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Die Villa Rustica von Voerendaal (NL) und die ländliche Besiedlung

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BALACAIKÖZLEMENYEK

III.

1994

FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Internationale Tagung über römische Villen

Veszprém, 16-20. Mai 1994

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INHALT

Vorwort 7 Teilnehmerliste . . 8

Festvorträge

PALÄGYI. SYLVIA: Schwerkpunkte der neuen Ausgrabungen im Gutshot

von Balâca 10 GESZTELYI, TAMÂS: Das Bildprogramm des gelb-lila Zimmers in Balâca 22 ERTEL, CHRISTINE: Zur Rekonstruktion des Ostgartens und Überlegungen

/ur Garten- und Landschaftsarchitektur von Baläca 29 MEZÓS, TAMÀS: Neue Pläne für die Revitalisation von Balâca 41

Vorträge

ALVINO, GIOVANN A: Die villa rustica in Mittelitalien am Beispiel

des Sabinerlandes 47 GABLER, DÉNES-REDÓ, FERENC: Eine kaiserzeitliche Villa in Mittelitalien

bei San Potito 60 BUORA, MAURIZIO: Ville romane a nord del Po 81 ROFFIA, ELISABETTA: Le villa romane del lago di Garda 94 VERZÂR-BASS, MONIKA: Mausoleum und Villa 102 WILLEMS. WILLEM J. H.: Die villa rustica von Voerendaal (NL)

und die ländliche Besiedlung 11 ft VAN DOORSELAER, ANDRE: Neue Ergebnisse zur Anwesenheit

von römer/eitlichen Villae im Scheldetal/Belgien 124 LODEWIJCKX, MARC: Eine Römervilla im Wange (Brabant, Belgien)

mit Depot von bronzenem Pferdegeschirr- Ein vorläufiger Bericht 134 VERBEECK, MARC: Eine Römervilla in Erps-Kwerps (Kortenberg-Belgien)

mit merowingerzeitlichem Gräberfeld 151 NUBER, HANS ULRICH: Villenforschung an der Universität Freiburg

im Breisgau 159 BALLE, GEREON: Die römische Villa von Bietigheim „Weilerlen" Stadt

Bietigheim-Bissingen, Kreis Ludwigsburg (D) 159 HAGENDORN, ANDREA: Die villa rustica von Grossachsen,

Rhein-Neckar-Kreis (D) 163 LINDENTHAL, JÖRG: Zum Forschungsstand der ländlichen Besiedlung

der nördlichen Wetterau in römischer Zeit (D) 168 NUBER, HANS ULRICH: Die villa urbana von Heitersheim (D) 172 PFAHL, STEFAN F.: Die römische Besiedlung zwischen Donau,

Bren/ und Nau (D) 179 SEITZ, GABRIELE: Römische Siedlungsstelle

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WAGNER, PAUL: Die villa rustica Friedberg Pfingstweide. Ergebnisse

der Ausgrabungen 1980/198! 192 REUTTI, FRIDOLIN: Typologie der Grundrisse römischer villen 200 FILGIS, MEINRAD N.: Ausgrabung und Restaurierung römischer Villen

in Baden-Württemberg 206 PARATTE, CLAUDE-ALAIN: Zwei grosse gallo-römische Villen

des Schweizer Mittellandes 222 ROTH-RUBI, KATRIN: Villenanlagen im Schweizerischen Mittelland

und ihr Bezug zum frühmittelalterlichen Siedlungsbild: einige Fallbeispiele 230 MOOSBAUER, GÜNTHER: Die ländliche Besiedlung im östlichen

Rätien südlich der Donau 238 HEINZL, KATHARINA: Die villa rustica von Altheim-Simetsberg

Ein Beitrag zur Villenforschung in Oberösterreich 241 POCHMARSKI, ERWIN: Die Villa von Grünau im Rahmen der römerzeitlichen

Villenanlagen in der Steiermark 251 HUDECZEK, ERICH-KAINZ, IRMENGARD: Die Villa von Löffelbach

in der Steiermark 265 GENSER, KURT: Zur Topographie und Chronologie der ländlichen

Besiedlung in der Provinz Noricum 270 STRMCNIK GULIC, MIRA: Villa rustica at Bohova 278 ZSIDI, PAULA: Die römische Villa von Kaszâs-dûlô-Csikos utca

und die Frage der Villen im Territorium des Municipiums von Aquincum

(am Gebiet der heutigen Stadt Budapest) 292 SOPRONI, SÄNDOR: Ein römischer Villenbesitzer aus Aquincum 312 TOPÄL, JUDIT: Die römische Villa von Szentendre 321 BENDER, HELMUT-VISY, ZSOLT: Die römische Ansiedlung bei Babarc,

Komitat Baranya. Die Prospektionsarbeiten in den

Jahren 1989-1991 336 GASPAR, DOROTTYA: Römische Villa bei Sümeg 343 KABAKCIEVA, GERGANA: Neue Untersuchungen an der römischen Villa

„Armira" in der Provinz Thrakien 344 KOLNÎK, TITUS: Zum Problem der villenartigen Bauten im

mitteldanubischen Barbarikum 359 KUZMOVÂ, KLARA: Das Sigillata-Spektrum der römisch-germanischen

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WILLEM J. H. WILLEMS

DIE VILLA RUSTICA VON VOERENDAAL (NL)

UND DIE LÄNDLICHE BESIEDLUNG

Die römische Besetzung der heutigen Niederlande hat im zweiten Jahrzehnt v. Chr. ange-fangen, als die ersten römischen Truppen in Nijmegen gelagert wurden. Anscheinend war anfangs das ganze Gebiet mehr oder weniger besetzt, aber 28 n. Chr. ging beim Aufstand der Friesen die Kontrolle über das Land nördlich des Rheins wieder verloren. Diese Situa-tion wurde im Jahre 47 konsolidiert. Der General Corbulo begann 47 mit einem Feldzug ge-gen die Friesen und Chauken, vom dem er aber auf direkten Befehl des Kaisers Claudius zu-rückgerufen wurde. Roms Interessen jenseits des Rheins wurden danach mehr auf diploma-tischem Wege vertreten und der Rhein wurde zur Reichsgrenze mit einem geschlossenen Grenzsystem: dem niedergermanischen Limes.

Im Gebiet südlich des Rheins traten nach der Mitte des l . Jahrhunderts schnelle Verände-rungen auf, mit weitreichenden Folgen für die Bewohner. Die Region war Teil des römi-schen Reiches geworden, wodurch sich ihre Struktur veränderte.' Das Heer baute Straßen und an wichtigen Punkten entstanden Städte. Um die wachsende Bevölkerung und das M i l i -tär mit Nahrung versorgen zu können, entwickelte sich im Limeshinterland ein neuer Sied-lungstyp, die Villa rustica, dessen Bewohner nicht nur für den eigenen Bedarf produzierten, sondern vor allem für den Markt. Mit den modernsten Techniken ihrer Zeit erwirtschafteten sie einen möglichst großen Überschuß. Die Besitzer wurden immer reicher und konnten sich steinerne Häuser leisten. In manchen Fällen dürfte es sich bei ihnen um Immigranten gehan-delt haben. Die Siedlungskontinuität an vielen Plätzen zeigt jedoch, daß es meistens Einhei-mische gewesen sind.

In den Niederlanden, wie auch anderswo, galt das Interesse der Archäologen früher vor allem der Villa selbst, ihren Gebäuden und der Architektur. Heute ist dies anders und es werden vor allem soziale und ökonomische Aspekte untersucht: wie funktionierte die Villa als Betrieb, welche Pflanzen wurden angebaut, und ähnliches. Daten hierüber finden sich selten im Hauptgebäude eines Gutshofes, in der Pars urbana, sondern gerade in der sie um-gebenden Pars rustica, wo die Produkte verarbeitet wurden.

In der Bodendenkmalpflege ist es deswegen auch nötig, den gesetzlichen Schutz eines Villageländes nicht auf das Areal, in dem sich die Fundamente des Hauptgebäudes befin-den, zu beschränken, sondern ihn auch auf das umringende Terrain auszudehnen. Das ge-schah 1971 auch bei der Villa rustica von Voerendaal-Ten Hove, der größten auf niederlän-dischem Boden bekannten kaiserzeitlichen Villa (Abb. 1). Bereits Ende des vorigen Jahr-hunderts fanden dort unter Leitung des Maastrichter Archivars J. Habets Ausgrabungen statt. Im Winter 1892-1893 führte er eine Untersuchung durch, in deren Verlauf Teile eines kolossalen Gebäudekomplexes freigelegt wurden. 1929 folgte eine zweite kleine Ausgra-bung durch das Leidener Reichsmuseum für Altertümer und in den Jahren 1947-1950 eine dritte, von weit größerem Ausmaß, deren Ergebnisse 1953 von Braat publiziert worden sind.2 Scheinbar war der große Villakomplex damit ausreichend erforscht.

Die Fragen zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, mit denen die archäologische For-schung sich heutzutage befaßt, konnten diese älteren Ausgrabungen jedoch nicht beantwor-ten. Ganz sicherlich wäre es aber nicht zu einer neuen Untersuchung gekommen, hätte der niederländische Staatsrat etwas mehr Verständnis gezeigt für die Tatsache, daß das archäo-logische Erbe mehr als nur Steinfundamente umfaßt. Die Eigentümer fanden das unter

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Denkmalschutz stehende Gelände zu groß und bekamen vom Rat recht. Das Hauptgebäude blieb weiterhin geschützt, das Terrain in seiner direkten Umgebung mußte jedoch vor 1990 flächendeckend untersucht werden. Die geforderte Untersuchung begann 1984 und wurde 1987 abgeschlossen. In dieser Zeit konnte der Rijksdienst voor het Oudheidkundig Bode-monderzoek (ROB), das niederländische Amt für Bodendenkmalpflege, einen Großteil des Hotareals freilegen.

Einen Grundriß der großen Villa zeigt Abb. 2. Sie enthält übrigens nicht alles, was dort gefunden wurde. Bei den Grabungen des ROB wurde festgestellt, daß das Gelände bereits besiedelt war. bevor dort die erste V i l l a errichtet wurde. Es fanden sich Überreste eines klei-nen einheimischen Dorfes, das im 1. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist und etwa bis /ur Mitte des l . Jahrhunderts n. Chr. fortbestanden hat. Seine damaligen Bewohner hatten einen gewissen Wohlstand erreicht und waren in der Lage, mitten auf dem Gelände eine Villa /u bauen. Diese kontinuierliche Entwicklung führt zu der Annahme, daß sie wahrscheinlich keine Einwanderer gewesen sind, sondern Einheimische, die sich bereits früh einen römi-schen Lebensstil zu eigen gemacht hatten. Auch ihre Erben müssen erfolgreiche Bauern ge-wesen sein, da sie kurz nach Beginn des 2. Jahrhunderts eine völlig neue Villa bauen konn-ten. Zu dieser Zeit war der zentrale Wohnteil nicht viel, der gesamte Komplex aus Steinbau-ten jedoch erheblich größer als der der ersSteinbau-ten Villa: die Front der Villa, ihre totale Breite, betrug zuletzt nicht weniger als 190 m. Nicht alle Gebäude wurden zur gleichen Zeit errich-tet, aber der Grundriß macht klar, daß von Anfang an ein deutliches Gesamtkonzept vorhan-den gewesen sein muß. Wenigstens einmal wurde der Hof gründlich umgebaut, wobei eini-ge Gebäude abeini-gebrochen und neu errichtet wurden und andere möglicherweise eine neue Bestimmung erhielten. Abb. 2 gibt den Grundriß der Villa nach dem letzten großen Umbau wieder.

Auf diesem Grundriß basiert die Rekonstruktionszeichnung (Abb. 3). Die Funktion der meisten Gebäude und Räume konnte mit ziemlicher Sicherheit festgestellt werden. Der Kern des zentralen Wohnteils (Abb. 4) ist symmetrisch angelegt. An seiner Ostseite befin-den sich drei - möglicherweise später angebaute - Räume, die ebenfalls für Wohnzwecke bestimmt waren. Der hinterste war mit Wandmalereien geschmückt und wurde mittels eines Hypocaustum /entrai erwärmt. Die an der Nordmauer liegende Heizstelle war noch gut er-halten. Auch einige andere Räume des Wohnhauses besaßen eine solche Heizung. An der Rückseite der Nordmaucr lag der Vorratskeller. Bei anderen Gebäuden ist die Funktion nicht sicher zu bestimmen. Der übrige Teil des Wohnhauses diente möglicherweise als Un-terkunft für das Gesinde. 3D als Stall und die einzeln stehende Scheune 3B wird wahr-scheinlich als Abstellraum für Karren, landwirtschaftliche Maschinen. Gerätschaften und dergleichen mehr verwendet worden sein. In dem großen Gebäude 3A am Südostflügel des Komplexes geschah die Verai'heitnHt> der Ernte. Während der Ausgrabung wurden auch Bodenproben entnommen und auf das Vorhandensein von Pflanzenresten hin untersucht. Im Gegensatz zu anderen Stellen des Geländes fanden sich in und um Gebäude 3A herum viel Getreidereste. Die Körner waren verkohlt und sind deshalb erhalten geblieben. Diese Verkohlung kann auf verschiedene Ursachen, wie z.B. das Verbrennen von Abfall, das Trocknen oder Rösten des Getreides (zum Lösen der Spreu), zurückzuführen sein. Vor dem Gebäude war ein Teil des Hofes gepflastert, und genau an dieser Stelle wurden viele Spreu-reste gefunden: hier lag also der Dreschplatz. Die botanische Analyse der Bodenproben hat gezeigt, daß die wirtschaftliche Grundlage der Villa erwartungsgemäß großenteils agrarisch war und das wichtigste Produkt, das Getreide, nach der Ernte in Gebäude A verarbeitet wur-de. Nachdem das Trocknen, Dreschen. Rösten, Darren und Sieben der Ernte vorbei und das Getreide so weit wie möglich gereinigt war. mußte dieses kostbare Endprodukt gelagert

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werden. In Voerendaal geschah das in einem sehr großen Horreum. das sich unmittelbar ne-ben dem Wohnhaus befand. Dieses Horreum hatte eine Grundfläche von ca. 375 m2. Sein Boden ruhte auf einer Reihe parallel verlaufender kleiner Mauern, die die schwere Last tru-gen. Beim Bau des Speichers hat man geschickt von den Fundamenten eines älteren, an der-selben Stelle errichteten Gebäudes Gebrauch gemacht.

Südlich der Kornscheune befand sich am Westflügel des Komplexes das Badegebäude mit seinen verschiedenen Räumen für Kalt-, Lau- und Warmwasserbäder sowie einer Toilet-te. Es war mit dem Porticus, der sich vor der gesamten Front der Villa erstreckt, verbunden. Ein Teil des Hofareals - von den Thermen bis /um Wohnhaus - war durch eine Mauer vom Rest abgetrennt. Zweifellos lag dort ein Garten mit einem Teich. Die Gartenmauer bildet gleichzeitig die Grenze zwischen dem luxuriösen Bereich des Besitzers und seiner Familie, der pars urbana, und den übrigen Wohnräumen, Betriebsgebäuden und dem Rest des Hofa-reals, die zusammen den eigentlichen Betrieb, die pars rustica, darstellten. Nur das Horreum befand sich in der pars urbana, was sehr gut zu begreifen ist: Es war ja immerhin die Schatz-kammer, in der das Resultat eines ganzen Wirtschaftsjahres gelagert wurde!

Südlich des Badehauses befand sich noch ein ziemlich großes Gebäude (3C), das nicht vollständig ausgegraben werden konnte, weil es teilweise unter der heutigen Straße im Sü-den der Villa, dem Steinweg, liegt. Dieses Gebäude muß als Schmiede gedient haben. West-lich von dieser Schmiede gab es noch ein Becken von unregelmäßiger Form mit einem Zu-gang im Norden. Es war nicht überdacht und besaß einen nach Süden hin abfallenden Bo-den. Wahrscheinlich handelt es sich hier um einen Waschplatz für Tiere, eine Art Schwem-me. Bei dieser „Schwemme" wird es sich um eine mit ziemlich viel Schmutz verbundene Angelegenheit gehandelt haben, was erklärt, warum das Becken außerhalb des Hofareals der Villa angelegt war.

Fossae limitâtes umgaben das Hofareal: ein rechteckiges Grabensystem, an dessen

Innen-seite sich eine aus Bäumen oder Sträuchern bestehende Hecke, ab und zu ein Pfosten und im Süden eine Mauer befand. Die Grundfläche betrug beinahe 214 m zu (minimal) 167 m, also gut 3,5 ha. In römischen Maßeinheiten entspricht die Breite genau 6 actus (6 x 35,52 m). Die Tiefe kann 5 actus (177,6 m) betragen haben; in diesem Fall entsprach die Grundfläche 15 iugera (3,78 ha).

In der Nordwestecke des Hinterhofes wurde ein kleines, jedoch auffallend stark gebautes Fundament entdeckt (Abb. 2, Nr. 7). Seine Form deutet auf einen kleinen Tempel mit Vor-halle. Auch das quadratische Fundament daneben muß eine kleine Kapelle getragen haben, in der die Bewohner regelmäßig Opfergaben niederlegten. Zu diesem Zweck verwendeten sie Keramik mit schwarzem Überzug (Terra nigra). Einige der von dieser Keramik gefunde-nen Scherben weisen noch Teile von Weihinschriften auf. Eine kann als ]NAE gelesen wer-den und ist warscheinlich zu interpretieren als eine Weihung an eine unbekannte Göttin, de-ren Name auf ..ANA endet, durch jemanden, dessen Name mit IV.. begann (Abb. 5). Viel-leicht stand mitten auf dem Weg im vorderen Hofteil eine Jupitergigantensäule. Leider war von diesem Monument nur noch das Fundament erhalten.

Die Ergebnisse der Ausgrabung sagen auch etwas über das Verhältnis der Villa zu ihrer nächsten Umgebung. Aus westlicher Richtung kommend verläuft unterirdisch ein steinerner Kanal in Richtung auf die Villa, durch den das Wasser herangeführt wurde. Von einem qua-dratischen Brunnen aus kann ein hölzernes, durch runde Eisenklammern, von denen einige gefunden wurden, zusammengehaltenes Rohr das Wohnhaus mit Wasser versorgt haben. Der Steinkanal biegt rechtwinklig nach Süden ab und endet beim Badegebäude. Das Schmut/wasser wurde ebenfalls in unterirdischen steinernen Rinnen weggeleitet: diese Rin-nen befanden sich beim Badehaus und unter dem Ostteil des Hofes. Es floß hangabwärts in

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einen Bach, den heutigen Hoensheek, im Süden der Villa. Diesem Bach wurde auch das Frischwasser entnommen, und /war an einem Platz dicht hei der Quelle, der etwa 5 m höher liegt als das Gelände der Villa. An derselben Stelle, ungefähr 800 m südwestlich der Villa, befand sich in römischer Zeit bereits eine kleine Siedlung (Abb. 6). Beide Plätze waren durch denselben Weg miteinander verbunden, der auch jet/.t noch die Verbindung bildet: den Steinweg. Der Name weist auf das hohe Alter dieser Verbindung. Sie trug schon sehr lange den Namen Steinweg (steinerner Weg), der auf eine befestigte Straße, eine typisch rö-mische Erscheinung, hindeutet. Selbst im Mittelalter waren sie auf dem Land nur selten zu finden und wenn, dann handelte es sich meist um Überreste römischer Straßen.

Zur Villa von Voerendaal muß ein kolossales Landgut gehört haben. Die Grundfläche des durch Bäche begrenzten Plateaus beträgt mindestens 200 ha, bei denen es sich durchweg um ausgezeichneten Ackerboden handelt. Auch das enorme Horreum. in dem leicht 300-400 m Getreide gelagert werden konnten, deutet auf intensiven Landbau.

Die wirtschaftliche Blüte des Betriebs kann im späten dritten Jahrhundert zu Ende gegan-gen sein. Wie die Ausgrabungegan-gen jedoch gc/eigt haben, war der Gutshof auch nach den Ein-fallen der Franken gegen Ende des dritten Jahrhunderts, die zu einer radikalen Veränderung der bestehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Struktur führten, nicht verlassen. In zwei Gräbern aus dem Beginn des vierten Jahrhunderts sind ein Mann und eine Frau bestat-tet worden, bei denen es sich vermutlich noch um Nachkommen der ursprünglichen Besit/er handelt.4 Der hohe soziale Status des Mannes wird aus der Beigabe seiner Waffen deutlich, aber in demselben Grab befanden sich außerdem noch landwirtschaftliche Geräte, nämlich zwei Harken.

Wie /u erwarten, blieben die erneuten Germaneneinfälle um 350 n.Chr. auch für Voeren-daal-Ten Hove nicht ohne Folgen. Die Salier und andere fränkische Stämme durften sich als Foederaten innerhalb der Grenzen des Imperiums ansiedeln, und dies geschah auch hier. Südlich von und rund um die damals noch aufrecht stehende große Scheune 3A entstand in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts ein fränkisches Dorf mit Holzhäusern und charakteri-stischen Grubenhäusern, von denen 15 ausgegraben wurden. Während der Ausgrabung konnte festgestellt werden, daß die steinerne Scheune zu Beginn des 5. Jahrhunderts abge-brannt ist. Die anderen Gebäude der Villa werden zu dieser Zeit auch wohl nur noch Ruinen gewesen sein, obwohl dies nicht ganz so genau bestimmt werden konnte. Jedenfalls wurde in und um Gebäude 3B herum in etwas späterer Zeit ein Friedhof angelegt, auf dem bis /um Beginn des 8. Jahrhunderts bestattet wurde. Danach ist die Siedlung wahrscheinlich an ei-nen anderen Ort verlegt worden. Karolingische Funde in der Umgebung des Villageländes fehlen, aber Holzreste aus einer tiefen Grube östlich des Hofareals ergaben eine C14-Datie-rung von 1125 ± 45 BP (GrN-14107). also um 900 n. Chr. Weiter nördlich liegt am Stein-weg das Hoenshuis, eine hochmittelalterliche Hofsiedlung, die spätestens um 1000 n. Chr. gegründet wurde/

BLOEMERS l'WO.

BRAAT 195.1. KOOISTRAIW1

l JTERATUR UND ABKÜRZUNGEN

BLOEMERS. J. H. F.: Lower Germany: pliira consilio quain vi l'rol o -urban settlement developments and the integration of n a t i v e sen lety. in: T. Blagg - M. Millet! (Hrsg.): The early Roman 1-inpne in the west. Oxford 1 WO 72 So BRAAT. W. C : De grote Romeinse villa van Voerendaal Omlheulk Medede lingcn.14. 1953.48 76.

KOOISTRA. L. I.: Arable Farming in the Heyday of the Roman Villa at Voe rendaal (Limburg, the Netherlands) I'alaeoethnobotany and Archaeology:

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SLOFSTRA 1991.

WILLEMS 19X6. WILLEMS1989.

WILLEMS 1990. Wil.I.EMS 1992.

national Work-Group for Palaeoethnobotany, 8th Symposium Nitra-Nové Vo-zokany 1989.Nitra 1991. 165-175 (Acta Interdisciplmaria Archaeologica 7). SLOFSTRA, J.: Changing settlement systems in the Meuse-Demer-Scheldt area during the Early Roman period, in: N. Roymans - F. Theuws (Hrsg.), Images of the Past. Studies on ancieni societies in northwestern Europe. Amsterdam 1991.

131-199.

WILLEMS, W. J. H.: Romans and Batavians. A Regional Study in the Dutch Eastern River Area. diss. Amsterdam 19Kd.

WILLEMS, W. J. H.: An officer or a gentleman? A Late-Roman weapon-grave from a villa at Voerendaal (NL), in: C. van Oriel-Murray (Hrsg.) Roman Mili-tary Equipment: the Sources of Evidence. Oxford 1989. 143-156 (BAR Interna-tional Scries 476).

WILLEMS, W. J. H.: Down to Earth: a Note on Bolt-Heads and Rake-Prongs. Armai. 2. 1990.22-23.

WILLEMS, W. J. H.: La villa romaine à Voerendaal/Die kaiserzeitliche Villa von Voerendaal, in: Spurensicherung. Archäologische Denkmalpflege in der Euregio Maas-Rhein, Mainz 1992. 526-534.

ANMERKUNGEN 1. Siehe WILLEMS 1986.; BLOEMERS 1990 und SLOFSTRA 1991. 2. BRAAT 1953., mit Plänen der früheren Grabungen.

3. KOOISTRA 1991. Eine vollständige Publikation der paläobotanischen Ergebnisse ist in Vorbereitung. 4. WILLEMS 1989., 1990.

5. Dieser Beitrag ist die gekürzete schriftliche Fassung des Vortrages in Veszprém, nach WILLEMS 1992.

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RÖMISCHES LIMBURG

Ahh l Struktur der ronnxi hcn Hosicdlung im 2. und .V Jahrhundert in der

nioik'ihndischen l'rovin/ Limburg. Bei 'V' hegt die Villa von Vocrendaal

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Steinweg

Ahb. 2: Der Grundriß der Villa aus der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts. Die Nummern der Gebäude

verweisen auf den Text: l Wohnteil; 2 übrige Räume; 3 Betriebsgebäude; 4 Badegebäude; 5 Kornscheune; 6 porticus; 7 kleiner Tempel; 8 Waschplat/,, Teich, Rinnen und Wasserleitung; 9 Graben und Einhegung; 10 Weg

mit dem Fundament einer Säule oder Statue

«•P*

-Rekonstruierte Ansicht der Villa. Nur die Eingangspforte ist /eichnerisch nicht gan/ richtig dargestellt. Die das Hofareal umringenden Ländereien wurden fast völlig landwirtschaftlich genut/t

(11)

3 •' I *i'-. •

Abb. 4: Das Hauptgebäude des Voerendalci

Gutshofes während der Ausgrabung im Jahre 1985. Im Vordergrund liegt der Vorratskeller, der am h

schon wahrend der ersten Ausgrabung 1892 freigelegt wurde

Abb. 5. Inschrift ]NAE IV[ auf

'terra nigra' Scherbe

Abb 6: Vcrbrcitungskarte der Villae und anderen römischen Fundplatie in der Umgebung von Voerendaal: l

Hachtal; 2 Löß; 3 idi-m oberhalb l 10 u NN; 4 idem oberhalb 140 ü NN; 5 Moor; 6 Stcinhruch; 7 Grab/Graberfeld; 8 Weg; 9 Villa ruslica. K) Siedlung anderen Typs, l l Indusinc (Toplern und /regelet). Von den romischen Straften in der Umgebung von Voerendaal sind nur die bekannten Trassen angegeben Wenn auch in dem Gebiet rund um Heerlen noch lange nicht alle kaiser/eitlichen Überreste gefunden sind, laut die Verbrcriungskartc doch sehen, daß das Gebiet dicht Ix-sredelt war. Dort, wo die Landschaft von Machen durchschnitten wird, liegt auf

jedem da/.wischen liegenden Plateau lewerls nur eine ein/ige Villa. Es handelte sich also nicht um eine Zenturiation, sondern um eine Anpassung an die l.andschafr

Referenties

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