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2007 Bijlage VWO

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(1)

Bijlage VWO

2007

tijdvak 2

Duits 1,2

Tekstboekje

tijdvak 2

(2)

Musik bei Münzeinwurf

Weil er CD-Kopierautomaten en gros vertreiben will, legt sich ein Geschäftsmann mit der Phonoindustrie an

(1) Der Kasten ähnelt einem einarmi- gen Banditen1). Arme hat er keine, doch ist ihm eine Hebelwirkung auf

Deutschlands Plattenindustrie nicht abzusprechen. Nach dem Willen seines

5

Vertreibers soll der CD-Kopierapparat namens Copyvend demnächst deutsche Tankstellen und Läden bereichern.

„Etliche hundert Vorbestellungen“

meldete Reinhard Krätzig, Vorstand

10

der Hamiltons Versand AG, Ende August. Vier Wochen später wollte er mit der Auslieferung der 3700 Euro teuren Copyvend-Geräte beginnen.

(2) Zum Stückpreis von drei Euro soll-

15

ten Kunden dann mitgebrachte CDs kopieren können. Nicht nur für seine Firma witterte Krätzig einen Riesen- markt. Auf seiner Website rechnete er Interessenten „renditestarke Umsätze“

20

vor.

(3) Im Moment sieht es eher nach einem Minusgeschäft aus. Auf Antrag der Plattenfirmen EMI und BMG verbot das Münchner Landgericht per

25

einstweilige Verfügung, das Gerät zum Kopieren von Musik-CDs zu vertreiben.

Begründung: Die CD-Vervielfältigung gegen Entgelt gehe über das Recht auf Privatkopien hinaus und sei daher

30

unzulässig.

(4) Der vorerst Ausgebremste legte Widerspruch ein. Am kommenden Donnerstag soll nun in einer münd- lichen Verhandlung die Rechtmäßig-

35

keit des Verbots geprüft werden.

Nötigenfalls, so Krätzig, ziehe er bis vor den Bundesgerichtshof: „Ich bin im Recht. Die Phonoindustrie will mich einschüchtern.“

40

(5) Der Münchner Rechtsanwalt Johannes Waldorf, der die einstweili- gen Verfügungen durchsetzte, räumt dem Gegner wenig Chancen ein. „Die Rechtslage ist eindeutig. Das wird man

45

auch in der nächsten Instanz so sehen.“

Vor vier Jahren hatte das Oberlandes- gericht Celle in einem ähnlichen Fall die Aufstellung eines kommerziellen Kopierers untersagt.

50

(6) „Die Zulassung solcher Automaten hätte katastrophale Auswirkungen für unsere Branche“, urteilt Carl

Mahlmann, Kopierschutz-Experte bei der EMI. „Das wäre ein Dammbruch.“

55

Waldorf beziffert den möglichen Schaden bei nur 1000 verkauften Geräten auf mindestens 60 Millionen Euro.

(3)

(7) Den ersten Rückzieher hat Krätzig

60

schon gemacht. Vor einigen Wochen noch hatte er potenzielle Copyvend- Besitzer via Website mit dem PS

beschwichtigt, diese seien „nicht für eventuelle Urheberrechtsverletzungen

65

der Kunden verantwortlich“. Das PS wurde inzwischen entfernt.

Tekst 2

Trinken hilft nicht

Alte Erkältungstherapie im Zweifel

Dass es nützlich sei, bei Erkältungskrankheiten

möglichst viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen, wird von keiner wissenschaftlichen Untersuchung belegt. Im Gegenteil: Nun gibt es offenbar Hinweise, dass

übermäßiges Trinken negativ wirken könnte. Zu diesem Schluss kommen australische Wissenschaftler der University of Queensland im British Medical Journal (Bd.

328, S. 499, 2004). Chris Del Mar und dessen Kollegen hatten trotz intensiver Suche keine Studien gefunden, die die Auswirkungen von vermehrter und verringerter

Flüssigkeitsaufnahme bei Erkältungen miteinander verglichen hatten. Viele Menschen glauben, dass die erhöhte Körpertemperatur bei Fieber zum Flüssigkeits- verlust führt oder dass der dicke Schleim in den

Atemwegen verdünnt werden müsse. Tatsächlich regen aber Infektionen der tieferen Atemwege die Produktion des so genannten antiduretischen Hormons an, das die Wasserausscheidung über die Niere vermindert. Die Forscher argumentieren nun, dass sich die Salzkonzen- tration im Blut in dieser Situation bedenklich verringern könnte, wenn die Betroffenen zusätzlich viel Flüssigkeit trinken. Theoretisch könne dies zu Reizbarkeit,

Verwirrtheit oder Lethargie führen.

noot 1 einarmiger Bandit: (scherzhaft für) Spielautomat

(4)

Die Ära der Simultanten

(1) Fünf Minuten tagträumen gönnt sich der 38-jährige Unternehmens- berater Hubert Maller jeden Morgen, dann startet der Frankfurter in den Alltag: Unter der Dusche hört er Nach-

5

richten. Beim Rasieren schielt er auf die Börsenkurse aus Bangkok. Den Cappuccino trinkt er auf dem Weg zur U-Bahn. Während der Fahrt ins Büro liest er den Politikteil der Zeitung. Am

10

Schreibtisch beantwortet er seine E- Mails und löffelt nebenbei ein Früch- temüsli.

(2) Der Mann ist ein Simultant. Dieses Wort hat der Münchner Zeitforscher

15

Karlheinz Geißler, 60, für Menschen erfunden, die ständig mehrere Dinge gleichzeitig tun oder eine Arbeit

verrichten und über die nächste bereits nachdenken. Simultanten telefonieren

20

beim Autofahren, joggen und pauken gleichzeitig Spanisch-Vokabeln oder surfen im Internet, während sie den Nachwuchs füttern.

(3) „Wir sind in eine bisher noch

25

namenlose Epoche eingetreten, in der ein neues Zeitmuster gilt: Beschleuni- gung durch Vergleichzeitigung“, definiert Zeitforscher Geißler. Sein neues Buch „Alles. Gleichzeitig. Und

30

zwar sofort.“ (Herder-Verlag), das nächste Woche erscheint, widmet sich den Chancen und Risiken des

Simultanten-Daseins.

(4) „Unser Leben verdichtet sich

35

immer mehr“, so Geißler, Professor für Wirtschaftspädagogik an der Universi- tät der Bundeswehr. Die Forderung der Wirtschaft, grundsätzlich schnell zu sein, genüge nicht mehr. Das Tempo

40

werde nun nochmals gesteigert, indem der moderne Mensch viele Handlungen gleichzeitig ausführt. „Unser Leben rennt auf vielen Spuren“, beschreibt

Geißler das Modell, „dabei versuchen

45

wir immer wieder, uns selbst zu über- holen.“

(5) Das Gefühl, der Zeit ständig hinter- herzurennen, kennen die meisten Deutschen. 38 Prozent der Frauen und

50

44 Prozent der Männer sagen, ihre Zeit reiche eigentlich nie aus. Dies ergab 2002 eine Untersuchung des

Saarbrücker Gesundheitsamts. Über Zeitnot klagen vor allem die 40- bis 49-

55

Jährigen, gefolgt von den zehn Jahre Jüngeren, erforschte die Sozial- pädagogin Vera Hewener.

(6) Zur dauernden Rastlosigkeit drängten den Menschen zwei Ziele,

60

glaubt Wissenschaftler Geißler: der Wunsch nach dauerhaftem Glück sowie die Illusion, die Vergänglichkeit ließe sich überlisten. Für diese Illusion setzen die Simultanten auf Überschall.

65

Wer jede Sekunde maximal ausschöpfe, wer innerhalb kurzer Zeit besonders viel schaffe, könne sich dem Paradies annähern, so die Hoffnung. „Das Glück besteht darin, immer wieder neue

70

Wünsche und Träume zu formulieren“, sagt Geißler – eigentlich ein Wider- spruch zur abendländischen Kultur, denn das biblische Paradies feiert die Wunschlosen als die Glücklichen.

75

(7) Der Alltag in der Gleichzeitigkeit mag aufregend, rasant und spannend erscheinen, allerdings birgt er auch 12 . Als ein Experiment bezeichnet Geißler deshalb die „Nonstop-Gesell-

80

schaft“. Wenn jemand ständig aktiv, flexibel und auf mehrere Aufgaben konzentriert sein müsse, steige die Fehlerquote. Katastrophen und Unfälle ließen sich häufig auf Überforderung

85

oder Übermüdung zurückführen.

(8) Dem Druck der neuen Zeitordnung widersetzen sich nur frisch Verliebte:

(5)

Für sie gelten keine Regeln der Ver- gleichzeitigung, Beschleunigung oder

90

Simultanhandlungen. Verliebte leben

in einer Welt, die rosarot schimmert und sich zeitlos dreht – bis sie die Realität einholt.

Tekst 4

Schlechtes Deutsch ist

kein Kündigungsgrund

Mangelhafte Deutschkenntnisse rechtfertigen nicht automatisch die Kündigung.

Das hat das Arbeitsgericht Frankfurt entschieden. Es gab damit der Klage eines englischsprachigen Analysten gegen eine Bank statt, die dem Mitarbeiter nach rund zwei Jahren wegen „nicht ausreichender kommunikativer Fähigkeiten“

gekündigt hatte. Laut Urteil versäumte es die Bank, auf die konkreten betrieb- lichen Auswirkungen der angeblichen Mängel hinzuweisen. Außerdem habe sie auch die für eine Kündigung erforderliche negative Zukunftsprognose nicht nachweisen können. So habe der Analyst an dem vertraglich vereinbarten Deutschkurs teilgenommen. Daher sei es unwahrscheinlich, dass es auch künftig bei den mangelhaften Sprachkenntnissen des Klägers bleiben werde, urteilten die Richter. (Az: 18 Ca 8546/03)

(6)

Harvard oder Rollstuhl

(1) Heuchlerischer kann eine Debatte kaum sein. Ausgerechnet zu einem Zeit- punkt, da der Zivildienst endgültig

abgeschafft wird und der Sozialstaat unter seiner Last zusammenzubrechen droht,

5

wird über die soziale Arbeit diskutiert, die junge Leute in Zukunft verstärkt leisten sollen. Natürlich ist das soziale Pflichtjahr – juristisch gesehen – nicht durchsetzbar, weil die Verpflichtung zu sozialer Arbeit

10

einem Zwangsdienst gleicht und damit grundgesetzwidrig ist.

(2) Gleichzeitig aber rufen Politiker und Verbände voller Pathos, dass mehr soziales Engagement doch eine schöne

15

Sache wäre; gerade junge Männer müssten lernen, auch jene Lasten zu tragen, die sonst in der Regel den Frauen aufgebürdet werden; in einer Zeit der Ellenbogen- Mentalität wäre es ein wichtiges Signal,

20

dass auch Verantwortung für die Gemein- schaft übernommen werden muss. Siebzig Prozent der Deutschen finden das laut Umfragen auch.

(3) Nur: Wer so begeistert „Ja“ sagt zu

25

netten jungen Leuten, die freiwillig ein Jahr im Altersheim verbringen, um Greisen den Po abzuwischen, der ist auch in der Pflicht, sich mit der gesellschaft- lichen Realität auseinanderzusetzen, der

30

die Jugendlichen an der Schwelle zum Erwachsensein begegnen. Wo soll diese Bereitschaft zum sozialen Dienst denn herkommen, die zunehmend verloren geht im Schul- und Berufsalltag, weil systema-

35

tisch andere Werte betont werden? Mit- menschlichkeit ist keine genetische Kon- stante, auf die man nach Bedarf zurück- greifen kann. Hinter der Debatte um eine Jugend, die nicht nur Rechte, sondern

40

auch Pflichten kennen sollte, steht letztlich die Sehnsucht nach einer Jugend, die es nicht mehr gibt und so bald nicht mehr geben wird.

(4) Tatsächlich haben die 18-Jährigen

45

kaum eine Chance, zu sozialen, warm- herzigen, umsichtigen und verzicht- bereiten Wesen zu werden, die diesem vagen Sehnsuchtsbild entsprechen.

Wirtschaft, Schulen und Hochschulen

50

predigen eher Zielstrebigkeit als Mensch- lichkeit, und all jene gut gemeinten Aktionen von Familienministerien und Stiftungen, die sich dafür einsetzen, dass auch in der Welt der Zahlen und

55

Dividenden menschliche Qualitäten zählen, scheitern daran, dass man damit allem Anschein nach kein Geld verdient.

(5) Die Zeit zum Abitur wird verkürzt, Langzeitstudenten zahlen Strafen, Aus-

60

landssemester kommen wegen des verlorenen Jahres kaum noch in Frage, Firmen suchen in Anzeigen nach promo- vierten Vorstandsassistenten, die nicht älter als 25 sein sollten. Die Phase der

65

Jugend, also des sozialen Lernens, die Suche nach einer eigenen Zukunft wird verkürzt; die Orientierungslosigkeit, die zum Erwachsenwerden gehört, wird bestraft. Beschleunigung anstelle der viel

70

beschworenen Entschleunigung ist das Gebot des Marktes. Wer da freiwillig ein soziales Jahr einschiebt, ist selber schuld.

(6) Soziale Erfahrungen sollen bitte die anderen machen, die es nicht eilig haben

75

auf dem Weg nach oben – die eigenen kostbaren Söhne schickt man lieber nach Harvard als sie Behinderte im Rollstuhl über die Straße schieben zu lassen. Die Wirtschaft, die soziale und emotionale

80

Kompetenzen einfordert, kauft vordring- lich junge Leute ein, die gar keine Zeit hatten, diese wichtigen Kompetenzen zu erwerben.

(7) In einem funktionierenden Gemein-

85

wesen müsste es aber umgekehrt sein: Ein Bewerber, der statt einer dritten Fremd- sprache ein Praktikum im Altenheim

(7)

vorweisen kann, müsste die besseren Chancen haben. Und derjenige, der ein

90

ökologisches Jahr auf einer Vogelstation absolviert hat, sollte eher eine Chance auf einen begehrten Studienplatz haben als derjenige, der gleich von der Schulbank in den Hörsaal umzieht. Das Jahr als Helfer

95

im Kindergarten müsste auf die Renten- zeiten angerechnet werden.

(8) Diese Vorschläge, die in der Debatte zum sozialen Jahr vorgetragen wurden, sind das einzig nicht Verlogene, weil sie

100

mit eben jenen Anreizen arbeiten, auf die Jugendliche in diesem System aus- gerichtet werden: Chancen, Erfolg, Aufstieg, Einkommen.

(8)

GEISTERFAHRER

Unerforschte Gefahr

Angesichts schwerer Unfälle hält der bayerische SPD-Landtagsabgeordnete Werner Schieder eine Statistik „für dringend notwen- dig“, die Geisterfahrer und die Gründe für deren Fehlverhalten erfasst. Der Umgang mit dem Thema sei „zu sorglos“, seitdem 1999 die Meldepflicht und damit die statistische Erfas- sung abgeschafft wurden. „Die Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer muss gesenkt werden“, fordert Schieder nach einem schwe- ren Unfall auf der A 94 bei München. Dort hatte ein 89-jähriger Falschfahrer einen Mann und dessen dreijährige Tochter getötet und den sechsjährigen Sohn schwer verletzt.

Da alte und junge Fahrer gleicher- maßen Unfälle dieser Art verursachten, ver- langt Alfred Fuhr, Verkehrssoziologe vom Automobilclub von Deutschland (AvD), eine bessere Beschilderung auf Autobahnen sowie Warnungen an unübersichtlichen Stellen.

(9)

Tekst 7

Biologisch bedingte Bettflucht

Zu frühes Aufstehen kann ein innerer Zwang sein – ausgelöst womöglich von einem Genfehler

Der gemeine Deutsche steht früh auf:

Für knapp ein Drittel der Menschen beginnt der Tag hierzulande schon vor sechs Uhr. Europaweit hingegen trifft dies nur für 15 Prozent der Menschen zu, wie eine internationale Marketing-

Agentur per Umfrage ermittelt hat. Da- für löschen Deutsche auch deutlich frü- her das Licht. Nur 24 Prozent gehen nach Mitternacht zu Bett, weit weniger als im Rest der Welt. So viel zur Lage der Nation. Ist frühes Aufstehen das Erbe einer preußischen Sekundär- tugend? Welche Ursachen mag es

haben? Diese Frage beschäftigt durchaus auch Genetiker und die schmale

Disziplin der Chronobiologen.

Immerhin haben Wissenschaftler ein Syndrom ausgemacht, das familiär ge- häuft auftritt und so als 24 gilt: Die Betroffenen treibt es Tag für Tag schon um vier Uhr früh aus dem Bett, gegen sechs am Nachmittag sinken sie tod- müde auf die Matratze, was ihnen das berufliche und soziale Leben schwer macht.

Amerikanische Forscher haben jetzt bei solchen Personen eine Mutation im Erbgut gefunden, die offenbar die innere Uhr aus dem normalen Tagesrhythmus bringt. Der molekulare Mechanismus, den 25 auslöst, passt in das Bild, das sich die Wissenschaftler vom komplexen Räderwerk der biologischen Uhr

machen. Nur ein paar tausend Nerven-

clock, die – abhängig vom Tageslicht – eine Fülle von molekularen Zeitgebern auf den 24-Stunden-Rhythmus taktet.

Denn eigentlich tickt eine innere Uhr in jeder Körperzelle. Die Mechanis- men sind alles andere als vollständig aufgeklärt; man weiß 26 , dass daran eine ganze Reihe rhythmischer chemi- scher Reaktionsschleifen beteiligt ist – zum Beispiel die mit dem Protein namens PER 2, das in den Zellen auf-, aber auch wieder abgebaut wird. Dabei entsteht eine Rückkopplungsschleife, die 27 abläuft und so einen Rhythmus entstehen lässt: Eine hohe Konzentra- tion an PER 2 sorgt dafür, dass andern- orts in der Zelle weniger nachgeliefert wird.

Die jetzt entdeckte Mutation, so meinen die Wissenschaftler, beschleu- nigt diesen Rhythmusgeber. Damit PER 2 28 werden kann, muss es vorher chemisch markiert werden. Das Enzym, das dies besorgt, ist wegen des Genfehlers defekt. Die Folge: Die PER-2- Konzentration steigt an, die innere Uhr der Zellen 29 . Und offenbar schlägt dies auf den gesamten Organismus durch, was die Wach- und Schlafphasen nach vorn verschiebt: Genmanipulierte Mäuse jedenfalls, die die Mutation tragen, so konnten die Wissenschaftler im Experiment nachweisen, werden ebenfalls schon reichlich früh am Morgen aktiv.

(10)

Zur rechten Zeit nach links

Kinder sollten sich frei für eine Hand entscheiden dürfen – sie müssen es aber auch, denn Beidhänder leiden enorm

(1) Als Daniel anfing, Buchstaben zu malen, verblüffte er seine Eltern:

Immer wenn er an die Mitte des Blattes kam, wechselte er den Stift von einer Hand in die andere. „Er konnte die

5

Körpermitte einfach nicht kreuzen“, sagt die Psychotherapeutin Barbara Sattler, die die deutsche Beratungs- und Informationsstelle für Links- händer in München leitet.

10

(2) Noch vor fünfzig Jahren wären Lehrer brutal mit Daniel umge-

sprungen: Sie hätten seinen linken Arm auf den Rücken gebunden oder

eingipsen lassen. Heute lassen die

15

meisten Eltern und Erzieher den Kin- dern freie Wahl. Aber immer noch glauben manche Pädagogen besser zu wissen, welche Hand die richtige ist:

Lehrer sollten dem Kind „in den ersten

20

Tagen des Schulbesuchs nahelegen, das Malen und Schreiben auch mit der rechten Hand zu versuchen“, empfiehlt das hessische Kultusministerium bis heute.

25

(3) Linkshändigkeit sei doch keine Behinderung, ärgert sich Barbara Sattler. „Wenn nicht erkannt wird, dass ein Kind linkshändig ist, kann das fatale Folgen haben“, sagt die Psycho-

30

therapeutin. Viele umgeschulte Links- händer neigten nicht nur dazu, rechts und links zu verwechseln. Sie seien oft sogar besonders undiplomatisch und misstrauisch. Chris McManus, Profes-

35

sor für Psychologie und Medizinische Erziehung vom University College in London, glaubt zudem, dass

umgeschulte Linkshänder häufiger

stottern und mehr Schreibfehler

40

machen.

(4) Betroffen von den Umerziehungs- maßnahmen seien immer noch viel zu viele Kinder. McManus schätzt, dass jeder zehnte Europäer eigentlich seine

45

linke Hand bevorzugt. Barbara Sattler nimmt sogar an, es seien 20 bis 30 Prozent. Auch wenn das Umschulen heute nicht mehr üblich und in den Lehrplänen einiger Bundesländer sogar

50

explizit verboten ist, passiert es doch immer wieder – unbewusst. So imi- tieren linkshändige Kinder häufig nur ihre rechtshändigen Eltern. Oder diese drücken ihnen ohne Nachdenken den

55

Stift zum Malen immer in die rechte Hand. „Eigentlich müssten sie den Kindern den Stift aber mittig hin- halten“, sagt Sattler.

(5) Wie aber lässt sich zuverlässig her-

60

ausfinden, ob ein Kind Links- oder Rechtshänder ist? Zwar haben sich Wissenschaftler immer wieder an einer Definition versucht. Dabei herausge- kommen ist aber ein Wirrwarr. Der

65

Bielefelder Soziologe Josef Janßen hat die verschiedenen Tests kurzerhand an sich selbst ausprobiert. Dabei sollte die Einordnung meist daran erfolgen, mit welcher Hand ein Mensch bestimmte

70

Tätigkeiten wie zum Beispiel Zähne- putzen ausführt. Mal wurde Janßen so als Rechtshänder, manchmal auch als Beidhänder und sogar als Nicht- Rechtshänder eingestuft. „Trotzdem

75

kann man durch Tests bei vielen Menschen zum richtigen Ergebnis kommen“, sagt Barbara Sattler. „Aber das geht natürlich nicht in ein paar

(11)

Minuten.“ Für Daniel nahm sich die

80

Psychologin mehrere Stunden Zeit. Um herauszufinden, welche Hand die dominante ist, ließ sie ihn Linien nachfahren und Punkte in Kreise malen. Daniel musste auch Perlen auf

85

Draht fädeln, Blumen gießen und Streichhölzer zählen. „Das sind Dinge, die wenig von der Erziehung beein- flusst werden“, erklärt sie.

(6) Der Innsbrucker Logopäde Rieder

90

fordert in schwierigen Fällen die Eltern auf, ihr Kind wochenlang zu beobach- ten. Am Ende aber müsse eine Ent- scheidung fallen, sagt er. Und trotzdem fühlt er sich dabei manchmal unwohl:

95

„Es ist schließlich immer ein Eingriff in die neuronale Steuerung des Kindes.“

Wahrscheinlich sei das Gehirn eines Linkshänders anders organisiert als das eines Rechtshänders, glaubt auch

100

der britische Psychologe McManus.

Weil die linke Körperhälfte von der rechten Hirnhemisphäre gesteuert wird, das Sprachzentrum aber in der linken Hälfte des Gehirns liegt, werden

105

beim Linkshänder dominante Hand und Sprachzentrum von unterschied- lichen Hirnhälften überwacht.

(7) Weshalb der Körper bei manchen Menschen diesen Spagat eingeht, ist

110

unklar. Strittig ist insbesondere der Einfluss der Gene. McManus geht zwar davon aus, dass die Händigkeit vor allem durch Erbanlagen bestimmt wird. Es gebe aber auch andere Ein-

115

flüsse, räumt er als Vater eineiiger

Zwillingsmädchen ein, von denen eine Rechts- und die andere Linkshänderin ist. „Das ist ähnlich wie bei einer Münze, die geworfen wird.“

120

(8) Seit Josef Janßen Adoptions- und Zwillingsstudien bewertet hat, betrach- tet er die Rolle der Gene eher skep- tisch: Die Ergebnisse der verschiede- nen Untersuchungen seien wider-

125

sprüchlich. Eine genetische Ursache der Händigkeit könnten sie nicht be- legen. Der Soziologe stellt eine eigene Hypothese für Linkshändigkeit auf. Sie könnte auch eine Gegenreaktion gegen

130

den elterlichen Willen sein, schreibt er:

Das Kind „verweigert eigensinnig die (gute) richtige Hand, die von einer Bezugsperson bevorzugt wird“.

(9) „Ich sehe nicht, warum Kinder aus

135

Trotz ihre linke Hand benutzen soll- ten“, sagt dagegen Barbara Sattler. Die Therapeutin warnt davor, „Schubladen aufzumachen“. Zu viele seltsame Ansichten wurden schon über Links-

140

händer verbreitet. So wird ihnen ein größerer Hang zu Kriminalität unter- stellt. Oder es wird behauptet, dass es unter Selbstmördern ebenso wie unter Vegetariern besonders viele Linkshän-

145

der gebe. Mitunter wird Linkshändern unter Verweis auf Aristoteles, Paul Klee oder Mozart auch Hochbegabung angedichtet.

(10) „Linkshänder sind Linkshänder so

150

wie große Leute groß sind“, sagt da- gegen McManus. „Sie sind einfach so.“

(12)

Sparprogramm

Mäuse lassen sich in künstlichen Winterschlaf versetzen

Menschen in einen künstlichen Win- terschlaf zu versetzen: Davon träumen nicht nur Weltraumexperten. Denn was Astronauten jahrelange Reisen durchs All ermöglichen soll, könnte auch das Leben irdischer Patienten verlängern – zum Beispiel nach kritischen Operatio- nen: Dank eines reduzierten Stoffwech- sels und ungewöhnlich tiefer Körper- temperaturen würden die Patienten widrige Zeiten einfach verschlafen.

Um die Vorteile des Winterschlafs erfolgreich zu nutzen, müsste sich der ungewöhnliche Körperzustand aber schnell und einfach erzeugen lassen.

Genau das ist Biochemikern aus Seattle jetzt erstmals bei Mäusen gelungen.

Eric Blackstone und seine beiden Kollegen Mike Morrison und Mark Roth flößten laut ihrem Bericht im Fach- magazin Science (Bd. 308, S. 518, 2005) Labormäusen Schwefelwasserstoff ein.

Nach fünf Minuten sank der Sauerstoff- verbrauch der Tiere auf die Hälfte; der Ausstoß von Kohlendioxid – ein Maß für die Aktivität des Stoffwechsels - fiel sogar um 60 Prozent. Nach sechs Stun- den war die Stoffwechselrate auf zehn Prozent ihres ursprünglichen Wertes gesunken, ähnlich einem Tier im

Winterschlaf. Die Körpertemperatur der

Mäuse lag nur noch rund zwei Grad höher als die Raumtemperatur, die Blackstone und seine Kollegen auf 13 Grad gedrosselt hatten. Je höher das Gas konzentriert wurde, desto schneller und tiefer sank die Körperkerntempe- ratur der Nager.

Sobald das Gas abgesetzt wurde, wachten die Tiere problemlos auf. In Verhaltensexperimenten zeigten die Vierbeiner keine Beeinträchtigungen.

Auch nach mehrmaligem Einschlafen und Aufwachen, was beim Winterschlaf regelmäßig passiert, war den Mäusen keine Schädigung anzumerken. Durch das neue Verfahren gewinne man in kritischen Phasen wertvolle Zeit - zum Beispiel, wenn ein Körperteil nach einem Infarkt kaum noch mit Blut versorgt wird und der Sauerstoffbedarf heruntergesetzt werden muss. Auch Patienten, die auf Organtransplanta- tionen warten, könnten vom Winter- schlaf profitieren.

Dass Menschen einen künstlichen Ruhezustand im Prinzip schadlos über- stehen können, haben Unfälle immer wieder gezeigt: Mediziner können von Patienten berichten, die einen Sturz in eiskaltes Wasser ohne körperliche Schäden überlebt haben.

(13)

Tekst 10

Unzeitgemäβe Regeln von 1901

Es ist mir auch klar, dass es Regeln geben muss, aber viel wichtiger ist doch, dass man versteht, was ge- meint ist. Das „β“ kann von mir aus verschwinden, ich finde es sowieso auf keiner Tastatur auf Anhieb. Mir tun nur die Kinder Leid, die die Re- geln erst so und dann doch wieder anders lernen müssen und deren Zensuren danach bewertet werden, wie gut sie die jeweiligen Regeln gelernt haben.

Peter Voigt

Von der angeblichen Vereinfachung habe ich bisher nichts gemerkt. Die neuen Regeln sind genauso unlo- gisch und mit Ausnahmen versehen wie die alten Rechtschreibregeln.

Wieso muss ich mir von ein paar hoch bezahlten Eierköpfen vor- schreiben lassen, meine Recht- schreibung umzustellen? Ich war mit der alten Lösung gut bedient.

Reiner Pfeifle

Weil viele alte Menschen zu faul sind, sich auf eine sinnvolle neue Schreibweise einzulassen, sollen jetzt die Jungen, die das Schreiben nie anders gelernt haben, plötzlich auf „alt“ umstellen. Die vorige Rechtschreibreform stammte aus

dem Jahr 1901. War es da nicht an der Zeit für eine neue Reform?

Dorothea Zweipfennig

Wenn ich als Germanist und Schul- leiter eines Gymnasiums täglich mit der von niemandem gewünschten Unlogik konfrontiert werde, dann fällt es mir äuβerst schwer zu akzeptie- ren, wie Sie das Problem der Recht- schreibreform mit dem Hinweis, die Menschen hätten andere Sorgen, herunterspielen.

Lothar Freiburg

Wenn es noch eines Beweises über die Reformunwilligkeit in unserem Lande bedurfte, dann haben

„Spiegel“ und die Springer-Presse ein grandioses Beispiel geliefert.

Eine sprachliche Verarmung, wie sie von den Gegnern der Reform angeb- lich festgestellt wurde, ist kein Er- gebnis der neuen Regeln, sondern eher des sprachlichen Vorbilds von

„Bild“ und anderen Organen der Springer-Presse. Sollen doch all diese Blätter zur alten Rechtschrei- bung zurückkehren. Ich jedenfalls werde diese Publikationen als Quellentexte oder Informationsquel- len in meinem Unterricht nicht mehr verwenden.

Hans-Josef Wessel

(14)

Risiko-Programm

(1) Das Medium Fernsehen mag beson- ders schnelllebig sein. Und trotzdem hat, wer als Kind häufig fernsieht, viel zu lange etwas davon. Übergewicht, ein schlappes Herz und ein hoher Cho-

5

lesterinspiegel verfolgen ihn sein Leben lang. Das ergibt die erste Langzeitstudie zu den Folgen des Fernsehens, die jetzt in der Ärztezeitschrift Lancet erschie- nen ist. „Exzessives Fernsehen hat für

10

junge Leute schädliche Konsequenzen bis ins Erwachsenenleben“, sagt der Leiter der Studie, Robert Hancox von der University of Otago in Neuseeland.

(2) Wenn Eltern sich angesichts des

15

Wortes „exzessiv“ jetzt beruhigt in den Fernsehsessel fallen lassen, irren sie aber. Denn Hancox nennt exzessiv, was viele Eltern wohl noch moderat finden:

Schon täglich zwei Stunden vor der

20

Glotze erhöhen die Gesundheitsrisiken im späteren Leben dramatisch. Und immerhin sitzen Deutschlands 10- bis 15-Jährige täglich durchschnittlich satte 118 Minuten vor der Mattscheibe.

25

(3) Schon häufiger wurde davor ge- warnt, dass Fernsehen und eine

schlappe Konstitution fast unzertrenn- lich sind. Dass Kinder vor der Matt- scheibe unsportlich und übergewichtig

30

werden und wegen der gedankenlos verspeisten Chips und Softdrinks auch noch hohe Cholesterinspiegel haben, ist inzwischen unstrittig. Wie sich das aber auf ihr späteres Leben auswirkt, hatte

35

bisher niemand untersucht.

(4) Eben diese Mühe haben sich Robert Hancox und sein Team gemacht. Schon

im April 1972 begannen die Forscher, alle Kinder, die binnen eines Jahres in

40

der 120 000-Einwohner-Stadt Dunedin in Neuseeland geboren wurden, zu erfassen. In den folgenden 26 Jahren wurden die Eltern – und später auch die rund tausend Heranwachsenden

45

selbst – regelmäßig nach ihrem Fernsehkonsum befragt. Schließlich folgte der große Gesundheitscheck: Mit 26 Jahren wurden die jungen Leute gewogen und gemessen, ihre Blutfett-

50

werte wurden bestimmt und schließlich mussten sie aufs Fahrrad, um zu

demonstrieren, was ihr Herz zu leisten vermag. Wie schlecht die Vielseher bei fast all diesen Tests abschnitten, war

55

beeindruckend, sagt Robert Hancox.

„Die Risikofaktoren für einen frühen Tod sind schon etabliert.“

(5) Erschreckend ist auch folgende Erkenntnis: „Es ist fast egal, wie viele

60

Filme kindliche Vielglotzer noch mit 21 Jahren ansehen. Offenbar haben sich Ernährungsweise und mangelnder Bewegungsdrang da schon so etabliert, dass sie sich im Erwachsenenalter

65

fortsetzen, selbst wenn die Vorliebe für das TV-Gerät nachlässt. Weniger als eine Stunde Fernsehen pro Tag wären in den Augen der Forscher erstrebens- wert. „Auch wenn Eltern es schwierig

70

finden, das durchzuhalten“, sagt Hancox. „Wenn man erst als Erwachse- ner versucht, im Kampf gegen Über- gewicht und schlechte Kondition seinen Lebensstil zu verändern, dann ist das

75

noch viel schwieriger.“

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