu erreichendes Projekt. Doch gelang es dem Ahnenerbe dabei, weltan-schauliche Kontrolle über wissenschaftliche Projekte auszuüben, verbunden mit dem Anspruch, das jewei-lige Material den Sammlungen der SS zuzuführen und nicht dem einzelnen Wissenschaftler zu überlassen. Der gezielte Versuch, die Uniformierung von wissen-schaftlichen Begriffen in den verschiedenen, mit dem ‚nordrassischen Indogermanentum‘ verbundenen For-schungsbereichen in Gang zu setzen – die „Okkupation der Begriffe“157 –, war dabei nur ein erster, jedoch

äu-ßerst wichtiger Schritt. 3 Das SS-Ahnenerbe als rassistisches

Netzwerkprojekt

Dirk Mahsarski hat das Ahnenerbe 2019 als „think tank for germanic supremacy“ gedeutet.152 Dies suggeriert,

dass die Organisation in erster Linie für andere im ‚Drit-ten Reich‘ Ideen entwickelte und auch versuchte, diese zu verbreiten. Dieser Darstellung, die viel Anerkennung gefunden hat, entspricht jedoch nicht der elitäre und selbstbezogene Charakter des Ahnenerbes.153

Zutref-fender ist, jedenfalls im Bereich der Prähistorischen Archäologie, Mahsarskis Beschreibung des Ahnener-bes als eine Organisation, mit der es der SS-Führung gelang, Geld zu mobilisieren und Prestige zu gewin-nen.154 Noch aufschlussreicher ist die Definition von

Malte Gasche, der das Ahnenerbe mit Bezug auf die besetzten Gebiete Nordwest-Europas nicht nur als Forschungseinrichtung, sondern als ein ‚pangermani-sches‘155 Netzwerkprojekt umschreibt. Das Ahnenerbe

unterhielt, so betont Gasche, außerhalb Deutschlands Arbeitsverbindungen zu verschiedenen nationalsozia-listischen Kultur- und Besatzungseinrichtungen, wobei die Bandbreite jener ausländischen Personen, die sich zur wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Ahnenerbe bereitfanden, vom Laienforscher bis zum Universitätsprofessor reichte.156

Die Organisation ver-suchte dabei gezielt, Verbindungen zwischen ethnisch und/oder rassisch definierten nationalen Minoritäten aufzubauen. Solche Orientierungen waren nicht exklu-siv auf das Ahnenerbe beschränkt, auch die staatlichen Stellen oder die Dienststelle Rosenberg pflegten ähn-liche, sich teilweise überschneidende Netzwerke, doch ist bemerkenswert, welch hohen Stellenwert innerhalb des Ahnenerbes diesen „diplomatischen“ Netzwerken zugemessen wurde.

(19)

19

Vgl. Jansen 2008, 151; Díaz-Andreu, 2014, 163–164; Hare 2014, 24. Siehe dazu Babes – Kaeser 2009; Moro Abadia 2010, 227.

20

Vgl. Lester 2006.

21

Zur aktuellen erneuerten Reflexion von archäologischer Seite über die Bedeutung, den Ursprung und die Zukunft der euro-päischen Archäologie und die der nationalen Archäologien vgl. Brück – Nilsson Stutz 2016; Babić u. a. 2017.

22

Zu Schroller vgl. Blaich – Weber 2008, 147–188.

23

Vgl. Weger 2009, 142; Weger 2017.

24

Vgl. Pringle 2006, 2–13; siehe auch Barrowclough 2018.

25

Vgl. Kater 2006, 91–95.

26

Vgl. Ackermann 1970, 46.

27

Auf die sowohl freiwillige Übergabe als auch gewaltförmige Einverleibung von Sammlungen verweist schon Kater 2006, 121–123.

28

Dabei brachte das Ahnenerbe zudem die Felsbildersammlung Wirths und das Publikationsorgan Teudts, die Zeitschrift „Germanien“, in seinen Besitz und nahm diesen damit einen großen Teil ihres Wirkungsfeldes. Vgl. auch Kater 2006, 120–136, der dem Ahnenerbe sehr deutlich eine Rolle als „kulturpolitische Polizei“ zuspricht, was in der heutigen Rezeption seiner Arbeit jedoch meist vernachlässigt wird. Lerchenmüller 2004 hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass auch umgekehrt die Arbeit des mit ‚Gegnerforschung‘ befassten SD (bzw. ab 1939 Reichssicherheitshauptamts) besonders ab der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre einer Akademisierung unterlag und die SD-Mitarbeiter durchweg Promotionen und Habilitationen besaßen oder anstrebten. Häufig bedingten sich bei ihnen, etwa bei Franz Alfred Six (1909–1975) oder Reinhard Höhn (1904–2000), die wissenschaftliche und die SS-Karriere.

29

APM, Korrespondenzordner 58, Bl. 294: Rolf Höhne, Das Arbeits-gebiet der Abteilung R. A. [Rasseamt] III b, Vorgeschichte, im Rasse- und Siedlungshauptamt SS, 2. Entwurf, September 1935. 30 Vgl. Mahsarski 2011. 31 Vgl. Gasche 2014, 17. 32 Vgl. Leube 2013, 105–118. 33

Für die durch das Ahnenerbe geförderte Tibet-Expedition von 1938/39 vgl. Kaufmann 2012, 204–273; siehe dazu auch Mierau 2006.

34

Vgl. den Film „Deutsche Vergangenheit wird lebendig“ aus dem Jahr 1936 mit einem O-Ton Heinrich Himmlers; siehe dazu auch den Bericht über die Ausgrabungen der SS von Langsdorff – Schleif 1936.

Endnoten

1

Vgl. Kater 2006, 11–16, 27.

2

Für die drei Satzungen des Ahnenerbes von 1935, 1937 und 1939 vgl. Gasche 2014, 45–48. Zur Auflösung vgl. Reitzenstein 2017b.

3

Reitzenstein 2014, 271–293 und Leube 2018 verweisen detailliert darauf, dass das Berliner Gebäude aus jüdischem Besitz stammte und dem rechtmäßigen Eigentümer unrechtmäßig abgepresst wurde. Zu München vgl. Schreiber 2008, 208f.; zu Waischenfeld Greif 2000.

4

Vgl. Schlegelmilch 2016, 123. Siehe dazu auch Longerich 2010, 309–325.

5

Vgl. zum Beispiel Ickerodt – Mahler 2010; Black – Kurlander 2015, 1–19; Löw 2016, 29–111; Kurlander 2017.

6

Vgl. zum Beispiel Kaufmann 2000, 9–17; Nagel 2013, 19–20.

7

Zur Diskussion über die ‚neue Staatlichkeit‘ des NS-Systems vgl. Hachtmann 2011, 33–34.

8

Zum Zusammenhang zwischen Bewährungsproben, Kamerad-schaft und gemeinsamer TäterKamerad-schaft in der SS und dem Ahnen-erbe vgl. Schlegelmilch 2016, 149.

9

Für eine differenzierte Darstellung der Diskussion um den vermeintlichen Widerstand im Ahnenerbe vgl. Gasche 2014, 172–178.

10

Eine kritische Analyse dieser These leistet Jansen 2015b, 366–367.

11

Vgl. zum Beispiel Brands 2012, 33–34; Föllmer 2016, 120.

12

Vgl. zum Beispiel Jansen 2010, 85; Reitzenstein 2014, 13; Eickhoff 2015, 415.

13

Vgl. zum Beispiel Eickhoff – Halle 2007; siehe dazu auch Bazelmans – Kolen 2015, 94–109.

14

Martijn Eickhoff dankt der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) Berlin für den dreiwöchigen Forschungsaufenthalt im Dezember 2017, der ihm das Schreiben dieses Aufsatzes ermöglichte.

15

Vgl. Trigger 1989, 148–206; Kohl – Fawcett 1995; Díaz-Andreu – Champion 1996.

16

Vgl. z. B. Steuer – Hakelberg 2001; Leube – Hegewisch 2002.

17

Vgl. De Cesari – Rigney, 2014. Siehe auch Henkes u. a. 2017, 13.

18

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