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Die Bedürfnisse und Erwartungen von Gesundheitsdienstleistern in Bezug auf eine Applikation zur Unterstützung der Kommunikation mit anderssprachigen Patienten

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(1)

DIE BEDÜRFNISSE UND ERWARTUNGEN VON

GESUNDHEITSDIENSTLEISTERN IN BEZUG AUF

EINE APPLIKATION ZUR UNTERSTÜTZUNG DER

KOMMUNIKATION MIT ANDERSSPRACHIGEN

PATIENTEN

FELDFORSCHUNG IN ‚DE PIRAMIDE‘ IN MENEN

Aantal woorden: 21 301

Jasmijn Declercq

Studentennummer: 01607270

Promotor: Prof. Dr. Ellen Van Praet

Proefschrift voorgedragen tot het behalen van de graad van Master in de Meertalige

Communicatie

(2)
(3)

VERKLARING IN VERBAND MET AUTEURSRECHT

De auteur en de promotor(en) geven de toelating deze studie als geheel voor consultatie

beschikbaar te stellen voor persoonlijk gebruik. Elk ander gebruik valt onder de beperkingen

van het auteursrecht, in het bijzonder met betrekking tot de verplichting de bron uitdrukkelijk

te vermelden bij het aanhalen van gegevens uit deze studie.

Het auteursrecht betreffende de gegevens vermeld in deze studie berust bij de promotor(en).

Het auteursrecht beperkt zich tot de wijze waarop de auteur de problematiek van het

onderwerp heeft benaderd en neergeschreven. De auteur respecteert daarbij het

oorspronkelijke auteursrecht van de individueel geciteerde studies en eventueel bijhorende

documentatie, zoals tabellen en figuren.

(4)
(5)

PREAMBULE

Door de COVID-19-crisis is de methode van deze masterproef licht gewijzigd.

Oorspronkelijk was het de bedoeling om het veldwerk op te splitsen in de volgende drie

componenten:

- interviews met de zorgverleners

- een focusgroep met de zorgverleners

- observaties van consultaties met anderstalige patiënten

De observaties waren na 13 maart 2020 voorzien en konden wegens de maatregelen tegen het

COVID-19-virus niet doorgaan.

Deze masterproef werd afgewerkt met het materiaal dat reeds voorhanden was, namelijk met

het materiaal uit de interviews en de focusgroep. Dat materiaal volstond en er was geen

heroriëntering van de masterproef nodig.

Deze preambule werd in overleg tussen de student en de promotor opgesteld en door beide

goedgekeurd.

(6)
(7)

DANKESWORT

Für die Realisierung dieser Masterarbeit möchte ich mich gern bei meiner Betreuerin Prof.

Dr. Ellen Van Praet bedanken. Dank ihrer Richtlinien, Ratschläge und Rückmeldungen

konnte ich diese Masterarbeit absolvieren. Ich möchte mich auch gern bei meiner

Sprachberaterin Dr. Jelena Vranjes, die mir bei dem sprachlicher Ansatz dieser Arbeit

geholfen hat, bedanken.

Auch bei den neun Gesundheitsdienstleistern aus dem kommunalen Gesundheitszentrum De

Piramide in Menen, die zu dieser Studie beigetragen haben, möchte ich mich auch sehr

bedanken. Es war für sie nicht immer einfach, so viel Zeit freizumachen, aber trotzdem

machten sie das und zwar mit Begeisterung.

Zuletzt möchte ich meinem Freund und meiner Mutter für ihre Unterstützung während dieser

Arbeit danken.

(8)
(9)

ABSTRACT

Im Rahmen der Projekte Het Klikt (KBS) und MATCHeN (VLAIO) wird versucht, eine

Applikation zur Unterstützung der Kommunikation zwischen Gesundheitsdienstleistern und

anderssprachigen Patienten zu entwickeln. So könnten die Gesundheitskompetenzen

anderssprachiger Patienten erweitert und soziale Ungleichheit in Bezug auf Gesundheit und

Pflege ausgeglichen werden. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, die Bedürfnisse

und Erwartungen bei Gesundheitsdienstleistern in Bezug auf eine Applikation zur

Unterstützung der Kommunikation zwischen Gesundheitsdienstleistern und anderssprachigen

Patienten im Allgemeinen bzw. zur Unterstützung der Kommunikation über die

Medikamenteneinnahme bei jungen Kindern mit anderssprachigen Eltern herauszufinden.

Dazu wird Feldforschung betrieben: neun Gesundheitsdienstleister eines kommunalen

Gesundheitszentrums

in

Menen

werden

interviewt

und

mit

fünf

dieser

Gesundheitsdienstleister wird eine Fokusgruppe organisiert. Aus der Datenanalyse ergibt

sich, dass sich die Gesundheitsdienstleister bisher nicht viel auf mehrsprachige Hilfsmittel

berufen, weil sie sich aus Zeitmangel nicht in die vorhandenen Tools vertiefen können. Kurze

Trainings oder Vorstellungen von den Vertretern einer Applikation vor Ort würden ihnen

dazu nutzen. Sie erwarten weiterhin eine sehr effiziente Funktionsweise, attraktives Design

und Aufmachung und eine klare Sprache. Die Applikation sollte auch Prävention und

Nachberatung und die Zielgruppen Hausärzte und Pflegekräfte unterscheiden. Zuletzt

erwarten die Gesundheitsdienstleister, dass sie im Hinblick auf mehr Interaktion ihren

Patienten Gesundheitsinformationen mitgeben könnten. In Bezug auf das Thema der

Medikamenteneinnahme bei jungen Kindern sollte die Applikation allgemeine Informationen

zu häufigen Kinderkrankheiten (Husten, Ekzem, Atemwegsinfektionen, Fieber, Diarrhö,

psychosomatische Beschwerden, Diabetes, Schlaf-und Essprobleme und Wundpflege) und

deren Therapie enthalten. Weiterhin sollte das Ziel der Medikation erörtert werden, da

Patienten im Falle einer guten Erläuterung therapietreuer und beteiligter sind. Auch

Informationen zu der Art des Medikamentes, der Dosierung, den Momenten der Einnahme,

der Dauer, der Art und Weise der Einnahme, dem Nutzen und den Risiken sollten besprochen

werden. Zuletzt hoffen die Gesundheitsdienstleister, dass die Applikation für Kinder attraktiv

sein wird.

(10)
(11)

INHALTSVERZEICHNIS

Tabellenverzeichnis 1

1 Einleitung 2

2 Literaturüberblick 6

2.1 Begriffserklärung: Gesundheitskompetenzen 6

2.2 Überblick früherer Studien über digitale Tools 6

2.2.1 Studie von Kerremans, De Ryck, De Tobel, Janssens, Rillof und Scheppers (2018) 7 2.2.2 Studie von Kerremans, Gutiérrez, Stengers, Cox, und Rillof (2019) 9 2.2.3 Studie von Van Praet, De Wilde und Van Vaerenbergh (2019) 10 2.2.4 Masterarbeit von De Sutter, Van De Walle und Benzing (2019) 12 2.2.5 Studie von Van Praet, De Wilde und Karanfil (2020) 14

2.2.6 Bericht Fokusgruppe von MATCHeN (2020) 15

3 Daten und Methodologie 18

3.1 Motivation Feldforschung 18

3.2 Datenerfassung 18

3.2.1 Das kommunale Gesundheitszentrum De Piramide 19

3.2.2 Interviews 20

3.2.3 Fokusgruppe 21

3.3 Methodologie 22

3.3.1 Verarbeitung der Interviewdaten 22

3.3.2 Verarbeitung der Fokusgruppedaten 23

4 Analyse 24 4.1 Herangehensweise 24 4.2 Angewandte Hilfsmittel 26 4.2.1 Professionelle Dolmetscher 27 4.2.2 Informelle Dolmetscher 32 4.2.3 Google Übersetzer 34 4.2.4 Google Bilder 36

4.2.5 Übersetzte Webseiten und Applikationen 38

4.2.6 Angewandte Tools für Medikamenteneinnahme 45

4.2.7 Keine digitalen Tools 49

4.2.8 Informationsquelle über die Hilfsmittel 53

4.3 Bedürfnisse nach Unterstützung 58

4.3.1 Bedürfnis nach mehr Unterstützung im Allgemeinen 59

(12)

4.3.3 Analphabetismus 77

4.3.4 Häufigste Kinderkrankheiten 80

4.3.5 Interkulturelle Verschiedenheiten 82

4.3.6 Ausbildung und Training 85

4.4 Erwartungen hinsichtlich einer neuen Applikation 90

4.4.1 Medikamenteneinnahme 91

4.4.2 Informationen zur Krankheit und Therapie 94

4.4.3 Prävention 96 4.4.4 Nachberatung 97 4.4.5 Interaktivität 99 4.4.6 Visuelle Aspekte 104 4.4.7 Storyboard 108 4.4.8 Nicht zeitaufwendig 109 4.4.9 Klarheit 112 4.4.10 Vorstrukturierte Gespräche 114 4.4.11 Wörterbuch – Übersetzungsmaschine 116 4.4.12 Pflegekräfte 118 4.4.13 Andere Hilfsmittel 120

5 Schlussfolgerung und diskussion 123

5.1 Schlussfolgerung 123

5.1.1 Angewandte Hilfsmittel 123

5.1.2 Bedürfnisse nach mehr Unterstützung 124

5.1.3 Erwartungen hinsichtlich einer neuen Applikation 125 5.1.4 Bedürfnisse und Erwartungen in Bezug auf die Medikamenteneinnahme 127

5.2 Diskussion 128

6 Literaturverzeichnis 132

7 Anhänge 134

Anhang 1: Poster Het Klikt-Projekt 134

Anhang 2: Leitfragen Interviews 135

Anhang 3: Leitfragen Fokusgruppe 137

Anhang 4: Transkription der Interviews 140

GZ1 140

GZ2 145

GZ3 151

GZ4 154

(13)

GZ6 164

GZ7 172

GZ8 175

GZ9 180

(14)

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Überblick von befragten Gesundheitsdienstleistern………..…20 Tabelle 2: Kodierungsschema……….….25

(15)

1 EINLEITUNG

Im Jahr 2016 haben die Universität in Löwen (KU Leuven) und die belgische christliche

Krankenkasse (CM) eine Studie über die Gesundheitskompetenzen in Belgien durchgeführt

(Avalosse, Verniest, Vancorenland, De Cock, Gérard, Cornerotte & Van den Broucke, 2017).

Diese Studie ergab, dass 28% der Belgier nur über beschränkte Gesundheitskompetenzen

verfügen und dass das Niveau der Gesundheitskompetenzen sogar bei 15% der Belgier

unzureichend ist. Obwohl der belgischen Bevölkerung viele Informationen zur Verfügung

stehen, sind sie für viele Menschen schwierig zu verstehen. Weiterhin zeigte die Studie, dass

der Hausarzt die wichtigste Informationsquelle ist

1

. Neben älteren und geringqualifizierten

Personen verfügen auch Migranten über geringere Gesundheitskompetenzen (Vandenbroeck

&

Jenné,

2018).

Das

heißt,

dass

diese

Gruppen

es

schwieriger

haben,

Gesundheitsinformationen

zu

finden,

zu

begreifen

und

anzuwenden.

Diese

Gesundheitskompetenzen zu erweitern ist wichtig, um die soziale Ungleichheit in Bezug auf

Gesundheit und Pflege auszugleichen.

Seitens der Gesundheitsdienstleister wird darüber hinaus festgestellt, dass sie mit einer

wachsenden Diversität ethnischer Hintergründe und mit einer damit einhergehenden

Mehrsprachigkeit konfrontiert werden

2

. Sie empfänden die Gespräche mit anderssprachigen

Patienten als sehr mühsam und die Hilfsmittel reichten außerdem nicht aus. Hausärzte geben

zum Beispiel an, dass es immer schwieriger wird, einen Dolmetscher, der der gewünschten

Sprache mächtig ist, zu finden (De Sutter, Van De Walle & Caroline Benzing, 2019).

Um die wachsenden mehrsprachigen Konversationen zwischen anderssprachigen Patienten

und Gesundheitsdienstleistern zu erleichtern, sind schon verschiedene technologische Tools

in Bezug auf unterschiedliche Gesundheitsthemen (wie Asthma, Essstörungen oder

HIV-Behandlung und Tests) entwickelt worden (Van Praet, De Wilde & Van Vaerenbergh, 2019).

Trotzdem seien die pragmatischen Studien in Bezug auf die Globalisierung und die

Technisierung in diesem Kontext beschränkt. Die Komplexität würde allerdings in

medizinischen Konsultationen wegen der Sprachenvielfalt und der technologischen

Herausforderungen wachsen (Van Praet et al., 2019).

1Dieser Teil der Einleitung basiert auf den unveröffentlichten Projekttext von MATCHeN für die Flämische

Agentur für Innovation und Unternehmen (VLAIO), auf den unveröffentlichten Projekttext von Het Klikt fur die König-Baudoin-Stiftung (KBS) und auf die Beratschlagung mit der Betreuerin dieser Arbeit und der Ansprechpartnerin der beiden Projekte, Prof. Dr. Ellen Van Praet.

(16)

In den letzten Jahren haben sich allerdings einige belgische Forscher mit den Tools, die

Gespräche zwischen Gesundheitsdienstleistern und anderssprachigen Patienten unterstützen,

beschäftigt. Die Arbeit von Kerremans, De Ryck, De Tobel, Janssens, Rillof und Scheppers

(2018) zum Beispiel zeigte, dass sechszehn Gesundheitsdienstleister aus Brüssel nur selten

technologische Tools für ihre mehrsprachigen Gespräche benutzen, obwohl sie anführten zu

glauben, dass derartige Hilfsmittel in Zukunft immer wichtiger sein werden. Aus einer

späteren Studie von Kerremans, Gutiérrez, Stengers, Cox, und Rillof (2019) ging hervor,

dass auch 188 professionelle Dolmetscher und Übersetzer im öffentlichen Dienst aus

verschiedenen Ländern nur wenig die folgenden Hilfsmittel benutzen: computerunterstützte

Übersetzung, maschinelle Übersetzung, Instant Messaging, Videodolmetschen und

Terminologie-Management Systeme. Vandenbroeck und Jenné (2018) zufolge, würde es

große Vorteile bieten, auf eine webbasierte Plattform zu setzen, weil sie gebrauchsfreundlich

ist und einen niedrigen Entwickelungskost und großen Bereich hat. Auf der anderen Seite

brauche eine derartige Plattform ein großes Budget, um mit einem leistungsfähigen Tool

positive Ergebnisse in Gesundheitskompetenzen zu erzielen. Aus der Studie von Van Praet,

De Wilde und Van Vaerenberg (2019) ließ sich weiterhin feststellen, dass

Gesundheitsdienstleister ein Gespräch mit einem digitalen Tool besser als ein Gespräch ohne

digitales Tool beurteilen. Dieselbe Studie zeigte allerdings auch, dass sich die

Gesundheitsdienstleister nicht völlig mit dem genannten digitalen Tool vertraut fühlten. Ein

Gespräch mit dem digitalen Tool dauerte deshalb länger aufgrund des Nicht-Vertrautseins

mit der Applikation seitens der Ärzte. Zusätzliche Trainings seien deshalb ratsam. Die Studie

von Van Praet, De Wilde und Karanfil (2020) bestätigte, dass die Gesundheitsdienstleister

mehr Zeit brauchen, um abstrakte und zeitgebundene Konzepte zu erklären. Auf der anderen

Seite zeigten sich die Gesundheitsdienstleister motivierter, diese Konzepte mit einem

digitalen Tool zu erklären. Die Studie von De Sutter, Van De Walle und Benzing (2019) ging

näher auf ein Hilfsmittel ein, nämlich das Ferndolmetschen. Aus ihrer Analyse wurde

ersichtlich, dass acht Hausärzte aus Genter Gesundheitszentren dem Ferndolmetschen vor

allem negativ gegenüber stehen.

Vor diesem Hintergrund entstand 2019 das Projekt Het Klikt (siehe Poster in der ersten

Anlage), finanziert von dem Fonds Dr. Daniël De Coninck, einem Unterteil der

König-Baudoin-Stiftung (KBS). In diesem Projekt versuchen Forscher der Forschungsgruppe

MULTIPLES (Universität Gent) und der Forschungsgruppe BIAL (Freie Universität Brüssel)

(17)

in Zusammenarbeit mit der Abteilung für primäre Gesundheitsfürsorge und Volksgesundheit

der Universität Gent, ein digitales Tool, das Gesundheitsdienstleister während einer

medizinischen Konsultation mit anderssprachigen Eltern einsetzen können, in sechs

verschiedenen Sprachen zu entwickeln. Diese Arbeit schließt sich diesem Projekt an.

Daneben schließt sich diese Arbeit auch dem Projekt MATCHeN, finanziert von der

Flämischen Agentur für Innovation und Unternehmen (VLAIO), an. MATCHeN ist ein

Projekt der Forschungsgruppe MULTIPLES (Universität Gent), der Abteilung für Sprachen

und Abteilung für Pflege der Hochschule Gent und der Forschungsgruppe BIAL (Freie

Universität Brüssel). Dieses Projekt hat zum Ziel, eine gemeinsame Wissensplattform, auf

der Gesundheitsdienstleister Gesundheitsinformationen finden und teilen können, zu

entwickeln und zu evaluieren.

2015 entwickelte die Forschungsgruppe MULTIPLES in Zusammenarbeit mit Kind en Gezin

eine Pilotversion einer Applikation, finanziert von dem Impulsfonds. Diese Applikation

verfolgte das Ziel, den Gesundheitsdienstleistern beizustehen, anderssprachigen Eltern

Gesundheitsinformationen in Bezug auf Töpfchentraining für ihre jungen Kinder zu

übermitteln. Van Praet, De Wilde und Van Vaerenbergh (2019) und Van Praet, De Wilde und

Karanfil (2020) haben diese Pilotversion schon getestet und die Ergebnisse werden im

Literaturverzeichnis dieser Arbeit wiedergegeben. Die Applikation von Het Klikt baut auf

dieser Pilotversion von 2015 weiter auf und dazu wird das Thema Medikamenteneinnahme

bei jungen Kindern mit anderssprachigen Eltern gewählt.

In Vorbereitung auf die Entwicklung dieses neuen Themas wird in dieser Masterarbeit die

Voruntersuchung durchgeführt: Im kommunalen Gesundheitszentrum De Piramide in Menen

wird bei neun Gesundheitsdienstleistern untersucht, was ihnen zufolge die Bedürfnisse und

Erwartungen bezüglich eines digitales Tools zur Unterstützung der Kommunikation mit

anderssprachigen Patienten im Allgemeinen bzw. zur Unterstützung eines Gespräches über

die Medikamenteneinnahme bei jungen Kindern mit anderssprachigen Eltern sind.

Diese Arbeit bedient sich der Methode der Feldforschung, um auf die obenstehende

Untersuchungsfrage zu antworten. Neun Gesundheitsdienstleister (fünf Ärzte und vier

Pflegekräfte) werden zuerst getrennt interviewt. Der zweite Aspekt besteht aus einer

Fokusgruppe mit fünf Gesundheitsdienstleistern, innerhalb welcher die herausstechenden

Themen aus den Interviews näher diskutiert werden. Für diese Arbeit wird eine Hypothese als

(18)

nicht relevant geachtet, da es das Ziel dieser Arbeit ist, auf eine offene Weise und ohne

vorherige Annahmen zu ermitteln, was die Ansichten von Gesundheitsdienstleistern sind.

Der erste Teil der vorliegenden Arbeit widmet sich einem Überblick über relevante Studien

in Bezug auf digitale Tools im medizinischen Bereich in Flandern. In Kapitel 3 wird erörtert,

wie die Daten für diese Arbeit gesammelt und analysiert worden sind. In Kapitel 4 werden

Auszüge aus den Interviews und aus der Fokusgruppe in unterschiedlichen Kategorien

dargestellt und analysiert. Kapitel 5 befasst sich mit dem Fazit der Analyse. Eine Diskussion,

die die Empfehlungen und die Einschränkungen dieser Studie und die Vorschläge für

(19)

2 LITERATURÜBERBLICK

2.1 Begriffserklärung: Gesundheitskompetenzen

Effiziente Gespräche zwischen Gesundheitsdienstleistern und Patienten trügen zur

Erweiterung

der

Gesundheitskompetenzen

der

Bevölkerung

bei.

Starke

Gesundheitskompetenzen führten wiederum zu einer besseren Volksgesundheit. Da vor allem

ältere Personen, Geringqualifizierte und Personen mit einem Migrationshintergrund über

geringere Gesundheitskompetenzen verfügten, sei es umso wichtiger, auf ihre

Gesundheitskompetenzen einzusetzen. Das würde zu einer Abnahme der sozialen

Ungleichheit in Bezug auf Wohlsein und Pflege führen (Vandenbroeck & Jenné, 2018).

Zunächst soll erläutert werden, was genau mit Gesundheitskompetenzen gemeint wird.

Sørensen et al. (2012) haben eine Definition aufgestellt, in der erklärt wird, dass

Gesundheitskompetenzen die Kenntnisse, der Einsatz und die Kompetenzen, um

Gesundheitsinformation zu finden, zu verstehen, zu evaluieren und anzuwenden, sind

(Vandenbroeck & Jenné, 2018).

Zuerst in den Vereinigten Staaten werde zu Gesundheitskompetenzen geforscht. Am Beispiel

von den Vereinigten Staaten machten einige europäische Länder, wie Schottland und

Deutschland, Gesundheitskompetenzen zu einer politischen Priorität. In Belgien allerdings

widmeten die Behörden den Gesundheitskompetenzen der Bevölkerung weniger

Aufmerksamkeit. Seit 2014 erbringen jedoch verschiedene Studien den Beweis dafür, dass

dieses Thema in der belgischen Politik allmählich mehr in den Vordergrund tritt

(Vandenbroeck & Jenné, 2018). Ein Beispiel ist die Studie der Universität in Löwen und der

belgischen christlichen Krankenkasse (2017), deren Ergebnisse schon in der Einleitung

erwähnt worden sind.

2.2 Überblick früherer Studien über digitale Tools

Im Folgenden werden sechs Studien in Bezug auf die Empfindungen von

Gesundheitsdienstleistern und Patienten mit digitalen Tools während mehrsprachiger

medizinischer Konsultationen besprochen. Diese Studien zeigen, inwiefern diese Tools

benutzt und geschätzt werden und welche Vor- und Nachteile dieser Tools schon in der

Literatur angeschnitten sind. Manche Ergebnisse werden in den Fragen für die Interviews und

für die Fokusgruppe berücksichtigt oder werden an die Befunde der Analyse geknüpft.

(20)

2.2.1 Studie von Kerremans, De Ryck, De Tobel, Janssens, Rillof und Scheppers (2018)

Die Arbeit von Kerremans, De Ryck, De Tobel, Janssens, Rillof und Scheppers (2018)

untersuchte welche Hilfsmittel, um linguistische Probleme mit Patienten zu lösen,

Gesundheitsdienstleister in Brüssel bevorzugen. Dabei lag der Fokus auf technologische

Hilfsmittel. Sechszehn Gesundheitsdienstleister aus zwei verschiedenen öffentlichen

Diensten, nämlich aus den öffentlichen Diensten für Asylbewerber und aus dem mentalen

Gesundheitswesen, sind dazu befragt worden.

Die Gesundheitsdienstleister erklärten, dass sie meistens nicht fließend in einer der zwei

offiziellen Sprachen in Brüssel, Französisch und Niederländisch, mit den Patienten

kommunizieren können. Deshalb benutzten sie oft verschiedene Hilfsmittel, um die wegen

der Sprachbarriere langen Gespräche einzuschränken. Der erste Kontakt mit dem Patienten

sei für die Gesundheitsdienstleister entscheidend, um das geeignete Hilfsmittel zu bestimmen.

Am meisten begegne der Empfangschef der Organisation zuerst dem Patienten und danach

vermittle er, ob ein Hilfsmittel für die nächsten Konsultationen notwendig sei. Zweitens

werde das Hilfsmittel aufgrund des Gesprächssubjektes bestimmt. Aus den Interviews ergab

sich letztens, dass die Gesundheitsdienstleister am liebsten auf einen professionellen

Dolmetscher zurückgreifen. Andere regelmäßig verwendete Strategien seien: eine

Verkehrssprache, sehr einfaches und klares Französisch oder Niederländisch oder die

Sprache des Patienten. Manchmal benutzten sie Handbewegungen oder bezögen sie

Personen, die den Patienten kennen, ein. Technologische Tools, interkulturelle Mediatoren

oder schriftliche Dokumentationen würden weniger benutzt und visuelle Hilfsmittel,

Terminologielisten und Videos würden von den Gesundheitsdienstleistern nie verwendet.

Weiter werden in der Studie von Kerremans, De Ryck, De Tobel, Janssens, Rillof und

Scheppers (2018) die Gründe für die Wahl bestimmter Hilfsmittel erklärt. Die

Gesundheitsdienstleister seien der Meinung, dass die Sprache des anderssprachigen Patienten

zu sprechen, oder wenigstens eine Verkehrssprache, und Handbewegungen zu machen, dafür

sorge, dass der Patient sich am besten ausdrücken könne und sich am wohlsten fühlte. Andere

bevorzugten ein einfaches und klares Französisch oder Niederländisch, weil sie die

Sprachpolitik der Organisation achten möchten, obwohl sich diese Wahl oft nicht für ein

fließendes Gespräch eigne.

(21)

Weiterhin würden professionelle Dolmetscher den informellen Dolmetschern vorgezogen,

vor allem von den Gesundheitsdienstleistern im mentalen Gesundheitswesen. Sie möchten

nämlich verhindern, dass die informellen Dolmetscher den Patienten kennten, wenn

persönliche und vertrauliche Informationen vermittelt werden müssten, und dass diese

Dolmetscher aus Mangel an Sprachkenntnissen die Botschaft falsch übersetzten. Im

öffentlichen Dienst für Asylbewerber dagegen würden regelmäßiger informelle Dolmetscher

für

praktische

und

nicht-vertrauliche

Kommunikation

eingesetzt.

Den

Gesundheitsdienstleistern zufolge beziehen sich die Nachtteile der professionellen

Dolmetscher auf den inhaltlichen und auf den organisatorischen Aspekt: sie seien zum

Beispiel mangels thematischer Kenntnisse nicht imstande, die Botschaft richtig zu

übersetzen, oder es werde einfach kein Dolmetscher, der die Sprache oder Dialekte des

Asylbewerbers oder Patienten beherrscht, gefunden. Die Gesundheitsdienstleister schlügen

ferner vor, dass professionelle Dolmetscher eine psychologische Ausbildung bekämen, weil

sie oft mit emotional schweren Gesprächen konfrontiert würden.

Die Gesundheitsdienstleister gäben in den Interviews an, dass sie nur selten technologische

Tools während mehrsprachiger Konversationen benutzten. Trotzdem erwarteten sie, dass

mehrsprachige und technologische Hilfsmittel in Zukunft eine wichtigere Rolle spielen

würden. Zum Beispiel Tools für Feedback für professionelle Dolmetscher könnten diesen

erlauben, ein Problem das nächste Mal zu verhindern. Eines dieser Probleme sei zum

Beispiel, einen professionellen Dolmetscher mit der benötigten Sprache physisch in der

Konversation zu bringen. Eine technologische Lösung dafür ist das sogenannte ‚Remote

Interpreting‘ (Ferndolmetschen) (Kerremans, De Ryck, De Tobel, Janssens, Rillof &

Scheppers, 2018, S.766). Das heiße, dass die Dolmetscher über Telefon oder über Video im

Gespräch anwesend sind. Obwohl die befragten Gesundheitsdienstleister angaben, diese

Technologien gern in Zukunft zu verwenden, zeigte die Studie von De Sutter, Van De Walle

und Benzing (2019), dass Hausärzte mit diesen Hilfsmitteln doch oft auf Probleme stoßen

und dass diese neuen Technologien für eine optimale Anwendung noch weitere Anpassungen

brauchen. Einige der Nachteile des Ferndolmetschens werden in der Studie von Kerremans et

al. (2018) genannt, aber sie werden im Kapitel 2.2.4 über die Studie von De Sutter et al.

(2019)

ausführlich

besprochen.

Eine

der

Technologien,

die

die

befragten

Gesundheitsdienstleister schon benutzten, sind die (oft mobilen) Tools mit prognostizierten

Fragen und Antworten, wie UniversalDoctor Speaker. Zuletzt ergaben die Interviews, dass

(22)

die Gesundheitsdienstleister standardisierter Formate für Datenaustausch bedürfen, so dass

sie ihre mehrsprachigen Kenntnisse einfach austauchen könnten.

Die Studie endet mit vier Ratschlägen: um die Verwendung der Hilfsmittel zu optimieren,

sollten erstens die Hilfsmittel nicht getrennt, sondern als eine Vielzahl von Funktionen

betrachtet werden. Zweitens sollten alle Hilfsmittel über eine einzige Anlaufstelle

dargestellt

werden. Dienstleistungsorganisationen sollten drittens eine klare Politik, wie ihre

Gesundheitsdienstleister in mehrsprachigen Situationen die Hilfsmittel benutzen sollten,

ausarbeiten. Zum Schluss sollten alle Gesundheitsdienstleister ausgebildet werden, so dass sie

lernen, welche Hilfsmittel sich für welche Situation eignen und wie sie sie am effizientesten

verwenden können.

2.2.2 Studie von Kerremans, Gutiérrez, Stengers, Cox, und Rillof (2019)

Nach der Arbeit von Kerremans De Ryck, De Tobel, Janssens, Rillof und Scheppers im Jahr

2018 wurde eine neue Studie durchgeführt, in der Kerremans, Gutiérrez, Stengers, Cox und

Rillof (2019) 188 professionelle Dolmetscher und Übersetzer im öffentlichen Dienst aus

verschiedenen Ländern über eine Umfrage befragt haben. Im Fokus der Studie stand der

Zusammenhang zwischen der vorherigen Ausbildung der Befragten und der Häufigkeit der

Anwendung der folgenden Technologien: computerunterstützte Übersetzung, maschinelle

Übersetzung, Instant Messaging, Videodolmetschen und Terminologie-Management

Systeme.

Die Befunde haben gezeigt, dass die Dolmetscher und Übersetzer die fünf oben stehenden

Technologien im Allgemeinen nur wenig benutzen. Ungefähr die Hälfte der Befragten kenne

sogar diese Tools nicht. Weiterhin sei kein Verhältnis zwischen der Benutzung dieser

Technologien und dem Alter (ausgenommen des schwachen Verhältnisses im Fall der

maschinellen Übersetzung) gefunden. Die niedrige Anwendung der technologischen Tools

könnte an der Ausbildung, in der von diesen Technologien nie die Rede wäre, liegen.

In offenen Fragen konnten die Befragten erklären, warum sie bestimmte Technologien nicht

benutzen. Die computerunterstützte Übersetzung werde nicht viel verwendet, weil die

Befragten oft angaben, nur Dolmetscherarbeit zu machen oder nur gelegentlich zu

übersetzen. Dasselbe gilt für die Terminologie-Management Systeme, die sich nicht für die

(23)

Dolmetscher eignen. Instant Messaging, maschinelle Übersetzung und das Videodolmetschen

würden schon ein wenig mehr in professionellen Situationen benutzt, obwohl nicht die Hälfte

der Befragten angab, sie gelegentlich oder regelmäßig zu benutzen. Instant Messaging werde

aus Sicherheits- und Vertraulichkeitsinteressen nicht oft verwendet und die maschinelle

Übersetzung werde wegen mangelhafter Zuverlässigkeit und der Schwierigkeit, sie in

mündlichen Situationen einzusetzen, oft ausgelassen. Zuletzt werde das Videodolmetschen

meistens nicht berücksichtigt, weil einfach viele der Befragten nur Übersetzer seien oder nur

vor Ort oder Face-to-Face dolmetschten. Andere gaben an, dass sie sich mit der technischen

Seite des Videodolmetschens nicht auskennen oder dass sie diese Technologie in

professionellen Situationen nicht praktisch finden.

Um das Verhältnis zwischen der vorherigen Ausbildung der professionellen Dolmetscher und

Übersetzer und der Häufigkeit der Anwendung der Technologien zu bestimmen, wurden sie

gefragt, ob sie während der Ausbildung gelernt hatten, eine der Technologien zu benutzen.

Nur 10% bis 18% der Befragten hätten in der Ausbildung über eine oder mehrere

Technologien gelernt. Alle technologischen Tools würden von den Befragten, die schon ein

Training über technologische Tools bekommen haben, mehr benutzt. Allerdings sei nur das

Verhältnis zwischen der computerunterstützten Übersetzung und einem vorherigen Training

statistisch signifikant. Es wurde auch untersucht, ob eine bestimmte Trainingsform zu einer

höheren Anwendung der Technologien führen würde, aber es wurde kein signifikantes

Verhältnis zwischen einer bestimmten Trainingsform und einer höheren Anwendung

gefunden (ausgenommen für die computerunterstützte Übersetzung und für die

Terminologie-Management Systeme, bei denen Selbsttraining zu einer signifikant höheren

Anwendung führe). Die Ergebnisse in Bezug auf die maschinelle Übersetzung wiesen auf

zwei Faktoren, die die Benutzung dieser Technologie positiv beeinflussten, hin, nämlich das

Alter (je jünger, desto mehr die Technologie benutzt werde) und vorheriges Training.

Abschließend ergaben die Befunde, dass die europäischen Dolmetscher und Übersetzer

signifikant mehr die computerunterstützte Übersetzung und die Terminologie-Management

Systeme als ihre australischen Kollegen benutzen.

2.2.3 Studie von Van Praet, De Wilde und Van Vaerenbergh (2019)

Die Arbeit von Van Praet, De Wilde und Van Vaerenbergh (2019) untersuchte Face-to-Face

medizinische Konsultationen, die Gesundheitsdienstleister heutzutage

mit

neuen

Technologien herausfordern. Konsultationen zwischen simulierten anderssprachigen Müttern

(24)

und Gesundheitsdienstleistern von Kind en Gezin mit technologischem Tool und ohne

technologisches Tool wurden miteinander qualitativ und quantitativ verglichen. Das

Experiment stützte auf die These, dass technologische Tools die Übermittlung von

Informationen erleichtern würden. Die Forscher setzten sich mit den folgenden

Forschungsfragen auseinander: Beeinflusst die technologische Unterstützung die

Zufriedenheit der Patienten oder der Gesundheitsdienstleister, den Augenkontakt oder die

Abfolge von Gesprächssequenzen und fördert die technologische Unterstützung das

kommunikative Verständnis?

Im Experiment simulierten elf spanischsprachige Austauschstudentinnen anderssprachige,

junge Mütter in einem Gespräch mit digitalem Tool und neun spanischsprachige

Austauschstudentinnen simulierten anderssprachige, junge Mütter in einem Gespräch ohne

digitales Tool. Im Experiment erfüllten zwei Gesundheitsdienstleister von Kind en Gezin, die

Niederländisch sprechen und beide mehr als fünfzehn Jahre Erfahrung haben, die Rolle der

Gesundheitsdienstleister. Kind en Gezin ist eine flämische Organisation, die sich mit

präventiver Familienförderung, Kinderbetreuung und Adoption auseinandersetzt. Elf

Konsultationen wurden von einer Pilotversion einer multimodalen und mehrsprachigen

Applikation über Töpfchentraining unterstützt. Diese Pilotversion wurde 2015 entwickelt und

wurde in der Einleitung schon erwähnt.

Für den quantitativen Teil der Untersuchung wurde nach dem Experiment allen Teilnehmern

eine Zufriedenheitsumfrage vorgelegt. Für den qualitativen Teil der Untersuchung sind die

Gespräche alle transkribiert und analysiert worden. Feldnotizen und Interviews mit den

Gesundheitsdienstleistern unterstützten die Zufriedenheitsumfragen und die Transkriptionen

der Konsultationen.

Aus den Ergebnissen der Zufriedenheitsumfragen ließ sich erkennen, dass die simulierten

Patienten im Allgemeinen den Gesprächen sehr positiv gegenüberstanden, ungeachtet der

Anwesenheit der Applikation. Die Gesundheitsdienstleister beurteilten die Gespräche mit der

Applikation signifikant besser. Dass die Patienten ein Gespräch mit technologischem Tool

nicht besser schätzten, könnte daran liegen, dass ihnen willkürlich eine Konversation mit oder

ohne Applikation zugewiesen sei und dass sie dadurch weniger vergleichen könnten. Trotz

der positiven Beurteilung der Applikation von den Gesundheitsdienstleistern ging aus einigen

(25)

retrospektiven Interviews hervor, dass sie sich nicht völlig mit der Applikation vertraut

fühlten und dass deshalb zusätzliche Trainings zu empfehlen seien.

Die Analyse der simulierten Gespräche zeigte, dass die Applikation keinen Einfluss auf die

Abfolge von Gesprächssequenzen ausübte: die allgemeine Struktur des Gespräches sei in

beiden Fällen ähnlich und es würden nicht mehr Fragen gestellt. Die Benutzung der

Applikation verlängerte dagegen die Gesprächsdauer: obwohl die Gesundheitsdienstleister

während der zusätzlichen Pausen immer etwas zu machen versuchten (lesen, navigieren,

Information nachschlagen), würden diese Pausen als unangenehm empfunden.

Darüber hinaus ging aus der Analyse der simulierten Gespräche hervor, dass die Benutzung

der Applikation signifikant den Augenkontakt mit dem Patienten reduzierte. Das sei bei

einem der Gesundheitsdienstleister meistens, weil sie sich nur auf den Bildschirm

konzentriere,

was

mit

den

unangenehmen

Pausen

einhergehe.

Der

andere

Gesundheitsdienstleister verliere am meisten den Augenkontakt, weil sie während ihrer Rede

viele Handbewegungen mache: Sie zeige zum Beispiel etwas auf dem Bildschirm, sie spreche

und erkläre und sie klicke auf den Schirm. Sie versuche auf viele verschiedene Weisen, dem

Patienten etwas zu erklären. Dieser zweite Grund von Verlust des Augenkontaktes erweise,

dass weniger Augenkontakt nicht unbedingt einen Nachteil darstelle, denn er könne auf eine

intensivere Art und Weise, um etwas verständlich zu machen, hinweisen.

Die letzte Schlussfolgerung aus der Analyse der simulierten Gespräche war, dass die Bilder

auf der Applikation die folgenden Aspekte des kommunikativen Verständnisses förderten:

Interesse wecken, emotionale Beziehungen aufbauen, konkrete Wörter und abstrakte

Konzepte erklären und Schlussfolgerungen ziehen.

2.2.4 Masterarbeit von De Sutter, Van De Walle und Benzing (2019)

In der Masterarbeit von De Sutter, Van De Walle und Benzing (2019) wurden anhand von

Interviews mit acht Hausärzten aus Genter Gesundheitszentren die zwei Typen von

Ferndolmetschen, Video- und Telefondolmetschen, in medizinischen Konsultationen

untersucht. Die Untersuchungsfragen bezogen sich auf die allgemeine Meinung der

Hausärzte gegenüber dem Ferndolmetschen, die Bewertung der Dolmetschleistung, die

Kenntnisse der Hausärzte von der Deontologie der Dolmetscher und die vorausgehenden

Trainings über Ferndolmetschen in der Ausbildung der Ärzte.

(26)

Aus der Analyse der Interviews ging hervor, dass die Hausärzte das Ferndolmetschen vor

allem negativ beurteilen, da sie überwiegend Nachteile genannt haben, wie die schlechte

Verfügbarkeit, die schwierige Sprachkombinationen und den Mangel an nonverbalen

Aspekten (De Sutter, Van De Walle & Benzing, 2019, S.80). Die meisten Nachteile bezögen

sich vor allem auf das Telefondolmetschen, weil bei dieser Form die nonverbalen Aspekten

fehlten. Beim Videodolmetschen störten vor allem die technischen Probleme die Ärzte,

während beim Telefondolmetschen sie viel weniger technische Probleme empfänden. Die

Analyse ergab außerdem drei Aspekte, die die Hausärzte als eine Voraussetzung für einen

guten Dolmetscher betrachten: Sprachgefühl, Kulturkenntnisse und Neutralität in schwierigen

Themen.

Die Analyse setzte sich auch mit der Frage nach der Bewertung der Dolmetschleistung

auseinander. Videodolmetscher würden überwiegend nie und Telefondolmetscher würden nie

bewertet. Wenn die Videodolmetscher beurteilt würden, dann sei das im Fall eines

technischen Problems. Die Hausärzte seien der Meinung, dass es sich nicht lohne, die

Dolmetscher zu bewerten. De Sutter, Van De Walle und Benzing (2019) gaben in ihrer Studie

an, dass es einen Zusammenhang zwischen dem ersten und dem zweiten Befund gibt: „Weil

Hausärzte remote interpreting bisher abgeneigt und negativ gegenüber stehen, ist es logisch,

dass sie es nicht immer notwendig finden, dass Ferndolmetscher bewertet werden“ (S.

80-81).

Weiterhin zeigte die Analyse der Interviews, dass die Hausärzte sich gut mit der Deontologie

der Dolmetscher auskennen und versuchen, sie zu respektieren. Da die Dolmetscher jeweils

am Anfang des Gespräches die Deontologie wiederholten, kennten die Ärzte die Regeln gut.

Sie versuchten vor allem die Regel, den Patienten in der ersten Person Singular

anzusprechen, zu achten. Sie stießen aber auf Schwierigkeiten in Bezug auf die Position der

Webcam beim Videodolmetschen: „Nicht in jedem Fall versuchen sie die beiden

Gesprächspartner ins Bild zu bringen während eines Arztbesuchs“ (De Sutter, Van De Walle

& Benzing, 2019, S. 81).

An letzter Stelle wurde festgestellt, dass die Hausärzte in ihren vorausgehenden Studien nie

über Ferndolmetschen gelernt haben. Die Ärzte erwähnten allerdings zwei Gründe, weshalb

es nützlich wäre, Trainings über Ferndolmetschen in die Ausbildung zu integrieren: Auf diese

(27)

Weise wüssten die Ärzte erstens, dass das Ferndolmetschen überhaupt bestehe und sie

könnten zweitens im Voraus schon über die deontologischen Regeln erfahren und sie üben.

2.2.5 Studie von Van Praet, De Wilde und Karanfil (2020)

Die Studie von Van Praet, De Wilde und Karanfil (2020) verfolgte die Frage, ob digitale

Tools erstens die Zeit und zweitens die Zahl an Handbewegungen, um anderssprachigen

Müttern abstrakte und zeitgebundene Konzepte zu erklären, reduzieren. Die Daten sind

dieselben als aus demselben Experiment von Van Praet, De Wilde und Van Vaerenbergh

(2019), das im Kapitel 2.2.3 erörtert wurde. In diesem Experiment handelte es sich um zwei

Gesundheitsdienstleister, die mit zwanzig spanischen Austauschstudentinnen, die

anderssprachige Mütter simulierten, ein Gespräch mit oder ohne Unterstützung eines

digitalen Tools führten.

Aus den Ergebnissen wurde ersichtlich, dass, um den simulierten anderssprachigen Müttern

das abstrakte Konzept ‚Geduld‘ zu erklären, die Gesundheitsdienstleister in der Situation mit

digitalem Tool mehr Zeit brauchten als in der Situation ohne digitales Tool. Wenn man das

Verhältnis zwischen der Zeit für die Erklärung zu ‚Geduld‘ mit der Zeit der vollständigen

Konsultation verglich (das ‚Coverage Percentage‘), wurde festgestellt, dass die

Gesundheitsdienstleister in den Gesprächen ohne digitales Tool weniger Zeit für die

Erklärung aufwandten. Das liege vielleicht daran, dass sie das schwierige, abstrakte Konzept

vermeiden möchten. Dagegen sei der Unterschied in Zeit für die Erklärung von Zeitbegriffen

mit digitalem oder ohne digitales Tool viel weniger signifikant (ein Unterschied von 20,2

Sekunden bei Zeitbegriffen gegenüber 32,9 Sekunden bei dem Begriff ‚Geduld‘). Das

‚Coverage Percentage‘ bei Zeitbegriffen ähnle sich in den Situationen mit und ohne Tool.

Zusammenfassend ließ sich feststellen, dass digitale Tools die Zeit, um abstrakte Konzepte zu

erklären, nicht reduzierte. Das liege daran, dass die Gesundheitsdienstleister mehr pausieren,

während sie zum Beispiel etwas läsen, auf dem Tool navigierten oder etwas zeichneten.

Diese

Pausen

würden

als

ungemütlich

empfunden.

Zweitens

kennten

die

Gesundheitsdienstleister die Funktionsweise des Tools noch nicht gut. Die dritte

Schlussfolgerung

beziehe

sich

auf

einen

positiven

Punkt,

nämlich

dass

Gesundheitsdienstleister mit dem digitalen Tool sich mehr bemühten, die abstrakten Begriffe

zu erklären, während man ohne digitales Tool schneller aufgebe.

(28)

Auf den zweiten Teil der Untersuchungsfrage über die Handbewegungen wurde wie folgt

geantwortet: Die Gesundheitsdienstleister machten mit digitalem Tool sowohl um ‚Geduld‘

als

auch

um

Zeitbegriffe

zu

erklären

weniger

Handbewegungen.

Da

die

Gesundheitsdienstleister das Konzept mit dem digitalen Tool übersetzen könnten und mit

Symbolen eine Art Erzählung zusammensetzen könnten, brauchten sie nicht mehr zusätzlich

ihre Hände zu benutzen.

Obwohl die Umfrage von Van Praet, De Wilde und Van Vaerenbergh (2019) ergab, dass

sowohl die Gesundheitsdienstleister als auch die anderssprachigen Patienten eine

Konsultation mit digitalem Tool bevorzugten, zeigte diese Studie, dass derartige

Konsultationen auch nicht reibungslos verlaufen: Hinderliche Pausen störten das Gespräch,

die Gesundheitsdienstleister fühlten sich mit dem Tool nicht vertraut und das Tool habe die

Fragen und also den Anteil der Patienten im Gespräch nicht erhöht. Die Ergebnisse von Van

Praet, De Wilde und Karanfil (2020) schließen sich an diese Ambiguität an. Auf der einen

Seite brauchten die Gesundheitsdienstleister mit dem digitalen Tool mehr Zeit, um abstrakte

und zeitgebundene Konzepte zu erklären. Auf der anderen Seite seien die

Gesundheitsdienstleister mit dem digitalen Tool motivierter, um sich um die Erklärung

abstrakter Begriffe zu bemühen, denn ihnen ständen dazu mehr Möglichkeiten zur Verfügung

und deshalb gäben sie weniger schnell auf im Vergleich zu ähnlichen Situationen ohne

digitales Tool.

2.2.6 Bericht Fokusgruppe von MATCHeN (2020)

Im Rahmen derselben Voruntersuchung des Projektes MATCHeN ist eine Fokusgruppe

organisiert worden. In dieser Fokusgruppe wurde bei den Gesundheitsdienstleistern,

untersucht, welche Bedürfnisse und Erwartungen in Bezug auf digitale Tools für Gespräche

mit anderssprachigen Patienten sie haben.

Die Gesundheitsdienstleister gäben zuerst alle an, dass sie mit Superdiversität konfrontiert

würden. Sie träten nämlich mit immer unterschiedlicheren ethnischen Gruppen in Kontakt

und die Mehrsprachigkeit wachse deswegen. Zweitens wurden verschiedene Strategien, die

die Gesundheitsdienstleister bei Mehrsprachigkeit anwenden, unterschieden. Zunächst

benutzten die Gesundheitsdienstleister digitale Tools wie Google Übersetzer, Pharos und

YouTube. Sie stellten allerdings die Zuverlässigkeit der Qualität von Google Übersetzer in

(29)

Frage. Neben diesen digitalen Tools verwendeten sie auch andere Hilfsmittel, wie Bilder,

Gebärden, Piktogrammen, Zeichnungen und Videos. Weitere Hilfsmittel seien Dolmetscher

und eine Verkehrssprache. Es falle einem Gesundheitsdienstleister auf, dass manche

anderssprachige

Patienten

trotz

geringer

niederländischer

Sprachkenntnisse

eine

Verkehrssprache in medizinischen Kontexten bevorzugten. Sie hätten nämlich Angst, dass sie

die medizinischen Informationen falsch interpretieren würden. Neben Dolmetschern würden

auch informelle Dolmetscher wie Verwandte eingesetzt. Dolmetscher über Internet und

Telefon würden von den Gesundheitsdienstleistern nicht sehr geschätzt, denn sie hielten die

nonverbale Kommunikation für sehr wichtig.

Die Gesundheitsdienstleister nennten weiterhin verschiedene Herausforderungen für

mehrsprachige Kommunikation. Erstens seien die professionellen Dolmetscher schlecht

verfügbar und es sei nicht immer klar, ob die Dolmetscher die Informationen richtig übersetzt

hätten. Zweitens sollten sich Gesundheitsdienstleister ihrer eigenen kulturellen Orientierung

und deren des Patienten bewusst sein. Drittens fänden die Gesundheitsdienstleister die

Fragmentierung der verschiedenen Hilfsmittel problematisch. Darüber hinaus sind viele

Hilfsmittel für Analphabeten und für digital weniger geübte Gesundheitsdienstleister nicht

geeignet. Letztens fehlten manchmal finanzielle Mittel, um die geeignete Unterstützung zu

bezahlen.

Die Gesundheitsdienstleister teilten in der Fokusgruppe außerdem mit, dass sie Interaktivität

sehr stark schätzten und dass das in mehrsprachigen Gesprächen oft fehle. Sie erkennten zum

Beispiel nicht genau, ob der Patient alles richtig verstanden habe. Neben einem guten

kommunikativen Austausch zwischen Gesundheitsdienstleistern und Patienten sei auch ein

guter Austausch zwischen den verschiedenen Hilfsmitteln praktisch.

Zum Schluss gäben die Gesundheitsdienstleister einige Empfehlungen für ein neues

Hilfsmittel. Das erste Thema sei das Medium: über Papier oder über eine Applikation. Da

seien sich die Gesundheitsdienstleister nicht einig und der Vorzug hange von dem Kontext

ab. Unabhängig von dem Medium sollten die Kulturspezifische Elementen berücksichtigt

werden. Effizienz und Klarheit würden auch betont. In Bezug auf die Geschwindigkeit

wollten einige Gesundheitsdienstleister Zugeständnisse machen: Wenn die Applikation die

Qualität der Kommunikation fördere, dann dürfe die Konversation länger dauern. Ein

Gesundheitsdienstleister,

tätig

im

Krankenhaus,

erkläre

dagegen,

dass

(30)

Gesundheitsdienstleister nie eine Applikation benutzen würden, wenn sie das Gespräch

verlängere. Weiterhin sollte die Applikation intuitiv funktionieren und dazu seien eine gute

Suchfunktion und eine klare Struktur wichtig. Trotzdem schienen zusätzliche Trainings über

die Hilfsmittel den Gesundheitsdienstleistern interessant. Letztens konnte man aus dieser

Fokusgruppe schließen, dass Interaktivität für die Gesundheitsdienstleister sehr wichtig sei

und dass dazu Standardsätze ihnen helfen könnten.

(31)

3 DATEN UND METHODOLOGIE

3.1 Motivation Feldforschung

In der vorliegenden Arbeit wird versucht, die Bedürfnisse und Erwartungen von

Gesundheitsdienstleistern erstens in Bezug auf eine Applikation, die das Gespräch zwischen

Gesundheitsdienstleistern und anderssprachigen Patienten im Allgemeinen unterstützt, und

zweitens in Bezug auf eine Applikation spezifisch zur Unterstützung eines Gespräches über

die Medikamenteneinnahme bei jungen Kindern mit anderssprachigen Eltern, zu untersuchen.

Um die oben genannte Frage zu beantworten, wird Feldforschung betrieben. Wie Blommaert

und Dong (2010) erklären ist Feldforschung eine induktive Wissenschaft, in der man anhand

von Daten versucht, Theorien abzuleiten. Der US-Amerikanische Anthropolog Clifford

Geertz nuanciert, dass diese Daten darauf abzielen, dichte Beschreibung zu bekommen. Mit

der dichten Beschreibung meint er, dass man in der Feldforschung die Ereignisse, die zu

klaren, objektiven Theorien führen sollten, nicht nur beobachten sollte, aber dass man sie

auch im Kontext des Beobachteten interpretieren sollte. Geertz begreift Kultur als ein „Netz

von Interpretationen“ (Roidner, 2011, S. 114). Er meint damit, dass man in einer Kultur nicht

nach klaren Gesetzen suchen sollte, aber man sollte diese Kultur interpretieren. Mit der

dichten Beschreibung wird beabsichtigt, die Muster, aus denen Schlussfolgerungen, basierend

auf Interpretation, gezogen werden können, zu finden.

3.2 Datenerfassung

Die Daten sind im kommunalen Gesundheitszentrum De Piramide in Menen, einem Partner

des Het Klikt-Projektes, erfasst worden. Die erste Komponente der Feldforschung sind

getrennte Interviews mit neun Gesundheitsdienstleistern, darunter fünf Hausärzte und vier

Pflegekräfte. Danach ist eine Fokusgruppe mit drei Hausärzten und zwei Pflegekräften

organisiert worden. Die Fokusgruppe hat zum Ziel, näher auf manche herausstechende

Themen aus den Interviews einzugehen. Die dritte Komponente der Forschung wären drei

Observationen von Konsultationen zwischen einem Gesundheitsdienstleister und einem

anderssprachigen Patienten. Diese Observationen haben aber wegen der COVID-19-Krise

nicht stattfinden können. Letztens sind einige Feldnotizen genommen geworden. Es handelt

sich um Beobachtungen vor und nach den Interviews und der Fokusgruppe. Sie werden

allerdings nicht getrennt analysiert, aber tragen zur Analyse der Interviews und der

Fokusgruppe bei. Wie Blommaert und Dong (2010) erklären, dienen sie vor allem für das

(32)

eigene Verständnis des Feldes und sie erlauben es, Aussprachen verschiedener

Gesundheitsdienstleister zu verschiedenen Momenten miteinander in Verbindung zu setzen.

Die Bedürfnisse und Erwartungen der neun verschiedenen Gesundheitsdienstleister von De

Piramide werden auf alle Gesundheitsdienstleister im flämischen Gesundheitswesen

durchgezogen. Generalisierung in der Feldforschung ist nämlich möglich, da ein einzigartiger

Fall ein Beispiel der Lage vieler ähnlicher Fälle ist (Blommaert & Dong, 2010). Der Fall in

De Piramide ist für die Lage, in der flämische Gesundheitsdienstleister sich befinden,

nachvollziehbar.

3.2.1 Das kommunale Gesundheitszentrum De Piramide

Ende April 2016 wurde das kommunale Gesundheitszentrum De Piramide in Menen

gegründet. Das Ziel dieses Zentrums besteht darin, interdisziplinäre und zugängliche

Primärversorgung zu leisten. Im Zentrum arbeiten acht Hausärzte, zehn Gesundheits- und

Krankenpfleger, drei Pflegehelfer und diese behandeln nur Patienten aus Menen („De

Piramide vzw“, o.D.).Während der Forschung war eine Hausärztin von De Piramide die

Ansprechpartnerin und sie beschrieb ein kommunales Gesundheitszentrum mit den zwei

folgenden Eigenschaften: Interdisziplinarität und einem Pauschalbetrag, den das Zentrum pro

Patient bekommt, wodurch die Patienten kostenlos die Gesundheitsdienstleister konsultieren

können.

Die Gesundheitsdienstleister begegnen sehr oft anderssprachigen Patienten aus Menen. Aus

einer lokalen Studie zur Einbürgerung- und Integration

aus dem Jahr 2018 wurde nämlich

ersichtlich, dass 2017 in Menen insgesamt 92 verschiedene Nationalitäten anwesend sind und

dass im Durchschnitt der Prozentsatz von Personen mit einer ausländischen

Staatsangehörigkeit höher liegt als in der Flämischen Region, nämlich 10,6% gegenüber

8,4% (Agentschap Binnenlands Bestuur, 2018). In Menen lebt zum Schluss ein beträchtlicher

Anteil von Personen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit und man kann annehmen,

dass viele eine andere Muttersprache haben. Deshalb sind die Gesundheitsdienstleister dieses

kommunalen Gesundheitszentrums eine repräsentative Gruppe von Befragten für das Thema

dieser Arbeit.

(33)

3.2.2 Interviews

Die Interviews dauern alle zwischen 11 und 30 Minuten und die meisten ungefähr 17

Minuten. Die Befragten variieren in Alter und Erfahrung zum Zweck einer möglichst

gemischten Gruppe von Befragten. Aufgrund Ausbildung, in der heutzutage interkultureller

Kommunikation mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, und aufgrund Alter und Erfahrung

haben die Hausärzte unterschiedliche Ansichten über Kommunikation mit anderssprachigen

Patienten. Zwei Hausärzte (GZ2 und GZ5) sind Ärzte in der Berufsausbildung und machen

ihr Praktikum in De Piramide. Deshalb haben sie weniger Erfahrung als die drei anderen

Hausärzte. Diese drei anderen Hausärzte (GZ1, GZ6 und GZ7) haben alle viel Erfahrung,

nämlich 20, 25 oder 35 Jahre. GZ6 ist weiterhin unsere Ansprechpartnerin in De Piramide

und sie ist neben ihrem Beruf als Hausärztin auch als Professorin an der Universität Gent im

Fachbereich interkulturelle Kommunikation in der Ausbildung für Allgemeinmedizin tätig.

Dadurch kennt sie sich mit diesem Thema gut aus und sie zeigt in ihrem Interview deutlich

mehr Erfahrung mit mehrsprachigen Tools.

Bevor

die

Interviews

anfingen,

haben

die

Gesundheitsdienstleister

alle

eine

Einverständniserklärung, in der sie einstehen, dass die Interviews aufgenommen werden und

wissenschaftlichen Zwecken dienen dürfen, unterschrieben. Ihnen wird mit dieser Erklärung

unter anderem versichert, dass die Daten anonym verarbeiten werden. Deswegen sind alle

Namen in der Transkription und in der Analyse anonymisiert worden.

In dieser Tabelle wird ein Überblick über jeweils die Tätigkeit, die Erfahrung in De Piramide

und die gesamte Berufserfahrung der Gesundheitsdienstleister für jeden anonymisierten

Namen wiedergegeben.

Tabelle 1: Überblick von befragten Gesundheitsdienstleistern

Anonymisierter Name Tätigkeit Erfahrung in De

Piramide

Gesamte

Berufserfahrung

GZ1 Hausärztin 3 Jahre 25 Jahre

GZ2 Hausärztin in der

Berufsausbildung

1,5 Jahr /

GZ3 Pflegerin 1 Jahr 4,5 Jahre

GZ4 Pflegerin 2 Jahre 6 Jahre

(34)

Berufsausbildung

GZ6 Hausärztin 3 Jahre 20 Jahre

GZ7 Hausarzt 2,5 Jahre 35 Jahre

GZ8 Pflegerin 0,5 Jahre 1 Jahr Pflegerin, 12

Jahre als Pflegehelfer

GZ9 Pflegerin 0,5 Jahre 2,5 Jahre

Die Interviews mit den Gesundheitsdienstleistern sind semistrukturiert und die Fragen, die

das Interview geleitet haben, befinden sich in der zweiten Anlage. Ein Interview in der

Feldforschung ist keine Befragung, sondern eine zweiseitige Konversation, in der der

Befragte in seinem eigenen Kontext offen über dem Feld erzählen soll (Blommaert & Dong

2010). Deshalb war es nicht das Ziel, alle Fragen in jedem Interview zu beantworten. Sie

dienten in den Interviews als einen roten Faden und die Befragten bestimmten selbst die

weiteren Themen des Gespräches. Darüber hinaus gab es manchmal unterschiedliche

Ansichten bei den Gesundheitsdienstleistern aufgrund ihrer Tätigkeit und Erfahrung. Deshalb

wurde jedes Thema bei jedem Gesundheitsdienstleister nicht genauso ausführlich oder

manchmal nicht besprochen. Die Fragenliste diente dazu, diese Bedürfnisse und Erwartungen

qualitativ zu überprüfen. Nach einigen einleitenden Fragen wurden die befragten

Gesundheitsdienstleister nach ihren Bedürfnissen und Erwartungen gefragt, zum Beispiel

anhand von der Frage, was sie selbst in eine Applikation integrieren würden. Dieselben

Fragen wurden auch spezifisch in Bezug auf die Medikamenteneinnahme junger Kinder mit

anderssprachigen Eltern gestellt.

Es ist die Absicht der Analyse der Interviews, die Bedürfnisse und Erwartungen der

Gesundheitsdienstleister in Bezug auf Konversationen mit anderssprachigen Patienten im

Allgemeinen bzw. in Bezug auf eine Konversation über die Medikamenteneinnahme bei

einem jungen Kind mit anderssprachigen Eltern zu untersuchen.

3.2.3 Fokusgruppe

Nach den Interviews wird mit fünf Gesundheitsdienstleistern, mit denen wir auch ein

Interview geführt haben, eine Fokusgruppe organisiert. Am Anfang gab es zwei Pflegekräfte

und zwei Hausärztinnen, aber in der Mitte des Gespräches trat noch eine Hausärztin der

Gruppe bei.

(35)

Auch in der Fokusgruppe wird mit einer Fragenliste, die sich in der dritten Anlage befindet,

gearbeitet. Die Fragenliste dient aufs Neue als roden Faden, aber die meisten Fragen sind

tatsächlich beantwortet worden. Die Fragen werden je nach Thema eingeteilt und beziehen

sich auf Themen aus den Interviews.

Das Ziel der Fokusgruppe besteht darin, näher auf auffällige Antworten und Themen der

Interviews einzugehen. Manche Themen in den Interviews kommen nämlich mehrmals vor,

sind herausstechend oder sind zwischen den Gesundheitsdienstleistern widersprüchlich.

Diese Themen werden in der Fokusgruppe weiter besprochen und erklärt. Darüber hinaus

werden auch einige relevante Themen des Berichtes der Fokusgruppe von MATCHeN (2020)

in die Fragen integriert, da diese Fokusgruppe der Fokusgruppe dieser Arbeit ähnelt.

Die Absicht der Analyse der Fokusgruppe besteht darin, tiefer nach den Bedürfnissen und

Erwartungen in Bezug auf eine Applikation für mehrsprachige Kommunikation zu graben.

Die Antworten der Fokusgruppe ergänzen und erläutern die Antworten aus den Interviews.

3.3 Methodologie

3.3.1 Verarbeitung der Interviewdaten

Die neun Interviews werden völlig mithilfe eines online Tools Transcribe.wreally in einem

Worddokument transkribiert. Die Transkriptionen der Interviews befinden sich in der vierten

Anlage. Sechs Interviews sind Videodateien, die mit einer Videokamera aufgenommen sind,

und drei Interviews sind mit einem Audio-Rekorder auf dem Handy aufgenommene

Audiodateien. Die Interviews sind den Transkriptionsregeln von Paul ten Have (2007) gemäß

transkribiert worden. Wie vorgegeben werden alle mündlichen Aussprachen einschließlich

grammatischer und sprachlicher Fehler schriftlich übernommen, aber da es sich in dieser

Arbeit nicht um die phonetischen Aspekte handelt, sind manche dialektische oder

umgangssprachliche Fehler korrigiert worden. So wird zum Beispiel das dialektische ‘under’,

was ‘onze’ (unser) in der niederländischen Sprache bedeutet, korrigiert und so wird zum

Beispiel auch die umgangssprachliche Auslassung des letzten Buchstaben im Wort ‚da‘ statt

‚dat‘ (dass oder das) korrigiert. Vielerlei grammatische Fehler oder Irrtümer werden nicht

korrigiert, weil sie für die Analyse relevant sein könnten.

(36)

Mit dem Tool NVivo 12 Pro werden alle Interviews kodiert. Dazu wird ein

Kodierungsschema aufgestellt, in das die Antworten der Befragten qualitativ in Codes

eingeteilt worden. Die Analyse im folgenden Kapitel wird nach diesem Kodierungsschema

strukturiert. Die Codes des Kodierungsschemas bündeln zum Beispiel die Antworten

desselben Themas und zeigen von welchen Themen bei den Gesundheitsdienstleistern oft die

Rede ist, was auf ein wichtiges Thema hinweisen kann. Jedoch sind die Antworten nicht

strikt kumulierbar, da nicht in allen Interviews genau dieselben Themen zur Sprache

kommen. Manche Fragen und Antworten ergeben sich nach der Datenerfassung als irrelevant

und werden deshalb auch nicht in der Analyse integriert.

Die Interviews werden völlig auf Niederländisch geführt. Obwohl diese Arbeit auf Deutsch

geschrieben ist, werden die Interviews in der Anlage und die Auszüge in der Analyse wegen

der Zeitbeschränkung nicht übersetzt.

3.3.2 Verarbeitung der Fokusgruppedaten

Das Gespräch der Fokusgruppe wird mit einem Audiogerät aufgenommen und wird wie die

Interviews mit Transcribe.wreally in einem Worddokument ausgeschrieben. Die

Transkription der Fokusgruppe befindet sich in der fünften Anlage. Für die Transkription

sind auch die Transkriptionsregeln von Paul ten Have (2007) berücksichtigt worden. Da die

dialektischen und umgangssprachlichen Elemente der Sprache für diese Arbeit nicht relevant

sind, werden sie teilweise, wie bei den Interviews, korrigiert.

Mit NVivo 12 Pro werden alle Themen der Fokusgruppe einem Code zugewiesen. Dazu wird

dasselbe Kodierungsschema als bei den Interviews benutzt. Dieses Schema wird also mit den

Antworten der Fokusgruppe ergänzt und, wenn von neuen Themen die Rede ist, werden neue

Codes geschaffen. Im folgenden Kapitel werden die Antworten der Fokusgruppe zusammen

mit den Antworten der Interviews dargestellt.

Wie die Interviews wird auch die Fokusgruppe in der niederländischen Sprache geführt. Die

Transkription wird aber wegen Zeitbeschränkung nicht übersetzt. Die Analyse wird trotzdem

in Übereinstimmung mit dieser Arbeit im Deutschen ausgeschrieben.

(37)

4 ANALYSE

4.1 Herangehensweise

In der Analyse wird versucht, auf die folgende Untersuchungsfrage zu antworten: Was sind

die Bedürfnisse und Erwartungen von Gesundheitsdienstleistern in Bezug auf erstens eine

Applikation zur Unterstützung eines Gespräches zwischen Gesundheitsdienstleistern und

anderssprachigen Patienten im Allgemeinen und zweitens in Bezug auf eine Applikation zur

Unterstützung eines Gespräches über Medikamenteneinnahme bei jungen Kindern mit

anderssprachigen Eltern?

Die Analyse wird anhand eines Kodierungsschemas strukturiert. Im Kodierungsschema gibt

es drei übergreifende Codes mit jeweils einem eigenen Thema, das in den Interviews

behandelt worden ist: erstens die Hilfsmittel, die die Gesundheitsdienstleister schon benutzen,

zweitens, ihre Bedürfnisse nach mehr Unterstützung bei der Kommunikation mit

anderssprachigen Patienten und drittens ihre Erwartungen hinsichtlich einer neuen

Applikation zur Unterstützung der Kommunikation mit anderssprachigen Patienten. In der

Analyse werden diese drei Themen getrennt und ausführlich behandelt. Zu jedem Thema

gehören verschiedene Unterthemen.

Da die Untersuchungsfrage zweifach ist und sich der zweite Teil um eine Spezifizierung

handelt, ist das Thema Medikamenteneinnahme im Kodierungsschema jeweils als ein

getrenntes Unterthema behandelt worden. Manchmal ist diese Unterteilung weniger relevant,

weil zum Beispiel manche Erwartungen für eine Applikation sowohl für die Kommunikation

im Allgemeinen als auch für die Kommunikation über Medikamenteneinnahme bei jungen

Kindern gelten. Doch wird so viel wie möglich das Medikamenteneinnahmethema getrennt

besprochen, denn auf diese Weise kann der zweite Teil der Untersuchungsfrage besser

beantwortet werden.

Verschiedene Themen, die während der Interviews besprochen worden sind, bekamen im

Kodierungsschema einen Code. Nicht alle Codes haben sich aber in der Analyse als relevant

erwiesen und deshalb werden manche nicht besprochen. Die Gesundheitsdienstleister werden

zum Beispiel gefragt, mit welchen Sprachen sie am meisten im Kontakt stehen, aber, weil die

Sprachen für die Applikation während dieser Arbeit schon bestimmt worden sind, wird dieses

Thema in der Analyse nicht weiter besprochen. Bei den drei übergreifenden Codes wird

(38)

jeweils erklärt, welche Codes nicht behandelt werden und warum. In der folgenden Tabelle

wird das vollständige Kodierungsschema dargestellt.

Tabelle 2: Kodierungsschema  Angewandte Hilfsmittel o Professionelle Dolmetscher o Informelle Dolmetscher o Google Übersetzer o Google Bilder

o Übersetzte Webseiten und Applikationen o Angewandte Tools für Medikamenteneinnahme o Keine digitalen Tools

o Informationsquelle für die Hilfsmittel

 Bedürfnisse nach mehr Unterstützung

o Bedürfnis nach mehr Unterstützung im Allgemeinen

o Bedürfnis nach mehr Unterstützung für die Medikamenteneinnahme o Analphabetismus

o Häufigste Kinderkrankheiten o Interkulturelle Verschiedenheiten o Ausbildung und Training o Sprachenvielfalt

o Kontakt mit anderssprachigen Patienten o Skepsis Applikation

 Erwartungen hinsichtlich einer neuen Applikation o Medikamenteneinnahme

o Informationen zur Krankheit und Therapie o Prävention o Nachberatung o Interaktivität o Visuelle Aspekte o Storyboard o Nicht Zeitaufwendig o Klarheit o Vorstrukturierte Gespräche o Wörterbuch – Übersetzungsmaschine o Pflegekräfte o Andere Hilfsmittel o Niederländisch lernen

Afbeelding

Tabelle 1: Überblick von befragten Gesundheitsdienstleistern

Referenties

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