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Monotheismus zoroastrischer Art

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(1)

ECHNATON UND ZARATHUSTRA

Urheberrechtlich geschütztes Material!

(2)

Lindauer Symposien für Religionsforschung

herausgegeben von

Jan Assmann und Harald Strohm

Band 3

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ECHNATON UND ZARATHUSTRA

Zur Genese und Dynamik des Monotheismus

Wilhelm Fink

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(4)

Amarna (?); Kalkstein Foto: Harald Strohm

Bibliografi sche Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Bilder durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien, soweit es nicht

§§ 53 und 54 UrhG ausdrücklich gestatten.

© 2012 Wilhelm Fink Verlag, München

(Wilhelm Fink GmbH & Co. Verlags-KG, Jühenplatz 1, D-33098 Paderborn) Internet: www.fi nk.de

Einbandgestaltung: Evelyn Ziegler, München Printed in Germany

Herstellung: Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Paderborn ISBN 978-3-7705-5349-5

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Vorwort von Harald Strohm . . . 7 Einführung von Jan Assmann . . . 11 JAN ASSMANN

Echnaton, Tutanchamun und Moses . . . 13 FRANZ MACIEJEWSKI

Der Gottesstaat von Amarna.

Zum Beziehungsaspekt der Atonreligion . . . 41 ALMUT HINTZE

Monotheismus zoroastrischer Art . . . 63 MICHAEL STAUSBERG

Zoroastrische Unterscheidungen . . . 93 HARALD STROHM

Varuna, Ahura Mazda und Zarathushtra – Zur Genese des

altiranischen Monotheismus . . . 119 BERNHARD LANG

Die Religion der Leviten und ihre Gegner – Alternativen zu

einer archaischen Lebenshaltung im Alten Testament . . . 161 VERENA LENZEN

Mose als Erinnerungsgestalt und Identitätsfi gur im Judentum. . 181 LÉON WURMSER

„Archaische Erbschaft“, Selbstwiderspruch des Monotheismus und der „Toleranzmidrasch“ . . . 195 REINHARD SCHULZE

Der „Herr der Welten“ und der mekkanische Götterkult.

Zur Ontogenese der koranischen Off enbarung . . . 213

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JOHANN KREUZER

Wozu Drei? Überlegungen zu Augustinus’

Trinitätsspekulation . . . 273 MANFRED SCHNEIDER

Götterpolitik. Nietzsches „Also sprach Zarathustra“ . . . 293

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Monotheismus zoroastrischer Art

„Il pensiero religioso dell’Iran zoroastriano presenta un’ indiscutibile originalità: mentre non si può pres- cindere dall’idea di un dio creatore onnisciente, l’universo intero si svolge, si sviluppa e s’accresce co- me una manifestazione della stessa divinità. Da qui il valore sacrale degli elementi del cosmo, la santità del fuoco, della terra, della luce, dell’ acqua.“ (Gherardo Gnoli, Osservazioni (a.a.O. Anm. 61), 191).

1. Einleitendes

Dem zeitgenössischen Betrachter bietet der Zoroastrismus das verwir- rende Bild einer Religion, in welcher ein Gott, Ahura Mazdā, oder, in seiner mittelpersischen Form, Ohrmazd, verehrt wird und neben ihm eine Menge anderer ‚verehrungswürdiger‘ Wesen, yazatas. Zu letzteren gehören nicht nur Gottheiten wie zum Beispiel die Wasser- und Fruchtbarkeitsgöttin Anāhitā oder Mithra, der die Personifi zierung des

‚Vertrages‘ darstellt, oder Ārmaiti (‚Rechtgesinntheit‘), AˇÒi (‚Beloh- nung‘), Sraoša (‚das Zuhören‘) und Rašnu (‚Gerechtigkeit‘), sondern auch Naturphänomene wie die Erde, das Wasser, der Wind, die Son- ne, der Mond und die Sterne. Außerdem werden auch Texte verehrt, Ritualpfl anzen wie zum Beispiel haoma und Ritualwerkzeuge wie zum Beispiel Mörser und Stößel. Ferner hat die göttliche Welt Ahura Mazdās einen Feind, Angra Mainyu im Avestischen und Ahreman im Mittelpersischen, die Verkörperung des Bösen, dessen einziges Ziel es ist, Unordnung und Zerstörung über Ahura Mazdās perfekte Welt zu bringen. Die zoroastrische Religion weist so monotheistische, polythe- istische und dualistische Merkmale gleichzeitig auf.

Das Verhältnis der zoroastrischen Religion zu diesen drei gerade er- wähnten Kategorien wird seit dem Beginn der akademischen Disziplin diskutiert, ohne daß ein Konsens erreicht wäre. Ansichten unterschei- den sich je nach dem, welcher der drei Begriff e in den Vordergrund gestellt wird, und meistenteils werden zwei davon in Anspruch ge- nommen. Boyd und Crosby zum Beispiel beantworten die Frage des Titels ihres Aufsatzes „Is Zoroastrianism Dualistic or Monotheistic?“

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dahingehend, daß der Zoroastrismus von einem kosmogonischen Dualismus ausgehe und im Laufe der Zeit in einen eschatologischen Monotheismus einmünde.1 Demgegenüber akzeptiert Kellens, zumin- dest in Bezug auf die ältesten Texte, die Gathas, kosmischen Dualismus nur für das Gegensatzpaar aˇÒa- ‚Ordnung‘ und druj- ‚Trug‘, jedoch nicht für die beiden Geister, mainyus, welche seiner Ansicht nach rich- tige und falsche menschliche Geisteskräfte bezeichnen.2 Hinsichtlich der Termini Polytheismus und Monotheismus bemerkt Kellens, der die hervorragende Rolle von Ahura Mazdā betont, daß die zwei Alternati- ven so absurd seien wie die sprichwörtliche halbvolle oder halbleere Flasche und daß keiner der Termini alleine ausreiche.3 Für Panaino hingegen ist der Mazdāismus synonym mit Monotheismus wegen Ahura Mazdās hervorragender Stellung im Religionssystem.4

Eine der Schwierigkeiten der Diskussion liegt in der Tatsache be- gründet, daß die Inhalte der Begriff e Monotheismus, Polytheismus und Dualismus nicht auf der Grundlage der zoroastrischen Religion defi niert sind, sondern auf der anderer Religionen, insbesondere der jüdisch-christlichen. Von seiner frühesten Bezeugung an bezeichnet der Ausdruck Polytheismus die Verehrung ‚falscher‘ Götter im Gegen- satz zu der des einen Gottes der Juden und Christen und hat somit negative Konnotationen. Er kommt von dem griechischen Nomen

1 James W. Boyd and Donald A. Crosby, „Is Zoroastrianism Dualistic or Mono- theistic?“, in: Journal of the American Academy of Religion 47, 1979, 557–

588, wo auch andere Ansichten besprochen sind. Michael Stausberg, „Mono- theismus, Polytheismus und Dualismus im alten Iran“, in: Manfred Kreber- nik und Jürgen van Oorschot (Hrsg.), Polytheismus und Monotheismus in den Religionen des Vorderen Orients, Münster 2002 (Alter Orient und Altes Testament, Bd. 298) 91–111, hier: 94, macht auf Pettazzonis Beobachtung aufmerksam, daß Dualismus und Monotheismus sich nicht gegenseitig aus- schließen. Vgl. auch Anm. 33.

2 Jean Kellens und Eric Pirart, Les Textes vieil-avestiques, 3 Bde., Wiesbaden 1988–1991, Bd. 1, 26 und „La strophe des jumeaux: stagnation, extravagance et autres méthodes d’approche“, in: Journal Asiatique 285, 1997, 31–72 (zu Y 30.3); Jean Kellens, Zoroastre et l’Avesta ancien. Paris 1991, 51 f. (= Essays on Zarathustra and Zoroastrianism. Translated and Edited by Prods Oktor Skjærvø. Costa Mesa 2000, 75 f.).

3 Kellens, Zoroastre (a.a.O. Anm. 2), 53 (= Essays, 77) und Kellens und Pirart, Textes veil-avestiques (a.a.O. Anm. 2) Bd.1, 31.

4 Antonio Panaino, „Per una definizione possibile del «monoteismo» Mazdāico.

Note e considerazioni comparative con i grandi monoteismi giudaico-cristia- ni“; in: M. Perani (Hrsg·), L’interculturalità dell’ ebraismo, Ravenna 2004, 15–34, hier: 32.

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polujeČa, welches in den Werken von Philon von Alexandrien (ca.

15 BCE–ca. 50 CE) belegt ist. Philon verwendete den Ausdruck pole- misch im Sinne von ‚Götzenverehrung‘, die von Nicht-Juden prakti- ziert werde. Jean Bodin entlehnte das Wort vom Griechischen und verwendete es in seiner Démonomanie des sorciers, erschienen im Jahre 1580. Der Ausdruck ‚Monotheismus‘ wurde etwas später geschaff en als Antonym zu Polytheismus und bezeichnet den Glauben an einen ein- zigen Gott. Bezeugt ist er zuerst 1660 in den Schriften des englischen Philosophen Henry More, der ihn in Bezug auf seine eigene Religion, das Christentum, verwendet.5

Seit der Aufklärung bildeten die beiden Termini eine Dichotomie von sich gegenseitig ausschließenden Gegensätzen. Hierbei wurde die Bezeichnung „Monotheismus“ von der jüdisch-christlichen Tradition in Anspruch genommen und erhielt größeres Prestige als der Audruck

„Polytheismus“, welcher auf nicht-jüdisch-christliche Religionen ange- wendet wurde und als Herausforderung von und in Opposition zu Monotheismus verstanden wurde.6 Mit anderen Worten, die emische Selbstwahrnehmung der jüdisch-christlichen Tradition stellte Wert- maßstäbe bereit für den etischen wissenschaftlichen Diskurs über Mo- notheismus und Polytheismus.7 In den letzten Jahrzehnten wurde die Tauglichkeit der Monotheismus-Polytheismus-Dichotomie zu Recht in Frage gestellt, da sie auf Kategorien basiert, welche ungeeignet sind, Traditionen zu beschreiben, die diese Dichotomie als „polytheistisch“

5 Siehe Francis Schmidt, „La naissances des polythéismes (1624–1757)“, in:

Archives des Sciences Sociales des Religions 59, 1985, 77–90; Gregor Ahn,

„‚Monotheismus‘ – ‚Polytheismus‘. Grenzen und Möglichkeiten einer Klassi- fikation von Gottesvorstellungen“, in: Manfried Dietrich und Oswald Loretz (Hrsg.), Mesopotamica – Ugaratica – Biblica. Festschrift für Kurt Bergerhof zur Vollendung seines 70. Lebensjahres am 7. Mai 1992, Neukirchen-Vluyn 1993, 1–24, hier: 5–6 und „Monotheismus und Polytheismus als religions- wissenschaftliche Kategorien?“, in: Manfred Oeming und Konrad Schmid (Hrsg.), Der eine Gott und die Götter. Polytheismus und Monotheismus im antiken Israel, Zürich 2003 (Abhandlungen zur Theologie des Alten und Neuen Testaments 82), 1–10, hier: 1 mit Literatur.

6 Burkhard Gladigow, „Polytheismus“, in: Hubert Cancik, Burkhard Gladigow, Karl-Heinz Kohl (Hrsg.), Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbe- griffe, Stuttgart 1998, Bd. 4, 1998, 321–330, hier: 321–323.

7 Stausberg, „Monotheismus, Polytheismus und Dualismus im alten Iran“

(a.a.O. Anm. 1), 92; Ahn, „Monotheismus und Polytheismus als religionswis- senschaftliche Kategorien?“ (a.a.O. Anm. 5).

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klassifi ziert.8 In diesem Zusammenhang wurde der Terminus „Polythe- ismus“ allmählich von seinen negativen Konnotationen befreit9 bis hin zur Defi nition einer neuen Art von Polytheismus als „polysymbolischer Religiosität“.10 Der Begriff des Monotheismus jedoch scheint nach wie vor weitgehend auf der Grundlage des Gottesbildes der Juden, Chri- sten und Muslime defi niert zu sein, dessen Hauptmerkmal Allmächtig- keit ist. Wie Alan Williams richtig bemerkt, „it remains questionable how far Western scholars have been able to overcome their own Chri- stian, Jewish, Muslim and other ideological backgrounds in deciding what and how they write about Zoroastrianism“ und betont, daß es notwendig sei, die zoroastrische wie jede andere Religion aus sich her- aus und in ihrem eigenen Kontext zu verstehen.11 Zum Problem der Klassifi kation kommt das der Übersetzung, da viele allgemein übliche Übersetzungswörter für zoroastrische Fachausdrücke in modernen eu- ropäischen Sprachen Assoziationen mit der jüdisch-christlichen Tradi- tion hervorrufen.12

Eine angemessene Beschreibung der zoroastrischen Religion ist off en- sichtlich nicht möglich, wenn Termini auf diese Religion angewendet werden, deren Inhalte auf der Basis anderer Religionen defi niert sind. An-

8 Ahn, „‚Monotheismus‘ – ‚Polytheismus‘. Grenzen und Möglichkeiten einer Klassifikation von Gottesvorstellungen“ (a.a.O. Anm. 5); Burkhard Gladi- gow, „Polytheismus und Monotheismus“, in: Manfred Krebernik und Jürgen van Oorschot (Hrsg.), Polytheismus und Monotheismus in den Religionen des Vorderen Orients, Münster 2002 (Alter Orient und Altes Testament, 298), 3–20, hier: 8.

9 Stausberg, „Monotheismus, Polytheismus und Dualismus im alten Iran“

(a.a.O. Anm. 1), 92 f. mit Literatur.

10 Lonnie D. Kliever, „Polysymbolism and Modern Religiosity“, in: The Journal of Religion 59, 1979, 169–194, hier: 178.

11 Alan V. Williams, „The Continuum of ‚Sacred Language‘. From High to Low Speech in the Middle Iranian (Pahlavi) Zoroastrian Tradition.“, in: Nile Green and Mary Searle-Chatterjee (Hrsg.), Religion, Language, and Power, New York und Abingdon 2008, 123–142, hier: 130.

12 Um Alan Williams nochmals zu zitieren: … „neither the common noun ‚god‘

nor the proper name ‚God‘ is adequate as a translation of the Pahlavi (Middle Persian) proper noun Ohrmazd (Avestan Ahura Mazdā) ‚Wise Lord‘; the rea- son is that the theological character of Ohrmazd/Ahura Mazdā does not cor- respond to that of the God described in Jewish or Christian biblical scriptures, nor indeed to that of the Qur’anic Allah. … for very similar reasons the Pahl- avi common noun yazad is not adequately translated as ‚god‘ or ‚God‘, nor angel, sprite, daemon, peri, or any other exotic concoction of the thesaurus.“

(Williams, The Continuum of ‚Sacred Language‘ (a.a.O. Anm. 11), 129).

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statt die Frage zu stellen, ob der Zoroastrismus monotheistisch oder poly- theistisch ist – eine Frage, deren Legitimität zu Recht in Frage gestellt wird –, hoff e ich im Folgenden die eigenartige Mischung von scheinbar mono- und polytheistischen und dualistischen Merkmalen zu beleuchten.

Hierbei werde ich einen besonderen Aspekt des zoroastrischen Schöpungs- mythos untersuchen, nämlich die wohlbekannte Vorstellung von Ahura Mazdā als dem Schöpfer der geistigen und körperlichen Welt.

2. Die Allwissenheit von Ahura Mazdā

Es besteht allgemeine Übereinstimmung unter Forschern, daß im Zo- roastrismus Ahura Mazdā der Gott ist, der alle anderen göttlichen We- sen an Bedeutung überragt. Von den ältesten Quellen, den Gathas und dem Yasna Haptanghaiti bis zur Gegenwart ist alle religiöse und rituel- le Verehrung auf ihn ausgerichtet, wenngleich bisweilen indirekt, wie wir sehen werden. Die dem Ahura Mazdā gewidmete Hymne, Yašt 1, bietet eine Liste seiner Namen, welche unterschiedliche Aspekte seiner Persönlichkeit bezeichnen. Die Namen nennen ihn als den Schöpfer und Ordner der Welt, und beschreiben ihn als wohltätig, heilend, schützend, großzügig, Wohlstand und Fruchtbarkeit gebend. Er hat Autorität, herrscht nach seinem Wunsch, ist mächtig und unantastbar.

Vor allem aber ist er klug und weise. Er sieht alles und weiß alles. An- tonio Panaino hat in seiner Ausgabe dieses Textes gezeigt, daß die At- tribute, die Ahura Mazdā beigelegt werden, die semantischen Felder von Schöpfung und Ordnung, Schutz und Wohlwollen, Glücklichkeit, Weisheit, Einsicht und Herrlichkeit abdecken. Panaino betont richtig, daß Allwissenheit das herausragende Merkmal von Ahura Mazdā ist.13

Der Begriff der Allwissenheit ist auch im Namen des Gottes, Ahura Mazdā ‚Weiser Herr‘, lexikalisiert. Das erste Glied des zweiteiligen Na- mens, ahura-, ist das Substantiv ‚Herr‘, das im Avesta als Titel von Men- schen und Göttern verwendet wird, ähnlich wie englisch ‚lord‘ und deutsch ‚Herr‘.14 Der zweite Teil des Namens, das Nomen mazdā-,

13 Antonio Panaino, The lists of names of Ahura Mazdā (Yašt I) and Vayu (Yašt XV), Roma 2002 (Serie orientale Roma XCIV), 107–109, 112; Raffaele Pettazzoni, The all-knowing God; researches into early religion and culture, authorised translation by H. J. Rose, London 1956, 132–134.

14 Wash E. Hale, Ásura- in Early Vedic Religion, Delhi 1986; Johanna Narten,

„Zarathustra und die Gottheiten des Alten Iran“, in: Münchener Studien zur Sprachwissenschaft 56, 1996, 61–89.

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scheint genau dem vedischen Nomen medh1-‚Weisheit‘ zu entsprechen.

Eine solche Entsprechung ist jedoch nur scheinbar, da im silbenzählen- den Metrum der Gathas der viermal belegte Akk.Sg. mazdąm dreisilbiges mazd2m darstellt. Dagegen hat die entsprechende vedische Form des Akk.Sg., medh1m, im Rigveda nur zwei Silben. Das avestische und das vedische Nomen besteht daher zwar jeweils aus denselben lexikalischen Bestandteilen, nämlich dem indogermanischen Nomen *m4s- (der dop- pelten Nullstufe des s-Stammes *menos-‚Gedanke‘), und dem Verbum

*dheh1- ‚setzen‘, jedoch deutet die unterschiedliche Silbenzahl darauf, daß die beiden Nomina morphologisch verschieden sind. Der av. Götterna- me mazdā- ist ein maskulines Nomen agentis, ein Wurzelnomen mit der Grundbedeutung ‚der sein Denken setzt‘. Ved. medh1- hingegen ist eine Ableitung von diesem Wurzelnomen mit dem Suffi xes -ā- . Es ist ein fe- minines Verbalabstraktum und bezeichnet die Handlung des ‚sein Den- ken Setzens‘, und als nomen rei actae ‚die Weisheit‘. Das feminine Verbal- abstraktum ist auch einmal im Avesta in der Form des Akk.Sg. mazdąm bezeugt. Formal ist die Form nicht vom Akk.Sg. des Gottesnamens zu unterscheiden. Im Textzusammenhang des Yasna Haptanhaiti (Y 40.1) jedoch, in welchem sie vorkommt, kann sie nicht Teil des Gottesnamens, sondern nur das Verbalabstraktum ‚Weisheit‘ sein.15

Die Bedeutung des Namens des Gottes Ahura Mazdā kann somit als

‚Weiser Herr‘ angesetzt werden. Der Name bringt die Vorstellung zum Ausdruck, daß der Gott ein Handelnder ist, der seinen ‚Gedanken‘

(manah-) auf etwas ‚setzt‘ und der alles bemerkt. Eine solche Bedeu- tung stimmt mit der Beschreibung der Gottheit in den Texten überein.

Im Avesta zum Beispiel ist eines seiner Attribute ‚allwissend‘ (vīspō.

vīδuu3 Yt 12.1)16, und nach den mittelpersischen Quellen sind ‚Allwis- senheit und Güte‘ Ohrmazds Hauptmerkmale:

(1) IrBd TD2 2.12–13 Ohrmazd bālistīg pad harwisp-āgāhīh ud wēhīh

Ohrmazd (war) in der Höhe in Allwissenheit und Güte.17

15 Für weitere Einzelheiten siehe Almut Hintze, A Zoroastrian Liturgy. The Worship in Seven Chapters (Yasna 35–41), Wiesbaden 2007 (Iranica 12), 284 f. mit Literatur.

16 Vgl. auch Boyd und Crosby, „Is Zoroastrianism Dualistic or Monotheistic?“

(a.a.O. Anm. 1), 578.

17 Tahmuras D. Anklesaria, The Būndahishn: Being a Facsimile of the TD Ma- nuscript No. 2 Brought from Persia by Dastur Tirandaz and Now Preserved in the Late Ervad Tahmuras’ Library. With an Introduction by Behramgore T.

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Ahura Mazdās Persönlichkeit ist somit vor allem durch Allwissenheit und Güte charakterisiert. Allmächtigkeit hingegen, welche als das Hauptmerkal des abrahamischen Gottes angesehen werden kann, kommt zwar vor, spielt aber keine große Rolle. So deuten Beiwörter wie ‚nach Wunsch herrschend‘, vas6.xšaiiąs Y 43.1, darauf, daß Ahura Mazdā als derjenige angesehen wird, der alles unter Kontrolle hat. Ein Attribut wie dieses ist vermutlich jedoch nicht deshalb mit ihm ver- bunden, weil er als alles, einschließlich das Böse, umfassend angesehen wird, wie es bei dem abrahamischen Gott der Fall ist, sondern aus zwei anderen Gründen. Der erste ist Ahura Mazdās Intelligenz, welche die aller anderen überragt und durch welche er in der Lage ist, alles, ein- schließlich das Böse, zu verstehen. Er herrscht über das Böse nicht durch seine Allmacht, sondern durch seine Intelligenz. Der zweite Grund ist, daß im theologischen System des Avesta Ahura Mazdā allei- ne und über allem steht, ohne negativen Widersacher. Vor diesem Hintergrund sind gelegentliche Erwähnungen der ‚Allmacht (wisp tawānīh) des Schöpfers Ohrmazd‘ in den mittelpersischen Texten zu sehen, obwohl Ahreman in diesen zu Ohrmazds direktem Widersacher geworden ist.18

3. Der Ursprung der geistigen Schöpfung

Neben Allwissenheit und Güte ist Schöpferkraft das herausragende dritte Merkmal von Ahura Mazdā. Seine schöpferische, lebengebende Kraft hat den Namen spə9ta- mainiiu-. Diese schöpferische Kraft hat ein symmetrisches negatives Gegenstück, aŋra- mainiiu- oder ‚zerstö- rerische Kraft‘, der gerade erwähnte Ahreman der mittelpersischen Texte. Die Gathas beschreiben die beiden Kräfte als sich gegenseitig ausschließende Gegensätze, die nichts miteinander gemeinsam haben (Y 45.2) und von denen der eine ,Leben‘ und der andere seine Vernei- nung, ‚Un-Leben‘, d.h. schlechtes Leben oder ‚Nicht-Leben‘, d.h. Tod (gaēmcāajiiāitīmcā Y 30.4, s.u. Nr. 20) hervorbringt.

Anklesaria, Bombay 1908, 2; Behramgore T. Anklesaria, Zand-Ākāsīh, Irani- an or Greater Bundahišn, Bombay 1956, 4 f., Kap. 1.1.

18 Zum Beispiel Škand-Gumānīg Wizār 3.6, vgl. Boyd und Crosby, „Is Zoroa- strianism Dualistic or Monotheistic?“ (a.a.O. Anm. 1), 579 für eine Interpre- tation dieser Textstelle.

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In den Gathas wird Ahura Mazdā angesprochen als ‚Vater‘ (ptā) der Wahrheit (aˇÒa- Y 44.3, 47.2), des Guten Gedankens (vohu- manah- Y 31.8, 45.4), der lebenspendenden Kraft (spə9ta- mainiiu- Y 47.3),19 und der Rechtgesinntheit (ārmaiti- Y 45.4), die als seine ‚Tochter‘ be- schrieben wird (dugədā). Ahura Mazdā bringt diese als seine Kinder aus sich selbst hervor. Sein biologisches Verhältnis zu ihnen ist in den Gathas nicht nur durch Verwandtschaftswörter zum Ausdruck ge- bracht, sondern auch durch den Ausdruck ‚Zeugung, Geburt‘, ave- stisch ząϑa-, einer Ableitung von dem Verbum zan ‚zeugen, gebären‘:20

19 An der entsprechenden Textstelle, Y 47.3, bieten alle textkritisch wichtigen Handschriften die Lesart tā. Kellens und Pirart, Les textes vieil-avestiques (a.a.O. Anm. 2) Bd. III 215 und II 7, 245 interpretieren die Form tā als Instr.

Sg. des Demonstrativpronomens, doch ist eine solche Form im Kontext dieser Strophe syntaktisch schwer unterzubringen. Obwohl die Pahlaviversion von Y 47.3 kein Wort für ‚Vater‘ bietet, so ist doch Bartholomaes Ansicht vorzuzie- hen, dergemäß die Form tā den Nom. Sg. von p(i)tar- ‚Vater‘ darstellt (Beiträ- ge zur altiranischen Grammatik V. Bezzenbergers Beiträge zur Kunde der in- dogermanischen Sprachen 13, 1888, 54–93, hier: 54f. und Altiranisches Wörterbuch. Strassburg 1904, 905, 906 Anm. 4). Bartholomae stützt seine Analyse mit dem Hinweis auf die vorangehenden Verszeile Y 47.2c, in der Ahura Mazdā als ‚Vater der Wahrheit‘ (aˇÒa-) angesprochen wird. Außerdem findet sich eine Parallele für den Verlust von anlautendem p- vor -t-, welchen Bartholomaes Erklärung voraussetzt, in YAv. tūiriia- ‚Bruder des Vaters‘, <

*ptəraba- (Karl Hoffmann und Bernhard Forssman, Avestische Laut- und For- menlehre. Zweite, durchgesehene und erweiterte Auflage, Innsbruck 2004 (IBS 115), 94, §60.f; Manfred Mayrhofer, Lautlehre (Segmentale Phonologie des Indogermanischen). Indogermanische Grammatik, vol. I.2, Heidelberg 1986, 138 Anm. 172). Eva Tichy, „Zur Vertretung interkonsonantischer La- ryngale im Indoiranischen“, in: Münchener Studien zur Sprachwissenschaft 45, 1985, 229–244, hier: 232, 243 Anm. 25, vermutet, daß in der in den Gathas viermal belegten einsilbigen Nom.Sg.-Form p(a)tā das anlautende p- wiederhergestellt wurde, möglicherweise analog zum Vokativ Sg. *pitar. Nach anderen Autoren, die ebenfalls Y 47.3 tā als den Nom.Sg. von p(i)tar- ‚Vater‘

auffassen, ist die Form tā jungavestisch (Robert S.P. Beekes, „The neuter plu- ral and the vocalization of the laryngeals in Avestan“, in: Indo-Iranian Journal 23, 1981, 275–287, hier: 284; Xavier Tremblay, La déclinaison des noms de parenté en -ter- en indo-européen, Innsbruck 2003 (IBS 106), 17f.), während Helmut Humbach (Die Gathas des Zarathustra, Heidelberg 1959, Bd. II 74 und The Gāthās of Zarathushtra and the Other Old Avestan Texts. In collabo- ration with J. Elfenbein and P.O. Skjærvø. Heidelberg 1991 (Indogermani- sche Bibliothek), Bd. II 192) die Verbindung tā spə9tō statt *ptā spə9tō in Y 47.3 als durch Dissimilation entstanden erklärt.

20 Jean Kellens, „L’ âme entre le cadavre et le paradis“, in: Journal Asiatique 283, 1995, 19–56, hier: 42f., beschreibt diesen Vorgang als „mariage avec soi-

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(2) Y 44.3 kasnā ząϑā +ptā aˇÒahiiā paouruiiō

Wer ist durch Zeugung der uranfängliche Vater der Wahrheit?

Die Antwort auf diese Frage ist natürlich Ahura Mazdā. In Y 43.5 wird erwähnt, daß der Sänger (‚ich‘) Ahura Mazdā beim Erzeugen des Le- bens ‚gesehen‘ hat:

(3) Y 43.5 spə9təm a7 ϑßā mazdā m69ghī ahurā hiia7 ϑßā aŋh6uš ząϑōi darəsəm paouruuīm Als heilvollen denke ich dich, Weiser Herr,

wenn ich dich als den in der Erzeugung des Lebens Uranfänglichen sehe.

Verwandtschaftsausdrücke im Zusammenhang mit seiner geistigen Nachkommenschaft fi nden sich auch im Jungavestischen, wo Ahura Mazdā ‚Vater und Gebieter‘ der Heilvollen Unsterblichen heißt:

(4) Yt 19.16 (= Yt 13.83) yaēšąm asti haməm manō haməm vacō haməm ˇšiiaoϑnəm hamō pataca frasāstaca

yō daδuu3 ahurō mazd3

(Die Heilvollen Unsterblichen) denen derselbe Gedanke zu eigen ist, dasselbe Wort, dieselbe Tat,

derselbe Vater und Gebieter, der Schöpfer Ahura Mazdā.

Eine sozusagen ‚zweite Generation‘ geistiger Nachkommenschaft er- scheint im Jüngeren Avesta, wenn Ahura Mazdā beschrieben ist als der

‚Vater‘ (pitar-) und ārmaiti-, die in den Gathas seine ‚Tochter‘ genannt wird,21 als die ‚Mutter‘ (mātar-) der Belohnung (aˇÒi-, Yt 17.16). Letz- tere hat als ‚Brüder‘ (brātar-) das Hören (sraoša-), die Gerechtigkeit (rašnu-) und den Vertrag (miϑra-), und sie ist ‚Schwester‘ (xvaŋhar-) des Mazdā verehrenden Glaubens (daēnā- māzdaiiasni- Yt 17.16) und der Amesha Spentas (Yt 17.2).

Eine Variation dieser Metapher ist die Beschreibung der Amesha Spentas als die ‚schönen Formen‘ oder ‚Gestalten‘ (kəhrpasca … srīr3), welche Ahura Mazdā annimmt:

même“ und bemerkt richtig, daß dieser ein Vorgänger der Verwandtenheirat ist.

21 Zu ārmaiti- im indoiranischen Kontext, siehe Prods Oktor Skjærvø, „Ahura Mazdā and Ārmaiti, Heaven and Earth, in the Old Avesta“, in: Journal of the American Oriental Society 122, 2002, 399–410.

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(5) Yt 13.81 yeήhe uruua mąϑrō spə9tō aurušō raoxšnō frādərəsrō

kəhrpasca y3 raēϑßaiieiti srīr3 aməˇÒanąm spə9tanąm vərəzd3 aməˇÒanąm spə9tanąm

(Ahura Mazdā), dessen Seele die Heilvolle Formulierung ist, weiß, scheinend, von fern sichtbar;

und die Gestalten, welche er annimmt22

(sind) die schönen (Gestalten) der Heilvollen Unsterblichen, die gewachsenen23 (Gestalten) der Heilvollen Unsterblichen.

Ahura Mazdā ist hier wie ein Mensch beschrieben mit einem geistigen Teil, einer Seele (uruuan-), welche in seinem Fall der Heilvollen For- mulierung (mąϑra) entspricht, und einem körperlichen Teil, seiner sichtbaren Gestalt (kəhrp-), welche aus den Heilvollen Unsterblichen besteht. Das Nomen kəhrp- bezeichnet die sichtbare Form des Gottes auch im Yasna Haptanghaiti. In Y 36.6 werden ‚diese Lichter hier‘, welche das mit Ahura Mazdās himmlischem Feuer vereinigte Ritual- feuer mit einschließen, als des Gottes ‚schönste Gestalt seiner Gestal- ten‘ angesprochen:

(6) Y 36.6 sraēštąm a7 tōi kəhrp6m kəhrpąm āuuaēdaiiamahī mazdā ahurā

imā raoc3

barəzištəm +barəzəmanąm auua7 yā7 huuar6 auuācī

22 Da die wörtliche Bedeutung des Verbums raēϑßaiia- ‚mischen‘ ist, dürfte die zugrundeliegende syntaktische Struktur dieses Satzes sein: ‚und die Gestalten, mit denen er (seine eigene Gestalt) ver mischt, sind die schönen Gestalten der Heilvollen Unsterblichen‘. Der Satz ist dann parallel zu Yt 8.13, 16 und 18, wo raēϑßaiia- den Akk. kəhrpəm regiert, welcher durch den Instr.Sg. kəhrpa ergänzt ist. Der Instr.Sg. bezeichnet in Yt 8 die verschiedenen ‚Gestalten‘, mit denen der Stern Tištrya seine eigene Gestalt ‚vermischt‘. In der in Yt 8 erzähl- ten Geschichte nimmt Tištrya in dreimal zehn Nächten erst die Gestalt eines fünfzehnjährigen Jünglings an, dann die eines Bullen und schließlich die eines Pferdes.

23 Die Form vərəzd3 ist Nom.Pl.fem. des Verbaladjektives des Verbums vərəd

‚wachsen‘ (Bartholomae, AirWb. (a.a.O. Anm. 19), 1369). Ahura Mazdās geistige Schöpfung scheint somit in einem Reifungsprozess ‚gewachsen‘ zu sein. Für einen möglichen Zusammenhang zwischen diesem Detail und einer Stelle in den Pahlavi Rivāyat des Dādestān ī Dēnīg 46.3, nach dem Ohrmazd die materielle Welt aus einem ‚Körper‘ hervorbrachte, siehe unten 83 mit Anm. 49 und 50.

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(17)

Deine herrlichste Gestalt der Gestalten ist, (so) verkünden wir, o Weiser Herr, dieses Licht hier,

seit jene höchste der Höhen dort Sonne heißt.24

Das Licht ist demnach als Ahura Mazdās schönste sichtbare Gestalt (kəhrp-) angesehen, und alle seine Gestalten werden zusammenfassend verehrt in

(7) Y 71.4 vīspəmca kərəfš ahurahe mazd3 yazamaide Und wir verehren jede Gestalt des Weisen Herrn.

In diesen Zusammenhang könnte auch eine Stelle aus dem mittelper- sischen Bundahišn gehören, in der es heißt, daß Ohrmazd die Gestal- ten (kirb, die mittelpersische etymologische Entsprechung von Av.

kəhrp-) seiner eigenen Geschöpfe aus sich selbst heraus, von seinem eigenen Selbst, welches aus ‚körperlichem‘ (gētīy) Licht besteht, ‚her- vorbrachte‘ (frāz brēhēnīd):25

(8) TD2 11.2–3 Ohrmazd az ān ī xwēš xwadīh +kē gētīy rōšnīh kirb ī dāmān ī xwēš frāz brēhēnīd.

Von seinem eigenen Selbst, welches körperliches Licht ist, schuf Ohrmazd die Gestalt seiner eigenen Geschöpfe. 26

Im Lichte der avestischen Vorstellung, daß Ahura Mazdā Gestalt (kəhrp-) in der Form der Amesha Spentas annimmt, dürfte der Pahlavi Ausdruck kirb ī dāmān ī xwēš ‚die Gestalt seiner eigenen Geschöpfe‘

der Bundahišn Stelle sich auf Ohrmazds geistige Schöpfung beziehen,27 die sonst im mittelpersischen Schöpfungsmythos auch als die Schöp- fung im ‚geistigen Zustand‘, mēnōyīhā, beschrieben wird:

(9) IrBd TD2 4.4–5 u-š mēnōyīhā ān dām ī pad ān abzār andar abāyēd frāz brēhēnīd

24 Johanna Narten, Der Yasna Haptaŋhāiti. Wiesbaden, 1986, 41.

25 Vgl. Prods Oktor Skjærvø, „Iranian Elements in Manicheism. A Comparative Contrastive Approach. Irano-Manichaica I“, in: R. Gyselen (Hrgs.), Au carre- four des religions. Hommages à Philippe Gignoux, Paris 1995 (Res Orientales 7), 263–284, hier: 272 mit Anm. 25, der diesen Pahlavimythos mit verschie- denen altavestischen Stellen verbindet. Siehe ebenda, 269 Anm. 15 auch zur Umschrift mēnōy und gētīy (statt mēnōg und gētīg).

26 Anklesaria, Zand-Ākāsīh (a.a.O. Anm. 17), 14 f., Kap. 1.44.

27 Vgl. Skjærvø, „Iranian Elements in Manicheism“ (a.a.O. Anm. 25), 269.

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(18)

Und er brachte die Schöpfung im geistigen Zustand hervor, die als jenes In- strument notwendig ist.28

Im avestischen und mittelpersischen Schöpfungsmythos stammen alle guten geistigen, oder mainiiauua-, Geschöpfe somit direkt von Ahura Mazdā ab. Die Vorstellung, daß sie aus derselben Substanz wie der Gott bestehen, ist im Avestischen durch die Nomina ‚Zeugung, Ge- burt‘ (ząϑa-) und Verwandtschaftsausdrücke (‚Vater‘, ‚Tochter‘) be- zeichnet, im Mittelpersichen durch Ohrmazds ‚eigenes Selbst‘ (xwēš xwadīh).

Die Vorstellung, daß Ahura Mazdā die gute geistige Welt aus sich selbst hervorbrachte, fi ndet sich nicht nur im Avesta und in der Pahla- vi-Literatur, sondern auch in der späteren Tradition wie zum Beispiel in den Handschriften Pt4 und Mf4, welche den Avestatext des Yasna mit Pahlaviübersetzung und -Kommentar beinhalten. Beide Hand- schriften, die vermutlich um 1780 kopiert wurden, stammen von einer Handschrift ab, die im Jahre 1495 C.E. (864 Anno Yazdegerd) von Hōšang ī Syāwaxš ī Šahryār ī Baxtāfrīd ī Šahryār in Isfahan geschrieben wurde. Eine ausführliche Einleitung auf den ersten Folios der beiden Handschriften bietet nicht nur zwei Kolophone, sondern auch eine Zusammenfassung zoroastrischer Lehren:

(10) Pt4 fol.2v20–3r6; Mf4 fol.2r1–929

ud čiyōn ohrmazd ī xwadāy ī mēnōyān mahist ud abzōnīgtom pad bun dahišn ud pad dād ud rawāg būdan ī dām ī xwēš ud abāz dāštan ī ēbgat ud petyārag az dām ī xwēš

ud abaydāg kardan ahreman ud dēwān ud har druzīh ud wattarīh ud kardan ī rist-āxēz ud tan ī pasēn rāy

amahraspand ud hamāg yazad ud dēn ī weh ī mazdēsnān az tan ī xwēš tāšīd ud āfrīd ud pad abēzagīh frāz brēhēnīd

Und insofern Ohrmazd, der Herr, der größte und heilvollste der geistigen Wesen,

– in der Urschöpfung und im Geschaffen- und Geläufigwerden seiner eige- nen Schöpfung,

28 Anklesaria, Zand-Ākāsīh (a.a.O. Anm. 17), 6 f., Kap. 1.13.

29 Facsimiles von Pt4 wurden von Arash Zeini auf der Website des Avestan Digi- tal Archive publiziert. Für Facsimiles von Mf4 (= D90), siehe Kaikhusroo M.

JamaspAsa und M. Nawabi, The Manuscript D90, Yasnā with its Pahlavi Translation. 2 parts, Shiraz 1976 (The Pahlavi Codices and Iranian Resear- ches vols. 19–20). Die Einleitung findet sich außerdem auch in den anderen zu dieser Familie gehörenden Handschriften G14, T6, E7, und T54 der Me- herji Rānā Library, Navsari.

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(19)

und um den Feind und Widersacher von seiner eigenen Schöpfung zurück- zuhalten,

und um Ahreman und die Dämonen und jede Trughaftigkeit und Übelheit zu vernichten,

und um der Auferstehung der Toten und des künftigen Körpers willen –, die Amahraspands und jeden Verehrungswürdigen und die gute Religion

der Mazdā-Verehrer

aus seinem eigenen Körper formte, erschuf und in Reinheit hervorbrachte.

4. Ahreman und seine böse Schöpfung

In den Gathas und den altpersischen Inschriften sind die Daivas (Av.

daēuua-), die etymologische iranische Entsprechung der vedischen

‚Götter‘ (devá-), Ahura Mazdās kultische Konkurrenten, nicht aber Angra Mainyu. Da die Daivas und ihre Verehrer vehement abgelehnt werden, weist die mazdayasnische Religion Merkmale auf, die Jan Ass- mann als ‚mosaische Unterscheidung‘ charakterisiert hat.30 Vom syste- matischen Standpunkt aus gesehen ist Angra Mainyu der Widersacher nicht von Ahura Mazdā, sondern von Spenta Mainyu. Die Entwick- lung im Jüngeren Avesta und in der späteren Tradition ist dahinge- hend, daß die Daivas zu Angra Mainyus üblen Produkten ‚herabge- stuft‘ und schließlich zu den Dēws der Pahlavi Texte werden.31 Spenta Mainyu hingegen wird ‚hochgestuft‘ und verschmilzt letztlich mit Ahura Mazdā.32 Diese Entwicklung resultiert in dem direkten Gegen- satz zwischen Ahura Mazdā/Ohrmazd und Angra Mainyu/Ahreman im Jüngeren Avesta und in den Pahlavitexten. Der Gegensatz zwischen Ohrmazd und Ahreman wurde bisweilen von nicht-zoroastrischen Be- obachtern dahingehend interpretiert, daß die beiden ebenbürtig seien und sogar daß der Zoroastrismus zwei Götter, einen guten und einen bösen, habe. Eine solche Zwei-Götter-Lehre, welche als ‚Dytheismus‘

30 Jan Assmann, Die mosaische Unterscheidung oder Der Preis des Monotheis- mus, München 2003; siehe auch Michael Stausbergs Beitrag in diesem Band.

31 Clarisse Herrenschmidt und Jean Kellens, „*Daiva“; in: Ehsan Yarshater (Hrsg.), Encyclopedia Iranica 6, 1993, 599–602.

32 Siehe Johanna Narten, Die AməˇÒa Spə9tas im Avesta, Wiesbaden 1982, 39–

41; Philip Kreyenbroek, „On Spenta Mainyu’s Role in the Zoroastrian Cos- mogony“, in: Carol Bromberg (Hrsg.), Iranian Studies in Honor of A.D.H.

Bivar. Bulletin of the Asia Institute 7, 1993, 97–103.

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(20)

zu bezeichnen wäre, ist jedoch für die zoroastrische Tradition unzutref- fend.33

Im Avesta bezeichnet das Verbum fraca kərət- (e.g. Y 9.8 fraca kərə9ta7), das wörtlich ‚schneiden‘ bedeutet, Angra Mainyus Tätigkeit des Hervorbringens seiner eigenen, bösen Schöpfung. Die Tatsache, daß das avestische Verbum den etymologischen Vorgänger von mittel- persisch frāz kirrēnīd darstellt, ist ein weiteres Anzeichen für das Aus- maß, zu dem die mittelpersichen Darstellungen auf avestischen Tradi- tionen beruhen.34 Im ersten Kapitel des Bundahišn ist Ahremans Schöpfungstätigkeit in parallelen, jedoch negativen Ausdrücken zu der von Ohrmazd beschrieben. So erschuf Ohrmazd ‚die Form seiner eige- nen Geschöpfe‘, d.h. seine geistige Schöpfung ‚von seinem eigenen Selbst‘, az ān ī xwēš xwadīh, von seinem ‚körperlichen Licht‘ (gētīy rōšnīh, TD2 11.2),35 während Ahreman seine Schöpfung (dām frāz kirrēnīd) aus ‚körperlicher Finsternis‘ (az gētīy tārīgīh, TD2 11.10) her- vorbrachte. Aus seinem eigenen Selbst, das aus körperlicher Finsternis besteht, machte Ahreman ‚anfangslose Finsternis‘ und aus ‚anfangslo- ser Finsternis‘ kam wiederum ‚falsche Rede‘ hervor:

(11) TD2 12.1–2 az gētīy tārīgīh ān ī asar tārīgīh dād az asar tārīgīh drō-gōwišnīh frāz būd

Aus körperlicher Finsternis schuf er anfangslose Finsternis; aus anfangsloser Finsternis kam falsche Rede hervor. 36

Aus ‚anfangsloser Finsternis‘ brachte Ahreman auch die ‚Gestalt‘ (kirb) seiner eigenen geistigen Schöpfung hervor:

33 Raffaele Pettazzoni, La religione di Zarathustra nella storia religiosa dell’ Iran, Bologna 1920, 96; Antonio Panaino, „A few remarks on the Zoroastrian con- ception of the status of A9gra Mainyu and of the Daēvas“, in: Démons et merveilles d’Orient. Res Orientales 13, 99–107, hier: 102, und „Per una defi- nizione possibile del «monoteismo» Mazdāico“ (a.a.O. Anm. 4), 21 f. mit Anm. 19; Stausberg, „Monotheismus, Polytheismus und Dualismus im alten Iran“ (a.a.O. Anm. 1), 94.

34 Zur Bedeutungsentwicklung dieses Verbums von ‚schneiden‘ zu dämoni- schem ‚erschaffen‘ siehe Bruce Lincoln, „Pahlavi kirrēnīdan: Traces of Iranian Creation Mythology“, in: Journal of the American Oriental Society 117, 1997, 681–685.

35 Anklesaria, Zand-Ākāsīh (a.a.O. Anm. 17), 14, Kap. 1.44.

36 Anklesaria, Zand-Ākāsīh (a.a.O. Anm. 17), 14 f., Kap. 1.49.

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(12) TD2 12.5–6 az asar ī tārīgīh ān tan frāz kirrēnīd u-š xwēs tan dām andar ān kirb bē dād

Und aus anfangsloser Finsternis brachte er jenen Körper hervor und er schuf seine eigene Schöpfung in jener Gestalt.37

In den Pahlavitexten fi ndet sich die Aussage, daß Ahreman keine ma- terielle Schöpfung habe, welche seiner geistigen Schöpfung entsprä- che.38 Das Avesta andererseits listet die ‚rötliche Schlange‘ (Vd 1.2), den ‚Drachen Dahāka‘ (Y 9.8) und die ‚korntragenden Ameisen‘ (Vd 1.6) unter Angra Mainyus körperlichen Schöpfungen neben einer gro- ßen Anzahl von Übeln weniger materieller Natur wie zum Beispiel unerwünschte Naturererscheinungen (Winter Vd 1.2 und 19, Hitze Vd 1.18, Tod und Krankheiten Vd 20.3, 22.2) und menschliche Handlungen (Zweifel Vd 1.7 und 15, übertriebenes Klagen Vd 1.8, Begraben von Leichen Vd 1.12, 16). Obwohl einige von Angra Main- yus Schöpfungen eine materielle Form haben, sind alle sekundärer Na- tur, da Angra Mainyu nur in der Lage ist, sie als Gegenmittel hervor- zubringen, um Ahura Mazdās Schöpfungen Schaden zuzufügen.39

5. Der Ursprung der körperlichen Welt

In den Gathas (z.B. Y 44.3–5) und im Yasna Haptanghaiti wird Ahura Mazdā als Schöpfer nicht nur der geistigen, sondern auch der körperli- chen Welt verehrt. Y 37 wird besonders häufi g in der zoroastrischen Tradition rezitiert:

37 Der Text folgt hier teilweise der Handschrift TD1 NPŠH d’m B- Y-N- ZK klp.

TD2 hat NPŠH tn’ d’m W MN klp. Vgl. Anklesaria, Zand-Ākāsīh (a.a.O.

Anm. 17), 16, Kap. 1.49.

38 Shaul Shaked, „Some notes on Ahrimen, the evil spirit, and his creation“, in:

Studies in Mysticism and Religion presented to Gershom G. Scholem on his Seventieth Birthday by Pupils, Colleagues and Friends, Jerusalem 1967, 227–

234.

39 Gherardo Gnoli, „Einige Bemerkungen zum altiranischen Dualismus“, in:

Proceedings of the Second European Conference of Iranian Studies held in Bamberg, 30th September to 4th October 1991 by the Societas Iranologica Europaea, Roma 1995, 213–231, hier: 219 f.; Shaul Shaked, Dualism in Transformation. Varieties of Religion in Sasanian Iran, London 1994 (Jordan Lectures 1991), 23.

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(22)

(13) Y 37.1 iϑā ā7 yazamaidē ahurəm mazdąm y6 gąmcā aˇÒəmcā dā7

apascā dā7 uruuar3scā vaŋvhīš raoc3scā dā7 būmīmcā vīspācā vohū

Y 37.2 ahiiā xšaϑrācā maz6nācā hauuapaŋhāišcā In dieser Weise verehren wir nu n den Weisen Herrn, der das Rind und die Wahrheit geschaffen hat, (der) die Wasser und die guten Pflanzen geschaffen hat, (der) das Licht und die Erde geschaffen hat

und alles Gute

Y 37.2 durch seine Herrschaft, Größe und Fertigkeit.

In einem der ältesten Texte des Jüngeren Avesta wird der ‚Viehzüchter‘

als ‚Vater‘ des ‚Rindes‘, der ‚Wahrheit‘ und der ‚Existenz‘ des wahrhaf- ten Mannes und der wahrhaften Frau angesprochen:

(14) Y 58.4 fšūm3 astī aˇÒauuā vərəϑrajā vahištō fšūš6 carəkərəmahī

h6 ptā g6ušcā aˇÒaήhācā aˇÒaonascā aˇÒāuuairii3scā stōiš haiϑiiō vaŋhud3

Der Viehzüchter ist wahrhaft, Widerstand brechend, der beste.

Wir preisen den Viehbesitzer.

Dieser (ist) der Vater des Rindes und der Wahrheit.40

Für das Dasein des wahrhaften (Mannes) und der wa hrhaften (Frau)41 (ist dieser) der wahre Spender des Guten.

40 Die in den Handschriften Pt4 und Mf4 (a.a.O. Anm. 29) belegte Form aˇÒaήhācā, der Gen.Sg. des Nomens aˇÒa- ‚Wahrheit, Ordnung‘, ist weder mit altavestisch aˇÒa´xiiācā noch mit jungavestisch aˇÒahecā identisch und stellt ei- nes der wichtigsten Argumente dar, welche den Ansatz einer eigenen Sprach- stufe rechtfertigen, die Xavier Tremblay am treffendsten als „mittelavestisch“

bezeichnet, siehe Xavier Tremblay, „Le pseudo-gâthique. Notes de lecture ave- stiques II“, in: Antonio Panaino und Andrea Piras (Hrsg.), Proceedings of the 5th Conference of the Societas Iranologica Europaea held in Ravenna, 6–11 October 2003, Milano 2006, 233–281, hier: 247.

41 Die Handschriften Pt4 und Mf4 des Iranischen Pahlavi Yasna und K5 des In- dischen Pahlavi Yasna bieten die Lesart aˇÒāuuairii3scā stōiš, welche Karl Fried- rich Geldner, Avesta (The sacred books of the Parsis, 3 Bde., Stuttgart 1889–

1896, Bd. I 206) ediert hat. Andere Handschriften jedoch lesen aˇÒā vairii3scā stōiš. Letztere Lesart erinnert an den altavestischen Ausdruck vairii3 stōiš ‚von wünschenswerter Existenz‘ in Y 43.13. Außerdem zeigt die Pahlaviüberset- zung ahlāyīh kāmagān-iz stī ‚die Existenz des Verlangens nach Wahrhaftig-

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(23)

Die Auff assung von Bartholomae, AirWb. (a.a.O. Anm. 19), 1029, das Rind sei Sprecher von Y 58.4–5 ist schwer mit der Verbalform ‚wir preisen‘ in der 1. Person Plural zu vereinigen. Es ist daher wahrschein- licher, daß die Priester Sprecher dieser Verse sind. Die Ansicht, daß das Adjektiv fšūma9t- ‚viehzüchtend’ sich metaphorisch auf Ahura Mazdā bezieht, wird durch Yt 1.13 gestützt, wo das Adjektiv als einer der Na- men von Ahura Mazdā auftritt, und zwar zusammen mit dem Namen des Textstückes von Y 58.4–7:

(15) Yt 1.13 fšūm3 nąma ahmi fšūšō.mąϑra nąma ahmi Ich bin ‚Viehzüchter‘ mit Namen.

Ich bin ‚Mantra des Viehbesitzers‘ mit Namen.

Ebenso wie die Gathas (Y 44.3, 47.2) stellt dann auch Y 58.4 Ahura Mazdā als den ‚Vater‘ der ‚Wahrheit‘ dar. Die Verbindung von ‚Wahr- heit‘ und ‚Kuh‘ als ‚Kinder‘ von Ahura Mazdā erinnert an den Aus-

keit‘, daß die Übersetzer der mittelpersischen Zeit Y 58.4 im Lichte der Gathastelle interpretierten. Unter Hinweis auf die Pahlaviversion und da sonst im Alt- und Jungavestischen die feminine Form von aˇÒauuan- aˇÒaonī- lautet, zieht Eric Pirart („Les fragments vieil-avestiques du Y 58“, in: Annali del Istituto Universitario Orientale di Napoli 52, 1992, 225–247, hier: 235 mit Anm. 39) die Lesart aˇÒā vairii3scā stōiš vor und übersetzt die letzten drei Zeilen von Y 58.4 ‚C’est le père de la Vache et du Rta, du Rtavan qui est avec le Rta et de la Sti de choix’. Die Übersetzung von Tremblay („Le pseudo-gâ- thique“ (a.a.O. Anm. 40), 257 und Le Yasna 58 Fšušə- Mąϑra haδaoxta. An- nuaire 107e année, Collège de France, Paris 2007, 683–694, hier: 689 f.) ist ähnlich: ‚c’est lui le père du bœuf, de l’Ordre, du fidèle de l’Ordre selon l’Ordre et de la possession désirable‘. Pirart unterstützt die im Avestischen ungewöhnliche Verbindung von aˇÒauuan- mit dem Instrumental aˇÒā ‚wahr- haft durch die Wahrheit‘, welche seine Interpretation fordert, durch eine vedi- sche Parallele in RV 4.42.4. Die Lesart aˇÒāuuairii3scā, der Gen. Sg. des fem.

Stammes aˇÒāuuairī-, stellt den einzigen avestischen Beleg der Entsprechung von Ved. 5t1varī- dar (Bartholomae, AirWb. (a.a.O. Anm. 19), 257). Diese Interpretation ist gestützt durch die im Jungavestischen geläufige Verbindung von aˇÒauuan- mit sti- ‚Existenz‘, obwohl in dieser Verbindung sonst nur die maskuline Form belegt ist (Bartholomae, AirWb. 251, 1592f.). Da die ge- wöhnliche Form des Femininums aˇÒaonī- eine Neuerung darstellt, kann aˇÒāuuairī- als Archaismus betrachtet werden. Hoffmann deutet letztere als Dialektform (vgl. Eva Tichy, „Vedisch 5t1van- und avestisch aˇÒauuan-“, in:

Die Sprache 32, 1986, 91–105, hier: 100, 104 mit Literatur), doch kann sie auch als mittelavestisch, wovon Y 58.4 der Hauptzeuge ist, angesehen werden, vgl. die vorangehende Anm.

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(24)

druck y6 gąmcā aˇÒəmcā dā7 in dem oben zitierten Y 37.1 (Nr. 13), wo das Paar als Ahura Mazdās Schöpfung auftritt.42 In den auf Y 58.4 folgenden Anrufungen sprechen die Verehrer unter dem Zitat von Gathastellen die Heilvollen Unsterblichen als ihre eigenen Schöpfer an:

(16) Y 58.5 yaϑā n6 dātā aməˇÒā spə9tā aϑā n3 ϑrāzdūm (= Y 34.7c)

ϑrāzdū m n6 vaŋhauuō ϑrāzdūm n6 vaŋVhīš

ϑrāzdūm n6 aməˇÒā spə9tā huxšaϑrā huδ3ŋhō

naēcīm t6m anii6m yūšma7 vaēdā aˇÒā aϑā n3 ϑrāzdūm (= Y 34.7c)

So wie ihr, o Heilvolle Unsterbliche, uns geschaffen habt,

„So beschützt uns!“ (= Y 34.7c)

Beschützt uns, o ihr Guten (männlichen), Beschützt uns, o ihr Guten (weiblichen),

Beschützt uns, o gutherrschende, gut-gebende Heilvolle Unsterbliche,

„Einen anderen (Beschützer) als euch kenne ich nicht durch die Wahrheit.

So beschützt uns!“ (= Y 34.7c)

Auch im späteren Jungavestischen sind Ahura Mazdā und die Heilvol- len Unsterblichen als Schöpfer der körperlichen Welt dargestellt. Die Vorstellung von Ahura Mazdā als dem ‚Schöpfer‘ (dātar-, sein stehen- des Beiwort) der körperlichen Welt ist formalisiert in der Anrede, die zwar meist abgekürzt ist, jedoch gelegentlich in ihrer vollen Form auf- tritt wie zum Beispiel in Vd 2.1 und in Yt 1.1:

(17) Yt 1.1 ahura mazdā mainiiō sp6ništa dātarə gaēϑanąm astuuaitinąm aˇÒāum O Weiser Herr, heilvollster Geist,

Schöpfer der körperlichen Welt, wahrhafter!

Ahura Mazdā ist hier mit dem ‚heilvollsten Geist‘ identifi ziert. Andere Textstellen nennen ‚die Geschöpfe des Heilvollen Geistes‘, spə9tahe mainii6uš dāmąn (Yt 10.142), und Spenta Mainyu hat dasselbe Bei- wort, daδuu3, ‚der geschaff en hat‘ wie Ahura Mazdā, so zum Beispiel:

(18) Yt 10.143 yō daδuu3 spə9tō mainiiuš der Schöpfer, der Heilvolle Geist.

42 Bemerkt wurden diese Parallelen bereits von Tremblay, Le Yasna 58 Fšušə- Mąϑra haδaoxta (a.a.O. Anm. 41), 691.

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(25)

Es wurde oben, (75 f. mit Anm. 32) bereits erwähnt, daß im Religions- system des Avesta Ahura Mazdā keinen direkten Widersacher hat, wohl aber spə9ta- mainiiu- einen in aŋra- mainiiu-. Beide schaff en, wobei der heilvolle Geist eine gute Schöpfung hervorbringt und der böse Geist eine schlechte, zum Beispiel in

(19) Y 57.1743 yō nōi7 pascaēta hušxvafa ya7 mainiiū dāmąn daiδītəm

yasca spə9tō mainiiuš yasca aŋrō hišārō aˇÒahe gaēϑ3

yō vīspāiš aiiąnca xšafnasca

yūiδiieiti māzaniiaēibiiō haδa daēuuaēibiiō (Sraoša), welcher nicht geschlafen hat

seitdem die beiden Geister die Geschöpfe zu schaffen pflegten44 – er, der heilvolle Geist und er, der Böse –,

die Lebewesen der Wahrheit bewachend;

(Sraoša,) welcher alle Tage und Nächte lang mit den Māzanischen Dämonen kämpft.

Diese Stelle basiert auf der gathischen Vorstellung, daß jeder der bei- den Geister oder Kräfte (mainiiū) seine eigene Schöpfung hervor- bringt, welche seiner Natur entspricht:

(20) Y 30.4 a7cā hiia7 tā h6m mainiiū jasaētəmpaouruuīm dazdē gaēmcāajiiāitīmcā yaϑācā aŋha7 ap6məm aŋhuš

acištō drəguuatąm a7 aˇÒāunē vahištəm manō

Und als diese beiden Geister zuerst zusammentrafen, da erschafft (der jewei- lige Geist)

Leben und Nicht-Leben und daß letztlich das Leben

der Trughaften sehr schlecht sein wird. Aber für den Wahrhaften wird es den besten Gedanken geben.

Nicht nur Ahura Mazdā und spə9ta- mainiiu-, alle Heilvollen Unsterb- lichen sind als Schöpfer und Beschützer der körperlichen Welt darge- stellt, so außer in dem oben unter Nr. 16 zitierten Y 58.5 zum Beispiel auch in

43 Ähnlich auch Yt 13.76 and Yt 15.43; zu diesen und anderen Stellen vgl. Krey- enbroek, „On Spenta Mainyu’s Role in the Zoroastrian Cosmogony“ (a.a.O.

Anm. 32), 99.

44 Zur Form daiδītəm, der 3. Pl. Dual Opt.Präs.Akt. von der Wurzel dā ‚geben;

setzen‘, die die wiederholte Handlung in der Vergangenheit ausdrückt, siehe Karl Hoffmann, Aufsätze zur Indoiranistik Bd II., hrsgg. von Johanna Nar- ten, Wiesbaden 1975, 610.

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(26)

(21) Yt 19.18 yōi hə9ti 3ŋhąm dāmanąm ya7 ahurahe mazd3

dātarasca marəxštarasca ϑßarəxštarasca aißiiāxštarasca nipātarasca nišharətarasca

(Die Heilvollen Unsterblichen,) welche von diesen Geschöpfen des Ahura Mazdā

die Schöpfer und Gestalter, die Bildner und Achthaber, die Beschützer und Bewacherer sind.

Während das Avesta wenig weitere Einblicke erlaubt, wie im Detail die körperliche Welt entstand,45 so ist doch deutlich, daß sie als von Ahura Mazdā über die Amesha Spentas kommend dargestellt ist. In diesem Zusammenhang zu sehen ist auch die gelegentliche, wenn auch, wie Narten gezeigt hat, noch nicht systemhafte Zuordnung von körperli- chen und geistigen Schöpfungen, dergemäß zum Beispiel die Erde der Rechgesinntheit (ārmaiti-) entspricht, das Rind dem Guten Gedanken (vohu manah-), das Metall der Wünschenswerten Herrschaft (xšaϑra- vairiia-), Wasser der Unversehrtheit (hauruuatāt-) und die Pfl anzen der Unsterblichkeit (amərətatāt-).46 Die spätere vollständige und sys- temhafte Zuordnung, wie sie in den Pahlavitexten vorliegt, könnte durch die im Avesta gut bezeugte Vorstellung motiviert sein, daß Ahura Mazdā die körperliche Welt aus den Amesha Spentas machte, nachdem er letztere aus sich selbst hervorgebracht hatte.

Die Vorstellung, daß die körperliche Schöpfung sekundär ist und der geistigen Schöpfung entstammt, fi ndet sich auch in den mittelper- sischen Quellen. So wird im Bundahišn betont, daß die geistige Schöp- fung primär ist und die materielle aus den Amahraspands stammt:

(22) TD2 14.1–2 mēnōy nazdist gētīy az amahraspandān

Die geistige Schöpfung (ist) zuerst, die körperliche (kommt) von den Heil- vollen Unsterblichen.47

45 Yašt 13.1–81 handelt hauptsächlich davon, wie Ahura Mazdā die materielle Welt einrichtete.

46 Narten, Die AməˇÒa Spə9tas im Avesta (a.a.O. Anm. 32), 147 f.

47 Anklesaria, Zand-Ākāsīh (a.a.O. Anm. 17), 16–17, Kap. 1.53. Zu einer Stelle im Dēnkard (DkM 43.11–14), welche die Amahraspands als die geistigen (mēnōy) Gegenstücke und das ‚Selbst‘ (xwadīh) der materiellen Schöpfungen darstellt, siehe Shaul Shaked, „The notions of mēnōg and gētīg in the Pahlavi Texts and their relation to eschatology“, in: Acta Orientalia 33, 1971, 59–

107, hier: 77.

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Die Art und Weise, wie die körperliche Welt von der geistigen Welt abstammt, ist auf unterschiedliche Weise in verschiedenen Pahlavitex- ten beschrieben. Alle stimmen jedoch darin überein, daß es in diesem Prozess zwei Phasen gibt, eine vor und eine nach dem Angriff des Bö- sen. Nach einer Darstellung im Bundahišn machte Ohrmazd in der Phase vor dem Angriff des Bösen ein Exemplar von jeder körperlichen Schöpfung, und zwar dieses wiederum in zwei chronologisch aufeinan- derfolgenden Stadien, zuerst die körperliche Schöpfung in geistiger Form und dann dieselbe in körperlicher Form.48

Ohrmazd hat nicht nur die geistige Schöpfung aus sich selbst heraus hervorgebracht, sondern, zumindest nach der Darstellung in Kapitel 46 der Pahlavi Rivāyat des Dādestān ī Dēnīg, auch die körperliche Schöpfung. Er hielt die Geschöpfe in einem Körper 3,000 Jahre lang und ‚ließ sie wachsen und immer schöner werden‘ und ‚schuf dann ei- nes nach dem anderen aus seinem eigenen Körper‘ (u-š pas ēk ēk az tan ī xwēš hamē brēhēnīd 46.3), den Himmel vom Kopf und die Erde von den Füßen.49 Die Vorstellung der Reifung erinnert an eine Stelle im Avesta, Yt 13.81 (oben Nr. 5), an der es heißt, daß die spirituelle Schöpfung ‚gewachsen‘ sei. In ihrer spirituellen Entstehungsphase scheint somit die körperliche Schöpfung ebenso wie die geistige einen Reifungsprozess im Körper Ohrmazds durchgangen zu haben. Mit an- deren Worten, Ohrmazd war sozusagen ‚schwanger‘, erst mit der geisti- gen und später mit der körperlichen Schöpfung in ihrem geistigen Zu- stand.50 In diesem Zusammenhang kann dann auch die Feststellung 48 Zu den drei Stadien der Schöpfung, siehe Shaked, „The notions of mēnōg and

gētīg“ (a.a.O. Anm. 47), 65f.

49 Alan Williams, The Pahlavi Rivāyat Accompanying the Dādestān ī Dēnīg. 2 Parts. Copenhagen 1990, Bd. 1 160f., Bd. 2 72f. und „A strange account of the world’s origin: PRDd. XLVI“, in: Papers in Honour of Professor Mary Boyce, Leiden 1985 (Hommages et Opera Minora, vol. XI), II 683–697, hier:

686, 691. Zu einer Stelle im Bundahišn, an der einzelne Teil des menschli- chen Körpers einem der Amahraspands zugeordnet werden, wobei die Seele, Wahrnehmung und andere Geisteskräfte Ohrmazd entsprechen, das Fleisch dem Wahman, usw., siehe Shaked, „The notions of mēnōg and gētīg“ (a.a.O.

Anm. 47), 82 mit Anm. 75. Ein avestischer Vorläufer dieser Vorstellung könnte in dem oben, unter Nr. 16 zitierten Y 58.5 vorliegen, wo die Verehrer erklären, daß die Amesha Spentas ‚uns geschaffen haben‘.

50 Die avestische Parallele Yt 13.81 stützt die Ansicht von Williams, daß dieser Schöpfungsbericht, welchen Williams als „strange“ charakterisiert, eher in der zoroastrischen Tradition begründet ist als auf Fremdeinflüssen beruht, wie sei- ne Vorgänger annahmen. Parallelen für die Vorstellung eines ‚kosmischen

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des Bundahišn gesehen werden, daß Ohrmazd die ‚Mutterschaft‘

(mādarīh) seiner geistigen Schöpfung und die ‚Vaterschaft‘ (pidarīh) seiner körperlichen Schöpfung hat.51

Es war das eine Exemplar einer jeden Schöpfung von Ohrmazd, das dann von Ahreman entweder wie das Wasser verunreinigt oder wie das Rind und der Mensch getötet wurde. Nach einer der Versionen des Schöpfungsmythos im Bundahišn, Kapitel 7 (TD2 71.12–73.5), nach- dem Ahreman die verschiedenen einzig-geschaff enen Examplare ver- unreinigt oder getötet hatte, nahm Ohrmazd, der in seiner Allwissen- heit die körperlichen Geschöpfe sowohl in einer geistigen wie in einer körperlichen Form geschaff en hatte, die (unzerstörbare) geistige Form jeder seiner körperlichen Geschöpfe, im Pahlavi als ‚Spiegelbild‘

(ēwēnag) und ‚Gestalt‘ (kirb) bezeichnet, und reinigte ein jedes in den verschiedenen himmlischen Sphären, die Ahreman bei seinem Angriff unzugänglich waren, nämlich Erde, Wasser und Pfl anzen in den Ster- nen, das Tier im Mond und den Menschen in der Sonne. Von diesen gereinigten ‚Spiegelbildern‘ schuf er dann die körperliche Schöpfung in ihrer körperlichen Form noch einmal, aber dieses Mal in ihrer Viel- falt, nämlich 282 Tierarten, männlich und weiblich, und den Men- schen als Mann und Frau.52 Es ist in der Darstellung der Entstehung der körperlichen Schöpfung in der ‚Post-Angriff -Phase‘, daß die Texte die größte Vielfalt in der Formulierung der Schöpfungsmythos aufwei- sen.53

Körpers‘ in Berichten über den Ursprung der Welt in anderen indogermani- schen Traditionen werden dann besser als gemeinsames Erbgut als als Entleh- nung erklärt.

51 Zu dieser Stelle siehe Williams, „A strange account of the world’s origin“

(a.a.O. Anm. 49), 685.

52 Anklesaria, Zand-Ākāsīh (a.a.O. Anm. 17), 86–89; für weitere Einzelheiten siehe Almut Hintze, „The Cow that Came from the Moon: The Avestan Ex- pression māh- gaociϑra-“, in: Bulletin of the Asia Institute, Iranian and Zoroa- strian Studies in Honor of Prods Oktor Skjærvø, edited by Carol Altman Bromberg, Nicholas Sims-Williams, and Ursula Sims-Williams 19, 2005 [2009], 58–66, hier: 61.

53 Zu unterschiedlichen Versionen des Schöpfungsmythos, siehe Philip Kreyen- broek, „Cosmogony and Cosmology. I. In Zoroastrianism/Mazdāism“, in: E.

Yarshater (Hrsg.), Encyclopaedia Iranica 6, 1993, 303–307.

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6. Die Verehrung der Yazatas

Die Beziehung zwischen körperlicher und geistiger Welt ist, wie wir gesehen haben, grundlegend für zoroastrisches Denken. Sie basiert auf der Annahme, daß die körperliche Welt aus der geistigen Welt stammt und letztere von Ahura Mazdā. Alles, das zu Ahura Mazdās geistiger und körperlicher Welt gehört, ist potentiell in der Lage, verehrt (yaz) zu werden und daher yazata- oder yesniia- ‚verehrenswert‘ zu sein.54 Im Gegensatz dazu ist alles, das mit Angra Mainyu in Beziehung steht, a- iiesniia-, ‚der Verehrung unwürdig‘. Das Avesta beschreibt Ahura Mazdā als den größten und besten der yazatas (Yt 17.16, Y 16.1). Es gibt eine Menge von ungenannten geistigen und körperlichen Yazatas, und von den geistigen gibt es hunderte und tausende, wie aus Yt 6.1 hervorgeht:

(23) Yt 6.1 huuarəxšaētəm aməˇÒəm raēm auruua7.aspəm yazamaide

āa7 ya7 huuarə raoxšnō tāpaiieiti āa7 ya7 huuarə raocō tāpaiieiti hištə9ti mainiiauu3ŋhō yazat3ŋhō satəmca hazaŋrəmca

Wir verehren die strahlende Sonne, die unsterbliche Pracht, die schnelle Pferde hat.

Wenn die leuchtende Sonne warm wird, wenn die Sonne, das Licht warm wird,

(dann) stellen sich die geistigen Verehrungswürdigen zu Hunderten und Tausenden ein.

Zu den mit Namen genannten Verehrungswürdigen gehören die Ame- sha Spentas (Vr 8.1, 9.4), der Vertrag (miϑra- Yt 10.6, 98 etc.), das Hören (sraoša- Y 3.20), Brechen des Widerstandes (vərəϑraγna- Yt 14.1), Dāmōiš Upamana (Y 2.15 etc.), Nairyō.saŋha (Ny 5.6 etc.), der Enkel der Wasser (apąm napāt- Yt 19.52) und Aufrichtigkeit (aršti- Y 57.33). Mit Namen genannt sind von den körperlichen Yazatas der Wind (vaiiu- Yt 15.1), das Feuer (ātar- Y 3.21), der Berg uši.darəna- (Y 2.14), die Erde (zam- S 1.28, 2.28), und Zarathustra (Y 3.12).55 Ein

54 Vgl. Shaked, „The notions of mēnōg and gētīg“ (a.a.O. Anm. 47), 75.

55 Bartholomae, AirWb. (a.a.O. Anm. 19), 1279; Abraham V.W. Jackson, „Die iranische Religion“, in: W. Geiger and E. Kuhn (eds.), Grundriss der irani- schen Philologie. Bd..2: Litteratur, Geschichte und Kultur, Strassburg, 1896–

1904, 612–708, hier: 640–646.

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Yazata kann mit einem ‚Ritual, in dem sein Name genannt wird‘

(aoxtō.nāmana yasna) verehrt werden,56 aber alle sind als in Beziehung zu Ahura Mazdā stehend und ihm untergeordnet gesehen. Bezeichnet ist dies durch die Formel āhūiriiehe aoxtō.nāmanō yazatahe ‚des zum Herrn gehörenden Verehrungswürdigen, der mit seinem eigenen Na- men angerufen wird‘ (Y 3.20 von Sraoša, Y 3.21 vom Feuer, Ātar).

Die Sichtweise, daß alles, was von Ahura Mazdā kommt, ‚vereh- rungswürdig‘ ist, ermöglicht es der mazdayasnischen Tradition, andere Gottheiten zu absorbieren und als yazata- in sein eigenes Pantheon einzuverleiben. Die Bedingung ist, daß ein yazata- Ahura Mazdā un- tergeordnet ist und seinem Zwecke dient, nämlich der letztlichen Ver- treibung des Bösen aus der körperlichen Welt, die Ahura Mazdā ge- schaff en hat. So zum Beispiel verlangt Ahura Mazdā die Verehrung der Gottheit Arəduuī Sūrā Anāhitā und legitimiert auf diese Weise ihren Kult als Gottheit neben sich selbst, ohne daß dadurch seine eigene herausgehobene Stellung bedroht würde:

(24) Yt 5.1 (= Yt 13.4, Y 65.1)

mrao7 ahurō mazd3 spitamāi zaraϑuštrāi yazaēša mē hīm spitama zaraϑuštra yąm arəduuīm sūrąm anāhitąm pərəϑū.frākąm baēšaziiąm vīdaēuuąm ahurō.7kaēšąm yesniiąm aŋVhe astuuaite vahmiiąm aŋVhe astuuaite

Ahura Mazdā sagte zu Spitāma Zaraϑuštra:

Verehren mögest du mir, O Spitāma Zaraϑuštra, Arəduuī Sūrā Anāhitā,

welche sich weit verbreitet, Heilung bereitet, die Dämonen ablehnt, die Lehre des Herrn annimmt, die dem körperlichen Leben verehrenswert,

dem körperlichen Leben preisenswert ist.

Im Gegensatz zu den Daēvas sind die Yazatas daher im Prinzip keine kultischen Konkurrenten für Ahura Mazdā, sondern unterstützen und stärken seine Position.

In den Gathas ist Ahura Mazdā wie ein Mensch beschrieben: Er hat Ohren (Y 51.3 g6uša-), Augen (Y 31.13 cašman-), Hände (Y 43.4 za- sta-), eine Zunge (hizū- Y 31.3) und einen Mund (āh- Y 28.11, 31.3),

56 Zu diesem Ausdruck siehe Antonio Panaino, „Philologica Avestica IV. Av.

yaštay-/yešti-; yašta-; Phl. yašt“, in: Studia Iranica 23, 1994, 163–185, hier: 172 f.

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