• No results found

Weltanschauung und Professionalität in der intramuralen Psychiatrie

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Share "Weltanschauung und Professionalität in der intramuralen Psychiatrie"

Copied!
10
0
0

Bezig met laden.... (Bekijk nu de volledige tekst)

Hele tekst

(1)

SOZIALARBEIT

WELTANSCHAUUNG

GESUNDHEITSWESEN

Eine Auslese der publizierten Ausgaben des "Studiecentrum Welzijn en Levensbeschouwing Windesheim"

Drs. Martin Visch (Zusammenstellung)

(2)

CIP-GEGEVENS KONINKLIJKE BIBLIOTHEEK, DEN HAAG Sozialarbeit

Sozialarbeit, Weltanschauung, Gesundheitswesen: eine Auslese der publizierten Ausgaben des "Studiecentrum Welzijn en

Levensbeschouwing Windesheim"/Martin Visen (Zusammenstellung); [Übers, aus dem Niederländischen von G. Prommersberger-de Jong; 111.: Roger de Carpentier].-Zwolle: SWL-Windesheim.-Ill.-(SWL-Windesheim publicaties; [4])

Met lit. opg.

ISBN 90-73907-04-7 geb.

(3)

INHALT

Vorwort „

Q

Zum Geleit 7 1 Leben ist Antwort geben: über Sinnfragen im 8

Wohlfahrtsstaat Günter Funke

2 Sinngebung, die neue Mode/der neue Trend in der 15 sozialpädagogischen Arbeit

Hans Smedema

3 Methodik und Weltanschauung: ein variationsreiches Thema 20

ff.F. van Stegeren

4 Persönliche Ueber- oder Unempfindlichkeit hinsichtlich 34 einer christlichen Weltanschauung

Aleid Schilder

5 wie es ist, als Christ in einer allgemeinen sozialen 44

Einrichtung zu arbeiten

Chiel Egberts

6 Die Weltanschauung in der sozialen Arbeit 51 Christien den Draak

7 Weltanschauung und die allgemeine psychosoziale Arbeit 67

A.J. de Roo - Karelse

B Weltanschauung und Professionalität in der intramuralen 74

Psychiatrie

Gerrit Glas

9 Sinnerfahrung, Weltanschauung und Wert der Gesundheit 81 Peter Blokhuis

10 Identität/Nagy/Alte: Bericht aus der Praxis 88 Steve Adeney

11 Sich nähern: empfindsam werden für Lebensfragen 95

Marinus van den Berg

12 Die Arbeit bei einer konfessionellen Jugendorganisation 104

verlangt mehr als Offenheit und Begeisterung

Dick Schaap

13 Ein Schritt zurück ? 110

(4)

WELTANSCHAUUNG UND PROFESSIONALITAET

IN DER INTRAMURALEN PSYCHIATRIE

Dr.G. Glas

Aus: 'Zin in welzijn', Jahrgang 2, Kr. 2, Kai 1991.

Einleitung

Weltanschauung ist nicht mehr ganz tabu. Jahrelang wurde sie bei psychiatrischen und psychosozialen Einrichtungen immer weiter an den Rand gedrängt, manchmal sogar Über den Rand geschoben, damit sie wegfiel. Ich möchte sogar behaupten, dass das Thema nicht nur 'aus' war, sondern auch ein heikles Thema geworden war. Dies wurde noch nicht mal so ausgesprochen, aber es gehörte sich einfach nicht Über Weltanschauung zu reden. Das war so eine unausgesprochene Absprache, ein Kode. Wenn der Begriff Weltanschauung zur Sprache gebracht würde, stände dies Autoritätsausübung, Paternalismus, Borniertheit, starrer

Religiosität, straffer Einteilung gleich. Das Blatt hat sich aber ein wenig gewendet. Auf verschiedenen Bereichen wird es sichtbar. Zwar anders als früher, aber Religion und

Weltanschauung lassen sich anscheinend doch nicht

wegpsychologisieren. Der Mensch sehnt sich nach Sinn, verlangt nach Anerkennung und Bestätigung seiner Existenz. Dieses

Sehnen und Verlangen lässt sich nicht wegmassieren und

ebensowenig geben psychotherapeutische und sozialpädagogische Behandlungen, abhängig sein von Fachkräften, ihm Inhalt. Die Ideologie der Selbstverwirklichung, die auch heute noch in der Psychiatie und im sozialpädagogischen Bereich hohe Augen wirft, schliesst sich all zu gut einem der bedeutendsten Kennzeichen unserer Zeit an, dem

Leistungsdrang-Leistungszwang.

Da komme ich jetzt sogar auf den Gedanken, dass das auflebende Interesse für weltanschauliche Aspekte und deren Anerkennung auch Proteste gegen diesen Leistungszwang sein können. Damit greife ich aber weiteren Untersuchungen vor.

Bescheidene Rückwendung

Wir wollen zuerst mal die bescheidene Rückwendung des

psychosozialen Bereichs in Richtung Weltanschauung betrachten. Nach Wahrnehmung konnte ich dabei zweierlei Wege erkennen. -l-von protestantischer Seite aus wurden im vergangenen Jahrzehnt mehrere Initiativen zur Errichtung 'eigener'

Organisationen im psychiatrischen und psychosozialen Bereich ergriffen.

(5)

Ich denke dabei an GLIAGG 'De Poort' (Gereformeerde Landelijke Instelling voor Ambulante Geestelijke Gezondheidszorg) und an das neulich eröffnete Gereformeerde Psychiatrische

Krankenhaus.

Wir sollten aber auch an die Einrichtungen denken, die schon etwas länger bestehen, und auf dem Gebiet von

Kinder-Jugendfürsorge, Sozialarbeit, Behindertenarbeit und

Seniorenarbeit tätig sind. Eine Mehrheit dieser Einrichtungen hat eine explizite konfessionelle Grundlage, die auch beim Werben von Arbeitskräften eine Rolle spielt. Solche

Einrichtungen bekommen ihre staatliche Anerkennung und damit finanzielle Unterstützung, weil der Staat die Pluriformität der Gesellschaft anerkennt, und ihre Minderheitenpolitik darauf abstimmt. Wie es verboten ist etnische Minderheiten zu diskriminieren, so darf dies bei psychosozialen Einrichtungen auf konfessioneller Grundlage ebenfalls nicht geschehen. Die Problematik der Zielgruppe ist eigentlich transkulturell. Die Politik ist anscheinend der Meinung, dass diese Problematik einer spezialisierten Methode und Organisationsform bedürfe. -2- Das auflebende Interesse für die Weltanschauung lässt sich nicht so leicht abgrenzen. Es beruht teils auf einer mehr allgemeinen Anerkennung der Fragen/Problemen auf

weltanschaulichem Gebiet, die während einer Behandlung / Therapie zur Sprache kommen. Auch hier steht der Begriff pluriform im Mittelpunkt. Das Wichtigste besteht nicht sosehr darin, dass Klient und Therapeut die gleichen Ansichten Über Weltanschauung haben, sondern dass die Offenheit und

Bereitheit da ist, über dieses Thema zu sprechen. Dabei scheint von einer Bewegung von aussen nach innen die Rede zu sein. Schon in den sechziger und siebziger Jahren wurde über den gesellschaftlichen Stellenwert von (Psycho)-therapie und Gesundheitsmedizin und den damit verbundenen Werten

diskutiert. Noch länger wird schon über die Therapeutisierung und Medikalisierung unserer Gesellschaft gesprochen; und über den Therapeuten als Stellvertreter von Pfarrer und Priester. Noch nicht sehr lange wird über das unterschiedliche Mensch-und Weltbild, das Ausgangspunkt der unterschiedlichen

therapeutischen Richtungen ist, gesprochen. Und erst seit ein paar Jahren wurde grünes Licht gegeben, wo es um die

persönlichen Werte und Normen ging, die der

Psychologe/Sozialpädagoge hat, und unweigerlich mitspielen bei der Begleitung/Behandlung von Klienten.

(6)

Kann man hinsichtlich der eigenen Weltanschauung eine professionelle

Haltung annehmen?

Als ich die konzeptionellen Schlussfolgerungen von SWL-WINDESHEIH las, strauchelte ich über den Satz 'eine

professionelle Haltung hinsichtlich (der eigenen oder der anderer Menschen) Weltanschauung annehmen.'

Für viele Menschen, also auch für diejenigen, die im psychosozialen Bereich tätig sind- wie ich auch- ist ihre Weltanschauung, ihr Glaube etwas Persönliches, Intimes, was ihnen lieb und teuer ist. Das man eine professionelle Haltung hinsichtlich der Weltanschauung anderer annehmen soll, kann ich mir noch vorstellen, aber wie soll man sich hinsichtlich der eigenen Weltanschauung professionell aufstellen? Und was beinhaltet dann diese Professionalität?

Ich möchte damit anfangen, zu bemerken, dass ich keine grossen Probleme habe mit der Art und Weise, wie dieser Gedanke im Rahmen der Untersuchung opérâtionalisiert wurde. Die

Untersucher haben dies wie folgt formuliert:

-Einsicht haben in die Bedeutung der eigenen Weltanschauung; -über Kenntnisse anderer Weltanschauungen verfügen;

-über Mensch- und Weltbild der verschiedenen Methodiken im psychosozialen Bereich informiert sein.

Die beiden letzten Punkte sind für mich überhaupt kein Problem, der erste dagegen schon. Professionelles Handeln bedeutet ja zweierlei: Abstand nehmen und methodisch arbeiten. Kann ich aber überhaupt Abstand nehmen von etwas, das mir sehr nahe geht, am Herzen liegt, der Kern meines Daseins ist? Kann ich meine persönliche Weltanschauung sozusagen methodisch einsetzen? Tritt dan nicht der Verfremdungseffekt auf? Alle

'ins' und 'outs' dieser Frage kann ich hier in diesem Rahmen unmöglich erörtern. Ich beschränke mich mit dem Aufstellen einiger Wegweiser.

Professionelle Praxis als Vermittler

Bei den Schlussfolgerungen im Untersuchungsbericht vermisse ich die Rolle der professionellen Praxis als Vermittler zwischen dem täglichen Leben und der Anwendung von Methoden, wie sie in den Lehrbüchern beschrieben werden. Die Methode an sich ist ein Abstraktum, das tägliche Leben dagegen etwas ganz Konkretes, dazwischen befindet sich die Praxis des

Therapeuten, wo auch immer etwas künstliches dran ist (mit Klienten redet man nun mal anders als mit einer Freundin). In diesem also leicht künstlichen Zustand der Praxis arbeiten Menschen, die sich mit ihrem gesamten Hab' und Gut (Charakter, Gefühle, Stimmung, Norme) einsetzen. Gleichzeitig aber ist die Praxis auch Verkörperung von Methode(n). Durch die Handlungen des Therapeuten bekommen die Methoden erst Gestalt.

76

(7)

Diesen Handlungsrahmen würde ich als professionelle Praxis bezeichnen. Ich halte es für wichtig, dieses Zwischenland extra zu nennen. Ich halte es für falsch, die Arbeit im psychosozialen Bereich einfach dem mehr oder weniger blind einsetzen von Methoden gleichzusetzen.

Welche Methode angewandt wird, mit welcher Intensität dies geschieht und zu welchem Zweck, in welchem Masse sich der Therapeut persönlich gibt (wieviel er z.B. über seine eigenen Ansichten erzählt) wird nicht nur vom Therapeuten, sondern auch vom Klienten bestimmt; und ist somit Teil der

Kommunikation zwischen den Beiden. In diesem Prozess spielen auch wohl oder nicht gemeinsame Normen und Werte eine

bedeutende Rolle. Auch wenn der Kontakt zwischen Klient und Therapeut schon länger besteht, bleiben die gemeinsamen Ausgangspunkte fundamenten für die Behandlung. Manchmal handelt es sich auch um scheinbar nur gemeinschaftliche

praktische Normen und Behandlungsziele, wie z.B.: 'Wir halten es beide am wichtigsten, dass du zuerst vom Alkohol loskommst. Erst danach können wir mit der anderen Therapie anfangen'. Die Bedeutung, die dem Loskommen vom Alkohol beigemessen wird, wird nur bis auf gewisse Höhe vom Therapeuten und dessen Fachkenntnissen bestimmt; sie wird für einen grossen Teil auch durch unterschiedliche medizinische und/oder nicht-psychologische Einsichten bestimmt. Moraler Konsensus bildet das Fundament für die Absprachen; bis auf gewisser Höhe ist dies kulturbestimmt.

Die Weltanschauung methodisch einsetzen?

Ich komme jetzt auf die Frage zurück, ob man Weltanschauung auch methodisch einzetzen kann. Wenn ich als gläubiger

Therapeut einer gläubigen Klientin, die ihre Wünsche, Gefühle, Verlangen, kurz ihre Existenz eigentlich nie richtig

akzeptiert hat, sage:'Du brauchst nicht mit dir anzufangen, fang' mit Gott an. Er hat dich akzeptiert', mach ich damit meine Weltanschauung zur Methode? Eine schwierige Frage, auf die ich geneigt bin, nein zu antworten. Ich meine, dass ich mich damit auf einen gemeinschaftlichen Ausgangspunkt beziehe, auf den moralen Konsens, von dem ich vorhin sprach, und der der Therapie als methodischem Vorgang zugrunde liegt.

Gleichzeitig helfe ich ihr auf die Sprünge, indem ich an ihren Gottesglauben appelliere, in dem Sinne, dass ich sie auf eine für sie unbeirrbare tröstende Realität weise, womit ich ein psychologisches Ziel erhoffe zu erreichen (Selbstakzeptierung

im affektiven Bereich). Weltanschauung ist damit nicht zur Methode geworden. Ich habe nicht meine eigene Weltanschauung angewandt, sondern versucht, die ihrige zu mobilisieren, indem ich sie auf dasjenige, was wir gemeinsam haben, hingewiesen habe.

77

(8)

So wie man manchmal einem Patienten, der zu dir als Therapeut kein Zutrauen hat, sagen kann; 'Und doch bist du heute zu mir gekommen; es gibt also etwas zwischen uns, das dich kommen lässt und dein Hisstrauen schwinden lässt.'

Auch in dem Falle gebraucht man auf psychotherapeutische / methodische Weise die -aus der Sicht des

Patienten-gemeinschaftliche Realität. Solche Aeusserungen sind in der Therapie nicht immer angebracht. Sie sollten richtig 'getimed' werden.

Diese Vorgehensweise ist gewiss nicht angebracht, wenn die Realität, worauf die Aeusserungen gezielt sind,

konfliktbeladen und umstritten ist. Dann ist sie nur ein Schlag ins Hasser oder was schlimmer ist: sie blokkiert die Therapie. Zusammenfassend: Therapie findet in einem

Handlungsrahmen statt, deren Fundament mindestens aus einigen gemeinsamen Normen, Herten, praktischen Zielen und Interessen gebildet werden soll. Weltanschauung kann man nicht damit gleichsetzen, aber kann wesentlicher Bestandteil dieses Fundaments sein.

Die Bedeutung einer gemeinsamen Kultur und Behandlungsphilosophie

Ich komme jetzt auf die psychiatrischen Einrichtungen. Ich habe den Eindruck, dass die meisten Patienten, auch nicht-gläubige, das Bedürfnis haben, Über Fragen zu sprechen wie: 'Wozu lebe ich?' 'Für wen lebe ich?' 'Harum muss gerade mir das passieren?'. 'Was für einen Sinn hat mein Leben noch?' Namentlich in Krisensituationen, bei suizidalen Gedanken- oder Wünschen, Depressionen, Melancholie, altersbedingter

Problematik und der Akzeptierung und Verarbeitung körperlicher und geistiger Behinderungen. Ich kann nicht beurteilen, ob das Hilfsangebot und die Nachfrage diesbezüglich aufeinander

abgestimmt sind. Das wird auch von der jeweiligen Situation abhängen. Ich habe aber doch den Eindruck, dass der Bereich Weltanschauung immer noch eine oft verschwiegende Dimension darstellt, und die intramurale Psychiatrie gewiss nicht voranläuft, dieses Schweigen zu durchbrechen.

Man hat mir die Frage gestellt, ob der Spannungszustand zwischen weltanschaulichem Profil einer Einrichtung und Pluriformität der Gesellschaft, den der Untersuchungsbericht festgestellt hat, sich ausschliesslich durch ein stringent durchgeführtes Stellenangebot und Auswahlverfahren lösen lässt. Ich kann diese Frage nicht ohne weiteres positiv beantworten. Henn meine Behauptung über die professionelle Praxis als Intermediair zwischen Methode und Hilfsfrage

stimmt, dann sollten zuerst die Behandlungsziele vom Klienten und Therapeuten gemeinsam festgestellt werden.

Und falls der Therapeut im Team arbeitet, sollte nachgegangen werden, ob das Hilfsangebot des Teams mit der Nachfrage und den Erwartungen des Klienten übereinstimmt.

(9)

Umgekehrt sollte ein Team bereit sein, dasjenige, was sie zu bieten haben - abhängig von ihrer Zusammensetzung und

Qualifikationen- auf die Nachfrage des 'Klienten' abzustimmen. In den psychiatrischen Krankenhäusern ist die

Behandlungstradition und das Behandlungsverfahren der

jeweiligen Abteilung von durchschlaggebender Bedeutung. Ich behaupte sogar, dass je deutlicher und konsistenter dieses Verfahren und die Behandlung definiert sind, um so besser wird sich die Pluriformität von Hitgliedern des Teams untereinander und die der Klienten miteinander vertragen.Das Umgekehrte gilt auch: je vager und inkonsequenter die Behandlungstradition und die Behandlungsphilosophie, um so schneller gibt es Konflikte in den Teams und zwischen Team und Klient. Es scheint mir ganz logisch, dass sich diese Konflikte in Unverträglichkeit

hinsichtlich der Weltanschauung des ändern äussern können. Mann könnte es 'Scape-goating' über den weltanschaulichen Aspekt nennen. Das es sich dabei im wesentlichen nicht (oder nicht nur) um weltanschauliche Aspekte handelt, geht aus mangelnder Uebereinstimmung Über ( im Hinblick auf die

Behandlung) Grundsatzfragen wie: ' Was steht uns auf unserer Abteilung mit dieser oder jener Zielgruppe eigentlich vor Augen? Was sind unsere Behandlungsziele? Welche Mittel wollen wir einsetzen, um unsere Ziele zu erreichen? Ueber welche Zeit können Klienten aufgenommen werden?'

Behandlungsphilosophie und die Kultur einer Abteilung werden nicht von der Methode diktiert. Methoden bestimmen zwar - bis gewisser Höhe- wie Fachkräfte etwas tun, aber fUr die

Philosophie hinter der Behandlung reicht die Explizitierung von Methoden alleine nicht aus. Darum ist es also notwendig, das zwischenliegende Gebiet, die professionelle Praxis, hervorzuheben. Als Zutaten für eine Behandlungsphilosophie einer Einrichtung gelten z.B. auch Lage, Einrichtung des Interieurs, Bettenzahl, durchschnittliche Aufenthaltsdauer, Umschreibung der zu behandelnden Zielgruppe, Explizitierung der Behandlungsziele ( Rekonstruktion intrapsychischer

Strukturen oder nur Stärkung der ich-Struktur; begleiten des Systems oder verändern des Systems, wobei die kognitive und soziale Grundhaltung und das Sozialverhalten mehr oder weniger gefestigt werden; Orientierung nach der Gesellschaft,

Orientierung an Geschlechterunterschieden usw.) , die unterschiedlichen Fähigkeiten der Mitglieder des

Behandlungsteams und die Art und Weise wie sie diese auf einander abstimmen.

Kurz gesagt: Profilierung der Identität von einzelnen Teammitgliedern so wie von Einrichtungen muss nicht mit der Offenheit und Pluriformität, die es innerhalb der Teams und Einrichtungen gibt, in Konflikt geraten, vorausgesetzt dass Behandlungsziele, Zielgruppen, Umgebung (einschliesslich maximale Aufnahmedauer) und Mittel, also die

Behandlungsphilosophie, ein kohärentes Ganzes bilden.

(10)

Die Erfahrungen mit meinen Patienten haben mich gelehrt, dass sie eigentlich selten echtes Interesse haben für die Meinung ihres Therapeuten über ihre Lebensfragen, geschweige für seine Antwort und für das, was er in einer ähnlichen Situation tun würde. Diesbezüglich trügt der Schein. Man fragt mich oft um Rat oder meine Meinung. Bei solchen Fragen geht es aber nicht so sehr um die Meinung des Therapeuten, in den meisten Fällen fragt der Patient aus seiner eigenen Unsicherheit, weil ihm die Unterstützung des Partners oder der Umgebung fehlt, weil er mich verantwortlich machen will für eine Entscheidung, die er selber treffen muss, weil er will, dass ich seine Partei gegen den ändern ergreife, wegen des subtilen Rachegefühls des Patienten dem Therapeuten gegenüber, weil auch dieser nicht die Probleme lösen kann, wozu er selber nicht fähig war, weil er wenigstens einen an seiner Ohnmacht teilnehmen lassen will usw. Ich hoffe, dass ich mit letzterem habe deutlich machen können, dass die 'weltanschauliche Profilierung' meiner Meinung nach nicht heissen soll, dass der

Therapeut/Sozialpädagoge je mehr er von seinen

weltanschaulichen Ansichten preisgibt, sich nicht gleichzeitig öfter oder mehr anmerken lassen wird, was er von den

verschiedenen Angelegenheiten im Leben des Klienten hält, auch nicht wenn dieser danach fragt. Die Antwort auf die Frage nach der expliziten Einstellung in Sachen Weltanschauung während einer Therapie oder Begleitung wird nicht bedingt durch die Stärke der weltanschaulichen Profilierung, sondern durch die Behandlungsphilosophie und die Behandlungsabsprachen, die teils in der Behandlungsphilosophie der Einrichtung enthalten sind, teils bei Anmeldung und Kennenlernen des Klienten

zustande kommen.

Herr Dr. Glas arbeitet als Psychiater im Utrechter Unikrankenhaus auf der Abteilung Erwachsenenpsychiatrie. Dieser Artikel ist zum grossen Teil die Wiedergabe eines Workshopvortrags, den Dr. Glas am 21. Juni 1990 während des Kongresses 'Zin in Welzijn' in Zwolle hielt.

Referenties

GERELATEERDE DOCUMENTEN

Bei den Stipendiaten aus Familien mit niedrigem Bildungshintergrund, wozu oft türkische Eltern zählen, taten das nur 13 Prozent, sie scheinen sich eher an die Empfehlungen

B In Deutschland wird auch sehr sachlich über den Wald diskutiert. C Manche halten so viel Aufregung um den deutschen Wald für

II 108 eine andere Person 500 Sextare, leider läßt sich (noch) nicht feststellen, wieviel Wein pro Arure an Landbesitz vorgeschrieben war P Vmdob. Pachtangebot 15,7 x 9 cm Herbst

Da­ mit ist die inländische Einkommen (Körperschaft-)steuer abgegolten5), sofern die Beteiligung nicht zum Betriebsvermögen einer inländischen Betriebstätte des

Eine Vielzahl von Einzelrichtlinien (mittlerweile rund 25) und die 1989 verabschiedete Rahmenrichtlinie zum Arbeits- und Gesundheitsschutz (89/391/EWG) schu- fen eine

Januar, einen Tag nach der Erklärung Lubbers in der Ersten Kammer, hat Außenminister Van den Broek die Undeutlichkeit über die Tilburger Rede des

1p 38 Für Hilal Kümür war es nicht schwer, sich „an diese Gesellschaft“ (Zeile

mal die Mittelmeerstaaten sind sich einig: Die Franzosen geben bis zu 15 Prozent Trinkgeld, auch wenn es in der Rechnung schon enthalten ist, die Spanier geben kein Trinkgeld,