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Der Mohn, die Linearbankeramik und das westliche Mittelmeergebiet

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R Ö M I S C H - G E R M A N I S C H E S Z E N T R A L M U S E U M

F O R S C H U N G S I N S T I T U T F Ü R V O R - U N D F R Ü H G E S C H I C H T E

S O N D E R D R U C K A U S

ARCHÄOLOGISCHES

KORRESPONDENZBLATT

12 1982 H E F T l

V E R L A G D E S R Ö M I S C H - G E R M A N I S C H E N Z E N T R A L M U S E U M S

M A I N Z

(2)

A R C H Ä O L O G I S C H E S K O R R E S P O N D E N Z B L A T T 1 2 1 9 8 2 1 1

D E R M O H N , D I E L I N E A R E A N D K E R A M I K U N D D A S W E S T L I C H E M I T T E L M E E R G E B I E T

von Corric C. Bakels

Den Anlaß zu dieser kurzen Notiz gibt der Fund eines zweiten linearbandkeramischen Mohn-samens in den Niederlanden. Der erste ist in Beek ausgesiebt worden, der zweite kam kürzlich in einer Grubenfüllung in Geleen zutage. Beide stimmen in ihrer Morphologie genau mit den von K.-H. Knörzer schon wiederholt beschriebenen und gleichaltrigen Mohnsamen aus dem Rhein-land überein1).

Der Fund selbst hat also nichts Aufsehenerregendes, weil es mehrere Parallelen gibt. Auffallend ist jedoch, daß der zweite Samen relativ schnell nach dem ersten entdeckt wurde. Es kommen derzeit sehr wenige Proben für Samenanalysen aus der niederländischen Linearbandkeramik ins Labor. Große Ausgrabungen werden jetzt nicht mehr unternommen, und alle Proben stammen aus zu-fällig angeschnittenen Gruben, die von Amateuren entdeckt und untersucht worden sind. Natür-lich kann der Fund von zwei Samen reiner Zufall sein, doch kann ich mich nicht dem Eindruck entziehen, daß verkohlte Mohnsamen hier zu den ganz normalen Siedlungsabfällen gehören. Das-selbe gilt für das Rheinland, wo Knörzer schon acht linearbandkeramische Siedlungen mit Mohn-samen publizieren konnte. Es ist mir zudem bekannt, daß dort weitere unpublizierte Funde vor-handen sind.

Wie U. Willerding neuerdings nochmals betont hat, kommt innerhalb der Linearbandkeramik nur zwischen Rhein und Maas Mohnsamen vor2). Das könnte natürlich an der benutzten Siebtechnik

liegen, ist aber unwahrscheinlich. Es sieht aus, als ob der Mohn sich wirklich auf den westlichen Bereich der Linearbandkeramik beschränkt.

Eine zweite Tatsache ist, daß der Mohn nicht zu den Kulturpflanzen gehört, die aus dem Nahen Osten stammen und über den Balkan nach Mitteleuropa eingewandert und eingebürgert sind. Die sonstigen Kulturpflanzen der niederrheinischen und niederländischen Linearbandkeramik -Emmer, Einkorn, Erbse, Linse und Lein — haben alle ihre Herkunft im Südosten. Der Mohn ist bisher weder im Vorderen Orient noch auf dem Balkan in einem neolithischen Kontext gefunden worden. Die linearbandkeramischen Mohnsamen sind die ältesten bisher konstatierten Vertreter dieser Art überhaupt. Die Funde, die zeitlich folgen, stammen aus den Pfahlbauten. Eine voll-ständige Liste der neolithischen Funde Europas gibt J. Schultze-Motel*).

Nicht nur das früheste Vorkommen des Mohns, sondern auch seine Ursprungsart ist durch ein westliches Verbreitungsgebiet gekennzeichnet. Es handelt sich um den Borstenmohn, Papaver

somniferum ssp. setigerum (D.C.) Corb.4), der heute im westlichen Mittelmeergebiet vorkommt. Die linearbandkeramischen Mohnsamen sind übrigens nicht von ihren wilden Vorfahren zu unter-scheiden. Es ist daher möglich, daß noch keine Kulturpflanze vorliegt, sondern nur ein Unkraut, eine Wildpflanze. Wie dem auch sei, die Pflanze ist in ihren linearbandkeramischen Fundorten weit von ihrem Ursprungsland entfernt. Eine Durchsicht der Angaben in Florenlisten ergibt, daß der Borstenmohn an folgenden Standorten einwandfrei wild ist: Malta, Pelagische Inseln, Pantelle-ria, Sizilien, Ustica, Äolische Inseln, Süd- und Westitalien, Korsika, Südfrankreich bis nach Avey-ron, Balearen, Osten Spaniens und bestimmte Teile von Marokko, Algerien und Tunis. Überall sonst besteht der Verdacht, daß die Art eingeschleppt und verwildert ist') (Abb. 1).

Es liegt auf der Hand, den Ursprung des linearbandkeramischen Mohns, Kulturpflanze oder Un-kraut, innerhalb des natürlichen Areals der Wildpflanze zu suchen. Ein solcher Gedanke hat zur Konsequenz, daß man der westlichen Linearbandkeramik eine westmediterrane Komponente zu-schreiben muß. Die große Frage ist nun, wie diese Komponente hineingekommen ist. Die logische

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A b b 1 Das natürliche Verbreitungsgebiet des Mohns (Papaver somniferum s.l.) und sein Vorkommen im N e o l i t h i k u m . - l N c o l i t h i s c h c Funde vor 4000 v Chr. — 2 Neolithische Funde nach 4000 v. Chr. — 3 M o h n p f l a n z c n , einwandfrei wild. — 4 M o h n p f l a n z e n , verwildert. — Nicht alle Funde aus dem R h e i n l a n d und den Pfahlbauten sind dargestellt. Die

n a t ü r l i c h e V e r b r e i t u n g des Mohns im Inneren Spaniens ist unsicher. — M - 1:30000000 (Zeichnung H de Lorm).

Antwort lautet: über Frankreich. Dann sollte aber die Linearbandkeramik Kontakte mit neolithi-schen Gruppen in Frankreich unterhalten haben, die ihrerseits wieder Kontakte zu Gruppen am Mittelmeer besaßen. Die unmittelbaren Beziehungen zwischen der Linearbandkeramik des Rhein-Maasgebietes und dem Süden reichen nur bis an die belgisch-französische Grenze oder wenig weiter, was unter anderem am Austausch von Dechseln zu verfolgen ist. Daneben gibt es jedoch die rätselhafte »Limburger Keramik«. Es hat sich herausgestellt, daß dieses Material vom Rhein bis über die Yonne hinaus gefunden wird6). Sind die Verfertiger der Limburger Keramik die ersten

Glieder einer Kette von Verbindungen, deren anderes Ende sich am westlichen Mittelmeer befin-det? Wenn der hier dargestellte Gedankengang über die Herkunft des Mohns richtig ist, kann ein Studium des französischen Neolithikums die Antworten geben. Natürlich sollte man dann auch frühe französische Mohnsamen finden.

Das Problem des linearbandkeramischen Mohns verdient es, weiter untersucht zu werden. Es wäre möglich, daß man hier die erste Querverbindung zwischen der transmediterranen und der konti-nentalen Ausbreitung des Neolithikums erkennen kann.

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Anmerkungen

1) Zum Beispiel K -H Knörzcr, Prähistorische Mohnsa- Schlafmohns (Papaver somnifcrum L.) und die Ent-men im R h e i n l a n d Bonner J a h r b ü c h e r 1 7 1 . 1 9 7 1 , 3 4 - stehung der Art Kulturpflanze 27,1979,207-215

39.

4) Siehe A n m 3 2) U W i l l e r d i n g , Zum Ackerbau der B a n d k e r a m i k e r

5) Zum Beispiel T G Tutin et al . Europaea I In Bcitr 7 Arch Nordwestdeutschlands und M i t t e l

-(1964) europas Festschr K R a d d a t z Matenalhefte zur

Ur-und Frühgeschichte Niedcrsachsens 16 (1980)

4216) D Cahen, C Constantin, P J R Modderman u P

-4*6

L Van Berg, Eléments non rubanés du néolithique ancien entre les vallées du Rhin Inférieur et de la 3)J Schultzc-Motel, Die «geschichtlichen Reste des Seine Helimum 21,1981,136-175

Corrie C. Bakels

Instituut voor Prehistorie Breestraat 87 NL 2)11 C K Lei Je n

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I N H A L T • H E F T l / 1 9 8 2

A. Abramova, Zur Jagd im Jungpaläolithikum. Nach Beispielen des

jungpaläolithischen Fundplatzes Kokorevo I in Sibirien (Taf. 1-2) ... l

CorrieC. Bakels, Der Mohn, die Linearbandkeramik und das westliche Mittelmeergebiet ... 11 Hanni Schwab, Portalban/Muntelier — zwei reine Horgener Siedlungen der Westschweiz ... 15

Wolfgang Kimmig, Bemerkungen zur Terminologie der Urnenfelderkultur im Raum

nordwestlich der Alpen ... 33

Margarita Primas, Neue Untersuchungen urnenfelderzeitlicher Siedlungsfunde in

in der Nordostschweiz ... 47

AnnaGassler, Spätbronzczeitliche Keramik vom Wittnauer Hörn ... 55 Klaus Volcjuardt Thomas, Ein hallstattzeitliches Bronzeblechkännchen aus

Ihringen, Kr. Breisgau-Hochschwarzwald ... 69

Elisabeth Maria Spiegel, Ein Marmorfragment aus Köln- Weiden (Taf. 3) ... 75 Ursula Koch, Die frühmittelalterlichen Funde vom Runden Berg bei Urach ... 81 Günter?. Fehnng, Germanische, slawische sowie deutsch-dänische Burganlagen

an der Landbrücke zum Lübecker Stadthügel ... 93

Bernd Becker • Burghart Schmidt, Verlängerung der mitteleuropäischen

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