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Die Geschichte der Nominalklassen des Laru (Kordofanisch), in Berliner Afrikanistische Vorträge (XXI. deutscher Orientalistentag, Berlin 24.-29.3.1980)

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Die Geschichte der Nominalklassen des Laru (Kordofanisch)

Thilo C. Schadeberg

BERLINER AFRIKANISTISCHE VORTRÄGE

XXI. Deutscher Orientalistentag, Berlin 24.-29. März 1980 Hrsg. von H. Jungraithmayr in Zusammenarbeit mit G. Miehe

(Marburger Studien zur Afrika- und Asienkunde, Serie A, Band 28) Berlin: Verlag von Dietrich Reimer 1981

(2)

Zur kordofanischen Sprachfamilie, wie Greenberg sie 1950 konzipierte, gehören fünf Sprachgruppen:

HEIBAN TALODI RASHAD KATLA KADUGLI (Kawalib; Koalib-Moro)

(Talodi; Talodi-Masakin und Lafofa) (Tagele; Tegali-Tagoi)

(Tumtum; Kadugli-Krongo)

(Ich halte die KADUGLI-Sprachgruppe nicht für Kordofanisch.) Zum HEIBAN gehören zehn Sprachen, die sich wie folgt in drei Zweige gliedern lassen:

WEST-HEIBAN ZENTRAL-HEIBAN OST-HEIBAN 50 % 40 %

Die interne Gliederung des Zentral-HEIBAN ist weniger

deut-lich, ich schlage die folgende Subklassifikation vor:

tor o

Ebang

Abul Laru Logol Rere

! l ZH" l ZH' 9O % 8O % 7O % PZH

(3)

- 2O6

-Das Lautsystem des Proto-HEIBAN (PH) hat sich

unver-ändert bis ins Proto-Kentral-HEIBAN (PZH) erhalten und ist

- mit geringfügigen Veränderungen - auch in den heutigen

Sprachen noch anzutreffen. Es umfaßte wahrscheinlich die

folgenden Phoneme:

Verschlußlaute: b d d j g

Nasale: m n ji 13

Liquide: l r j>

Gleitlaute: y w

Vokale: i e a o u

Für das Proto-HEIBAN habe ich das folgende

Nominalklas-sensystem rekonstruiert:

Klassenpaare:

(Status "zentral") (Status "marginal")

gu-/li- Fisch, Frau, Hals gu-/j- Baum

li-/qu- Ei, Kopf, Stern g-/n- Bauch, Ohr, Stein

g-/j- Auge, Brust, Rinde li-/j- Zahn

d-/d- Hand, Hörn, Zunge li-/ji- Finger

d-/j- Dorn, Eléphant, Schlange q-/j»- Hund, Speer, Vogel

Einzelklassen:

j- Fleisch, Gedärm, Name

g- Gras, Regen, Rauch q- Blut, Fett, Wasser 0- Feuer, Salz, Sonne

Das gleiche System kann auch in dem folgenden Schema dargestellt werden:

(4)

gu- •

T

-

li-X \

d-

g-/ li- ^— QU-X d d-r»

0-Jedes Klassenpaar des PH ist in wenigstens einer Sprache des Zentral-HEIBAN bewahrt; eine Ausnahme bildet lediglich das Klassenpaar *li-/ji-:

ÜT EB AB LA LO RE

1-/QW- I-/QW- I-/QW- k-/y- 1-/QW- l-/y- , ,

<3-/fl~

•*li-/jm- in ÜT,AB, LO (EB) *li-/ji- ist zusammengefallen mit < *li-/j- in RE

.*g-/n- in EB

(Das Laru ist in der letzten Aufstellung noch nicht berück-sichtigt. )

Zusammenfassend schließe ich, daß das Proto-Zentral-HEIBAN (PZH) alle Klassen und Klassenpaare des PH bewahrt hatte.

II.

Das Laru hebt sich von allen anderen Sprachen der HEIBAN-Gruppe dadurch ab, daß es kein einziges genus (Klas-senpaar) des PH bewahrt hat; die Verschiebungen sind nicht durch phonologische Veränderungen ausgelöst und haben keine Parallelen in anderen Sprachen der HEIBAN-Gruppe.

(5)

208

-Im einzelnen sind die folgenden Verschiebungen zu beobachten (zum genus *d-/j- sind im Laru keine Entsprechun-gen belegt):

*gu-/li- ~ t-/i]W- *gu-/j- -* t-/gw-

n •"*

*li-/gu- -* k-/y- *g-/n- •* l-/qw-*g~/j- •* l-/qW- *li-/j- -* 1-/QW-*d-/d- -» k-/gw- *li-/ji- -» *ji-/q- - k-/y-*g- -«0- -

1-Diese Verschiebungen können auch aus der Sicht des Laru ka-talogisiert werden:

- *gu-/li-,

*gu-/j-- *g*gu-/j--/j~, *g*gu-/j--/n*gu-/j--, *li*gu-/j--/j*gu-/j-- *li-/j-- **li-/j-- *d*li-/j--/d*li-/j--

*d-/d-k-/y- - *li-/qu-, *q-/ji-,

*li-/V-Das Laru hat demnach ein stark reduziertes Nominalklas-sensystem mit nur fünf Klassen, die zusammen vier Klassen-paare (und vier Einzelklassen) bilden:

Alle fünf Präfixe wären phonologisch eindeutig aus dem

Nominalpräfix-Inventar des P(Z)H abzuleiten:

+) Pfeile symbolisieren hier historische Prozesse morpholo-gischer Art. Im Gegensatz hierzu werden Lautverschiebun-gen durch die Symbole > und < symbolisiert.

(6)

t < *d

l < *ï(i) QW < *QU

k < *g(u) y < *j

Morphologisch gesehen ist jedoch keines dieser Präfixe die direkte Fortsetzung seiner phonologischen Entsprechung. Wir haben es also einerseits mit genus-Verschmelzungen, anderer-seits mit genus-Substitutionen zu tun. Ich nehme an, daß die Verschmelzungen von Klassenpaaren früher stattfanden als die für das Laru spezifischen Präfix-Austausch-Operationen. Diese Annahme wird durch den Vergleich mit anderen Zentral-HEIBAN-Sprachen gestützt:

Die Verschmelzungen von zwei "marginalen" mit "zentralen" Klassenpaaren können auf einen Knoten im oben für das Zentral-HEIBAN vorgeschlagenen Stammbaum zurückgeführt werden:

ZH': *li-/ji- - *li/i3U- (V 1 ) ZH": *li-/j- - *g-/j- (V 2 ) Mit anderen Worten: ich gehe davon aus, daß zu den Prä-Laru genera *li-/gu- und *g-/j- auch diejenigen Substantive gehör-ten, die im P (Z)H nach den genera *li-/ji- bzw. *li-/j- kon-struiert wurden.

Zwei weitere Verschmelzungen von "marginalen" mit "zentralen" Klassenpaaren haben sich zwar auch in anderen Zentral-HEIBAN-Sprachen zugetragen, können aber - bei Annah-me des gleichen StammbauAnnah-mes - nicht rekonstruiert werden. Es dürfte sich um Fälle paralleler Entwicklung handeln.

UT, LO, RE: *g-/n- - *g-/j- (V 3 ) LO: *gu-/j- -

*gu-/li-Die erste dieser beiden Verschmelzungen (V 3 ) kann in die-ser Form auch für das Prä-Laru rekonstruiert werden, im Fal-le der zweiten ist die umgekehrte Richtung wahrscheinlicher: *gu-/li- - *gu-/j- (V 4 )

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210

-Man bedenke, daß *li- im Klassensystem des P(Z)H sowohl als Singular- als auch als Pluralpräfix verwendet wurde, und zwar als Singularpräfix in drei genera und als Pluralpräfix in nur einem genus. Dahingegen ist P(Z)H *j- stets Plural-präfix, und zwar durch seine Beteiligung an vier genera das am vielseitigsten verwendbare.

Schließlich müssen wir noch eine Verschmelzung von zwei "zentralen" Klassenpaaren annehmen:

*Q-/ji- -* *li-/>3U- (V 5) Bezüglich der Richtung dieser Verschmelzung nehme ich an, daß das genus *q-/ji-, zu dem nur wenige Substantive gehören, ebenso wie das "marginale" genus *li-/ji- in dem viel größe-ren genus *li-/gu- aufgegangen ist.

Nach den hier beschriebenen Verschmelzungen von Klas-senpaaren hatte das Prä-Laru noch vier genera. Der letzte Schritt vor der Präfix-Austausch-Operation dürfte dann eine weitere Generalisierung des Plural-Präfixes *j- gewesen sein:

A. *li-/uu-B. *g-/j-C.

*gu-/j-*d-/d- - D. *d-/j- (V 6 )ri n •*

Der Schritt von unserem hypothetischen Prä-Laru zum Laru besteht nun aus einer höchst eigenartigen Präfix-Aus-taus ch-Operation:

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SINGULAR: PLURAL:

A. *li

B.

»g-C. *gu

D.

*a-In diesem Schema stehen die morphologischen Entsprechungen jeweils auf einer Zeile nebeneinander, z.B.:

*li-fa/i3U-jra - ka^a/yifa 'Kopf' *g-ay/j-ay •* lêy/gwôy 'Auge'

*gu-aa£e/j-aare -» taajrL/gwaa£i 'Baum' *d-/d- - *d-il/j-il - gil/gwil 'Hörn'

Die einander kreuzenden Linien bezeichnen in dem Schema die phonologischen Entsprechungen. Phonologisch gesehen sind die Präfixe des Laru demnach beinahe perfekt die gleichen wie die des Prä-Laru; wir müssen lediglich noch einen Zusammenfall von *kw- mit k- annehmen. Morphologisch gesehen hingegen hat anscheinend ein kreuzweiser Austausch stattgefunden.

Die unpaarigen gênera des P(Z)H wurden im Laru wie folgt ersetzt:

*j- - gw- z.B. *j-idi - gudi 'Fleisch'

n r^

*g- -* t-/qw- z.B. *g~ulu •* tûlu(/qûlu) 'Rauch' *q- - y- z.B. *ij-aw - yaw 'Wasser' *0- - l- z.B. *iiga •* liiga 'Feuer'

Der Ersatz des genus *j- durch qw- entspricht der Entwick-lung des Pluralpräfixes *j-. Der Ersatz der genera *g- und

*Q~ durch t- und y- entspricht nicht der Entwicklung der

gleichlautenden Singularpräfixe, sondern der der Präfixe *gw- bzw.*ijw-. Der Ersatz des Null-Präfixes durch

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- 212

-*g-; zu beachten ist jedoch, daß im Laru keine Entwicklung *g > 0/# (wie im dicht verwandten Abul) nachzuweisen ist.

III.

Welche sprachlichen oder sprachsoziologischen Faktoren den Präfix-Austausch des Laru ausgelöst haben, vermag ich nicht zu sagen. Stevenson (1956-57; 40:99) sagt hierzu in einer Fußnote: "The Laro story is that this was done deliberately to confuse their neighbours." Eine solche, spielerisch anmutende Operation ist meines Wissens aus kei-ner anderen afrikanischen Klassensprache belegt. Unmöglich ist diese "Erklärung" jedoch nicht; sie ließe sich am besten mit allerlei Beschreibungen von "Geheimsprachen" vergleichen. Daß es hier um ein sprachgeschichtlich sehr rezentes Ereignis geht, erhellt aus der Tatsache, daß das Laru etwa 90 % des Wortschatzes der 100-Wort-Liste mit dem Ebang gemeinsam hat, und daß das Ebang ein im Rahmen des P(Z)H sehr konservati-ves Nominalklassensystem besitzt. Die Hoffnung ist daher be-rechtigt, daß eine zukünftige nähere Untersuchung der Laru und ihrer Sprache das hier beschriebene Rätsel auflösen kön-nen wird.

LITERATURVERZEICHNIS

Greenberg, Joseph H., 195O, Studies in African linguistic classification. VII. Smaller families; Index of languages. Southwestern Journal of Anthropology 6: 388-398.

Meinhof, Carl, 1943/44, "Das Heiban in Kordofan", Zeit-schrift für Eingeborenensprachen 34: 94-130. Schadeberg, Thilo C., 1981, A Suryey of Kordofanian.

Volume 1 : The Heiban Group. (SUGIA Beiheft 1.) Hamburg: Helmut Buske.

Stevenson, Roland C., 1956-57, "A survey of the phonetics and grammatical structure of the Nuba Mountain lan-guages, with particular référence to Otoro, Katcha and Nyimang", Afrika und Übersee 4O: 73-84,

Referenties

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