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Vokabellernen im Fremdsprachenunterricht Deutsch

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Vokabellernen im Fremdsprachenunterricht Deutsch

Eine Untersuchung zur Realisierung des effektiven Lernens

im fremdsprachlichen Vokabelunterricht Deutsch an Schulen

im Norden der Niederlande

Name: Ilona Henrietta Cornelia Wisse Studentnummer: 1694189

Adresse: Van Starkenborghstraat 138, 9721 EH Groningen Telefonnummer: 06 46 78 08 19

Seminar: Masterscriptie Duits [LDX999M20]

BetreuerInnen & KorrektorInnen: Dr. A.M. Bollmann & Dr. W. Kehrein Periode: Semester II 2011-2012

(2)

2

(3)

3 Vocabulary knowledge and use play an important role in succesful communication. It is one of the domains where non-native speakers can equal native speakers and, in some occasions, surpass them. [Chacón-Beltrán et al. 2010, S. 2].

(4)

4

INHALTSVERZEICHNIS

DANKSAGUNG 11

EINLEITUNG 13

KAPITEL I VOKABELLERNEN IM FREMDSPRACHENUNTERRICHT 16

1. Einleitung 16

2. Bedeutung des Vokabellernens im Unterricht 16

3. Was heißt Vokabellernen? 17

3.1 Form von Vokabeln 17

3.2 Bedeutung von Vokabeln 17

3.3 Gebrauch von Vokabeln 18

4. Bedeutungen von Vokabeln lernen 19

5. Unterschiede beim Lernen von Bedeutungen in der L1 und L2 20

5.1 Relabelling 20

5.2 Input 21

5.3 Unterschiedliche Lernstile 22

6. Vokabelkenntnisse in einem Kontinuum 23

7. Vokabeln im Unterricht wiederholen 24

8. Rezeptive und produktive Kenntnisse 27

KAPITEL II MENTALES LEXIKON UND DIE L2 29

1. Einleitung 29

2. Struktur des lexikalischen Items 29

3. Entwicklung des lexikalischen Items 30

(5)

5

5. Bedeutungsbeziehungen im Netzwerk 33

5.1 Arten von Beziehungen 33

5.2 Intrinsische Beziehungen 33

5.3 Assoziative Beziehungen 33

6. Forderungen für den Unterricht 34

KAPITEL III PRAKTISCHE PRINZIPIEN IM FREMDSPRACHENUNTERRICHT 36

1. Einleitung 36

2. Phasen im Vokabelunterricht 36

3. Darbietung in Kontexten 37

3.1 Kontext und Speicherung 37

3.2 Nicht nur Kontext 38

3.3 Dekontextualisierung 38

4. Darbietung in Vokabellisten 39

4.1 Warum Vokabeln in Listen anbieten? 39

4.2 Worauf haben DozentInnen zu achten? 40

4.3 Vokabelkarteien 41

4.4 Handcomputer 41

5. Semantisierung von Vokabeln 44

5.1 Geben von Bedeutungen 44

5.2 Raten von Bedeutungen 45

5.2.1 Was bedeutet raten? 45

5.2.2 Methode des Ratens 47

5.2.3 Geben und raten im Vergleich 48

5.3 Andere Methoden 51

6. Konsolidierung von Vokabeln 52

(6)

6

6.2 Konzentration 53

6.3 Mentale Verbindungen 55

6.4 Wiederholung 58

6.5 Vokabellernen auf eine Periode verteilen 60

7. Vokabeln testen 61

7.1 Warum testen? 61

7.2 Interessante Methode 61

7.3 Vokabeln kumulativ testen 62

7.4 Vokabeltests in der Praxis 63

KAPITEL IV EINLEITENDES ZUR EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG 67

1. Einleitung 67

2. Anlass der Untersuchung 67

3. Ziel der Untersuchung 68

4. Fragen der Untersuchung 68

KAPITEL V FORSCHUNGSDESIGN DER UNTERSUCHUNG 69

1. Einleitung 69

2. Stichprobenwahl 69

2.1 Quotenverfahren 69

2.2 Merkmale der RespondentInnen 71

3. Variablen 75

3.1 Unvermeidbare Variablen 75

3.2 Vermeidbare Variablen 76

3.3 Kontrollvariablen 78

4. Methode der Untersuchung 78

(7)

7

5.1 Einleitendes 79

5.2 Einleitung des Anschreibens 80

5.3 Datenauswertung einsehen 81 5.4 Zeit 81 5.5 Online-Erhebung 81 5.6 Instruktionen 82 5.7 Anonyme Behandlung 82 5.8 Antwortdatum 83 5.9 Fragen stellen 83

6. Konzept der Untersuchung 84

6.1 Geschlossene Fragen 84

6.2 Offene Fragen 86

6.3 Formulierungen 87

6.4 Valide Reaktionen 87

7. Inhalt der Untersuchung 87

7.1 Einleitendes 87

7.2 Phasenmodell 88

7.3 Darbietung von Vokabeln 88

7.4 Semantisierung von Vokabeln 92

7.5 Konsolidierung von Vokabeln 93

7.6 Vokabeln testen 95

7.7 Allgemeine Prinzipien 96

(8)

8

KAPITEL VI AUSWERTUNG DER UNTERSUCHUNG 98

1. Einleitung 98

2. Rücklauf der Untersuchung 98

3. Methode der Auswertung 98

4. Allgemeine Prinzipien 99

4.1 Position des Vokabellernens im Unterricht 99

4.2 Lernmethoden und Lernstrategien im Unterricht 99

5. Darbietung von Vokabeln 100

5.1 Darbietung in Kontexten 100

5.2 Darbietung in prägnanten Kontexten 101

5.3 Darbietung in mehreren Kontexten 101

5.4 Welche Vokabeln bieten die RespondentInnen in Kontexten an? 102

5.5 Darbietung ohne Kontexte 103

5.6 Welche Vokabeln bieten die RespondentInnen ohne Kontext an? 103

5.7 Darbietung in Vokabellisten 104

5.8 Darbietung von Vokabeln in Programmen und Systemen 104

5.9 Darbietung von semantischen Feldern 105

6. Semantisierung von Vokabeln 106

6.1 Raten von Bedeutungen 106

6.2 Kontrollieren der geratenen Bedeutungen 106

6.3 Lernen der geratenen Bedeutungen 107

6.4 Geben von Bedeutungen 108

6.5 Verdeutlichen der lautlichen Form 108

6.6 Verdeutlichen der geschriebenen Form 109

7. Konsolidierung von Vokabeln 110

7.1 Verbindungen herstellen 110

(9)

9

7.3 Vokabellernen auf eine Periode verteilen 111

8. Vokabeln testen 112

8.1 Tests an das Lernziel anpassen 112

8.2 Vokabeln mündlich testen 112

8.3 Vokabeln schriftlich testen 113

8.4 Vokabeln nach dem ersten Lernen testen 114

8.5 Vokabeln in kleinen Portionen lernen 114

8.6 Vokabeln in kleinen Portionen testen 115

8.7 Vokabeln kumulativ testen 116

9. Bemerkungen 117

KAPITEL VII DISKUSSION DER UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE 119

1. Einleitung 119

2. Allgemeine Prinzipien 119

3. Darbietung von Vokabeln 120

3.1 Darbietung innerhalb und außerhalb von Kontexten 120

3.2 Darbietung in prägnanten Kontexten 120

3.3 Darbietung in mehreren Kontexten 121

3.4 Welche Vokabeln bieten die RespondentInnen in Kontexten an? 121 3.5 Welche Vokabeln bieten die RespondentInnen ohne Kontext an? 122

3.6 Darbietung in Vokabellisten 123

3.7 Darbietung von Vokabeln in Programmen und Systemen 123

3.8 Darbietung von semantischen Feldern 124

4. Semantisierung von Vokabeln 124

4.1 Raten und geben von Bedeutungen 124

4.2 Kontrollieren und lernen der geratenen Bedeutungen 125

(10)

10

5. Konsolidierung von Vokabeln 126

5.1 Sinnvolle Konsolidierung 126

5.2 Verbindungen herstellen 126

5.3 Wiederholung 127

5.4 Vokabellernen auf eine Periode verteilen 127

6. Vokabeln testen 127

6.1 Tests an das Lernziel anpassen 127

6.2 Vokabeln mündlich und schriftlich testen 128

6.3 Vokabeln nach dem ersten Lernen testen 128

6.4 Vokabeln in kleinen Portionen lernen und testen 128

6.5 Vokabeln kumulativ testen 129

7. Anpassung des Vokabelunterrichts? 129

(11)

11

DANKSAGUNG

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine Studienabschlussarbeit, die im Rahmen des MA-Studiengangs Deutsche Sprache und Kultur an der Abteilung Deutsch der Universität Groningen [Niederlande] geschrieben wurde. Betreut wurde die Master-arbeit von Dr. A.M. Bollmann und Dr. W. Kehrein, die zudem die Korrektoren der Arbeit sind.

An dieser Stelle bedanke ich mich herzlich bei allen, die diese Studienabschlussarbeit ermöglicht haben. Zuerst sind die BetreuerInnen der Arbeit zu nennen, die mir Monate lang mit Rat und Tat zur Seite standen und zahlreiche interessante Ideen zur Gestaltung des Untersuchungsprojekts entwickelt haben. Außerdem sind die Literaturhinweise, die kritische Bemerkungen, die Korrekturen und zahlreiche weitere praktische Hinweise zu nennen, mit denen die BetreuerInnen mir zu verschiedenen Zeitpunkten zur Seite gestanden haben.

An zweiter Stelle bedanke ich mich bei Dr. J.A. Mondria, der als Experte auf dem Gebiet des Vokabellernens mehrere Hinweise zur Gestaltung der Untersuchung lieferte und bereit war, interessante Erkenntnisse zum Vokabellernen mit mir zu teilen.

Drittens bedanke ich mich bei Dr. M. Tammenga-Helmantel, die als Didaktikerin im Fach Deutsch verschiedene Ideen und praktische Hinweise lieferte, die Untersuchung auf eine didaktisch relevante Weise zu gestalten. Zudem ist Dr. M. Tammenga-Helmantel für das zur Verfügungstellen von Daten von DeutschdozentInnen zu danken, die bei dieser Untersuchung dazu benutzt wurden, die Probanden anzuschreiben.

Des Weiteren bedanke ich mich bei Drs. S. de Vries und meinen Mitstudenten, die alle praktische Hinweise zur Gestaltung der Untersuchung lieferten.

Hier lasse ich auch die DozentInnen, die sich an der Untersuchung beteiligten, nicht aus. Ich bedanke mich herzlich bei den DozentInnen, die den Fragebogen ausfüllten.

(12)

12 Zum Schluss nenne ich an dieser Stelle meine Mutter, meinen Vater und meinen Partner, die mir beim Schreiben der Arbeit auf eine besondere Weise zur Seite gestanden haben.

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13

EINLEITUNG

In der vorliegenden Masterarbeit steht das Vokabellernen im Fremdsprachenunterricht Deutsch im Mittelpunkt. Ein wichtiger Beitrag zur gesamten Darstellung soll eine empirische Untersuchung zum Vokabelunterricht im Norden der Niederlande liefern, die herauszufinden versucht, welche Prinzipien des effektiven Vokabelunterrichts in der schulischen Praxis Anwendung finden. Die Untersuchung versucht zu bestimmen, ob dabei eine Diskrepanz zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Vokabellernen und dem Vokabellernen im Unterricht vorliegt. Die empirische Untersuchung behandelt dementsprechend die folgenden Fragen:

1. Welche Formen des effektiven Vokabelunterrichts kommen in der schulischen Praxis mit welcher Frequenz zum Einsatz?

2. Ist eine Diskrepanz zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der schulischen Praxis des Vokabelunterrichts der RespondentInnen zu erkennen?

3. In welcher Hinsicht ist der Vokabelunterricht der RespondentInnen zu verbessern? 4. Wie kann die Verbesserung des Vokabelunterrichts realisiert werden?

Erkenntnisse aus Untersuchungen zum Vokabellernen und zum Fremdsprachenlernen, die Relevanz haben im Vokabelunterricht an Schulen, bilden den theoretischen Rahmen der Untersuchung. Diese Erkenntnisse kommen in der Literaturanalyse zur Sprache und bilden die Grundlage der Auswertung und Diskussion der empirischen Untersuchung. Die Literaturanalyse behandelt folgende Fragen:

1. Welchen Stellenwert hat das Vokabellernen im Fremdsprachenunterricht? 2. Was hat man unter Vokabellernen zu verstehen?

3. Wie ist der Wortschatz im mentalen Lexikon repräsentiert?

4. Welche Prinzipien des effektiven Vokabellernens lassen sich aus den theoretischen Erkenntnissen ableiten?

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14 Zu bemerken ist hier, dass bei der Literaturanalyse nicht versucht wird, alle vorhandene Literatur zum Vokabellernen in die Darstellung einzubeziehen und zu besprechen. Die Untersuchungsfragen teilen die Arbeit in zwei Bereiche auf. Im ersten Teil wird eine Darstellung auf Grund der Literatur entwickelt, der zweite Teil behandelt die empirische Untersuchung. Unten wird verdeutlicht, anhand welcher Struktur die beiden Bereiche der Arbeit geschrieben werden.

Das erste Kapitel heißt Vokabellernen im Fremdsprachenunterricht. Es behandelt den Stellenwert des Vokabellernens im Fremdsprachenunterricht und Informationen zum Komplex des Vokabellernens. Das heißt, dass hier beschrieben wird, was man unter Vokabellernen zu verstehen hat. Die Komponenten Form, Bedeutung und Gebrauch von Vokabeln spielen hier eine entscheidende Rolle. Im ersten Kapitel kann nicht auf die Besprechung unterschiedlicher linguistischer Termini verzichtet werden. Das erste Kapitel wird dann auf einzelne Prinzipien des Vokabellernens im Unterricht zu sprechen kommen, wenn es auf Grund der Themen, die behandelt werden, logisch und sinnvoll zu sein scheint.

Das zweite Kapitel heißt Mentales Lexikon und die L2 und verdeutlicht, wie man sich der Wortschatz im mentalen Lexikon vorstellen kann. Hier wird beschrieben, welche interne Struktur die lexikalische Items haben und wie sie sich entwickeln. Zudem werden hier die Verbindungen zwischen lexikalischen Items behandelt. Kapitel II schließt damit ab, die Prinzipien des effektiven Vokabellernens, die sich aus der bis hierher besprochenen Literatur ableiten lassen, zu nennen.

In Kapitel III steht die Anwendung der verschiedenen Prinzipien im Mittelpunkt. Hier kommt das Phasenmodell des Vokabelunterrichts zur Sprache, das in der empirischen Untersuchung eine entscheidende Rolle spielt. Die Darstellung dieses Phasenmodells bringt die Besprechung einiger weiterer Prinzipien mit sich mit, die an dieser Stelle in einem sinnvollen Zusammenhang zu besprechen sind. Das dritte Kapitel hat den Namen

Praktische Prinzipien im Fremdsprachenunterricht.

(15)

15 In Kapitel V kommt das Forschungsdesign der Untersuchung zur Sprache. Hier stehen unter anderem die Stichprobenauswahl und Informationen zur Datenerhebung im Mittelpunkt. Die Gütekriterien, die bei allen Untersuchungen eine Rolle spielen, werden auch in dieser Untersuchung behandelt. Der Inhalt der Untersuchung wird ebenfalls in Kapitel V besprochen. Das Kapitel hat den Namen Forschungsdesign der Untersuchung. Kapitel VI behandelt die Auswertung der Untersuchung. Anhand von Graphiken werden die Daten beschrieben. Das Phasenmodell des Vokabelunterrichts spielt hier wieder eine entscheidende Rolle. Das Kapitel ist unter dem Namen Auswertung der Untersuchung zu finden.

Anschließend werden die Daten aus der Auswertung in Kapitel VII interpretiert. Kapitel VII heißt Diskussion der Untersuchungsergebnisse. Die Diskussion handelt sich darum, mit welcher Frequenz man bestimmte Prinzipien des Vokabelunterrichts anzuwenden hat, um von einem effektiven Fremdsprachenunterricht sprechen zu können. Außerdem wird beschrieben, wie der Unterricht der RespondentInnen sich zu diesen Frequenzen verhält und ob dieser Unterricht im Allgemeinen effektiv zu nennen ist. Dabei werden alle Prinzipien einzeln behandelt, aber auch miteinander verbunden. Kapitel VII wird mit einigen Anregungen, den Vokabelunterricht der RespondentInnen zu verbessern, und einem Ausblick beschlossen.

(16)

16 KAPITEL I

VOKABELLERNEN IM FREMDSPRACHENUNTERRICHT

1. Einleitung

Im Nachstehenden werden Erkenntnisse aus Untersuchungen zum Vokabellernen und zum schulischen Fremdsprachenlernen anhand eines Hauptthemas behandelt, und zwar des komplexen Konstrukts, das Vokabellernen heißt. Bevor theoretische Annahmen zum Vokabellernen behandelt werden, wird hier unten zunächst die Bedeutung des Vokabel- lernens im Unterricht kurz beschrieben.

2. Bedeutung des Vokabellernens im Unterricht

Im Unterschied zur Zeit vor den 80er Jahren wurde das Vokabellernen in der letzten 30 Jahre mit zunehmender Aufmerksamkeit umgeben. Ab den 80er Jahren erschien immer mehr Literatur zum Vokabellernen.1 Heute steht es im Mittelpunkt des

wissenschaft-lichen Interesses. Dementsprechend legt man auch im Unterricht immer mehr Wert auf das Vokabellernen.2 Das Vokabellernen erkennt man als eine essentielle Komponente

des [Fremd]sprachenlernens und des [Fremd]sprachenunterrichts an.3 Und das macht

man mit Recht, denn Vokabeln sind die Bausteine von Sprachen. Ohne Vokabeln ist kein Unterricht und auch keine Kommunikation denkbar. Experten auf dem Gebiet des Vokabellernens schreiben zum Beispiel: »Woordkennis is de kern van taalvaardigheid.4

[…] Werken aan woordenschat is werken aan een goede communicatie en aan goed onderwijs!5« Auch im Fremdsprachenunterricht erkennen [Deutsch]dozentInnen heute

die Bedeutung des Vokabellernens und dementsprechend macht man sich immer mehr Gedanken dazu, wie man Vokabeln sinnvoll unterrichten kann. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte empirische Untersuchung will hierzu einen Beitrag leisten.

1 Mondria 1996, S. 2. 2 Nation 2008, S. XI. 3 Schmitt 2010b, S. 28.

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3. Was heißt Vokabellernen?

Das Lernen von Vokabeln ist das Sammeln von Kenntnissen in Bezug auf 1. die Form – form

2. die Bedeutung – meaning 3. den Gebrauch – use

von Vokabeln. Vokabelkenntnisse bestehen dementsprechend aus diesen Komponenten.

3.1 Form von Vokabeln

Beim Lernen der Form handelt es sich einerseits um das Lernen der lautlichen bzw. der phonologischen Form, andererseits geht es um das Lernen der geschriebenen bzw. der orthographischen Form.6 Jede Vokabel im mentalen Lexikon ist mit den beiden Formen

verbunden. Im Deutschen wird zum Beispiel das <äu> wie [ɔ ɪ ] ausgesprochen, wie in

Häuser. Und wer lesen kann weiß, dass [hɔ ɪ zɐ ] wie Häuser geschrieben wird.

3.2 Bedeutung von Vokabeln

Die Bedeutung ist komplexer. Die Bedeutung verweist auf das mentale Konzept, das im mentalen Lexikon mit einer Form verbunden ist. Konzepte können als Vorstellungen von Objekten und Geschehnissen betrachtet werden. Die Form wird auch als Label oder Etikett zum Konzept umschrieben. Die Kombination von der Form und der Bedeutung bezeichnet man als eine lexikalische Einheit. Man nennt es auch wohl die Verbindung zwischen Inhaltsseite und Ausdrucksseite. Eine lexikalische Einheit ist eine Vokabel, wie zum Beispiel die Form Maus, mit der Bedeutung kleines graues nagendes Tier. Die Form

Maus hat aber verschiedene Bedeutungen und ist aus diesem Grund zum Lexem Maus zu

rechnen. Mit einem Lexem wird eine Familie von lexikalischen Einheiten bezeichnet. Im Falle der Form Maus kann zum Beispiel das Gerät zum Klicken am Computer oder eine

Kartoffel gemeint sein. Um das Lexem Maus zu lernen, sollten Lerner dementsprechend

mehr als eine lexikalische Einheit lernen. Dies kommt nicht nur beim Lexem Maus, sondern bei einer Vielzahl von Vokabeln vor. Wenn mehrere Bedeutungen im Spiel sind, erscheint die Form in mehreren Kontexten. Dies nennt man Polysemie.7 Der Kontext

6 Cook 2008, S. 50.

(18)

18 bestimmt dann, welche Bedeutung passt. Man nennt dies contextual selection. Dabei tauchen bestimmte Bedeutungen in mehr Situationen auf als andere. Im Falle der Form

Maus kommt der Bedeutung kleines graues nagendes Tier zum Beispiel häufiger vor als

die Bedeutung eine Kartoffel. Im Unterricht können DozentInnen an solche Frequenzen anschließen, indem sie zunächst eine zentrale Bedeutung einer Form behandeln. Nur dann, wenn ein Lexem nur eine Bedeutung hat, ist nicht von mehreren lexikalischen Einheiten des Lexems die Rede.

3.3 Gebrauch von Vokabeln

Um Vokabeln zu lernen, brauchen Sprachenlerner neben der Form und der Bedeutung Kenntnisse zum Gebrauch. Darunter hat man zum Beispiel die grammatische Kategorie wie Nomen oder Verb, und den Numerus, Singular oder Plural, zu verstehen. Auch geht es um lexikalische Merkmale, wie zum Beispiel das Erscheinen von Vokabeln in Idiomen und Kollokationen.8 Idiome sind dabei Wortzusammenstellungen mit einer festen

Bedeutung, wie gefundenes Fressen. Kollokationen bestehen aus mehreren Vokabeln, die zusammen vorkommen, aber nicht wie Idiome in dem Sinne miteinander verbunden sind, dass sie eine nicht-kompositionale Bedeutung haben. Beispiele von Kollokationen sind einen Kurs machen und ins Bett gehen.9 Idiome und Kollokationen heißen auch Gebrauchsrelationen.10 Mit den Termini formulaic language und multi-word unit wird

zudem auf Kollokationen verwiesen.

Laut Schmitt [2010a] ist das Behandeln von Kollokationen im Unterricht unentbehrlich. In allen Sprachen kommen Kollokationen in vielen Äußerungen vor. Kollokationen helfen, eine Sprache fließend zu beherrschen. Es ist aber nicht leicht, Kollokationen zu lernen. Das hat damit zu tun, dass Kollokationen aus mehreren Vokabeln bestehen und darum komplex sind.11 Zum Lernen von Kollokationen bedarf es deshalb der Begleitung

durch die DozentInnen im Unterricht.

8 Cook 2008, S. 50-51. 9 Kwakernaak 2009, S. 279.

10 Verhallen u. Verhallen 1994, S. 80.

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4. Bedeutungen von Vokabeln lernen

Oben wurde klar, was man unter den verschiedenen Komponenten Form, Bedeutung und Gebrauch von Vokabeln zu verstehen hat. Unten wird die Bedeutung von Vokabeln aus verschiedenen Perspektiven weiter betrachtet, denn die Bedeutung ist die komplexe Komponente von Vokabelkenntnissen, die hier auf keinen Fall auszulassen ist.

In Zusammenhang mit der Bedeutung von Vokabeln kann man unter anderem fragen, wie der Mensch eine Wortbedeutung lernt. Wenn Kinder in der L1 Bedeutungen lernen, verbinden sie eine passende Form [ein Label] mit einem Konzept. Dies heißt labelling. Anschließend bieten sich verschiedene Konzepte bzw. Bedeutungen an, die eventuell zum Label passen. Das Kind hat dann zu bestimmen, welche Konzepte zur Form passen und welche nicht. Dies heißt packaging. Dabei suchen Kinder im Grunde nach zentralen Bedeutungen, die zu einer Form passen. Diese heißen Prototypen, ein Basismodell.12 Der

deutsche Schäferhund ist zum Beispiel das zentrale Konzept der Form Hund. Bei der Form Vogel ist das zentrale Konzept das Rotkehlchen.

Die Theorie, von der hier die Rede ist, ist die Prototypentheorie. Darin nimmt Rosch an, dass Kinder zuerst Grundvokabeln lernen, denn die werden am leichtesten ins mentale Lexikon aufgenommen und beziehen zudem die über- und untergeordneten Vokabeln automatisch mit ein. Ein Beispiel eines Grundwortes ist Apfel, das ein Kind immer vor dem Hyperonym Obst und auch vor einem Hyponym wie Golden Delicious lernt.

Auch in Bezug auf den ungesteuerten L2-Erwerb ist anzunehmen, dass Sprachenlerner Vokabeln nach dem Prinzip von Rosch lernen. In der L2 tendieren Lerner dazu, Vokabeln mit bekannten Prototypen zu verbinden. Diesen Prozess nennt man Generalisierung bzw. top-down-process. Dem steht der bottom-up-process gegenüber, mit dem das Lernen von Bedeutung in Schritten gemeint ist. Lexikalische Einheiten bekommen eine genauere Bedeutung, wenn der Sprachenlerner mehr unterschiedliche lexikalische Einheiten kennt und auf Grund von den Bedeutungen dieser lexikalischen Items die Bedeutungen neuer Vokabeln genauer bestimmen kann.13

12 Ma 2009, S. 55.

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20 Roschs Konzept bildet die interne mentale Verarbeitung ab14 und verdeutlicht die

Grundlage der Entwicklung in der L2.15 Das heißt insgesamt, dass man im Unterricht

Hyponyme wie Hose und Bluse behandeln sollte, bevor man zum Hyperonym Kleidung kommt.16 Dabei sollte man zudem darauf achten, dass man ein semantisches Feld bzw.

eine Familie von Vokabeln, wie zum Beispiel Kleidung, nicht gleichzeitig in einer Stunde behandelt, sondern verschiedene lexikalische Einheiten nacheinander behandelt, um die Interferenz zu minimieren. Der Terminus Interferenz bedeutet, dass Lerner Vokabeln eventuell miteinander verwechseln, wenn sie verschiedene Hyponyme zugleich lernen.17

Die letzte Phase beim Lernen der lexikalischen Bedeutung ist network building. Diese Phase wird im zweiten Kapitel bei den Bedeutungsbeziehungen behandelt.18

5. Unterschiede beim Lernen von Bedeutungen in der L1 und L2 5.1 Relabelling

Lernt man Bedeutung in der L2 denn nicht anders als in der L1? Ja, der Unterschied zum L1-Erwerb besteht darin, dass die meisten mit L2-Vokabeln verbundenen Konzepte den L2-Lernern wohl bekannt sind, denn sie nehmen aus der L1 ein konzeptuelles System mit. In diesem Sinne heißt labelling relabelling, denn es wird ein neues Label in der L2 mit dem bekannten Konzept verbunden. Man kann aber nicht voraussetzen, dass bei den jungen Sprachenlernern alle Konzepte in der L1 vorhanden sind. Es kann also durchaus passieren, dass ein Konzept in der L1 unbekannt ist. In dem Falle muss das Konzept mit dem L2-Label gelernt werden. Dies ist aber nicht so leicht wie das relabellen, bei dem man »nur« die Form sowie die Verbindung mit einem, wenn auch bekannten, Konzept zu lernen hat.19

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21 begegnen aber zu einem bestimmten Zeitpunkt Vokabeln, von denen nicht auf einen Blick zu bestimmen ist, wie die Konzepte in der L1 und L2 zueinander passen. Hier sollten die Sprachenlerner auf die Unterschiede achten. Im Niederländischen benutzt man zum Beispiel die Vokabel stoel, die die deutschen Vokabeln Stuhl, Sessel, Sitz, Platz,

Sitzplatz umfasst. Im Deutschen hat man Stuhl, Sessel, Sitz usw. voneinander zu trennen,

denn die Formen bedeuten nicht dasselbe. Sprachenlerner haben darauf zu achten.20

5.2 Input

Was beim L2-Lernen zudem anders als im L1-Erwerb ist, ist der Input. Wo L1-Lerner die Sprache nur mit gesprochenem Input lernen, bekommen Lerner einer L2 zusätzlich geschriebenen Input. Das heißt, dass L2-Lerner von Anfang an mit Aussprache- und Rechtschreibregeln zu tun haben. Es erstaunt aus diesem Grund nicht, dass L2-Lerner im Stande sind, die Form von Vokabeln, lautlich oder geschrieben, zum Teil zu aktivieren, zum Beispiel: » Es beginnt mit einem [p].« Solche Ideen von der Form einer Vokabel enthalten essentielle Hinweise auf die genaue Form, die Bedeutung und den Gebrauch der Vokabel.

In diesem Zusammenhang spricht man vom bathtub effect und vom tip of the tongue phenomenon, das auch als das ToT-Phänomen bekannt ist. Der bathtub effect besagt, dass L2-Lerner immer im Stande sind, etwas zum Beginn und zum Ende der Vokabel zu sagen. Die Informationen, die sich in der Mitte befinden, liegen im »Bad« unter Wasser und kommen dem Sprachenlerner deshalb weniger schnell in den Sinn.

Das ToT-Phänomen bedeutet, dass der L2-Lerner genau weiß, was er meint, die Vokabel ihm auf der Zunge liegt, er die Bezeichnung des Gemeinten aber nicht aussprechen kann.21 Das ToT-Phänomen kommt auch bei L1-Lernern vor und ist dementsprechend

nicht ein Phänomen, das auf der L2 beschränkt ist. Im Fremdsprachenunterricht sollten DozentInnen sich also nicht darüber staunen, wenn die Fremdsprachenlerner nicht dazu kommen, eine Vokabel auszusprechen.

Im Fremdsprachenunterricht sollten DozentInnen immer verständlichen Input in der L2 anbieten. Wenn ein Dozent Vokabeln in einem Kontext anbietet, erkennen die Lerner die Bedeutungen leichter, wenn der Kontext prägnant ist. Das heißt, dass die Lerner die

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22 Bedeutung der unbekannten Vokabeln anhand des Kontextes erkennen können.22

Verständlichen Input nennt man auch comprehensible input.

Verständlicher Input dient dazu, dass Lerner sich auf das Lernen von Bedeutungen von Vokabeln konzentrieren und autonomer im Fremdsprachenlernen werden, denn die Bedeutungen von Vokabeln leiten sie ohne Hilfe des Dozenten aus dem Kontext ab. Das ist genau das Ziel der Fremdsprachendidaktik: Fremdsprachenlerner im zunehmenden Maß zu eigenständigen Sprachenlerner machen.23 Dazu brauchen Fremdsprachenlerner

Methoden und Strategien, die DozentInnen zu unterrichten haben. Dazu ist in Kapitel III mehr zu lesen.

5.3 Unterschiedliche Lernstile

In Zusammenhang mit dem Input hat man als Dozent einer Fremdsprache zudem die unterschiedlichen Lernstile von Lernern zu beachten. Lernstile bezeichnen generelle Orientierungen und Präferenzen, die mit der Persönlichkeit des Lerners in Verbindung stehen. Es kann zum Beispiel visuell, auditiv oder kinästhetisch gelernt werden. Wenn ein Sprachenlerner visuell lernt, kann er am besten mit Bildmaterial oder auch mit Texten arbeiten. Auditive Lerner sprechen oder hören den Input lieber. Kinästhetische Fremdsprachenlerner bringen gern den Körper als Ganzes in das Lerngeschehen ein. Im Wortschatzunterricht kann der Dozent visuelle Lerner mit Vokabelkarteien arbeiten lassen und auditive Lerner mit Radiosendungen oder auch mit Tonkassettentexten. Kinästhetische Sprachenlerner lernen mit praktischen Sprachspielen. Das heißt, dass DozentInnen abwechselnd verschiedene Lernmaterialien im Unterricht anbieten sollten, um alle Lernstile zu beachten, ohne dass sie vorab von allen individuellen Lernern bestimmen, welchen Lernstil diese haben, denn das ist ein Unternehmen, dass ein Dozent praktisch nicht realisieren kann.

Außerdem sollte man nicht denken, dass nur visuell, auditiv oder kinästhetisch gelernt wird. In der Praxis vermischen die Lernstile sich bei jedem Sprachenlerner. Das heißt, dass das Vokabellernen mehrkanalig geschieht.24 Den Input nehmen Sprachenlerner

zum Beispiel mit Augen und Ohren, und nicht nur mit Augen oder Ohren auf. In Kapitel III ist mehr dazu zu lesen.

(23)

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6. Vokabelkenntnisse in einem Kontinuum

Oben wurden mehrere Annahmen zum Lernen der Bedeutung von Vokabeln behandelt. Hier ist im Anschluss daran zu verdeutlichen, dass Sprachenlerner Vokabelkenntnisse schrittweise erwerben. Kommen wir dazu zuerst nochmal auf den Unterschied zwischen lexikalischen Einheiten und Lexemen zu sprechen, von dem oben bereits die Rede war. Im Unterricht werden lexikalische Einheiten und nicht Lexeme behandelt.25 Das braucht

ein Dozent auch nicht zu machen, denn im Unterricht reicht ein Verständnis von einigen lexikalischen Einheiten eines Lexems meistens, um die Lernziele zu erreichen.26 Zudem

schließt es beim natürlichen Verlauf des Spracherwerbs an. Lexeme und lexikalische Einheiten werden allmählich erworben.27 Auch die Zahl der Lexeme und lexikalischen

Einheiten wächst langsam. Aus diesem Grund kann nicht behauptet werden, dass Vokabeln entweder beherrscht werden oder nicht. Vielmehr hat man sich vorzustellen, dass die Entwicklung der Vokabularkenntnisse entlang einer Zeitachse geschieht.28

Henriksen beschreibt die Entwicklung des Vokabulars in Zusammenhang damit als ein Kontinuum. Im Kontinuum beherrscht ein Lerner Vokabelkenntnisse entweder nicht, nur zum Teil oder komplett. Das ist zum Beispiel beim Erwerb der geschriebenen Form einer Vokabel der Fall. Am Anfang kann der Fremdsprachenlerner die Vokabel nicht buchstabieren, danach kennt er ein paar oder mehrere Buchstaben und am Ende kann er die Vokabel ohne Fehler schreiben.29 Dabei erscheint es mir allerdings diskutabel, ob die

Phase II überhaupt vorkommt und ein Sprachenlerner die Vokabeln dementsprechend Buchstabe für Buchstabe lernt. Ein anderes Beispiel ist die Zahl der erworbenen lexikalischen Einheiten eines Lexems. Sprachenlerner verbinden jedesmal, wenn sie eine Vokabel in einem Kontext erkennen, eine in dem Kontext passende Bedeutung damit. Das macht der Lerner, bis er das Lexem als Ganzes beherrscht.30

(24)

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7. Vokabeln im Unterricht wiederholen

Das allmähliche Vokabellernen bedeutet, dass Sprachenlerner mehrere Begegnungen mit einer Vokabel brauchen, bevor sie die Vokabel kennen.31 Dadurch, dass man als

Fremdsprachenlerner oder als Dozent einer Fremdsprache Wiederholungen einbaut, kann man das Lernen verstärken und bereichern. Das heißt, dass Vokabelkenntnisse besser im mentalen Lexikon verankert werden und Lerner Neues mit den vorhandenen Kenntnissen verbinden. Die neuen Kenntnisse beziehen sich zum Beispiel auf die Form, die Bedeutung und den Gebrauch der Vokabel.32 Die Hintergrundidee dabei ist, dass der

Lerner mehr Informationen aufnehmen kann, je mehr Vorkenntnisse bereits vorhanden sind, denn neue Kenntnisse brauchen vorhandene Kenntnisse, an die sie sich anlehnen.33

Die Frage ist nun, wieviele Begegnungen ein Sprachenlerner braucht, bevor er eine Vokabel kennt. Nation nimmt an, dass ein Lerner, je nachdem, wie er die Vokabeln lernt, 5 bis 16 Wiederholungen braucht.34 Wenn er die Vokabeln zum Beispiel inzidentell lernt,

braucht er mehr Wiederholungen als wenn die Vokabeln intentionell gelernt werden. Inzidentelles Lernen ist lernen ohne Lernabsicht. Zum Beispiel, wenn ein Lerner eine Novelle im Literaturunterricht liest. Beim inzidentellen Lernen kann ein Sprachenlerner besonders vorhandene Kenntnisse, die zum Teil entwickelt sind, verstärken. Neue Vokabeln werden mit inzidentellem Lernen nur kaum oder höchstens partiell gelernt. Inzidentelles Lernen sollten DozentInnen und Lerner deshalb mit intentionellem Lernen kombinieren. Dies heißt, dass Fremdsprachenlerner die Vokabeln bewusst betrachten, um sie zu lernen. Der Dozent beim Lesen zum Beispiel Informationen zu unbekannten Vokabeln geben. Schmitt verweist mit dem Begriff Glossen auf diesen Vorgang. Mit Glossen können Sprachenlerner komplexere Texte lesen und die genaue Bedeutungen von Vokabeln bestimmen und verstehen. Zudem wird das Lesen nicht so schnell unterbrochen, als wenn Sprachenlerner Bedeutungen raten oder in einer Vokabelliste nachschlagen sollten. Auch beugen Glossen Fehlkonzeptionen vor, die zum Beispiel auftreten, wenn Lerner die Bedeutungen von Vokabeln falsch geraten haben. Anstelle von Glossen kann der Lerner auch das Wörterbuch verwenden, um Bedeutungen von Vokabeln zu bestimmen. Das Lesen mit Glossen bzw. mit dem Wörterbuch macht Sinn,

(25)

25 denn Sprachenlerner verbessern damit die Vokabularkenntnisse eher, als wenn sie die Vokabeln nur lesen. Der Fremdsprachenlerner bzw. der Dozent kann aber auch andere Methoden anwenden, um das inzidentelle Lernen in eine intentionelle Richtung zu verstärken. Kapitel III behandelt diese Methoden. Hauptsache ist hier, dass inzidentelles und intentionelles Lernen komplementäre Richtungen sind und im Unterricht sinnvoll miteinander zu kombinieren sind, um die Wiederholungen, die Sprachenlerner im Vokabellernprozess brauchen, zu minimieren.35

Die Zahl an Wiederholungen hat außerdem mit dem Maß zu tun, in dem die Formen in der L1 und L2 einander ähneln.36 Wenn ein Sprachenlerner zum Beispiel Niederländisch

als L1 hat und Deutsch als L2 lernt, braucht er mehr Wiederholungen, die Vokabel

Rechtsanwalt zur Form advocaat zu lernen, als die Form kochen für koken.37 Nation

deutet diese Unterschiede beim Vokabellernen mit dem Terminus learning burden an. Anhand des learning burden beschreibt man, in welchem Sinne eine Vokabel in der L2 zu einem Äquivalent in der L1 passt. Im Unterricht hat der learning burden praktische Relevanz, um zu bestimmen, wie schnell Lerner bestimmte Vokabeln lernen und welche Probleme dabei vorkommen können. Wenn der learning burden groß ist und das Lernen einer Vokabel große Anstrengung verlangt, sollten DozentInnen bestimmen, ob die Vokabel eine hohe Frequenz in der Sprachverwendung hat und ob es wahrscheinlich ist, dass die Sprachenlerner die Vokabel in der Praxis benötigen. Wenn das nicht der Fall ist, lohnt sich das Lernen der Vokabel nicht. Wer das Prinzip des learning burden beachtet, arbeitet an einem sinnvollen Fremdsprachenunterricht.38

Betrachten wir das Wiederholen noch etwas näher. Wenn man minimal 5 Begegnungen annimmt, kann ein Lerner bei der Wiederholung des intentionellen Lernens das Prinzip vom expanding rehearsal anwenden. Damit kann er das Vergessen, das automatisch beim [Sprachen]lernen vorkommt, minimieren.39 In der Graphik, die man auf Grund von

(26)

26

Figur 1. Pattern of forgetting nach Ebbinghaus 1885.40

Der Graphik ist sehr leicht entnehmen, dass man in den ersten 24 Stunden etwa 80% der Informationen vergisst. Lernen und Vergessen treten immer nebeneinander auf, bis der Lerner eine Vokabel als Ganzes erworben hat.41 Bei der Anwendung des expanding

rehearsal nimmt das Vergessen beträchtlich ab. Der Lerner wiederholt die Vokabel 10

Minuten nach dem ersten Lernen, dann nach einer Stunde, 12 Stunden, 24 Stunden und nach 10 Tagen nochmal. Der Lerner kann das Lernen nach einem Monat abschließen. Eventuell kann er das Lernen nach einem halben Jahr nochmal wiederholen. Die Essenz dabei ist, dass der Sprachenlerner das Lernen in Intervallen wiederholt, die immer größer werden. Das Prinzip ist im praktischen Unterricht oder im individuellen Lernen anzuwenden.42 Figur 2:

(27)

27

Figur 2. Das Vergessen beim Anwenden des Prinzips vom expanding rehearsal.43

8. Rezeptive und produktive Kenntnisse

Was in diesem Kapitel in Zusammenhang mit dem Lernen von Vokabeln zum Schluss zu besprechen ist, ist der Unterschied zwischen rezeptiven und produktiven Kenntnissen in der L2. Die rezeptiven Kenntnisse sind mit den Sprachfertigkeiten Lesen und Hören verbunden, produktive Kenntnisse mit dem Schreiben und Sprechen. Die Art und Weise, wie die L2-Lerner Vokabeln verwenden, macht klar, wie sie die Vokabeln beherrschen. Dabei ist es im Grunde das Ziel, dass Vokabeln rezeptiv und auch produktiv beherrscht werden. Bedeutungsvolle Annahmen in Zusammenhang mit rezeptiven und produktiven Kenntnissen sind sowohl in Bezug auf die L1, als auch auf die L2, dass:

1. produktive Kenntnisse rezeptive Kenntnisse implizieren

2. rezeptive Kenntnisse aus diesem Grund umfangreicher als produktive Kenntnisse sind 3. rezeptive Kenntnisse keine produktiven Kenntnisse implizieren

4. produktive Kenntnisse nicht so leicht zu erwerben sind wie rezeptive Kenntnisse44

(28)

28 Rezeption und Produktion haben im Fremdsprachenunterricht große Relevanz. Bereits beim Bestimmen des Lernziels des Vokabelunterrichts spielen rezeptive und produktive Kenntnisse eine entscheidende Rolle. Haben Lerner die Vokabeln rezeptiv, zum Beispiel Deutsch [L2] – Niederländisch [L1] und/oder produktiv, zum Beispiel Niederländisch [L1] – Deutsch [L2] zu lernen? Mondria bemerkt, dass die Lernweise zum Lernziel passen muss und kommt zu auf der Hand liegenden, aber entscheidenden Richtlinien: 1. Vokabeln hat man rezeptiv zu lernen, wenn rezeptive Kenntnisse das Ziel sind 2. Vokabeln hat man produktiv zu lernen, wenn produktive Kenntnisse das Ziel sind 3. Vokabeln hat man rezeptiv und produktiv zu lernen, wenn rezeptive und produktive Kenntnisse das Ziel sind

4. Wenn ein Dozent entscheiden sollte, die Sprachenlerner die Vokabeln auf eine der beiden Weisen lernen zu lassen, kann er sie die Vokabeln am besten produktiv lernen lassen. [Produktive Kenntnisse implizieren rezeptive Kenntnisse, rezeptive Kenntnisse produktive Kenntnisse aber nicht].45

Bei der Bestimmung des Lernziels sollten DozentInnen zudem die Komponenten Form, Bedeutung und Gebrauch mitspielen lassen. Sollten die Lerner die Vokabel nur richtig aussprechen, oder auch ohne Fehler schreiben können? Werden in Zusammenhang mit der Bedeutung nur ein paar lexikalische Einheiten behandelt, oder besteht das Ziel im Lernen eines ganzen Lexems? Die DozentInnen verdeutlichen den Sprachenlernern am besten immer, wie sie die Vokabeln lernen sollten.46

(29)

29

KAPITEL II

MENTALES LEXIKON UND DIE L2

1. Einleitung

Nachdem im ersten Kapitel das Konzept Vokabelkenntnisse verdeutlicht wurde, ist die Frage im diesem zweiten Kapitel, wie der Wortschatz im mentalen Lexikon repräsentiert ist. Genaue Fragen dabei sind, welche interne Struktur die lexikalischen Items haben und wie sie sich im mentalen Lexikon entwickeln. Zudem werden Beziehungen zwischen den lexikalischen Items im mentalen Lexikon beschrieben. Zum Schluss sind entscheidende Implikationen aus den verschiedenen Annahmen zum mentalen Lexikon zu behandeln, die eine Bedeutung für den Fremdsprachenunterricht haben. Die Implikationen, die man aus dem ersten Kapitel ableiten kann, werden hier auch genannt.

2. Struktur des lexikalischen Items

Levelt entwickelte 1989 ein Modell, in dem er annimmt, dass ein lexikalisches Item aus zwei Komponenten besteht, einem Lemma und einem Lexem. Das Lemma enthält semantische und syntaktische Informationen, das Lexem enthält morphophonologische Informationen. Jiang [2000] stellt diese Informationen in einer Graphik vor, in der ein lexikalisches Item ein Knoten ist. Figur 3:

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30 Die semantischen Informationen umfassen die Wortbedeutung, zu den syntaktischen Informationen hat man zum Beispiel die grammatische Kategorie zu rechnen. Im Lemma gehören unter anderem die flektierten Formen zu den morphologischen Daten. Unter der Form bzw. unter den phonologisch-orthographischen Informationen hat man zum Schluss die lautliche und die geschriebene Form zu verstehen.

3. Entwicklung des lexikalischen Items

Im ersten Kapitel wurde beschrieben, wie lexikalische Bedeutung erworben wird. Dazu wurden die Phasen labelling, packaging und network building genannt. Auch wurde in dem Zusammenhang die Prototypentheorie von Rosch behandelt. Die Entwicklung eines lexikalischen Items in der L2 beginnt mit dem Lernen der lexikalischen Bedeutung. Die Form einer Vokabel wird mit einem L1-Konzept verbunden. Das Lernen der Form ist bei der Entwicklung eines lexikalischen Items das erste und zentrale Geschehen. Jiang nennt es formal stage, in dem das lexikalische Item nur eine Form enthält. Jedesmal, wenn der L2-Lerner mit der Form in Berührung kommt, wird die Verbindung zwischen ihr und der Bedeutung in der L1 stabiler. Wenn die Verbindung aktiviert wird, kann der Lerner die Vokabel produktiv verwenden. Jiang nennt dies lexical association. Dieser Vorgang ist die Grundlage für das Aufnehmen weiterer Informationen in das lexikalische Item. Nach dem formal stage führt das Benutzen der L2-Vokabel dazu, dass die Verbindung zwischen der L2-Form und den Lemma-Informationen immer stabiler wird. Die L1-Lemma-Informationen kommen nun zusammen mit der L2-Form in dem lexikalischen Item vor. Dies heißt bei Jiang L1 lemma mediation stage. Die Verbindung zwischen der L2-Form und dem L1-Lemma ist direkt und hat nichts mit der L1-Form zu tun. Dadurch kann der L2-Lerner die Vokabel im Prinzip ohne Probleme verwenden. Was im Moment noch nicht da ist, ist die morphologische Komponente. Das hat laut Jiang damit zu tun, dass morphologische Informationen äußerst sprachspezifisch sind, und deshalb nicht leicht in das lexikalische Item aufgenommen werden. Dass auch die phonologischen Informationen sehr sprachspezifisch sind und dementsprechend nicht leicht in das Item verankert werden, bemerkt Jiang allerdings nicht.

(31)

31 kann problemlos und fließend in der L2 benutzt werden. L2-Items unterscheiden sich hier im Grunde nicht mehr von L1-Items. Man muss aber annehmen, dass nicht alle lexikalischen Items alle Phasen durchlaufen. Figur 4:47

Figur 4. Die drei Entwicklungphasen des lexikalischen Items.

4. Netzwerkmetapher

Lexikalische Kenntnisse umfassen nicht nur den Erwerb einzelner lexikalischer Items. Auf Grund von Erfahrungen und wiederholten Begegnungen mit Vokabeln werden die lexikalischen Items miteinander verbunden. Das heißt networkbuilding.48 Im Netzwerk

des mentalen Lexikons stellt jeder Knoten ein lexikalisches Item mit lexikalischen Informationen dar, der anhand von semantischen Verbindungen mit anderen Items verbunden ist. Jeder Knoten hat als lexikalisches Item die Funktion, sich von anderen

47 Ma 2009, S. 57-58.

(32)

32 lexikalischen Items zu unterscheiden oder sich mit ihnen zu verbinden.49 Sehr stark

vereinfacht kann man sich das semantische Netzwerk folgendermaßen vorstellen:

Figur 5. Die Netzwerkmetapher.50

Auch wenn die Netzwerkmetapher generelle wissenschaftliche Akzeptanz erfahren hat, bleiben Fragen zur Struktur von lexikalischen Verbindungen im mentalen Lexikon offen. Das mentale Netzwerk ist wahrscheinlich viel komplexer, als wir es uns vorstellen können. Das Konzept der Netzwerkmetapher stammt aus dem Konnektionismus. Im Konnektionismus nimmt man an, dass allerhand Verbindungen im mentalen Lexikon ständig zustande kommen, aufs Neue hergestellt und stabilisiert werden. Die Dynamik ist der Kern des network building. Das mentale Lexikon kommt niemals zur Ruhe. Henriksen benutzt den Ausdruck depth of knowledge anstatt von network knowledge.

Depth verweist auf das Maß, in dem lexikalische Items im mentalen Lexikon miteinander

vernetzt sind. Zusammen mit dem Ausdruck breadth of knowledge, mit dem man den Umfang des mentalen Lexikons meint, verweist depth of knowledge auf entscheidende Eigenheiten des mentalen Lexikons. Anhand von breadth und depth lassen sich somit Art und Umfang des semantischen Netzwerks beschreiben.51

49 Ma 2009, S. 54-55.

(33)

33

5. Bedeutungsbeziehungen im Netzwerk 5.1 Arten von Beziehungen

In Bezug auf Bedeutungsbeziehungen kann man einerseits intrinsische Beziehungen und andererseits assoziative Beziehungen unterscheiden. Lexikalische Items können gemäß der vier Informationsarten von Jiang miteinander verbunden werden. Das heißt, in semantischer, morphologischer, phonologischer und syntaktischer Hinsicht. Das sind die intrinsischen Beziehungen. Bei den assoziativen Beziehungen erscheinen Vokabeln nebeneinander, wie zum Beispiel in Kollokationen. S. dazu Kapitel I, Abschnitt 3.3.

5.2 Intrinsische Beziehungen

Besprechen wir hier zunächst die [intrinsischen] semantischen Beziehungen. Beispiele von semantischen Beziehungen sind Synonyme, Antonyme und Hyponyme.

Laut Nation gibt es vor allem bei Antonymen und Synonymen die Chance, dass Vokabeln miteinander interferieren. Um das zu verhindern, kann ein Dozent die Sprachenlerner im Unterricht die erste Vokabel eines Paares lernen lassen, und erst dann, wenn die L2-Lerner die Vokabel richtig beherrschen, kann der Dozent die andere Vokabel des Paares introduzieren.

Morphologische Beziehungen treten auf Grund von einem gemeinsamen Wortstamm auf. Ein Beispiel einer phonologischen Beziehung ist Homonymie. Homonyme Vokabeln unterscheiden sich nicht im Klang, sondern in der Bedeutung. Beispiele von Homonymie sind arm – Arm und reich – Reich.

Wenn Vokabeln syntaktisch miteinander in Beziehung stehen, haben sie zum Beispiel die grammatische Kategorie gemeinsam.

5.3 Assoziative Beziehungen

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34 In Zusammenhang mit den Bedeutungsbeziehungen ist hier noch zu bemerken, dass sich Sprachenlerner Vokabeln in der L2 auch auf Grund von der lautlichen Form merken und im Lexikon mit anderen Vokabeln verbinden.52 Laut Read passiert diese Vernetzung

anhand von Klangassoziationen vor allem auf niedrigeren Kompetenzniveaus. Wenn das Niveau zunimmt, werden Vokabeln im zunehmenden Maß auf Grund von semantischen Merkmalen miteinander verbunden. Außerdem nimmt Read an, dass Vokabeln, die eine komplexe Aussprache haben, mühsamer in das mentale Lexikon aufgenommen werden. Die praktische Implikation lautet hier, dass es beim Lernen Sinn macht, die Vokabeln auszusprechen, um deren Aufnahme und Vernetzung im mentalen Lexikon anzuregen. Im Grunde üben die Sprachenlerner hiermit auch die Aussprache. Schließlich ist das Lernen mehrkanalig und behalten Fremdsprachenlerner die Vokabeln besser, wenn sie diese lesen und außerdem aussprechen. Auszuschließen ist dabei allerdings nicht, dass Vokabeln, die einander in der Aussprache gleichen, miteinander interferieren können.53

6. Forderungen für den Unterricht

Bis hierher kamen Forderungen zur Sprache, die Relevanz für den Vokabelunterricht haben. Die Forderungen sind als Prinzipien zu betrachten, die den Fremdsprachen-unterricht sinnvoll machen. In Kapitel III bilden diese Prinzipien und deren Anwendung in der Unterrichtspraxis den roten Faden. Hier werden die Forderungen nochmal genannt.

Die theoretischen Erkenntnisse zum Vokabellernen und zum mentalen Lexikon haben uns verdeutlicht, dass:

 DozentInnen die Komponenten Form, Bedeutung und Gebrauch von Vokabeln im Unterricht beleuchten sollten

 DozentInnen Grundvokabeln vor komplexen Hyponymen und Hyperonymen unterrichten sollten

 DozentInnen zentrale Bedeutungen von Vokabeln unterrichten sollten

 DozentInnen Vokabeln eines semantischen Feldes nicht gleichzeitig unterrichten sollten

(35)

35  DozentInnen unterschiedliche Kontexte, in denen eine Vokabel vorkommt,

anbieten sollten

 DozentInnen prägnante Kontexte, in denen eine Vokabel vorkommt, behandeln sollten

 DozentInnen nicht nur Kontexte benutzen sollten. Die Bedeutungen von Vokabeln können DozentInnen auch in der L1 verdeutlichen. Sie schreiben dazu zum Beispiel der Hund – de hond an der Tafel.

 DozentInnen Bedeutungsbeziehungen zwischen Vokabeln verdeutlichen sollten  DozentInnen Vokabeln wiederholen sollten

 DozentInnen Lernziele im Unterricht verdeutlichen sollten [S. Kapitel I, Abschnitt 8].

 DozentInnen inzidentelles und intentionelles Lernen kombinieren sollten  DozentInnen Vokabeln in Verbindung mit bekannten Vokabeln anbieten sollten  DozentInnen Vokabeln »mehrkanalig« anbieten sollten

(36)

36

KAPITEL III

PRAKTISCHE PRINZIPIEN IM FREMDSPRACHENUNTERRICHT

1. Einleitung

Im Kapitel I und II wurden Erkenntnisse aus Untersuchungen zum Wortschatzerwerb und zum schulischen Fremdsprachenlernen dazu benutzt, einige praktische Prinzipien des effektiven Vokabellernens abzuleiten. Diese Prinzipien werden sich durch dieses Kapitel ziehen, in dem die Anwendung der Prinzipien in der Unterrrichtspraxis im Mittelpunkt steht. Drei Phasen des Vokabellernens verleihen dem Kapitel seine Struktur. Bei der Beschreibung der drei Phasen kommen weitere Prinzipien des Vokabellernens zur Sprache, die zwar mit den besprochenen Prinzipien in Zusammenhang stehen, aber erst in Zusammenhang mit dem Phasenmodell zu besprechen sind. Das Nachstehende verdeutlicht, dass DozentInnen das Phasenmodell spielerisch im fremdsprachlichen Vokabelunterricht anwenden können.

2. Phasen im Vokabelunterricht

Im Wortschatzunterricht kann man drei verschiedene Phasen unterscheiden: 1. Darbietung

2. Semantisierung 3. Konsolidierung

Diese Phasen vereinen die praktischen Prinzipien in sich und schließen zudem an den natürlichen Verlauf des Vokabellernens an. Wiederholung ist dabei der unentbehrliche Terminus. Das Phasenmodell schließt an das Prinzip, dass Vokabelkenntnisse allmählich erworben werden, an. Lerner müssen die Phasen durchlaufen, bevor man sagen kann: Der Lerner kennt die Vokabel. Die Phasen können wenig oder viel Zeit kosten. Das hat mit den Vorkenntnissen des Lerners bei einer bestimmten Vokabel, mit dem Lernziel und mit dem learning burden zu tun.54

(37)

37 Was beinhalten die Phasen nun? Bei der Darbietung geht es um das Anbieten der Vokabel. Eine Vokabel kann ein Dozent im Kontext oder in einer Vokabelliste anbieten. Semantisieren heißt das Verdeutlichen der Bedeutung einer Vokabel. Der Dozent kann zum Beispiel anhand einer Übersetzung oder anhand eines Kontextes semantisieren. In der Phase der Konsolidierung machen Sprachenlerner sich mit der Vokabel und deren Bedeutung vertraut. Die Vokabel bekommt dann einen Platz im mentalen Lexikon. Die Konsolidierung kann bei einer großen Zahl Wiederholungen inzidentell passieren, das heißt ohne Lernabsicht. Im Unterricht ist die Konsolidierung meistens intentionell. Dementsprechend kann sich der Fremdsprachenlerner anhand von zum Beispiel Vokabelspielen mit Vokabeln vertraut machen. Die Phase der Konsolidierung schließt mit dem Wiederholen der Vokabeln ab.55

3. Darbietung in Kontexten 3.1 Kontext und Speicherung

Vokabeln sind zum Beispiel in einem Kontext anzubieten. Unter Kontext ist die verbale Umgebung der Vokabel zu verstehen.56 Kontexte verdeutlichen die

Gebrauchsmöglich-keiten von Vokabeln in der natürlichen Umgebung und können eine bedeutende Rolle bei der Konsolidierung spielen.57 Mondria hat dabei herausgefunden, dass das Anbieten

von Vokabeln in einem Kontext eine bessere Speicherung zur Folge hat als das Anbieten von Vokabeln außerhalb von Kontexten, zum Beispiel in einer Vokabelliste. Speicherung verweist auf die Qualität des Speicherns von Vokabeln im mentalen Lexikon. Kontexte bieten Anhaltspunkte, mit denen Sprachenlerner Verbindungen zwischen der Vokabel und dem Kontext herstellen, um die Vokabel sinnvoll im mentalen Lexikon zu verankern. Dabei ist die Speicherung am besten, wenn DozentInnen Vokabeln im Kontext eines Textes anbieten. [Hinsichtlich der Speicherung stehen Kontexte in Form eines Satzes an zweiter Stelle]. Deshalb verwenden DozentInnen im Unterricht meistens Texte. Zudem trainieren Sprachenlerner mit ihnen das Lesen. Das kann ein weiterer Grund [nicht der Hauptgrund] sein, Texte im Unterricht zu bevorzugen.58

55 Mondria 1996, S. 14-15. 56 Ebenda, S. 18.

57 Mondria 2006, S. 7.

(38)

38

3.2 Nicht nur Kontext

Das alles heißt aber nicht, dass DozentInnen Vokabeln unbedingt in Kontexten anbieten sollten. Wenn DozentInnen Vokabeln in dieser Form anbieten, sollen sie im Kontext mehr Wert als außerhalb des Kontextes haben. Einem Dozent, der im Unterricht lange nachdenken muss, bevor er zu einem sinnvollen Kontext kommt, wird empfohlen, eine Vokabel ohne Kontext anzubieten. Vokabeln, wie Konkreta, kann ein Dozent problemlos außerhalb eines Kontextes anbieten, da die Bedeutung jener Vokabeln nicht schwer zu verstehen ist. Der learning burden ist hier klein. Die Bedeutung der Vokabel Hund zum Beispiel, verstehen Lerner auch ohne Kontext. Dazu kommt, dass ein Dozent nur eine relativ kleine Zahl an Vokabeln behandeln kann, wenn er alle Vokabeln in einem Kontext anbieten wollte.59

3.3 Dekontextualisierung

Des Weiteren sollten DozentInnen und Sprachenlerner die Dekontextualisierung mit dem kontextuell Anbieten von Vokabeln verbinden. Beim Dekontextualisieren sollte die textuelle Verbindung zwischen Vokabel und Kontext zu einer mentalen Verbindung werden, um zu vermeiden, dass Lerner eine Vokabel nur innerhalb eines angebotenen Kontextes kennen. Zur Dekontextualisierung brauchen L2-Lerner nicht-kontextuelle Formen. Vokabeln kann ein Fremdsprachenlerner im Unterricht zum Beispiel mit Karteikarten dekontextualisieren. Auf der Vorderseite einer Karte notiert er die Vokabel, auf der Rückseite steht oben der Kontext in Form eines Satzes und unten die Bedeutung der Vokabel. Mit solchen Karten hat der Lerner einen Anhaltspunkt beim Lernen, den Kontext, und er lernt die Bedeutung letztendlich auch außerhalb des Kontextes.60

Auch Kontextvokabellisten kann der L2-Lerner beim Dekontextualisieren verwenden. Derartige Listen haben drei Spalten. In der ersten Spalte steht die Bedeutung, in der zweiten Spalte ein Beispielsatz und in der letzten Spalte die fremdsprachige Vokabel. Ein Beispiel ist verhuizen - Lena zieht nach Berlin um - umziehen. Der Sprachenlerner kann eine Vokabel mit den drei Spalten dekontextualisieren, indem er von der rechten auf die linke Spalte hin arbeitet. Zuerst lernt der Lerner die Vokabel im Kontext, indem er die rechte Spalte abdeckt. Danach kann der Sprachenlerner die rechte Spalte zusammen mit der mittleren Spalte abdecken, um zu kontrollieren, ob er die Bedeutung auch ohne

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39 Kontext kennt. Wenn das der Fall ist, kann der Sprachenlerner annehmen, dass er die Vokabel dekontextualisiert hat.61 Unter umziehen kann in der Vokabelliste ansonsten

das verwandte sich umziehen stehen, zum Beispiel zich omkleden – Lena zieht sich um –

sich umziehen. Wenn dies der Fall ist, sollte der Fremdsprachenlerner Acht darauf geben,

dass er die zwei Formen nicht miteinander verwechselt. Auch in diesem Sinne sollten Fremdsprachenlerner die Vokabeln immer dekontextualisieren.

4. Darbietung in Vokabellisten

4.1 Warum Vokabeln in Listen anbieten?

Oben wurde bemerkt, dass das Anbieten von Vokabeln im Kontext eines Textes mit einer besseren Speicherung beim Lernen verbunden ist als das Anbieten von Vokabeln im Kontext eines Satzes. Dieselbe Beziehung besteht zwischen dem Anbieten von Vokabeln im Kontext eines Satzes und ohne Kontext. Laut Mondria ist die Speicherung bei der Darbietung von Vokabeln außerhalb von Kontexten trotzdem relativ hoch. Aus diesem Grund können DozentInnen Vokabeln unter bestimmten Umständen auch ohne Kontext anbieten. Wenn ein Dozent zum Beispiel Basisverben oder Konkreta behandelt, die auch ohne Kontext zu verstehen sind, kann er Vokabeln ohne Kontext anbieten.62

Ein entscheidender Grund, Vokabeln in Listen anzubieten, ist, dass die Listen im Prinzip die Vokabeln enthalten, die mit einer hohen Frequenz in der kommunikativen Praxis verwendet werden. Die frequentesten Vokabeln bilden das Grundvokabular einer Sprache und dementsprechend sollten Fremdsprachenlerner diese Vokabeln unbedingt beherrschen, denn ein mangelhaftes Grundvokabular kommt einem im Sprachenlernen teuer zu stehen in dem Sinne, dass der L2-Lerner essentielle Vokabeln nicht kennt, die er trotzdem braucht, sich auf eine verständliche Weise ausdrücken zu können.63

Was hat man eigentlich unter Vokabellisten [im Unterschied zu Kontextvokabellisten] zu verstehen? In zweisprachigen Listen steht in der linken Spalte die Vokabel in der L1, in der rechten Spalte die Form in der L2. Die Reihenfolge kann auch andersrum sein, zum Beispiel, wenn produktive Kenntnisse das Ziel sind. Die Leserichtung braucht nicht

61 Mondria u. Mondria-de Vries 1997, S. 46-47. 62 Mondria 1996, S. 215-216.

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40 unbedingt die Lernrichtung zu sein, obwohl es das Lernen wohl erleichtert, wenn beide Richtungen übereinstimmen. [Bei Kontextlisten arbeiten die Lerner von der rechten auf die linke Spalte hin, hier ist die Leserichtung also auch nicht die Lernrichtung].64

4.2 Worauf haben DozentInnen zu achten?

Bei der Darbietung von Vokabeln in Listen haben DozentInnen darauf zu achten, dass die Listen neben losen Vokabeln auch Idiome und Kollokationen enthalten, damit die L2-Lerner eine Idee davon bekommen, wie die Vokabeln in der kommunikativen Praxis angewendet werden. Denn schließlich ist die Kommunikation das Ziel, das DozentInnen mit dem Vokabellernen vor Augen haben. Zunächst können DozentInnen die zentrale Bedeutung der Vokabel als Anhaltspunkt in die Liste aufnehmen, auf deren Basis die Lerner später weitere Bedeutungen lernen können. Die DozentInnen sollten dies den Sprachenlernern verdeutlichen, um zu vermeiden, dass die Lerner denken, die Vokabel habe nur eine Bedeutung.65

Das Anbieten von Grundbedeutungen ist zudem wichtig, um zu breiten Kenntnissen zu kommen. Breadth of knowledge braucht ein Fremdsprachenlerner, bevor er zu depth of

knowledge kommen kann. Am Anfang des Sprachlernprozesses braucht der Lerner vor

allem ein Grundvokabular, um die Sprache als Kommunikationsmittel verwenden zu können. Neue Kenntnisse kann der Sprachenlerner dann inzidentell und intentionell vor dem Hintergrund der bereits vorhandenen Kenntnisse erwerben.66

Vokabellisten enthalten jedoch nicht nur Vokabeln und deren Bedeutungen, Idiome und Kollokationen. Achten sollten DozentInnen auch auf die Grammatik. Um die Grammatik von Vokabeln nicht aus dem Auge zu verlieren, sollten die DozentInnen bei deutschen Verben neben dem Infinitiv auch die Präteritumform und die Perfektform erwähnen, zum Beispiel empfehlen/empfahl/empfohlen. Es ist zudem empfehlenswert, den Artikel und Plural eines Nomens gleich mit zu erlernen. Zum Beispiel die Maus statt Maus, um das Genus zu lernen, und die Maus/Mäuse, um den Plural zu erlernen. Anhand solcher Informationen kann der Dozent den Lernern verdeutlichen, wie sie die Vokabeln korrekt verwenden.67

64 Kwakernaak 2009, S. 296. 65 Kwakernaak 2009, S. 292.

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41 Vokabeln, die zum Beispiel semantisch oder phonologisch miteinander in Verbindung stehen, sammeln DozentInnen besser nicht, um sie alle zugleich anzubieten. Im ersten Kapitel wurde bereits verdeutlicht, dass Hyponyme und unter anderem Antonyme miteinander interferieren können, das heißt verwechselt werden können, wenn ein Dozent sie gleichzeitig anbietet. Dies ist auch bei falschen Freunden der Fall. Damit bezeichnet man Vokabeln aus der Muttersprache und der Fremdsprache, die einander ähneln. Niederländisch aangebracht und Deutsch angebracht unterscheiden sich nur in einem Buchstaben, bedeuten jedoch nicht dasselbe. Falsche Freunde bietet ein Dozent besser nicht gleichzeitig an, um Verwechslungen bei den Lernern zu vermeiden.68

4.3 Vokabelkarteien

Das Anbieten von Vokabular in Listen ist eine Sache, das Lernen eine andere. Denn es ist ein Fehler, Fremdsprachenlerner Vokabeln ausschließlich anhand von Listen lernen zu lassen – sie bilden nur einen Ausgangspunkt beim Lernen. Die Speicherung wird besser, wenn Lerner Karteien verwenden. Damit sind Kärtchen gemeint, bei denen die Lerner auf der Vorderseite die Vokabel in der L2 und auf der Rückseite die Bedeutung [L1] notieren sollten. Vorteile bei der Anwendung von Karteikarten sind:

1. Der Sprachenlerner macht sich Gedanken, bevor er die Bedeutung der Vokabel liest. Das heißt, er lernt, indem er sich selbst prüft.

2. Vokabeln, die der L2-Lerner kennt, kann er ruhen lassen, damit er sich richtig auf die Vokabeln konzentrieren kann, die er noch nicht kennt.

3. Die Reihenfolge der Vokabeln ist variabel. Damit vermeidet der Sprachenlerner, dass er nicht im Stande ist, die Vokabeln außerhalb des Lernsystems zu reproduzieren.69

4.4 Handcomputer

Laut Mondria lernen Sprachenlerner Vokabeln optimal, wenn sie den Handcomputer von Mondria und Mondria-de Vries benutzen. Im Handcomputer steht das Prinzip der Wiederholung im Mittelpunkt. Der Handcomputer ist ein Kasten mit 5 Fächern, die immer größer werden. Der Sprachenlerner nimmt 30 bis 40 Karteikarten, auf denen er die Vokabeln mit ihren Bedeutungen, wie in 4.3 beschrieben, notiert. Am besten benutzt

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42 der Lerner unterschiedliche Farben, damit deutlich ist, welche Seite die Vorderseite und welche die Rückseite ist. Danach setzt der Lerner die Karten in Fach 1. Er nimmt die Vokabeln durch und die Vokabeln, die er beherrscht, kommen in Fach 2. Die Vokabeln, die er noch nicht kennt, bleiben in Fach 1. Sobald nur noch ein paar Karten in Fach 1 sind, stellt der Fremdsprachenlerner 30 bis 40 neue Karten in den Kasten, die er studiert und in Fach 2 verschiebt. Wenn keine Karten mehr in Fach 1 sind, wiederholt der Lerner die Karten in Fach 2. Die Vokabeln, die er kennt, kommen in Fach 3, die Vokabeln, die noch mehr Wiederholung brauchen, kommen wieder in Fach 1. Damit ist das Prinzip des Handcomputers verdeutlicht – die Vokabeln, die der Lerner beherrscht, kommen ins nächste Fach, die Vokabeln, die er noch nicht oder nicht mehr kennt, bleiben in Fach 1, bis er sie behält. Wenn der L2-Lerner mehrere Male mit dem Handcomputer gearbeitet hat, werden auch Fach 3 und 4 voll sein [die Vokabeln aus Fach 3, die man kennt, kommen in Fach 4]. Der Lerner kann dann nach dem Prinzip von Fach 2 weitermachen. Wenn Fach 5 [in dieses Fach kommen die Vokabeln aus Fach 4, die der Lerner nicht mehr vergisst] zum Schluss voll ist, sollte der Lerner die Karten aus dem Kasten herausholen. Der Lerner braucht die Vokabeln dann nicht mehr zu wiederholen, denn er hat sie so intensiv studiert, dass er annehmen kann, dass er sie jetzt kennt. Wenn Fach 5 groß genug ist, dass alle Karteikarten in dieses Fach passen, braucht der Lerner es nicht leerzuräumen und sollten die Karten in Fach 5 stehen bleiben. Der Sprachenlerner sammelt so das persönliche Vokabular, aus dem er ab und zu 10 Karten herausnehmen kann, um die Vokabeln zu kontrollieren. Er sollte dabei nach dem Prinzip vom expanding

rehearsal vorgehen, das in Kapitel I im Abschnitt 7 beschrieben wurde. Das Prinzip des

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43

Figur 6. Der Handcomputer von Mondria und Mondria-de Vries [1994].

Mondria und Mondria-de Vries führen mehrere Argumente an, die für den Gebrauch des Handcomputers sprechen:

1. Wenn Sprachenlerner mit dem Handcomputer lernen, ist ihre Konzentration im Allgemeinen hoch, da sie das Lernen mit motorischen Handlungen kombinieren. Sie arbeiten mit ihren Händen, um die Karten in einem bestimmten Fach unterzubringen. Vor allem bei den Lernern, die ihre Konzentration bald verlieren, hat die motorische Komponente des Handcomputers Wert. Zudem arbeiten die Sprachenlerner mit ihrem eigenen Material, was sie motivieren kann, Vokabeln zu lernen. Dabei sehen sie, wie groß die Zahl der Vokabeln ist, die sie beherrschen. Auch das kann sie motivieren, sich an das Vokabellernen zu setzen.

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44 3. Der Handcomputer ist ein System, dass Lerner an die eigenen Bedürfnisse anpassen können. Auf den Karten können sie die Informationen notieren, die sie lernen möchten. Das müssen nicht unbedingt nur lose Vokabeln sein. Auch Idiome und Kollokationen können L2-Lerner mit dem Handcomputer lernen. Zu jeder Zeit können sie neue Karten in das System einbringen und den Handcomputer benutzen. Die Lerner arbeiten dann automatisch mit zunehmend größeren Intervallen.70

5. Semantisierung von Vokabeln 5.1 Geben von Bedeutungen

Um die Bedeutung einer Vokabel zu unterrichten, kann der Dozent die Bedeutung geben. Das heißt, dass er den Sprachenlernern die Bedeutung klar macht, ohne dass sie eine bedeutende mentale Anstrengung liefern müssen, um die Bedeutung zu verstehen.71

Wenn der Dozent dabei Kontexte benutzt, verwendet er am besten mehrere Kontexte, um die Vokabel zu semantisieren. Bedeutungen sind auf verschiedene Weisen zu geben: 1. Übersetzung  zum Beispiel wonen – wohnen

2. Prägnanter Beispielsatz  erfinden – Rudolf Diesel erfand den Dieselmotor

3. Umschreibung bzw. Definition  der Dampfer – Schiff, das mit einer Dampfmaschine

angetrieben wird

4. Beispiele von Hyponymen eines Hyperonyms  das Obst: Äpfel, Bananen und Birnen

sind Obst

5. Synonym  locker = lose

6. Antonym  flach <> tief – ein flacher See <> ein tiefer See 7. Demonstration  winken – der Dozent winkt den Lernern zu 8. Bild  die Brille –

(45)

45 Im Grunde kann man alle obenstehenden Alternativen außer der Demonstration in einer Vokabelliste benutzen, um die Semantisierungen von Vokabeln zu verdeutlichen. Das heißt, dass in einer Vokabelliste die Semantisierungen bei der Darbietung bekannt sind und die Phasen Darbietung und Semantisierung eins werden. Das ist auch der Fall, wenn man die Semantisierungen, zum Beispiel Umschreibungen und Antonyme, in Form von Glossen am Textrand bzw. in einer kurzen Vokabelliste unten am Text aufnimmt. Hier mag deutlich sein, dass die Alternativen, die Semantisierungen von Vokabeln zu geben, auf verschiedene Weisen anzubieten sind. Beim Geben sollten die Sprachenlerner die Semantisierungen anschließend lernen, zum Beispiel mit dem Handcomputer, um Vokabeln im mentalen Lexikon zu verankern.

Außerdem sind nicht alle Alternativen in allen Unterrichtssituationen zu verwenden, um die Bedeutung einer Vokabel zu behandeln. Umschreibungen und Synonyme können DozentInnen im Unterricht nicht einsetzen, wenn diese Vokabeln enthalten, die die Fremdsprachenlerner nicht kennen. Bei beginnenden Lernern ist ein Äquivalent in der L1 am praktischsten, denn die Bedeutung in der L1 werden sie immer verstehen. Wenn das Kompetenzniveau zunimmt, sind auch die anderen Alternativen zu benutzen. Wer die Methoden als Dozent kombiniert, kann zu einem sinnvollen Unterricht kommen.72

5.2 Raten von Bedeutungen

5.2.1 Was bedeutet raten?

Außer die Bedeutung zu geben, kann der Dozent Lerner die Semantisierung auch raten lassen. Das Raten der Bedeutung einer Vokabel bedeutet das Ableiten ihrer Bedeutung anhand eines Kontextes und der Form. Die Erratbarkeit einer Vokabel ist dabei von drei Faktoren bestimmt:

1. Faktoren in Bezug auf den Kontext 2. Faktoren in Bezug auf die Vokabel 3. Faktoren in Bezug auf den Lerner

Die Faktoren in Bezug auf den Kontext haben mit der Redundanz des Kontextes zu tun. Damit ist etwa die Informationsdichte im Kontext gemeint. Wenn Vokabeln mehrmals in

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