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Die Rechtfertigung schlechter Ergebnisse - Eine korpusgestützte Textanalyse zur Verwendung von Rechtfertigungen in Aktionärsbriefen

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Academic year: 2021

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Die Rechtfertigung schlechter Ergebnisse

Eine korpusgestützte Textanalyse zur Verwendung von Rechtfertigungen

in Aktionärsbriefen

Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines

Master of Arts

im Studiengang

Linguistics of European Languages: German

an der

Universiteit van Amsterdam Graduate School of Humanities

Erstgutachter: Herr Prof. Dr. Arjen Versloot Zweitgutachterin: Frau Dr. Lotte van Poppel

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Inhalt

1 Einleitung ... 5

2 Forschungsstand ... 6

Problemdefinition ... 8

Relevanz des Problems ... 9

3 Unternehmen ... 13

Ziele eines Unternehmens ... 13

Unternehmen und Gesellschaft ... 14

4 Kommunikation in der Wirtschaft... 16

Kommunikation als Führungsaufgabe ... 16

Herausforderungen für Unternehmen ... 17

Unternehmenskommunikation ... 17

Vertrauen ... 20

4.4.1 Definition... 20

4.4.2 Vertrauen als Wert ... 24

5 Ansprüche an Kommunikation... 25

Krise ... 26

5.1.1 Definition des Begriffs Krise ... 26

5.1.2 Krisenkommunikation ... 27 6 Finanzkommunikation... 29 Der Geschäftsbericht ... 30 Der Aktionärsbrief ... 32 6.2.1 Definition... 32 6.2.2 Funktion ... 33 7 Sprachwissenschaftliche Grundlagen ... 34 Kommunikation ... 34 7.1.1 Sprachliches Handeln ... 35 7.1.2 Rechtfertigung ... 36

7.1.3 Bedeutung von Rechtfertigungen ... 36

8 Theoretische Einordnung ... 38

Sprechakttheorie und sprachliche Mittel ... 38

textlinguistische Theorie ... 40

9 Methodik und Analyse ... 40

Korpusanalyse ... 41

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Eingrenzung der Textsorte ... 42

Zusammenstellung der Textkorpora ... 43

9.4.1 Teilkorpus I ... 44

9.4.2 Teilkorpus II ... 45

9.4.3 Teilkorpus III ... 45

9.4.4 Probleme bei der Erstellung der Korpora ... 46

Auswahl der Analysemethode ... 47

9.5.1 Softwaregestützte Analyse ... 47

9.5.2 Analyse der Textkorpora ... 48

Sprachliche Muster ... 49

Wortarten ... 50

10 Darstellung der Ergebnisse ... 50

Rechtfertigungsmuster im Gesamtkorpus ... 50

Rechtfertigungen pro Wortfeld ... 52

Relative Häufigkeit von Wortfeldern ... 53

10.3.1 Personalpronomen ... 54

10.3.2 Metaphernfelder ... 55

Schlussfolgerungen ... 56

11 Fazit ... 57

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4 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 verwendete Wortfelder ... 51

Abbildung 2: Anzahl der Konnektoren pro Wortfeld, je Teilkorpus ... 52

Abbildung 3 relative Häufigkeit (h) der Wortfelder, je Teilkorpus ... 53

Abbildung 4 relative Häufigkeit der Personalpronomen (h), je Teilkorpus ... 54

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1 Einleitung

In jedem Unternehmen sollte man sich mittlerweile darüber bewusst sein, dass gekonnte Kommunikation mit der Öffentlichkeit auf einem Markt, der sich immer stärker ausdifferenziert, überlebenswichtig ist. Heutzutage kommt es, wie wohl kaum jemals zuvor, darauf an, einer Marke oder einem Unternehmen ein Profil zu verleihen, dass sich aus der Masse etlicher Mitstreiter hervorhebt, um die Aufmerksamkeit von Kunden und Investoren zu sichern. Dabei gilt es ganzheitlich zu berücksichtigen, dass Investoren, Kunden und andere Zielgruppen nach ständiger Information über Handlungen und Veränderungen verlangen, die von einem Unternehmen ausgehen. Grund hierfür ist nicht nur die enge wirtschaftliche Verknüpfung von Unternehmen mit Investoren, sondern auch die gesellschaftliche Verknüpfung durch Mitarbeiter, Standorte und Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf die Umwelt. Gerade in Deutschland steigt die Aufmerksamkeit für unternehmerisches Handeln stetig weiter. Aufgrund der engen Verknüpfung mit dem direkten Umfeld und der Gesellschaft im weiten Sinne, sind Unternehmen gezwungen, für ihr Handeln Verantwortung zu übernehmen, um die organisatorische Legitimation zu wahren.

Aus sprachwissenschaftlicher Sicht bedeutet dies, dass aus der Kommunikation von Unternehmen ableitbar ist, in welchem Maße eine Organisation, den bereits genannten Anforderungen und Herausforderungen, nachkommt.

Grundlage für diese Annahme ist, dass Kommunikation, wie John L. Austin und John R. Searle (2005 u. 2013) in ihrer Sprechakttheorie begründen, immer den Charakter von Handlung trägt. Die Kommunikation eines Unternehmens muss daher, als vorsätzlich und zielgerichtet angesehen werden. Denn dies sind nach Austin und Searle die notwendigen Bedingungen für sprachliche Interaktion.

Somit wird es möglich Ziele eines Senders, also Unternehmens oder seiner Vertreter, anhand ihrer Sprache zu erkennen, ohne über die tatsächliche Absicht informiert zu sein. Unternehmens-kommunikation kann daher immer als zielgerichtet angesehen werden und unterliegt deshalb bestimmten Herausforderungen (Aus Sicht der Anspruchsgruppen) und Anforderungen (Aus Sicht der Sprachwissenschaft).

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass sich in der Wissenschaft zwar mit der konzeptionellen Ebene von Unternehmenskommunikation beschäftigt wird und man um die Bewertung von Textsorten bemüht ist. Diese Ansätze sind allerdings eindeutig der PR-Forschung und der Stilistik zuzuordnen, sodass gewonnene Forschungsergebnisse für sprachwissenschaftliche Erkenntnis kaum erhellend sind.

Um neue Erkenntnisse zu erschließen, liegt der thematische Schwerpunkt dieser Masterarbeit auf der Analyse von sprachlichen Mitteln, die dem Vertrauensaufbau in der Kommunikation von

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Unternehmen und ihren Aktionären sowie Investoren dienen. In der folgenden Untersuchung wird davon ausgegangen, dass Aktionärsbriefe Teil der ziel- und zweckgerichteten Investoren-kommunikation sind. Um dieser Hypothese nachzugehen wird zunächst anhand von zentraler und aktueller Forschungsliteratur und -ansätzen erklärt, was genau unter Unternehmenskommunikation zu verstehen ist und welche unterschiedlichen Spielarten im Rahmen der durchgeführten Analyse besondere Beachtung finden. In Anschluss daran wird erläutert, worin genau Anforderungen und Herausforderungen für Unternehmen in der Kommunikation bestehen. Dabei wird vor allem eingegangen auf die spezifische Rolle von Vertrauen für die zielgerichtete und erfolgreiche Unternehmenskommunikation. Vor diesem Hintergrund wird verdeutlicht, warum gerade die Kommunikation in Krisenzeiten für Unternehmen, im Vergleich zum „Normalfall“ eine Bewährungsprobe darstellt. Hierbei wird der Übergang durch die Schilderung des (aktuellen) Forschungsstandes, zu eben diesem Thema, beschrieben. Somit kann die Hypothese abgeleitet werden, dass vor allem Rechtfertigungen, als Form der Begründung Indikatoren dafür sind, in welchem Maße ein Unternehmen seiner Rechenschaftspflicht gegenüber Zielgruppen nachkommt.

Um diesen Ansatz klären zu können muss zunächst, vor dem Hintergrund der Sprechakttheorie

erläutert werden, was überhaupt die besondere Bedeutung von Rechtfertigungen für die

Kommunikation ausmacht. Daran schließt die Erläuterung der weiteren methodischen Vorgehensweise, im Rahmen einer wissenschaftlichen Analyse, an, mit deren Hilfe die Ergebnisse zur Beantwortung der aufgestellten Hypothese erhoben werden sollen. Schließlich wird die Auswahl und Zusammenstellung der zu untersuchenden Textkorpora begründet, bevor die mittels software-gestützter Datenverarbeitung ermittelten Analyseergebnisse dargestellt und verglichen werden. Somit können im abschließenden Fazit sowohl die Beantwortung der zentralen Fragestellung vorgenommen, als auch kritisch Stellung zur Durchführung der gesamten Datenanalyse bezogen werden, um so einen Ausblick für zukünftige Forschungsbemühungen geben zu können.

2 Forschungsstand

Aus sprachwissenschaftlicher Sich stellt sich die Kommunikationsarbeit von Unternehmen in Deutschland noch immer als Problemfall dar. Gerade für Unternehmen, deren Geschäftskonzepte stark umsatz- und absatzorientiert sind, muss festgestellt werden, dass man weit von klarer, transparenter Informations- bzw. Kommunikationspolitik entfernt ist. Besonders für neue Anwendungsfelder von Kommunikationsinstrumenten, wie den Sozialen Medien, ist zu bemerken, dass es vielen Unternehmen an langfristigen Strategien oder klaren Konzepten mangelt. Dies gilt jedoch auch für etablierte Werkzeuge der Unternehmenskommunikation, wie den Aktionärsbrief oder

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Brief an die Aktionäre1. Was der Bildung eines positiven, persönlichen Images der Unternehmensleitung dienen soll, gleicht nicht selten einem monotonen, immer wiederkehrenden Pflichtteil, der nur sehr wenig mit einer aufrichtigen Ansprache an die Zielgruppe gemein hat. Im Gegenteil zur beobachteten Praxis gilt offene Kommunikation in der Theorie und Forschung als Grundlage für den erfolgreichen Aufbau von Vertrauen und eines glaubwürdigen Firmenimages. Da der Aktionärsbrief als Instrument der Unternehmenskommunikation fungiert, um mit Investoren direkt in Kontakt zu treten, stellt sich deutlich heraus, wie wichtig es ist, eine offene Kommunikationsstrategie zu verfolgen. Ebert (in Knapp 2011) verweist in diesem Zusammenhang konkret darauf, dass die eigentlichen Aufgaben des Aktionärsbriefes oftmals verfehlt werden. So sind Informationen meistens ungenau und nur schemenhaft formuliert, die Kommunikation bleibt oberflächlich (vgl. Ebert, in Knapp, 2011:295). In einem früheren Ansatz verweist Ebert (in Piwinger,

2003:95) auch darauf, dass sich gerade die Sprachwissenschaften nicht mit der genaueren Untersuchung des Aktionärsbriefes auseinandergesetzt haben. Vereinzelte Ansätze, wie bspw. von

Piwinger (2000) gehen nicht über subjektive, stilistische Bewertungen hinaus. Piwinger (2000)

betrachtet zwar die inhaltliche Ebene der Textsorte, aber nicht spezifisch vor dem Hintergrund der besonderen zielgruppengerichteten Kommunikationssituation, die der Aktionärsbrief wahrnimmt. Vor allem sprachliche Mittel, die dazu dienen, die Aufgaben des Aktionärsbriefs überhaupt erst festzulegen, sind außer Acht gelassen. Zwar beschäftigt sich Ebert eingängiger mit der Textsorte

Aktionärsbrief und ihren Stärken und Schwächen (vgl. Ebert, in Knapp 2011), betrachtet werden jedoch nur Texte der Jahrgänge 2000 und 2001, was eine deutlich eingeschränkte Sicht auf die Textsorte nach sich zieht und weder frühere noch jüngere Publikationen in der Bewertung berücksichtigt.

Der Textstilistik, in Bezug auf die sprachliche Gestaltung von Geschäftsberichten und Aktionärsbriefen, wird bereits große Aufmerksamkeit zuteil. Wie Verständlichkeit von Informationen jedoch konkret gefördert wird, der persönliche Kontakt zu den Aktionären und Investoren hergestellt und der obligatorischen Rechenschaftspflicht der Unternehmensführung Rechnung getragen wird, bleibt unbeachtet. Bisherige Forschungsansätze, die sich mit der textlichen Gestaltung von Geschäftsberichten und Aktionärsberichten näher auseinandersetzten, vernachlässigen die auf Wirkung und Absicht bezogenen Ziele dieser Textsorten der Unternehmenskommunikation. Beispielsweise setzt sich Keller (2004) bereits ausführlich mit der Stilistik des Aktionärsbriefs und

dessen formalen Anforderungen auseinander, lässt inhaltliche Aspekte jedoch völlig unbeachtet. Auch

Stüchli-Herlach und Perrin (2013) liefern weiterführende Einsichten zu den inhaltlichen und

1Dies sind nur zwei von etlichen Bezeichnungen, die von Vorwort des Vorstands bis Grußwort reichen. Schon hier lässt sich erahnen, wie vielfältig die sprachliche Gestaltung der Textsorte ausfällt.

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stilistischen Besonderheiten dieser Textsorte. Festzustellen ist für beide Ansätze allerdings, dass es sich um stark wertende Urteile handelt, die nur wenig hilfreich bei der linguistischen Erschließung einer rekonstruierbaren Methodik sind. Auch Eroms (2008) zeigt, dass die Auseinandersetzung mit textstilistischen Fragen nur wenig hilfreich ist, um die sprachlichen Handlungsmöglichkeiten und Wirkweisen von Texten der Unternehmenskommunikation zu erschließen. Einen konkreten Ansatz zur Messung der Güte und Qualität von Aktionärsbriefen liefern Ebert und Piwinger (2013) und gehen damit einen Schritt hin zu einer anwendungsorientierten Methode2, die Verständlichkeit von Aktionärsbriefen zu analysieren und damit ableitbare Anwendungsempfehlungen zu formulieren. Über diesen Ansatz geht die Forschung zur Bewertbarkeit von Geschäftsberichten und Aktionärsbriefen jedoch nicht hinaus.

Problemdefinition

Durch kontinuierliche Kommunikation wird Investorenvertrauen gefördert, ist man sich in der Forschung einig. Die Darstellungsformen von Texten in der Unternehmenskommunikation wechseln jedoch häufig (vgl. Piwinger, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:456). Von einer kontinuierlich gewachsenen Tradition, die das Image eines Unternehmens formt und Vertrauen festigt, kann aus sprachwissenschaftlicher Sicht kaum die Rede sein. Die Übersichtlichkeit des Forschungsstands zur Textsorte Aktionärsbrief verwundert, wenn nach Mast (2013) die Wichtigkeit von immateriellen Werten, wie Reputation, Vertrauen sowie Image als Kenngrößen für unternehmerischen Erfolg immer weiter zunimmt. Auffällig ist, dass Form und Inhalt von Texten in der Unternehmenskommunikation häufig nicht übereinstimmen und so ein unklares Bild der Absichten und des Images eines Unternehmens entstehen. Das Ergebnis aus diesem Missverhältnis ist vor allem der Verlust von Glaubwürdigkeit (vgl. ebd., 459). In diesem Zusammenhang verweist Piwinger (2007) darauf, dass der optischen Gestaltung von Geschäftsberichten deutlich mehr Aufmerksamkeit zukommt als der Sprache. Durch die subjektiv wahrgenommene Sprache, die laut Piwinger höhere Relevanz zugewiesen werden muss, als lediglich sachlichen Fakten im Text, erhalten Begründungen von Ereignissen und Sachverhalten zentrale Bedeutung für die konzeptionellen Anforderungen an Texte (vgl. ebd., 460). Trotz der Feststellung, wie bedeutsam sprachliche Mittel der Art von Begründungen für die Kommunikation sind, wurde bisher kein Rückschluss auf die Verwendung des Aktionärsbriefes gezogen. Über inhaltliche, sprachstilistische und imagerelevante Aspekte gehen Bewertungen oder Untersuchungen, die sich mit dem Aktionärsbrief auseinandersetzen, nicht hinaus (vgl. Ebert, in

2 Die von Ebert und Piwinger entwickelte Methode (TWA-Ebert) ist eine ausgearbeitete Textwirkanalyse, die

definierte Kriterien umfasst, die auf Texte der Stakeholder-Kommunikation angewendet werden können und so einen Eindruck von der Güte des untersuchten Textes geben- unabhängig vom Stil.

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Piwinger, 2003:95). Dieser Feststellung soll in der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit genauer nachgegangen werden, um die Relevanz von bestimmten sprachlichen Mitteln für die Unternehmenskommunikation, am Beispiel ausgewählter Aktionärsbriefe, zu erläutern. Die Grundannahme dieser Masterarbeit ist dabei, dass Begründungen, genauer Rechtfertigungen, notwendige sprachliche Mittel sind, um den Aktionärsbrief als Textsorte und Instrument der Public Relations zu legitimieren und damit einhergehend, aufgrund der besonderen Stellung des Aktionärsbriefs innerhalb der Kommunikation von Unternehmen, auch dazu notwendig sind, um die Führungsrolle von Vorständen oder des Top-Managements, also der Unternehmensführung, zu gewährleisten. Gelingt es einem Unternehmen nicht diese sprachlichen Mittel zur Sachverhalts-darstellung glaubwürdig in seiner Kommunikation anzuwenden, drohen letztlich negative Folgen für die Unternehmensbewertung.

Relevanz des Problems

Das in der Public-Relations-Forschung beinahe als Leitsatz geltende Zitat von Zedtwitz-Arnim (1962) „Tu Gutes und rede darüber“ fasst zusammen, was die Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen ausmacht. Darüber hinaus verdeutlicht es, dass Kommunikation für Unternehmen überhaupt notwendig ist, um zu existieren. Denn wer nicht kommuniziert, der hat keinen Erfolg und somit keine Legitimation seiner Arbeit im Sinne von akzeptierten Handlungen. „Was nicht öffentlich wird, findet nicht statt“ erklären Zerfaß und Piwinger (2007:5) und machen klar, dass Kommunikation für Unternehmen essenziell wichtig ist, um dessen Existenz zu gewährleisten.

Aber schon deutlich früher hat Hundhausen (1951) darauf verwiesen, dass Public Relations (PR) dem Ziel untergeordnet sind, um Vertrauen zu werben. Diese Definition fokussiert Oeckl (1964) als das „planmäßige und unermüdliche Bemühen, gegenseitiges Verstehen und Vertrauen zwischen einem Auftraggeber und der Öffentlichkeit aufzubauen und zu pflegen“ (vgl. Oeckl, 1964:25). Die Aufgabe von Public Relations bzw. der Kommunikation eines Unternehmens kann somit als das Generieren von

Vertrauen und Akzeptanz gegenüber Zielgruppen und der Öffentlichkeit festgehalten werden. Diese

Grundsätze, die nur einen Ausschnitt an Definitionen für PR bilden, gelten nicht spezifisch für einen „krisenhaften“ oder einen „normalen“ Zustand eines Unternehmens. Die Annahme dieser Masterarbeit soll jedoch unter anderem sein, dass Vertrauen und Glaubwürdigkeit nicht nur durch das Kommunizieren von positiven Zuständen aufrechterhalten werden, sondern, dass es notwendig ist, dass auch zu negativen Entwicklungen Stellung genommen werden muss. Hiermit ist nicht zwangsläufig verbunden, dass negative Folgen auch den langfristigen Erfolg von Unternehmen beeinflussen, sich zumindest aber negativ auf den kurzfristigen Erfolg eines Unternehmens auswirken. Gerade krisenhafte Situationen machen es erforderlich das Handeln eines Unternehmens zu

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rechtfertigen, so die Annahme dieser Masterarbeit, denn sie stellen das Vertrauen von Zielgruppen auf eine Probe.

Wie in dieser Arbeit später genauer erläutert wird, handelt die Unternehmensführung immer vor dem Hintergrund den maximalen Gewinn zu erzielen und den Wert eines Unternehmens nachhaltig und maximal zu steigern (siehe Kapitel 4.8). Die Kommunikation wird hierbei als probates Mittel verstanden, um diese Ziele erfüllen zu können (vgl. Bazil u. Piwinger, 2005:25). Dennoch ist zu beobachten, dass vor allem Texte, die als Instrument der direkten Kommunikation mit Investoren und Aktionären fungieren, dieser Zielsetzung im sprachwissenschaftlichem Sinne nicht nachkommen. Die Stilistik beschäftigt sich zwar mit der Frage, wie es einem Unternehmen gelingt diesem Anspruch auf sprachlicher Ebene gerecht zu werden, kann darauf jedoch keine Antwort geben, da man sich wertender Urteile bedient, die den inhaltlich-strukturellen Aspekt von Texten ausblenden. Gleiches gilt für die PR-Forschung. Von einer wissenschaftlichen Untersuchung, mit welchen Mitteln der Rechenschaftspflicht in der zielgruppenorientierten Unternehmenskommunikation tatsächlich nachgekommen wird, ist man weit entfernt. Man verbleibt bei der veralteten Ansicht, dass „Originalität und Ästhetik der Gestaltung“ neben positiven Bilanzen Aktionäre und zukünftige Investoren beeinflussen (vgl. Gazdar u. Kirchhoff, in Fraas u. Klemm, 2005:172). Aus diesem Grund ist zweifelhaft, warum sich die Unternehmensführung -streng an möglichst gewinnbringendem Handeln interessiert- auf Werturteile verlässt, anstatt sich um offene, klare Kommunikation von Fakten zu bemühen. Denn eine „professionelle Informationspolitik“ hat nach Kirchhoff und Piwinger (in Piwinger u. Zerfaß, 2007:723) erheblichen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens und dessen Kurs der Aktien. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass die Qualität der Kommunikation eines Unternehmens mittlerweile Einfluss auf 40 Prozent des Aktienkurses hat (vgl. Mast, 2013:282). Da Unternehmen nach Piwinger (2007) einer Rechenschaftspflicht gegenüber ihren Anspruchs-gruppen unterliegen, müssen in Textsorten, die sich an eben diese AnspruchsAnspruchs-gruppen wenden, zwangsweise mit großer Häufigkeit sprachliche Mittel verwendet werden, um dieser Pflicht nachkommen zu können3. Eine Hypothese dieser Masterarbeit kann daher als die Vermutung formuliert werden:

Hypothese 1 (H1): Ist es das Ziel eines wirtschaftlichen Textes, in direkten Kontakt mit Anspruchsgruppen zu treten, so müssen besonders häufig sprachliche Rechtfertigungen auftreten, um im Gesagten der legitimierenden Rechenschaftspflicht nachzukommen.

3 Um welche Textsorten es sich in diesem Fall genau handelt, wird im Laufe dieser wissenschaftlichen Arbeit

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Obwohl der Aktienkurs eins Unternehmens maßgeblich durch dessen Informations- und Kommunikationspolitik beeinflusst wird, ist zu beobachten, dass sowohl die sprachlich-inhaltliche, als auch sprachlich-formelle Gestaltung in den Medien, der auf Investoren gerichteten Kommunikation (Investor Relations), häufig vernachlässigt wird (vgl. Piwinger, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:459). Hinsichtlich der Feststellung, dass Kommunikation eine gewichtige Rolle in der Gewährleistung von „Verständigung, Akzeptanz und Vertrauen“ spielt (vgl. ebd.), ist dieser Befund schwerlich nachvollziehbar. Gerade aber die Forschung hat, in Hinblick auf die Unternehmenskultur und Managementverhalten, gezeigt, dass die vor allem die Nicht-Übernahme von Verantwortung ein oft zu beobachtendes Phänomen im Verhalten der Vorstandsebene darstellt. Hier stehen sich demnach Anforderung und Wirklichkeit unvereinbar gegenüber. Ob es jedoch tatsächlich verallgemeinerbar ist, dass der Rechenschaftspflicht in der Kommunikation der Unternehmen nicht oder nur unsachgemäß nachgekommen wird, ist Untersuchungsgegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit. Somit lautet die zweite Hypothese dieser Masterarbeit, wie folgt:

Hypothese 2 (H2): Übernimmt die Führungsebene eines Unternehmens die Verantwortung für unternehmerisches Handeln, so treten vermehrt sprachliche Mittel auf, die dieses Handeln begründen und dies durch Bezugnahme auf bestimmte Ereignisse tun, die zu korrelierenden Ergebnissen geführt haben.

Ersichtlich ist, dass der Kommunikation eines Unternehmens mit seinen Aktionären und Investoren innerhalb der Unternehmenskommunikation ein hoher Stellenwert zugestanden wird, da sie starke Auswirkung auf das Verhalten und die Meinung dieser Anspruchsgruppen hat. Die grundlegende Wichtigkeit einer zielgerichteten Unternehmenskommunikation (speziell in Krisen und mit Investoren) ist demnach erkannt. Defizite in der Umsetzung und Anwendung dieser Erkenntnis sind jedoch offensichtlich. Die Differenz zwischen Beobachtungen in der Praxis und Ergebnissen der Forschung scheint überdeutlich. Dieser Befund soll als Leitfaden dieser wissenschaftlichen Arbeit gelten und die Grundannahme der noch durchzuführenden Textuntersuchung darstellen, dass die Forschungs-erkenntnisse in der Kommunikationspraxis von Unternehmen nicht zurückzufinden sind. Überraschend ist daher, dass sich in der Wissenschaft ausführlich mit der stilistischen Ebene von Sprache in den Medien der Unternehmenskommunikation auseinandergesetzt wird. Die strukturelle, sowie inhaltliche Ebene, gerade in Aktionärsbriefen, sind bisher jedoch kaum zufriedenstellend berücksichtigt worden.

Wie bereits dargestellt, bildet der Aufbau von Vertrauenspotenzialen von Investoren und Aktionären, gegenüber einem Unternehmen, die zentrale Handlungsmaxime der Unternehmenskommunikation. Aus der Wichtigkeit von Vertrauen, als Richtwert für die Unternehmenskommunikation, geht der

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Aktionärsbrief als ein relevantes Kommunikationsmedium zur Bewältigung von Krisen hervor. Krisen stellen die Glaubwürdigkeit und das einem Unternehmen entgegengebrachte Vertrauen auf die Probe (vgl. Kap. 4.7). Daher kann angenommen werden, dass Erklärungen von Handlungen, im Falle von Fehlentwicklungen oder Krisen, für den Vertrauenserhalt gegenüber einem Unternehmen entscheidend sind. Rechtfertigungen werden als sprachliche Mittel angesehen, deren Sinn es ist auf negative Vorwürfe angemessen zu reagieren (vgl. Ebert u. Piwinger, 2013:12). Deshalb stellen Rechtfertigungen ein probates Mittel dar, um kommunikativ Stellung zu einer Krise zu nehmen. Im Rahmen der Wissenschaft fand bisher noch keine ausführliche und befriedigende Auseinandersetzung mit dieser Beobachtung statt (vgl. Bazil u. Piwinger, 2006:5).

Durch die finanzielle Vernetzung eines Unternehmens mit seinen Investoren und Unternehmen, die beiderseitig mit starken finanziellen Interessen verbunden ist, kommt der Kommunikation eine besondere Rolle zu (vgl. Kap. 3.1.). Nicht nur werden Leitbilder etabliert, oder erst aufgebaut, sondern auch Vertrauen geschaffen oder zerstört. Die Art der Kommunikation ist demnach ein Wegweiser für die Existenz funktionierender Beziehungen zwischen einem Unternehmen und seinen Anspruchs-gruppen. Rechtfertigungen sind in diesem Zusammenhang insofern von bedeutendem Interesse für diese wissenschaftliche Arbeit, als dass davon ausgegangen werden muss, dass sie als sprachliches Mittel Handlungen oder Sachverhalte erklären, die aus dem angegebenen Grund genauso eingetroffen sind und nicht anders hätten eintreffen können. Denn vertrauen wir einem Sprecher, dann tuen wir dies unabhängig davon, ob das Gesagte tatsächlich wahr ist. Wird einer Person bzw. einem Sprecher Vertrauen entgegengebracht, dann gehen wir davon aus, dass der Sprecher die gegebenen Informationen für wahr hält (vgl. Hartmann, 1994:121). Demnach war ein Ereignis oder ein eingetretener Zustand, für dessen Eintreten sich ein Sprecher rechtfertigt, nicht zu vermeiden. Deshalb ist die Intention, bei der Verwendung von Rechtfertigungen in der Kommunikation, das Vertrauen der Adressaten einer bestimmten Textgattung aufrecht zu erhalten oder zu fördern und davon zu überzeugen, dass eine Handlung nur so ausfallen konnte, wie sie letztlich durchgeführt wurde, weil es bestimmte Gründe zur Annahme eines möglichst positiven Ergebnisses gab.

Festzustellen ist in diesem Zusammenhang jedoch, nach Moll (1994), dass die Führungskräfte von Unternehmen zur „Ablehnung von Verantwortung“ tendiert. Dieses Verhalten findet sich in der definitorischen Charakteristik von Rechtfertigungen wieder, die ausschließlich verwendet werden, um „Verantwortung abzulehnen“ (vgl. Bazil u. Piwinger, 2006:18). Ob die Unternehmensführung also tatsächlich zur „Ablehnung von Verantwortung“ neigt, ließe sich in der Häufigkeit von Rechtfertigungen in einem entsprechenden Text beurteilen.

Beachtet werden muss dabei, dass derjenige, der Sprache äußert, handelt. Ein Geschäftsführer, CEO (Chief Executive Officer) oder Sprecher des Vorstandes, ist daher immer als Handelnder

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anzuerkennen, wenn er stellvertretend für das Unternehmen kommuniziert. Durch den Bezug auf den Handelnden, muss dieser immer in der Lage sein sich zu verantworten. Er muss immer in der Lage sein, auf Fragen der Art warum x getan wurde? zu antworten, folglich Gründe zu nennen. Damit einher geht schließlich, dass sich der Handelnde immer rechtfertigen können muss (vgl. Maas u. Wunderlich, 1974:192). Denn dies sind notwendigerweise die Bedingungen, die ein sprachlich Handelnder zwangsläufig eingeht. Diese Bedingungen sind allerdings auch durch die systemischen Voraussetzungen und Verzweigungen eines Unternehmens mit seinen Investoren vorausgesetzt. Sprachnorm und Organisationsnorm gehen hier miteinander überein. Dies bedeutet für den CEO schließlich sich rechtfertigen können zu müssen.

3 Unternehmen

Im folgenden Kapitel wird definiert, was genau unter einem Unternehmen zu verstehen ist. Mit der Definition eines Unternehmens und dessen Zielen, soll verdeutlicht werden, wieso Kommunikation für Unternehmen ein zentrales Instrument ist, um seine Existenz zu begründen. Weiterhin wird so die begriffliche Grundlage dafür gelegt, warum Vertrauen für die Unternehmenskommunikation ein zentraler Richtwert ist.

Ziele eines Unternehmens

Das Ziel eines Unternehmens ist es, den Gewinn zu maximieren und gleichzeitig für die langfristige, nachhaltige Wertsteigerung Sorge zu tragen (vgl. Kirchhoff u. Piwinger, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:724)4. Bei der Sicherung des zukünftigen Fortbestands eines Unternehmens erhält die Kommunikation zentrale Bedeutung.

„Für die Unternehmung als quasi öffentliche Institution wird die Kommunikation als Verbindungselement zu ihren externen Anspruchsgruppen immer wichtiger. Man könnte sogar soweit gehen und sagen, dass die Kommunikation in der heutigen stark spezialisierten und fragmentierten Wirtschaftswelt eine Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Wirtschaften darstellt.“ (vgl. Scherler, 1996:74).

In diesem Zusammenhang muss festgestellt werden, dass Kommunikation „vor dem Hintergrund gewachsener Komplexität […] in Inhalt und Form zum Orientierungspunkt für Anleger und Aktionäre“ wird (vgl. Ebert, in Piwinger, 2003:94-95). Denn kommuniziert ein Unternehmen nicht über Erfolg,

4 Zwar sind die operativen Ziele eines Unternehmens deutlich komplexer und weitreichender, für die vorliegende Masterarbeit reicht diese grundlegende Definition der Zielsetzung eines Unternehmens völlig aus.

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dann könnte man es bescheiden nennen. Kommuniziert ein Unternehmen nicht über Misserfolg, dann sollte man es als überheblich und realitätsfern ansehen. In beiden Fällen verfehlt die Kommunikation allerdings ihren Zweck, Vertrauen zu stiften und zu fördern. Diese Zielerreichung, der das Handeln eines Unternehmens unterworfen ist, spiegelt dessen Verantwortlichkeit, gegenüber den Anspruchsgruppen, wieder. „Allgemein lässt sich sagen, dass die Ziele des Unternehmens die Ziele der Hauptaktionäre sind“ (vgl. Ebert, in Piwinger, 2003:94-95). Die Aktionäre definieren demnach die Unternehmensziele. Hierdurch untersteht dieses der „ständigen Kontrolle“ durch die spezifischen Stakeholder5. Durch die Tatsache, dass die Aktionäre dem Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung

stellen, treten sie an die Position des Eigentümers (vgl. Scherler, 1996:44). Unternehmen sehen sich demnach der ständigen Anforderung gegenüber, die Ziele der Aktionäre und Investoren zu erfüllen. Hierbei hat der Interessensausgleich zwischen Management und Aktionären direkten Einfluss auf die Ertragskraft eines Unternehmens, des Weiteren auch darauf, ob Gewinne realisiert oder Arbeitsplätze geschaffen werden können (vgl. Kirchhoff u. Piwinger, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:726). Diese Ziele- kostendeckend und gewinnmaximierend zu arbeiten- sind nicht durch das Management verhandelbar. Sie sind aus den systemischen Zusammenhängen für ein Unternehmen vorgegeben (vgl. Rolke, in Röttger, 2004:137). Grundlegend dabei ist, dass die Zukunft eines Unternehmens nur durch die „Beteiligung an Kommunikation“ gesichert werden kann (vgl. Rolke, in Röttger, 2004:138). Neben der Darstellung objektiver Fakten tritt auch „die Wahrnehmung und Deutung von Handlungen und Kommunikation durch die wichtigsten Bezugsgruppen des Unternehmens“ in den Vordergrund (Zerfaß und Piwinger, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:7). Die Kommunikation von Unternehmen muss daher, neben der nötigen Offenheit in der Informationspolitik, auch immer solche Informationen liefern, die für Zielgruppen relevant sind. Daraus erklärt sich die besondere Wichtigkeit des Aktionärsbriefs, als zentrales Instrument der persönlichen Kommunikation mit Investoren und letztlich für die positive Beeinflussung von Investoren- und Aktionärsverhalten.

Unternehmen und Gesellschaft

Jedes Unternehmen ist zwangsläufig tiefgreifend und eng mit Gesellschaften verbunden. Zum einen nutzt ein Unternehmen Arbeitskräfte, Kapital oder Rohstoffe etc., um Güter oder Arbeitsplätze bereitzustellen. Zum anderen müssen diese Erzeugnisse mit den Vorstellungen derjenigen Gruppen übereinstimmen, die diese Ressourcen zur Verfügung stellen und daher in „Einklang mit den Bedürfnissen der Gesellschaft stehen.“ (vgl. Hinterhuber, 2011:20). Allerdings ist es für das produktive Bestehen eines Unternehmens nicht sinnvoll, sich dieser Verantwortung vollkommen zu unterwerfen,

5 Stakeholder sei als diejenige Anspruchsgruppe definiert „[…] ohne deren Unterstützung die Unternehmung aufhören würde zu existieren […].“ (vgl. Zwyssig, 1996:26).

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da so die eigene Überlebensfähigkeit gefährdet wird (vgl. Hinterhuber, 2011:20). Deshalb ist es Bestandteil der gesellschaftlichen Verantwortung eines langfristig erfolgreichen Unternehmens, den effektiven Ausgleich zwischen den Interessen der Öffentlichkeit bzw. Gesellschaft und des Unternehmens selbst zu finden. Für die erfolgreiche Umsetzung ist jedoch eine kompetente Unternehmensführung notwendig, um die operativen Geschäfte der Organisation zu steuern. Aufgrund der Verknüpfung mit der Gesellschaft besteht für Unternehmen gleichzeitig auch die ständige Plicht Rechenschaft über die eigene Arbeit und Handlungen abzulegen. Nur so kann ein positives Image bewahrt, Vertrauen erhalten und schließlich Akzeptanz geschaffen werden. Denn das Image eines jeden Unternehmens definiert dessen Rolle in der Gesellschaft. Durch dieses Image bilden sich verpflichtende Werte und Normen, an denen sich ein Unternehmen messen lassen will und muss (vgl. Zerfaß u. Piwinger, in Piwinger u. Zerfaß 2007:8). Zwar werden Abweichungen von diesem Selbstbild selten toleriert, das Verhalten der Zielgruppen wird jedoch maßgeblich beeinflusst. Durch ein positives Image baut ein Unternehmen Reputation auf und gewinnt dadurch schließlich an Glaubwürdigkeit und Vertrauen bei seinen Bezugsgruppen (vgl. ebd.). Dieses mühsam aufgebaute Vetrauenskapital schafft für ein Unternehmen und dessen Anspruchsgruppen ein hohes Maß an Berechenbarkeit und dadurch Handlungssicherheit (vgl. ebd.). Unternehmen, die nur über ein schlechtes Image verfügen, laufen schneller Risiko in wertschädigende Situationen zu geraten, wie

Zerfaß und Piwinger (2007) erklären, als es für Unternehmen der Fall ist, die über ein hohes Maß an

positivem Image verfügen.

Interessant für die vorliegende Arbeit und die ausgehandelte Fragestellung ist dabei auch die Feststellung von Hinterhuber (2011), dass sich die ranghöchsten Mitarbeiter eines Unternehmens in Deutschland in ihrem Handeln gegenüber Aktionären und Investoren verantwortlich fühlen, jedoch nicht, wie aus den zuvor dargelegten Ausführungen hervorgeht, gegenüber dem Unternehmen oder dessen Mitarbeitern (vgl. Hinterhuber, 2011:24). Dies gibt Anlass zu der Vermutung, dass die Unternehmensführung am kurzfristigen Erfolg eines Unternehmens interessiert ist, mittel- und langfristige Interessen des Unternehmens, der Kunden und der Mitarbeiter jedoch unangemessen bewertet (vgl. Hinterhuber, 2011:25). Hinterhuber (2011) spricht in diesem Zusammenhang unter anderem auch von der „Unfähigkeit zur angemessenen Selbsteinschätzung“, die bereits Moll (1994) als „hedonistische Verzerrung“ betitelt hat. Deutlich wird durch diese Feststellungen vor allem, dass die individuelle Verantwortung von Führungskräften nicht mit ihrer tatsächlich notwendigen Verantwortungspflicht übereinstimmt. Der langfristige ökonomische Erfolg eines Unternehmens steht allerdings, wie Hinterhuber (2011) deutlich macht, in direktem Zusammenhang mit der Erfüllung der zuvor aufgezählten gesellschaftlichen Verantwortung und den damit einhergehenden Wechselwirkungen. Diese Wechselwirkungen stellen einen Interessenpluralismus dar, dem sich

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Unternehmen gegenübersehen und fordert daher in verschärftem Maße die Fähigkeit kommunizieren zu können, wodurch der Wert von Reputation als Kapital hervortritt. Reputation wird hierdurch zum Kapital „mit dessen Höhe und Robustheit die Überlebensfähigkeit jeden Unternehmens verbunden ist.“ (vgl. Stahl u. Menz, 2014:21). Daher muss Kommunikation als überlebenswichtiges Instrument für Unternehmen angesehen werden, denn nur durch Kommunikation kann Reputation gefestigt und Vertrauen generiert werden.

4 Kommunikation in der Wirtschaft

Wie die Alltagskommunikation unterliegt auch die Kommunikation von Unternehmen bestimmten Regeln, die eingehalten werden müssen, um Botschaften zu übermitteln. Nur so kann gewährleistet werden, dass der Rezipient den Sender versteht und es zu einer Interaktion kommt, die im besten Fall für die Handlungspartner positive Folgen mit sich bringt. Im folgenden Kapitel wird nun erläutert, welche Besonderheiten die Unternehmenskommunikation auszeichnen und warum Kommunikation für Unternehmen überlebenswichtig ist.

Kommunikation als Führungsaufgabe

Führungskräfte in Unternehmen verbringen etwa 60 Prozent ihrer Zeit mit Kommunikation, also Gesprächen, Besprechungen o.ä., wie Reichwald und Hensel (in Zerfaß u. Piwinger 2007) herausfinden konnten. Der gezielte Einsatz und Umgang mit Kommunikationsinstrumenten ist daher eine wichtige Grundkompetenz für das Top-Management von Unternehmen. Eine erfolgreiche Führungskraft bedient sich in diesem Sinne der Kommunikation und Information als „Schlüssel“, um Kunden, Investoren und den eigenen Mitarbeitern eines Unternehmens „Orientierung und Überblick über Zusammenhänge zu geben“ (vgl. Reichwald u. Hensel, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:649). Ohne eine solche effektive und geplante Kommunikation, ist die erfolgreiche Unternehmensführung nicht möglich (vgl. Klemm, in Fraas u. Klemm, 2005:169). Demnach kann der Unternehmenskommunikation in der hierarchischen Organisation eines Unternehmens eindeutig eine Führungsaufgabe zugesprochen werden. Zerfaß und Piwinger (2007) sehen gerade die Kommunikation als zentrales Instrument eines Unternehmens und dessen Führung an, um sich zu legitimieren. „Dabei wird deutlich, dass Kommunikation kein Selbstzweck ist, sondern maßgeblich zur Koordination von Handlungen und Integration von Interessen beiträgt […]“ (vgl. Zerfaß u. Piwinger, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:10). Die gezielte und gekonnte Kommunikation von Unternehmen, nicht nur nach innen gerichtet, sondern mit allen Anspruchsgruppen, ist demnach eine Fähigkeit, die den Wert und die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens mitbestimmt.

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Herausforderungen für Unternehmen

Unternehmen geraten immer stärker in einen Produktwettbewerb, mit dem zusätzlich ein Kommunikationswettbewerb einhergeht, mit dem Ziel sich von der Konkurrenz abzusetzen. Um in diesem immer unübersichtlicheren Markt- und Produktumfeld herauszustechen, ist gekonnte Unternehmenskommunikation unablässig, um ein „konsistentes Erscheinungsbild“ zu schaffen (vgl. Bruhn, in Fraas u. Klemm, 2005:2-3). Dieses Erscheinungsbild beeinflusst nicht nur die Fremdwahrnehmung, sondern in gleichem Maße die Eigenwahrnehmung durch Mitarbeiter etc.. Da es das Ziel der Führung eines Unternehmens ist, Erfolg zu sichern und Wandlungsprozesse zu ermöglichen, muss die strategische Ausrichtung in „geeigneter Form kommuniziert“ werden und so in der Praxis umsetzbar sein (vgl. Reichwald u. Hensel, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:655). Es zeigt sich demnach, dass Führung und Kommunikation miteinander einhergehen und sich in einem Unternehmen gegenseitig bestimmen. Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich dabei durch „starke kommunikative Vernetzung und viel informelle Kommunikation“ aus, um mögliche Missverständnisse vorzubeugen und Transparenz zu schaffen (vgl. Brünner, 2000:11). Für Unternehmenskommunikation bedeutet dies, dass die Art und Weise wie kommuniziert wird, Einfluss auf die Wahrnehmung durch Bezugsgruppen hat. Aus diesem Grund wird in der vorliegenden Masterarbeit das Augenmerk auf die Kommunikation von Führungskräften bzw. Unternehmen in Aktionärsbriefen untersucht, da hier das Verhalten der Bezugsgruppe aus der Financial Community beeinflusst werden soll.

Unternehmenskommunikation

Im folgenden Kapitel wird kurz auf den Inhalt sowie die Aufgaben von Unternehmenskommunikation (UK) und der Public Relations (PR) eingegangen, um die thematische Grundlage der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit einzugrenzen. Der Bereich Unternehmenskommunikation6 kann als sehr vielschichtig und differenziert betrachtet werden, da hierunter der gesamte kommunikative Austausch eines Unternehmens7 mit seinen Anspruchsgruppen verstanden werden kann:

„Kommunikation von Unternehmen bezieht sich über die unternehmensinterne Kommunikation hinaus auf alle unternehmerischen Anspruchsgruppen von den Kunden und Anteilseignern bis hin zum Staat und der allgemeinen Öffentlichkeit.“ (Stein, in Bruhn et. al., 2009:1222)

6 Anmerkung: genauere Definition von Unternehmenskommunikation bei Piwinger und Zerfaß (2007:23). 7 Zerfaß definiert Unternehmen allgemein als „gewinnorientierte Wirtschaftseinheit“ (vgl. Zerfaß, in Piwinger

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Zu den grundlegenden Werten der UK werden dabei Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Reputation gezählt (vgl. Piwinger u. Zerfaß, 2007:11). Für die Kommunikation jedes Unternehmens kann daher nach Pepels (2014) „nachfrageseitiges Vertrauen“ sowie „anbieterseitige Reputation“ als die leitende Handlungsintention festgehalten werden. Grundsätzlich ist hierbei das Generieren von öffentlichem Vertrauen. Somit wird beabsichtigt, die unternehmerische Handlungsfähigkeit aufrecht zu erhalten und die Handlungen des Unternehmens zu legitimieren. Ohne eine solche Voraussetzung wäre es nicht möglich den optimalen Gewinn zu realisieren (vgl. Bentele, 2008:171). Insbesondere für die Führung von Großunternehmen ist damit das notwendige Interesse verbunden, die eigene Glaubwürdigkeit durch „aktive und gezielte Informations- und Kommunikationspolitik“ zu gewährleisten und dabei stets eine klare Linie zu verfolgen (vgl. Müller, 1986:491). Aber nicht nur für Großunternehmen gelten diese Anforderungen an die Unternehmenskommunikation. Allgemein kann nach Müller (1986) festgehalten werden, dass Informationen, die in Texten transportiert werden, der Wahrheit entsprechen und sich durch Klarheit auszeichnen sollten. Daher muss für die Gewährleistung von Glaubwürdigkeit und Vertrauen das geschriebene Wort mit der folgenden Tat übereinstimmen (vgl. Bentele, 2008:162). Wer also letztlich nur leere Floskeln verkündet und keine persönliche Linie erkennen lässt, scheitert langfristig gesehen. Denn gerade bei den „wichtigsten Stakeholder-Gruppen“ steigt der Wert von Reputation stetig und damit einhergehend von Public Relations für Firmen (vgl. Mast, in Klewes, 2005:1). Die Forderung nach mehr Transparenz und Informationen seitens der Öffentlichkeit nimmt also kontinuierlich zu. Begründen lässt sich diese Tendenz durch den stetig wachsenden Bedarf umfassender Informationen über Daten und Fakten seitens der Investoren (vgl. ebd.). Wer diese Anforderungen nicht erfüllen kann, läuft daher Gefahr seine Handlungsfähigkeit zu verlieren, da zunächst Vertrauen und schließlich finanzielle Zuwendungen schwinden. Glaubwürdige, widerspruchsfreie und nachvollziehbare Kommunikation fördert in diesem Zusammenhang nicht nur Bekanntheit, sondern steigert gleichzeitig Akzeptanz und Sympathien unter den Kapitalgebern gegenüber einem Unternehmen (vgl. Ruisinger, 2013:324-325). Im Zusammenspiel gewährleisten diese Faktoren nicht nur ein positiv geprägtes Image in der Öffentlichkeit. Auch im ganz konkreten wirtschaftlichen Sinne wird der Einfluss von Kommunikation für ein Unternehmen sichtbar. Durch Kommunikation kann „monetär wirksames Verhalten“ ausgelöst werden, in dem etwaige ökonomische Widerstände frühzeitig entschärft werden (vgl. Rolke, in Röttger, 2004:137). Die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens bleibt somit stabil, da offene Kommunikation den Informationsfluss stabilisiert und das Verhalten von Investoren positiv beeinflusst.

Den Public Relations (PR) kommt in Zusammenhang damit als Teil der Unternehmenskommunikation, der mit der Öffentlichkeit kommuniziert, eine gewichtige Aufgabe zu. Nach Ruisinger und Jorzik (2008)

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stellt PR grundsätzlich den Bereich der Kommunikation von Unternehmen dar, der den Austausch mit den jeweiligen Anspruchsgruppen koordiniert und bewerkstelligt. Dabei muss immer gelten, dass Informationen „transparent und offen“ sind (vgl. Konerding u. Ebert, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:237). Grundlegendes Ziel von PR ist ebenfalls der Aufbau und das Fördern von Vertrauen von Anspruchsgruppen (vgl. ebd.). Bisher kam PR, vor allem innerhalb der Marktkommunikation, eher eine untergeordnete Rolle zu, da sie nicht direkt zur „Sicherstellung und Optimierung von Zahlungsbeziehungen“ beiträgt (vgl. Jarren u. Röttger, in Röttger, 2004:39). Gerade durch den Börsenboom und -crash wurde der Stellenwert von Unternehmenskommunikation allerdings verdeutlicht und führte maßgeblich zu einer Professionalisierung der PR, speziell mit Investoren, den Investor Relations8 (vgl. Kirchhoff u. Piwinger, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:724). Die Investor Relations

gehören jenem Teil der UK an, der sich in erster Linie nicht an dem absatzwirtschaftlichen Erfolg orientiert, sondern die Kommunikation mit Kapitalgebern in den Mittelpunkt stellt. Dass PR grundsätzlich jedoch den betriebswirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens zum Ziel hat, ergibt sich aus der Tatsache, dass ein Unternehmen immer vor dem Hintergrund kommuniziert, durch sein Handeln den Gewinn zu maximieren (vgl. Bazil u. Piwinger, 2005:25). In diesen organisatorischen Zusammenhang ordnet sich selbstverständlich die gesamte Unternehmenskommunikation unter, auch wenn die positive Auswirkung auf das Unternehmensergebnis nicht direkt bzw. nur schwer nachvollzogen werden kann. Dabei gewährleistet PR, durch das Steigern von „Vertrauen in die Unternehmenspolitik“, die Legitimierung eines Unternehmens gegenüber seinen Anspruchsgruppen und sorgt gleichzeitig für die Herstellung eines positiven Images (vgl. Christoph, 2009:80-81). In theoretischer Sicht bedeutet dies für ein Unternehmen9, „[…] dass PR eine Akzeptanz in der Umwelt des funktional ausdifferenzierten gesellschaftlichen Teilsystems herstellt, um letztendlich die Funktion dieses Systems, also des Muttersystems, zu stützen.“ (vgl. ebd.).

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass Unternehmen sich nicht ohne „sorgfältig geplante und effektive Kommunikation“ erfolgreich am Markt etablieren können (vgl. Klemm, in Fraas u. Klemm 2005:169). Die Unternehmenskommunikation trägt letztlich Sorge dafür, dass die Handlungen eines Unternehmens durch seine Anspruchsgruppen akzeptiert werden und die existenzielle Legitimation der Organisation überhaupt aufrechterhalten wird.

8 Investor Relations sind nach Piwinger (in Fraas u. Klemm, 2005) „alle kommunikativen Prozesse aktiver

Selbstdarstellung mit dem Ziel, den Unternehmens- und insbesondere Aktienwert zu steigern.“

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Vertrauen

Im folgenden Kapitel wird zunächst beschrieben, was Vertrauen ausmacht, warum Vertrauen als etwas Wertvolles angesehen werden kann und warum dieser Wert von Vertrauen sich gerade für Unternehmen und letztlich deren Kommunikation als grundlegende Orientierungsgröße darstellt. 4.4.1 Definition

In der Wirtschaft stellt Vertrauen die zentrale Größe für den eigenen Fortbestand jedes Unternehmens dar. Hat ein Unternehmen einmal das Vertrauen der Öffentlichkeit verloren, ist dessen Existenz bedroht. „Vertrauen wird oft als zentrales Konstrukt betrachtet, das die Basis für langfristige Beziehungen eines Unternehmens mit seinen Kommunikationspartnern bilden soll“ (Hubig u. Simoneit, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:171). Die Relevanz einer intakten Vertrauensbeziehung zwischen Unternehmen und Anspruchsgruppen wurde in den vorangegangenen Kapiteln bereits erläutert. Verfügt ein Unternehmen nicht über effektive Kommunikationskanäle und kann seine Anspruchsgruppen, vor allem Investoren, nicht langfristig an sich binden, dann ist dessen Existenz bedroht. Eine Vertrauensbeziehung zu seinen Kommunikationspartnern aufzubauen, ist für ein Unternehmen daher eine wichtige Handlungsmaxime. Jedoch ist die Entscheidung darüber, ob man jemandem vertrauen kann und möchte oder nicht, eine eigene Entscheidung, die nicht von außen beeinflusst werden kann (vgl. Hartmann, 1994:85). Ein Unternehmen kann demnach zwar versuchen seine Kommunikationspartner zu beeinflussen, so dass diese ihm Vertrauen schenken. Ob dies jedoch tatsächlich geschieht, liegt außerhalb dieses Einflussbereichs. Die schwerwiegende Entscheidung, ob wir vertrauen, entspringt somit nur allein meiner eigenen Einschätzung, wie ich einer anderen Person oder Institution, bzw. Organisation, gegenüberstehe. Es müssen daher immer gute Gründe vorhanden sein, die mich dazu veranlassen jemand anderem zu vertrauen und im besten Fall daraus eine Handlung abzuleiten (vgl. ebd. 86). Des Weiteren gilt es zu beachten, dass mit Vertrauen auch immer eine „akzeptierte Verletzbarkeit“ einhergeht. Denn vertrauen wir jemandem, dann geben wir Kontrolle an einen Empfänger ab und unterwerfen uns dessen Wohlwollen in der Hoffnung, dass diese damit verbundene Verletzbarkeit nicht ausgenutzt wird, sondern positiv für uns ausfällt (vgl. ebd. 100). Ist Vertrauen einmal gewährt, dann geht damit ein gewisses Maß an Akzeptanz einher, dass der Vertrauende dem Empfänger gegenüberbringt. Aufgrund dieser mit Vertrauen verbundenen Akzeptanz gewinnt der Empfänger des Vertrauens Handlungsspielräume (vgl. ebd. 101). In der Praxis bedeutet diese Prämisse allerdings, dass in der Kommunikation immer genau abgewägt werden muss, wie Vertrauen von Anspruchsgruppen gegenüber dem Unternehmen gefördert werden kann. Denn „wer Vertrauen aktiv einfordert, der überschreitet eine Schamgrenze, weil er den anderen zwingt, sich klar und sehr persönlich zu positionieren“ (Rosumek, 2005:29). Dies bedeutet, dass wir nur vertrauen,

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wenn wir es nicht müssen, also nicht gezwungen werden. Ein erzwungenes Vertrauensverhältnis kann demnach nicht zustande kommen, denn die Entscheidungen, die aus einem Vertrauenszugeständnis resultieren, sind immer freiwillig (vgl. Hartmann, 1994:119).

Vertrauen kann daher als eine „riskante Vorleistung“ betrachtet werden, die durch eine Erwartung oder bewusste Entscheidung begründet ist, um einen Vorteil zu erhalten, zu steigern oder Handlungen zu ermöglichen (vgl. Hubig u. Simoneit, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:174). Einerseits geht daher mit dem Entgegenbringen von Vertrauen auch immer die potenzielle „Gefahr einer Schädigung“10 einher, da man sich nicht sicher sein kann, ob der Adressat den Anforderungen tatsächlich gerecht wird oder seine Aufgabe nach bestem Willen erfüllt. Andererseits löst das Zugeständnis von Vertrauen bei einem Adressaten eine Verpflichtung aus, die ihn dazu motiviert. die vom Vertrauensgeber erwarteten Aufgaben, Leistungen, etc. zu erbringen (vgl. ebd.). Geschieht dies nicht, werden entgegengebrachte Erwartungen nicht erfüllt, oder wird verlangten Handlungen nicht nachgekommen, dann nimmt das Vertrauensverhältnis Schaden oder wird gänzlich zerstört.

Warum Vertrauen in ein Unternehmen vor allem für Anspruchsgruppen ein wichtiger Faktor ist, um Handlungsmöglichkeiten zu gewähren, ergibt sich aus der unüberschau- und unüberprüfbaren Komplexität von Organisationen (vgl. Hubig u. Simoneit, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:175). Da solche komplexen Organisationen und deren Handlungen nicht im Detail nachvollzogen werden können, stellt sich Reputation als treibender Wert für Unternehmen dar und beeinflusst die Vertrauenswürdigkeit maßgeblich. Aus diesem Grund wird bei der Vergabe von Vertrauen gegenüber Unternehmen auf die Einschätzung und Bewertung durch Dritte „vertraut“, durch die ein Unternehmen eine positive oder negative Reputation erhält (vgl. ebd.). Hinzukommt, dass Reputation ein langfristiges immaterielles Kapital darstellt, auf dessen Grundlage das Knüpfen von neuen „Vertrauensbeziehungen“ beruht. Deshalb sind Unternehmen besonders darum bemüht Image- und Rufschäden zu vermeiden, die die Wahrnehmung, Einschätzung und letztlich Reputation stark beeinflussen (vgl. ebd.) und somit auch den Wert eines Unternehmens mitbestimmen.

Wie sich nun anhand der vorhergegangenen Ausführungen abgezeichnet hat, ist Reputation - und damit einhergehend Vertrauen - der treibende Wert, der Machtpositionen erst zu solchen macht und gleichzeitig legitimiert (vgl. Kapitel 2.4). Außerdem wurde dargestellt, dass Unternehmen gegenüber ihren Anspruchsgruppen immer einem Rechtfertigungszwang unterliegen (vgl. ebd.). Im Weiteren wird nun darauf eingegangen, wie sich Vertrauen konstituiert, wie es erhalten und verloren werden kann.

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„Unter Vertrauen versteht man allgemein die freiwillige Einbringung einer risikobehafteten Vorleistung unter Verzicht auf eine explizite Absicherung gegen opportunistisches Verhalten des Gegenübers in der Erwartung, dass dieser trotz des Fehlens solcher Schutzmaßnahmen dies nicht ausnutzen wird.“ (Pepels, 2014:500).

Klar ist also, dass das Zugeständnis von Vertrauen immer mit der Überantwortung von Machtbefugnis einhergeht, also mit der Abgabe und Übertragung von Macht, von einer Person an eine andere. Mit diesem Zugeständnis von Macht geht einher, dass ein Vertrauensgeber Verletzbarkeit akzeptieren muss. Daher wird durch das aktive Einfordern von Vertrauen eine sehr persönliche Stellungnahme vom Geber gefordert, wodurch zwangsläufig eine „Schamgrenze“ überschritten wird (vgl. Rosumek, 2005:29).

Aus diesem Grund kann Vertrauen nie erzwungen werden und stellt folglich auch immer ein freiwilliges Zugeständnis dar. Einerseits verfügt der Vertrauensgeber immer über die Freiheit, dem Vertrauensnehmer zu vertrauen oder auch nicht. Andererseits kann Vertrauen von der „Nehmerseite“ honoriert, jedoch auch gebrochen werden. Dadurch bleibt ein Vertrauensverhältnis eine kontinuierlich riskante Verbindung (vgl. Möllering u. Sydow, in Bauer, 2006:65). Weil Vertrauen dennoch mit der Absicht einhergeht einen Vorteil zu erhalten oder gar zu steigern11 sind Abwägungen des möglichen Risikos notwendig, wenn auf Sicherungs- und Kontrollmaßnahmen, wie eingangs erläutert, verzichtet wird. Der Vertrauensgeber wägt daher „die Höhe eines möglichen Verlustes“ gegen einen „möglichen Gewinn“ ab (vgl. Foltin u. Wachowiak, in Weingardt, 2011:213). Es wird demnach immer auch von der Möglichkeit ausgegangen, dass Vertrauen nicht nur Vorteile, sondern eben auch Nachteile für die involvierten Akteure mit sich bringen kann (vgl. Diefenbacher u. Teichert, in Weingardt, 2011:248). Aus diesen Verflechtungen geht die Fragilität eines Vertrauensverhältnisses hervor. Es wird also deutlich, dass kontinuierlich Kommunikation notwendig ist, um Vertrauen aufrecht zu erhalten. Denn wird bestimmten Anforderungen seitens eines Unternehmens nicht nachgekommen, ist das „Vertrauenskapital“ gefährdet. Im Falle des Entzugs oder gar des Verlustes von Vertrauen können sich für Unternehmen reale Gefahren ergeben. Rosumek (2005) verweist darauf, dass der Mangel an Vertrauen dazu führen kann, dass Investoren aus Angst vor Verlusten ihre Investitionen zurückstellen. Dies fördert den Schwund von Handlungs- und Planungssicherheit, die durch Vertrauen gewährleistet würde. Auch und gerade im Krisenfall ist eine derartige Entwicklung als kontraproduktiv zu bewerten. Insbesondere in einer solchen Situation sind Unternehmen auf eine „stabile Vertrauensbasis“ angewiesen (vgl. Scherler, 1996:78). Vertrauen fungiert demnach als ein Wert, der mit dafür sorgt, dass „organisationale Handlungsspielräume“ erhalten bleiben oder

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überhaupt erst realisiert werden können (vgl. Röttger, 2011:151). Wem Vertrauen zugestanden wird, dem stehen daher neue Handlungsmöglichkeiten und Freiheiten offen12. Wem das Vertrauen der Stakeholder jedoch entzogen wurde, dem fehlen diese Freiheiten, denn „ohne Zuversicht fehlt die

Handlungsgrundlage“13. Zerfaß und Piwinger (2007) weisen in gleichem Zusammenhang darauf hin, dass die „Marktstellung und Geltung“ eines Unternehmens in hohem Maße von Werten wie gesellschaftlichem Ansehen, aber auch Glaubwürdigkeit abhängt. Glaubwürdigkeit wiederum wird als „Teilphänomen von Vertrauen“ angesehen (vgl. Röttger et. al., 2011:149). Gerade in der Wirtschaft wird es honoriert, wenn dem sprachlichen Handeln auch Taten folgen, der Akteur folglich als glaubwürdig in Erscheinung tritt (vgl. Bazil u. Wöller, 2006:34). Glaubwürdigkeit zu vermitteln und damit einhergehendes Vertrauen zu fördern sind demnach belangreiche und relevante Ziele der Unternehmen. Vertrauen kann nunmehr als ein wichtiger immaterieller Wert für langfristig erfolgreiches Wirtschaften betrachtet werden. Diesen gilt es kontinuierlich, stringent und „immer wieder aufs Neue“ zu erarbeiten (vgl. Hubig u. Siemoneit, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:178).

Das Zugeständnis oder Honorieren von Vertrauen wird allerdings erst möglich, wenn Vertrauensgeber und -nehmer ihren Nutzen abwägen und zu dem Schluss kommen, dass sie tatsächlich von einer Kooperation profitieren können (vgl. Bauer, 2006:65). Vertrauen geht deshalb immer mit beidseitigen Forderungen bestimmter Leistungen einher und darüber hinaus auch mit konkreten Erwartungen, die Vertrauensgeber und -nehmer voneinander haben. Werden diese Erwartungen des Vertrauensgebers aufgrund der Handlungen erfüllt, wird Vertrauen zugestanden und damit einhergehend Reputation gefördert (vgl. Eisenegger u. Imhof, in Röttger, 2004:243). Durch das Rechtfertigen von Vertrauen, werden also Informationen konzentriert, die nur mühsam oder gar nicht erworben werden könnten. Auf diesem Weg würde „Komplexität“ verringert und der Weg für weitere Kooperation geebnet:

„Wenn wir anderen vertrauen, müssen wir nicht nachdenken über ihre Motive, müssen nicht wachsam sein, können auf Umwege verzichten und gelangen so in die Lage unsere Ziele und Wünsche mit ihrer Hilfe zu erreichen oder umzusetzen.“ (ebd.)

Wird Vertrauen schließlich gewährt und im gleichen Zug bewiesen, dann agiert es in einem als unsicher charakterisierten Umfeld, als „effizienter Mechanismus“, um Verträge zu fixieren und vor allem, um ökonomische Transaktionen zu ermöglichen (vgl. Foltin u. Wachowiak, in Weingardt, 2011:208). In diesem Sinne erweist sich Vertrauen letztendlich als Basis, um zukünftige Handlungen zu gewährleisten und zu sichern (vgl. Bazil u. Wöller, 2006:33). Ohne Vertrauen gäbe es für Unternehmen weder eine Existenz- noch eine Handlungsgrundlage, weshalb sich dieser Wert, trotz

12 (vgl. Bazil u Wöller, 2006:34)

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seines immateriellen Charakters, eindeutig auf das monetäre Kapital eines Unternehmens auszahlt. Das Generieren von Vertrauenspotenzialen stellt sich für Unternehmen darum als Grundlage der Generierung von ökonomischem Gewinn dar.

4.4.2 Vertrauen als Wert

In verschiedenen theoretischen Ansätzen wird Vertrauen als „Sozialkapital“, als immaterieller Wert, bezeichnet. Vertrauen zwischen einem Unternehmen und seinen relevanten Bezugsgruppen kann jedoch nur aufgebaut werden, wenn die Anspruchsgruppen oder Stakeholder durch die Organisation akzeptiert sind, gleichzeitig aber auch die „kommunikativen Bemühungen der Organisationen durch die Stakeholder als legitim und authentisch“ anerkannt werden (vgl. Karmasin, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:79). Dies ist überhaupt erst die Grundlage dafür, dass durch bestimmte kommunikative Maßnahmen Vertrauen geschaffen werden kann. Der Wert von Vertrauen für ein Unternehmen wird vollends deutlich, wenn Vertrauen nicht gewährt wird. Weber-Henschel (2002) erklärt, dass es „[…] im Regelfall ein langwieriger und kostspieliger Prozess [ist], einmal verlorenes Vertrauen wiederaufzubauen.“ Die Folgen für einen solchen Vertrauensverlust schlagen sich bspw. negativ auf den Wert einer Unternehmensaktie nieder und können damit langfristig gesehen erheblichen finanziellen Schaden für ein Unternehmen bedeuten.

„Wurde die Finanzcommunity erst einmal in signifikantem Ausmaß negativ überrascht, kann davon ausgegangen werden, dass sie in der Folgezeit stets einen Risikoabschlag im Hinblick auf den unter normalen Umständen als adäquat betrachteten Börsenwert vornehmen muss.“ (vgl. Weber-Henschel, 2002:67)

Für das Verhältnis zwischen zwei Parteien ergibt sich Vertrauen, aus Hartmanns (1994) Sicht, als grundlegende Konstituente, da wir nicht unbedingt davon ausgehen müssen, dass etwas Gesagtes tatsächlich wahr ist. Es reicht aus, dass wir annehmen, dass eine Äußerung vom Sender für wahr gehalten wird (vgl. Hartmann, 1994:121). Aufgrund unseres Vertrauens reicht es daher aus, dass Informationen, die wir von einem Sender empfangen, als wahrhaftig und glaubwürdig erachtet werden, da wir ihm eben vertrauen (vgl. ebd.). Diese Annahme ist die Grundlage für Kooperationen. Wissen und Informationen, welche uns von einem Sender mitgeteilt werden, haben wir nur, weil es uns von diesem mitgeteilt wurde. So ist es notwendig, dass wir davon ausgehen, dass die Informationen wahr sind. Wenn dem nicht so wäre, würde der Sender lügen und wäre nicht vertrauenswürdig. In diesem Sinne sind Vertrauenswürdigkeit und Wahrhaftigkeit von Aussagen und Informationen die „unerlässliche Voraussetzung für jede Form der Kommunikation“ (vgl. Hartmann, 1994:122). Aber diese Feststellung ist nicht nur existentiell wichtig für die Kommunikation von

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Unternehmen, weil sie darauf fußt, dass Kommunikation an sich immer Vertrauen voraussetzt.

Hartmann erläutert auch, dass selbst „ökonomische Transaktionen als Vertrauenspraktiken zu

beschreiben“ sind (vgl. Hartmann, 1994:488). Dies gilt zwar lediglich für gerechte Wirtschaftspraxis, verdeutlicht aber im Kern, unabhängig von der tatsächlichen Praxis, dass Vertrauen die Grundlage für wirtschaftliches Handeln ist und somit die vertrauensvolle Kommunikation von Unternehmen notwendig macht.

5 Ansprüche an Kommunikation

In den vorhergegangenen Kapiteln wurden die Besonderheiten der Unternehmenskommunikation erklärt und Vertrauen als strategischer Wert für Unternehmen erläutert. Dass Vertrauen als Richtwert für die operative Ausrichtung der UK verstanden werden kann, ist nun klar. Doch mit dieser Feststellung geht einher, dass sich die Ansprüche an Kommunikation erweitern. Bezieht man Vertrauen als handlungsrelevanten Wert mit ein, so reicht es nicht aus Kommunikation als vom Sender an einen Rezipienten übermittelte Botschaft, um ein bestimmtes Ziel oder eine Wirkung zu erreichen, zu definieren (vgl. Hubig u. Simoneit, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:178). Um Vertrauenspotenziale aufbauen zu können, muss die Kommunikation von Unternehmen vom Vertrauenssubjekt als glaub- und vertrauenswürdig eingeschätzt werden. Dazu ist die Übereinstimmung von Worten und Taten als Bedingung vorauszusetzen (vgl. ebd.).

„Kommunikation sei daher all das wechselseitig beobachtbare Handeln und Verhalten, das […] dem Vertrauenssubjekt ermöglicht, Rückschlüsse auf die innere Verfasstheit und Dynamik des Vertrauensobjekts zu ziehen, sei es nun ein Mensch, eine Maschine, eine Organisation oder ein System.“ (ebd.).

Anhand der Art und Weise des kommunikativen Verhaltens sind demnach Einschätzung über eine Person oder ein Unternehmen möglich. Werden diese in einem gewissen Maße erfüllt, ist ein Subjekt dazu bereit eine Vertrauensbeziehung mit einem Objekt einzugehen. Werden die Einschätzungen enttäuscht, stimmen Worte und Taten demnach nicht überein, ist eine solche Vertrauensbeziehung hinfällig oder kommt überhaupt nicht erst zustande. Deshalb kommt der Unternehmens-kommunikation eine besondere Rolle innerhalb der Unternehmensstrategie zu. Denn „Vertrauen muss […] langfristig erarbeitet und immer wieder aufs Neue bestätigt werden, was den Bedarf an langfristiger und kontinuierlicher Kommunikation mit den relevanten Zielgruppen deutlich macht.“ (vgl. Hubig u. Simoneit, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:178). Hubig und Simoneit (2007) sprechen in diesem Sinne von einer „Interaktionsgeschichte“, die als Grundlage für eine erfolgreiche Vertrauensbeziehung fungiert und damit über deren Zukunftsfähigkeit bestimmt. Besonders

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anspruchsvoll sehen Hubig und Simoneit die Notwendigkeit, dass Unternehmen nicht einen Monolog über eigene Interessen und Erfolge führen, sondern in den ständigen Dialog mit ihren Anspruchsgruppen treten und diese als Gesprächs- und Verhandlungspartner ernst- und wahrnehmen. Kommunikation und Vertrauen stehen demnach in einer gegenseitigen Abhängigkeit von einander, da Vertrauen nur durch Kommunikation zustande kommen kann und Kommunikation wiederum auf gegenseitigem Vertrauen basiert (vgl. Hubig u. Simoneit, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:178). Für den Aufbau von Vertrauen ist neben der Bedingung, dass Worte und Taten übereinstimmen müssen auch notwendig, dass das Bild des Vertrauensobjekts, also des Empfängers von Vertrauen wahrhaft und echt ist und es sich nicht um eine Täuschung handelt.

Krise

Dass die Kommunikation von Unternehmen bestimmten Ansprüchen unterliegt, wurde im vorherigen Kapitel kurz erläutert. Diese Ansprüche an die Leistungsfähigkeit von Unternehmenskommunikation zeigt sich in besonderem Maße in Krisensituationen. Denn grundlegend können Krisen als Ausnahmesituationen definiert werden, die vom täglichen „Normalzustand“ abweichen. Die Definition einer Krise unterliegt jedoch, ähnlich wie der Begriff Public Relations, einer Vielzahl von Deutungen, die sich nach unterschiedlichsten Parametern richtet und daher kaum verallgemeinert werden kann. Auch sind gegenwärtige Definitionen der Krise derartig spezifisch, dass sie mitunter nur auf ein zeitlich und räumlich begrenztes Ereignis zutreffen und für eine genau bestimmte Situation angewendet werden können. Daher soll in diesem Kapitel kurz erläutert werden, was innerhalb dieser wissenschaftlichen Arbeit als Krise verstanden wird. Somit werden die Besonderheiten der Krisenkommunikation verkürzt dargestellt. Später werden die hier beschriebenen Kriterien als Auswahlreferenzen für ein zu untersuchendes Teilkorpus bilden.

5.1.1 Definition des Begriffs Krise

Sehr vereinfacht beschreibt der Begriff Krise die Abweichung von einem stabilen Zustand hin zu einer Situation, die in der Regel negative Folgen für eine Person, ein Unternehmen oder eine Institution mit sich bringt. Verallgemeinernd kann Krise als ein Prozess verstanden werden, der die Existenz einer Unternehmung gefährdet und somit „die Erreichung angestrebter Ziele objektiv beeinträchtigt“ (vgl. Schulten, 1995:11). Diese Definition von Schulten (1995) gilt lediglich für Situationsbewertungen aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre. Für die Textauswahl der einzelnen Teilkorpora in dieser Arbeit wird eine Krise deutlich abgeschwächter verstanden, da es nicht Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist, Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens abzuleiten.

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Eine Krise stellt, nach Höbel (2007), ein Ereignis oder eine Störung dar, welche mit nachhaltiger Wirkung negativen Einfluss auf die Wirtschaftskraft sowie Reputation eines Unternehmens hat oder haben kann. Mit der Stärke mit der die Verantwortlichkeit für eine Krise einem Unternehmen übertragen wird, wächst das Ausmaß des „zu erwartenden krisenbedingten Reputationsschaden“ für das betroffene Unternehmen, an (vgl. Schwarz, 2010:102). Dementsprechend korreliert ein erheblicher Vertrauensverlust mit den Auswirkungen einer Krise und gefährdet sowohl „sorgfältig aufgebautes Image“ als auch eine „mühsam erkämpfte Marktposition“ (vgl. Höbel, in Piwinger u. Zerfaß, 2007:879). Tritt eine Krise ein, können sich die negativen Auswirkungen also auf das gesamte Unternehmen übertragen. Krisen, die auf Unternehmen zurückfallen, können daher „[…] auf Mikro- und Makroebene verheerende Auswirkungen haben“ (vgl. Schwarz, 2010:67). Schaden, der einem Unternehmen während und durch eine Krise widerfährt, wirkt sich allerdings nicht nur direkt auf die Ertragskraft eines Unternehmens aus. Festzustellen ist, dass Absatz und Image in gleichem Maße gefährdet sind (vgl. Mast, in Klewes, 2005:1). Imageprobleme wirken sich letztlich auf den Absatz aus und haben darüber hinaus, wie zuvor geschildert, negative Auswirkungen auf die Reputation eines Unternehmens. Dass der rapide Abbau und sogar die Zerstörung von Reputation eines Unternehmens durch Krisen gefördert wird, kann als allgemeiner Konsens festgehalten werden (vgl. Schwarz, 2010:126 ff.). Eine Krise kann neben der kurzfristigen Schädigung des Gewinns also auch maßgeblich den langfristigen Erfolg, der durch Vertrauen und Image gewährleistet wird, beeinflussen. Wie stark ein Unternehmen letztlich von einer Krise betroffen ist, wird nach Müller (1986) durch die „individuelle Managemententwicklung“ selbst und nicht durch den Markt bestimmt. Daher darf auch eine Krise, die Mitbewerber betrifft, nicht davon ablenken, dass die Unternehmensführung immer darum bemüht sein sollte Lösungsmöglichkeiten zu finden (vgl. Müller, 1986:69). Tritt eine Krise letztlich ein, wird der Normalzustand also verlassen, so ist besonders das Management eines Unternehmens in der Pflicht die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, um negativen Einflussfaktoren gegenzusteuern. Umso stärker tritt dabei die Kommunikation der Führungskräfte in den Fokus, um eben diese Maßnahmen umzusetzen und die Öffentlichkeit und Anspruchsgruppen in den Lösungsprozess miteinzubeziehen.

5.1.2 Krisenkommunikation

Schon im Alltag stehen Kommunikationsabteilungen von Unternehmen vor großen Herausforderungen. So gelten die Aufrechterhaltung von Vertrauen und die ständige, unmittelbare, transparente Informierung der Öffentlichkeit und Anspruchsgruppen als zentrale Maximen des täglichen Handelns (vgl. Ruisinger u. Jorzik, 2013:298). Noch stärker als im „Normalfall“ kommen die Grundsätze effektiver UK in krisenhaften Situationen zum Tragen, denn alltägliche Regeln sind außer

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